Taktisch-strategische Spielmechanismen in anderen Bereichen ausser physischem Kampf?
Entdecken, Überleben in der Wildnis, Intrigen, Gerichtsverhandlung,
Das sind gute Beispiele für Nicht-Kampf-Taktik - und auch gute Beispiele für das was ich meine:
Wie viele Rollenspiel-Grundregelwerke gibt es die ausführliche taktische Regeln speziell für Gerichtsverhandlungen haben? Mir fällt keines ein. Selbst wenn es eines gibt, dann würde das wohl als hoch-spezielles Anwalts-Genre-Spiel rezipiert werden. (Im Vergleich dazu: taktische Regeln speziell für den Kampf gehören quasi zum Standard und ihr Vorhandensein wird kaum großes Aufsehen erregen)
Wie viele Gerichtsverhandlungen gibt es in einem typischen Rollenspiel-Abenteuer? Meine Vermutung ist: mehr als eine Gerichtsverhandlung pro Abenteuer würde als ungewöhnlich wahrgenommen. (Zumindest als deutlich ungewöhnlicher als mehrere Kämpfe im selben Abenteuer.)
Erinnern sich Spieler mit Verwunderung an die Rollenspielgruppe mit der sie manchmal
einen ganzen Abend gespielt haben
ohne eine einzige Gerichtsverhandlung zu haben? (Ein ganzer Abend ohne Kämpfe bleibt manchen Spielern hingegen schon im Gedächtnis)
Das liegt am Design der Regeln. Regelseitig bietet oft nur der Kampf die Möglichkeit zum Taktieren. Taktieren auf anderen Gebieten bleibt komplett der Gestaltung des SL überlassen und stellt eine Überforderung dar.
Ich möchte widersprechen, dass man mit bestehenden Regelwerken von der Kampffixierung loskommt. Das kann in Einzelfällen gelingen, wenn der SL besonders begabt ist und konsequent gegen die Sogwirkung der Regeln anarbeitet. In der Breite wird es nicht funktionieren.
Definitiv möglich ist aber, mit neuen Regelwerken den Fokus von Kampf wegzuschieben. Es ist aber anspruchsvoll: http://www.tanelorn.net/index.php/topic,77380.0.html
Man muss das Prinzip übernehmen, mit dem die Kampfregeln den Kampf zum Mittelpunkt machen, darf aber nicht plump kopieren. Je nachdem, welches Thema man in den Mittelpunkt rücken möchte, muss man eine passende zentrale Ressource finden und passende Endpunkte für die Einwirkungen auf diese Ressource.
Ja, gutes Argument: das Vorhandensein von Regeln für den taktischen Kampf macht es leichter taktische Herausforderungen für den Kampf zu konstruieren. Man muss "bloß" ein paar fertige Gegner nehmen um eine taktische Herausforderung zu produzieren - im Prinzip so was wie Fertiggerichte für die Abenteuererstellung (ist nicht abwertend gemeint).
Ohne spezielle Regeln und Instant-Herausforderungen wird es deutlich schwieriger sinnvolle Herausforderungen zu konstruieren. Bessere Regeln für andere taktische Herausforderungen würden es definitiv erleichtern, andere taktische Herausforderungen in den Spiel-Alltag einzubauen.
Trotzdem wundert es mich, wie bereitwillig Spieler eine so gewaltbetonte Fantasy-Welt akzeptieren, die daraus resultiert dass taktische Instant-Herausforderungen, die nur für den Kampf existieren, so oft verwendet werden.
Ja. Aber umgekehrt wie Du es gerne sehen würdest. Die Geschichte steht im Hintergrund. Der größte Teil der Motivation wird aus der Lösung der Herausforderung gezogen. Die Geschichte ist dabei ein netter Bonus und von vielen Spielern auch genau so gewollt. Und da komme ich dann wieder mit dem ganzen Haufen anderer PC-Spiele, die auch ähnlich aufgebaut sind: Zuerst kommt das eigentliche Spiel und die Geschichte ist nur ein Bonus oder eine Belohnung. Mehr nicht.
Wenn ein Spiel schon einen Story-Anstrich hat, dann sollte der auch gut sein. Mit völlig abstrakten Spielen wie Mühle oder Dame habe ich kein Problem (In diese Kategorie gehören aber für mich Rollenspiele definitiv nicht, selbst wenn die taktische Herausforderung noch so sehr im Mittelpunkt steht). Wenn an ein taktisches Spiel eine Story drangeklatscht ist dann sollte das auch gut gemacht sein - sonst verdirbt es mir den Spaß am Spiel (es gibt durchaus auch Brettspiele die bei mir aus diesem Grund durchgefallen sind).
PS: Du versucht da gerade den Leuten zu erklären, dass ihre bevorzugte Art des Spiels minderwertig ist (hast Du ja auch schon selber erwähnt).
Wer sind diese "Leute" von denen du sprichst? Sind das Leute die akzeptieren, dass die drangeklatschte Story mit den Kämpfen in keinem logischen Zusammenhang steht? Oder sind das Leute die gerne in einer Action-Film-Welt spielen? (Ich will keiner von beiden Gruppen den Spaß verderben. Trotzdem, für den Zweck unserer Diskussion würde es mich interessieren was diese "Leute" deiner Meinung nach motiviert diesen Spielstil zu bevorzugen.)
Im übrigen gehöre ich selbst zu den Leuten die taktische Herausforderungen im Rahmen von abstrakten Regeln bevorzugen - nur erwarte ich eben dass die Story auch dazu passt - und unter dieser Prämisse wird es mir langsam langweilig, dass die einzigen zu meinem Spielstil passenden Stories immer nur Action-Filme sind.
Lustigerweise geht es dabei gar nicht mal so sehr um den Beginn eines Kampfes, sondern um sein Ende bzw. die Zielsetzung der Beteiligten.
Wenn man von Kämpfen wegkommt, in denen im Prinizp nur zwei rotierende Kreissägen (lies: SC-Gruppe und Gegner) bis zum bitteren Ende ineinander geschoben werden, ist da enorm viel gewonnen.
Guter Punkt!
Hat zwar immer noch einen Fokus auf körperlicher Gewalt, aber es ist zumindest etwas differenzierter was die Ziele angeht.
Dann gib doch mal alternative Kampangnenendherausforderungen?
Okay, jetzt wo ich darüber nachdenke, bei genauer Betrachtung habe ich sogar zwei Probleme mit dem BBEG-Kampf am Ende der Kampagne:
1. Problem: das große Finale ist ein Kampf (mit der Implikation: Probleme lassen sich mit Gewalt lösen).
2. Problem: Ziel der Kampagne ist es eine Person zu besiegen (mit der Implikation: Schlag der Schlange den Kopf ab um das Problem zu lösen)
Beispielhaft zwei Alternativen die ich mir vorstellen könnten:
- Flucht oder Evakuierung vor einer Naturkatastrophe (z.B. Lavastrom breitet sich aus, man hat nur begrenzte Zeit das Dorf zu retten.)
- Bergungs-Logistik (z.B. ein schwer zu transportierendes Artefekt wieder zurück in die Zivilisation bringen)
Ist eigentlich Sr ein Taktisches Spiel in deiner Definition?
Keine Ahnung, hab ich nie gespielt.
Name Level erreichen und ein Königreich aufbauen?
Oder das Erreichen des Gottstatus (oder "Unsterbliche" wie sie in D&D hiessen oder Ultima4).
Die beiden Vorschläge gefallen mir auch, als Zielsetzung. Wie hier im Thread schon angesprochen, klammern sie aber die Frage aus, was das Finale (die letzte große taktische Herausforderung) auf dem Weg zu diesem Ziel ist.
Es wird auch genug Fälle geben, wo es gar keinen inhärenten Widerspruch zwischen Erzähllogik und der jeweils optimalen Taktik gibt. Dieser taucht aber notwendigerweise immer wieder auf, so dass dann entschieden werden muss, wem das Vorreicht eingeräumt wird: der stimmungsvollen Geschichte oder dem harten Regelwerk.
Folgendes würde ich ergänzen: wenn es Regeln für etwas gibt, dann tragen die dazu bei die Erzähllogik zu definieren (Beispiel: wenn es Regeln gibt dass Trolle Regeneration haben, dann wird das auch in der Erzähllogik wiedergespielgelt werden). Ein Konflikt tritt also überhaupt nur dann auf, wenn die Regeln anders funktionieren als gedacht.