Viel wichtiger finde ich: Meine Gesprächspartnerin hat ja keine Railroading-Vorwürfe geäußert. Es klang bei ihr nur so, als ließe das flotte Checken der clues relativ wenig Gelegenheit für Zwischenmenschliches und Drama übrig.
Das habe ich so auch als Hauptproblem verstanden.
Daher sind die GUMSHOE-Regeln für mich als Faktor raus - an den Mechanismen, am Würfeln, an dem Investieren von Poolpunkten, mit dem sich viele schwer tun, hat das Problem ja anscheinend nicht gelegen.
Ich würde aber auch die GUMSHOE-Abenteuerstruktur herausnehmen. Denn das ist (wie eben ein Dungeonplan) im Prinzip nur ein Werkzeug für den SL, seine Informationen und seine Abenteuerhandlung zu organisieren und konsistent zu halten. Es geht ja nicht einfach darum, die Hinweise abzuhaken. Das ist nur der Rote Faden, der dem SL hilft, die Haupthandlung zu lenken.
Wenn ich es richtig sehe, ist das Problem, dass diese rohe Abenteuerstruktur zu deutlich durchgeschienen ist und vom Erleben einer Geschichte abgelenkt hat. Damit ist es nicht unbedingt ein GUMSHOE-Problem, sondern hat meiner Meinung nach damit zu tun, dass der SL ein anderes Spiel spielt als die Spieler:
Es gab die Spieler, die gekommen sind, um Rollenspiel zu betreiben und mich, der ein bestimmtes Rollenspiel leiten wollte.
This. Den Spielern war offenbar das System eher unwichtig, während der SL besonders das System betont hat. Und anscheinend nicht nur das System, was für die Spieler relevant ist, sondern auch das System, nach dem GUMSHOE Abenteuer strukturiert und was die Spieler womöglich überhaupt nicht sehen wollten.
Das investigative Element wurde eher als störend und "nicht zum Genre passend" empfunden.
Das ist halt die Voraussetzung, von der GUMSHOE ausgeht: Dass von Seiten der Spieler bzw. der Charaktere ein gewisses exploratives Interesse, eine Neugierde vorhanden sind. Dass der Gruppe klar ist, dass sie, unabhängig von dem ganzen Drumherum, eine Art von "Ermittler" in einer Art von "Fall" spielen, die gefundenen Hinweisen folgen.
Ich war ja nun nicht dabei und kenne auch die beteiligten Personen überhaupt nicht. Aber so wie ich es mir vorstelle, könnten 2 Dinge passiert sein:
1) Die Gruppe war an sich gut dabei, die Geschichte zu spielen und der SL hat vielleicht ein wenig zu sehr die mechanische Funktionsweise der ganzen Ermittlung betont.
2) Die Gruppe hat eher Richtung Sandbox gespielt, ohne sich besonders um die Ermittlung zu kümmern. Der SL hatte das Gefühl, die Spieler ein wenig auf die Brotkrumenspur aus Hinweisen stoßen zu müssen und das Ausspielen von für den Fall unwichtigen Aktionen etwas kurz zu halten.
Wobei ich zumindest auch bei "The Murderer of Thomas Fell" ("Operation Antler" kenne ich nicht) sagen muss, dass ich dieses Abenteuer als sehr "schnitzeljagig" in Erinnerung habe und es weder spielen noch leiten wollte. Da machen es z.B. die NBA-Oneshots sehr viel besser, neben der reinen Hinweisliste auch eine interessante Geschichte anzubieten, bei der die Charaktere viel Gelegenheit haben, sich in die Szenen einzubringen.