Ich würde da in so fern wiedersprechen, dass das nicht als Abgrenzung zum Strategiespiel taugt. Immerhin gibt es auch Strategiespiele mit vorher klar definierten und teils sehr komplexen Siegbedingungen. Die Zeit wo es nur darum ging den Gegner letztendlich besiegt zu haben sind auch im Strategie-Brettspiel-Genre längst vorbei. Und in Deinem Beispiel macht der Rollenspiel-Hintergrund nicht viel mehr als die Background-Story eines beliebigen handelsüblichen Strategiespiels auch tut: Er erklärt was man tun muss um zu gewinnen und warum das wichtig ist.
Ich frage mich, ob diese Theoriebetrachtungen zum Thema Rollenspiel immer am Maßstab der Betrachtung kranken. Alle Definitionen zum Thema haben meistens den Anspruch, einen ganzen Spielabend oder das komplette Spiel bewerten zu wollen. Ich würde das als grundsäzlich zum Scheitern verurteilt sehen.
Wenn ich eine Aussage über eine Tätigkeit machen will, versuche ich den Moment zu betrachten. Also: findet in diesem Moment gerade etwas statt oder nicht.
Das ist normalerweise ziemlich einfach und führt dann auch zu einem Ziel mit dem man weiter arbeiten kann.
In dem Moment wo jemand beim Monopoly zum x-ten mal im Gefängnis landet und zu den anderen so etwas sagt wie "Ich bin wohl der Ganove unter uns Hotelbesitzern. Nehmt euch in Acht vor mir!" hat Rollenspiel statt gefunden. Trotzdem würde ich nicht soweit gehen, deshalb die Monopoly-Partie als Rollenspiel zu bezeichnen. Die erste Aussage ist einfach, geradezu offensichtlich, und führt zum Punkt, über die zweite Aussage zur Partie könnte man sich beliebig lang in einem Forum streiten und käme am Ende doch nur zu keinem Schluss.
Ich denke, dass viele Spieler sich aus Mangel an Erfahrung mit weltbezogenem Spiel nicht vorstellen können, dass Delegierungsaktionen sehr stark mit solchen Schlüsselmomenten zu tun haben können, wenn man es richtig aufzieht.
Simulationen sind meiner Meinung nach oft einfach zu komplex und vielgestaltig und um aus ihnen zu lernen. Man hat oft nicht alle nötigen Informationen, müsste diese gut analysieren und anschließend die richtigen Schlüsse ziehen. In der vereinfachten abstrakteren Form bekommt man häufig genug die Quintessenz auf dem Silbertablett. (Das machen viele Rollenspieler z.B. indem sie sich hinterher darüber austauschen warum jetzt Situation xyz so oder so ablief, da wird aus der vorher erfolgten Simulation dann die einfacherere Abstraktion, und das erleichtert meiner Erfahrung nach den "Lernerfolg" immens, im Vergleich zur vorher erfolgten "Simulation".)
Verstehe. Das ist dann aber der Unterschied zwischen 'learning' und 'education'.
Ein Abstraktion ist ein von jemand abstrahierter Inhalt, der eine von ihm gefärbte Aussage beinhaltet. Daraus kann man nicht erfahren, sondern wird gelehrt.
Ich denke, ich muss den Unterschied nicht näher erklären. Was ich bei dem Weltbeeinflussungsspiel jedenfalls im Sinn habe, sind eigene Erfahrungen aus Situationen statt vorgefertigte Inhalte. Und zwar aus dem Grund, weil ich selbst noch nicht weiß, wohin die Reise in einem so getrickten Speil gehen wird und selbst herausfinden will, in welche Richtung die Spieler Vorlieben entwickeln. Das ist besonders wichtig, weil es noch nicht so viele Erfahrungen zum weltbeeinflussenden Spiel gibt.
Also es liegt vor allem daran, dass wir ergebnisoffen spielen und der SL selbst noch keine Ahnung hat, was das beste für so eine High-Power-Kampagne ist.
Es geht beim Rollenspiel oft darum Fehler zu machen und daraus noch besser zu lernen, statt etwas auf dem Silbertablett präsentiert zu bekommen. Es geht auch nicht um DIE Quintessenz, sondern um die Quintessenz, die der jeweilige Spieler als Ziel hat.
Das kommt wohl darauf an ob die Ansichten darüber was Rollenspiel ist in Deiner Gruppe auseinander gehen. Oder vielmehr wie stark sie auseinander gehen. Deckungsgleich werden sie nämlich so gut wie sicher nicht sein. Ich finde die Grundannahme das jeder Spieler am Spieltisch etwas anderes will ganz hilfreich, auch um nach ausführlicher Beobachtung der Vorlieben, zwischen den unterschiedlichen Interessen vermitteln zu können.
Völlig richtig. Ich habe nur meistens die Erfahrung gemacht, dass die Vorlieben sich auf einer ganz anderen Ebene abspielen. Auf einer viel tieferen psychologischen Ebene als die offensichtlichen Spielelemente, über die man spricht.
Also z.B. Wollen die Spieler tatsächlich Monster totwürfeln oder steckt hinter dieser irgendwann mal gelernten Beschäftigung eigentlich die Suche nach einem bestimmten Gefühl oder eine bestimmte Bestätigung, die man mit einem anderen Inhalt auch oder sogar noch besser erreichen kann. Oder noch tiefer: Gibt es eventuell für bestimmte Spieler neue Spielinhalte, die zu noch mehr Spaß führen?
Ich glaube, dass in der Weltbeeinflussung eine ganze Menge Möglichkeiten stecken, die noch gar nicht auf dem Radar der Spieler liegen.
Die von Spielerseite entgegengebrachte Ablehnung dieser Spielinhalte ist ein Vorurteil, weil die Ablehner das meistens noch gar nie ausprobiert haben.
Man hat eine (wahrscheinlich falsche) Vorstellung vom Spiel und lehnt es deshalb erst mal ab, um weiter Monster totzuwürfeln.
Deshalb würde ich z.B. in meinen Runden das was Du zur Essenz des Spiels erklärst nicht als sakrosankt erklären. Wenn es keiner will dann lässt man es halt. Allerdings habe ich immer mehr Rollenspielgruppen in denen das eigentliche Rollenspiel (in Deinem Sinne) eher die Minderheit möchte und praktiziert, während sich viele eher für die erzählte Story, das Monster totwürfeln oder die Strategie-Elemente interessieren.
Es ist ja nicht die tatsächliche Gewichtung der Spielelemente und ihre theoretische Bewertung sondern der Spaß am Spiel, der am Ende des Spielabends zur Zufriedenheit führt. Ich würde sagen, dass eine Rollenspielerfahrung mit sehr wenig tatsächlichem Rollenspiel (also das was Schlüsselelement für diese Art des Spiels ist) auskommt. Ein Rollenspiel braucht das allerdings als Aufhänger. D.h. das Monstertotwürfeln sollte eben im rollenspielerischen Rahmen passieren, damit es den Namen verdient hat. Genau das lese ich z.B. aus blut_und_glas' Posting heraus.
edit: zwei nicht direkt zum Thema gehörige Absätze gelöscht. Restliche Passagen klarer aufs Thema fokusiert.