Interessehalber: auf welcher Seite siehst du DSA? (von den Regeln her hätte ich es ganz klassisch bei "alles ist speziell" gesehen - aber DSA-Abenteuer gehen für mich ganz stark in Richtung "Story")
DSA sehe ich auf der "Alles-ist-speziell"-Seite. Die Einteilung zu deinen Kategorien ist nach dem Regelwerk vorzunehmen. Der Story-Ansatz der Abenteuer passt in der Tat überhaupt nicht dazu. Und verleitet vielleicht deswegen so stark zum Erzählonkeln und Würfeldrehen? Beides hebelt die taktischen Regeln aus, um die Abenteuer-Story zu retten. So gesehen kombiniert DSA Taktik und Story auf eine ziemlich neurotische Art und Weise.
Aber die Tatsache, dass es diese Gegensätze kombiniert, mag ebenfalls ein Grund für den Erfolg sein. Denn damit deckt DSA die beiden stärksten Vorlieben im Rollenspiel ab.
Im übrigen bin ich nicht der Meinung, dass Rollenspiel in Richtung Taktik oder Story tendieren
muss. Nur beispielhaft sei charakterorientiertes Spiel als eine Alternative genannt. Dabei geht es primär weder um Taktik noch um Story, sondern um authentische Figurdarstellung. Taktik und Story scheinen aber mit Abstand die dominantesten Richtungen zu sein und fallen daher häufiger ins Auge. Wie bei statistischen Aussagen üblich kann der Effekt noch so riesig sein, er gilt natürlich nicht für jeden Einzelfall.
Die starke Aufmerksamkeit auf Taktik und Story mag auch in ihrer Unvereinbarkeit liegen. Die dabei auftretenden Konflikte ziehen sehr viel Aufmerksamkeit auf sich. Gedankenspiel: Das stärkste Motiv für Rollenspieler sei Bier&Brezel, also das gesellige Beisamensein mit Freunden. Das erzeugt trotz seiner enormen Wirkung keine große Aufmerksamkeit, weil es zu keiner anderen Vorliebe in Konflikt tritt. Und so mag man die Stärke dieses Motivs weit unterschätzen, während Taktik und Story überschätzt werden.
Die Sache ist die, dass die Geschichten, die wir konsumieren, üblicherweise sowohl Taktik als auch Story in voller Pracht beinhalten. Die Autoren von Büchern und Filmen nehmen sich sehr viel Zeit dafür, diese Dinge unter einen Hut zu kriegen. Die Geschichte wird unter riesigem Zeitaufwand so
konstruiert, dass die Protagonisten taktisch handeln und das entsprechende Konsequenzen hat und dass der Gesamtverlauf gleichzeitig eine storygerechte Dramaturgie entwickelt. Im Rollenspiel ist die Geschichte halb improvisiert, sie muss in Echtzeit entstehen. Das macht es fast unmöglich, das Rollenspiel sowohl konsequent taktisch als auch dramaturgisch zu gestalten. Eins von beidem kommt fast zwangsläufig unter die Räder. Im Grunde wollen wir aber beides haben.