Du hast kein direktes Beispiel gebracht, wie Du die Glaubwürdigkeit des Zeugen zerstören willst. Genau das ist das Problem, dass ich schilderte. Um den Ork zu töten, nehme ich meine Keule und hau sie auf den Kopf des Orks. Sofort ist ein Bild vor Augen. Ein Starkes noch dazu.
Im Gegensatz dazu musst Du bei dem Zeugen erstmal viele Informationen zum Auftreten des Zeugen etablieren um ein geistiges Bild der Situation zu haben. Wo ist seine Zeugenaussage angreifbar? Welche Angriffspunkte in seinem Leben gibt es, die für den Fall relevant sind. usw. Einfach nur zu sagen: "Wir haben vom Zeugen irgendwelche moralischen Verfehlungen gefunden. Ich habe einen Erfolg auf Investigation gewürfelt." lässt kein Bild entstehen. Erst der eigentliche Dialog mit samt den SL-Beschreibungen würde da zum geistigen Bild vergleichbar einem Kampf führen.
Richtig. Das ist jetzt schwierig, weil es eben kein etabliertes System für Gerichtsverhandlungs-Rollenspiel gibt, auf das wir uns hier stützen können.
Bei deinem Beispiel gebe ich dir recht - das wirkt sehr schwamming und würde mir auch nicht gefallen. (Ich kann auch nachvollziehen, warum man mit den bestehenden "sozialen Regeln" die man typischerweise in taktischen Rollenspielen findet auf solche schwammigen Lösungsansätze kommt)
Ich würde das taktische Zerstören der Glaubwürdigkeit der Zeugin eher so angehen:
Zunächst mal: habe ich denn irgendwelche moralischen Verfehlungen der Zeugin gefunden? Die moralischen Verfehlungen wären für mich eine regeltechnische Sondereigenschaft der Zeugin. Vergleichbar mit z.B. Resistenz oder Verwundbarkeit bei einem D&D Monster.
Diese könnte man tatsächlich über eine "Investigation" Wurf herausfinden (analog zu einem Wissens-Wurf um bei D&D Kampf-relevante Monster-Eigenschaften herauszufinden). Ist jetzt Geschmackssache ob man solche Infos mit einem einzelnen Würfelwurf herausgeben will, ob die Spieler sich diese Information selbst zusammenreimen müssen, oder ob man im Vorfeld ein eigenes Sub-Abenteuer macht um das herauszufinden.
Alternativ könnten die Spieler natürlich auf gut Glück etwas an den Haaren herbei ziehen und hoffen dass es klappt (implizieren dass die Zeugin irgendein dunkles Geheimnis hat - und hoffen dass sie unter dem Stress zusammenbricht und ihr dunkles Geheimnis selbst verrät - oder hoffen dass der Richter sich unterbewusst durch vage Anschuldigungen beeinflussen lässt) - aber diese Möglichkeit will ich hier nicht weiter ausführen. Gehen wir mal davon aus dass die Spieler auf welche Weise auch immer wirklich etwas über die Zeugin herausgefunden haben.
Damit ist die Zeugin noch nicht diskreditiert. Die Spieler wissen jetzt, dass die Zeugin eine Vergangenheit im Drogenmilieu hat. Das ist erst mal so als wenn man weiß dass eine Mumie empfindlich auf Feuer reagiert. Jetzt muss man das Feuer aber erst noch einsetzen, bevor man die Mumie besiegt hat.
Die taktische Frage ist jetzt: was mache ich mit dieser Information? Versuche ich die Zeugin damit außerhalb der Verhandlung zu erpressen? (mache eine Aussage im meinem Sinne, oder ich decke deine dunkle Vergangenheit auf!) Versuche ich die Zeugin mit Anspielungen und Sticheleien in dieser Richtung aus dem Konzept zu bringen? Bringe ich ihre Vergangenheit gleich offen auf den Tisch, um ihre Glaubwürdigkeit zu schwächen? Oder warte ich die Details ihrer Aussage ab bis ich ihr eine Falschaussage nachweisen kann? Stelle ich ihr vielleicht sogar Fragen mit dem Ziel dass sie eine Lüge über ihre eigene Vergangenheit erzählt?
Dazu sollte es irgend ein Konzept von begrenzten Ressourcen geben (begrenzte Anzahl von Fragen die ich stellen kann, begrenzte Anzahl von Verhandlungstagen, ...).
Ferner sprechen andere Charaktere auch auch speziell auf bestimmte Themen an. Vielleicht hat der Richter eine Tochter die ebenfalls Probleme mit Drogen hat. (Das könnten die Spieler genauso herausfinden, wie sie auch diskriminierende Details aus der Vergangenheit der Zeugin herausfinden) In dem Fall wäre es möglicherweise schlecht, die Zeugin alleine aufgrund ihrer Vergangenheit zu diskreditieren. Der Richter hätte dann Mitleid mit der Zeugin und die Spieler würden das Gegenteil von dem erreichen was sie wollen.
Nehmen wir also an, die Spieler wissen dass der Richter ein weiches Herz für Leute mit Drogenproblemen hat. Sie wählen also nicht den direkten Weg, sondern gehen indirekt vor: Sie versuchen die Zeugin dazu zu bringen, über ihre eigene Vergangenheit zu lügen.
Der SL fragt wie sie das genau anstellen wollen.
Die Spieler sagen, sie wollen die Zeugin dazu bringen zu behaupten sie wäre noch nie in Konflikt mit dem Gesetz gekommen.
Der SL legt fest dass dafür zwei Proben nötig sind: eine Probe auf "Suggestivfrage" (wenn die misslingt, dann macht die Zeugin keine versehentliche Falschaussage) und davor eine Probe auf "weit ausholen" (wenn die misslingt legt die Gegenseite einen Einspruch ein, bevor der SC dazu kommt seine Suggestivfrage zu stellen. Wie der Einspruch abläuft, dafür gibt es eigene taktische Regeln).
Wenn beide Proben bestanden sind, macht die Zeugin die Aussage die die Spieler wollten. Die SCs können sie dann mit dem Beweis konfrontieren, dass sie gelogen hat. Der Richter hat zwar Mitleid mit ihr, muss aber eingestehen dass sie eine Falschaussage begangen hat.