Jein. Es kommt für Pyros 2) überhaupt nicht auf die einzelne Regel drauf an. Umso mehr auf die systemischen Regelzusammenhänge. Es geht um das Extrapolieren, Ableiten, logische Folgern von taktischen Optionen aus der Spielsituation heraus anhand des Regelkorpus oder genereller Regelungen.
Das fällt unter Punkt 1 und ist natürlich dem System zuzurechnen. Du sagst ja selbst: "systemische Regelzusammenhänge", "Extrapolieren, Ableiten ... anhand des Regelkorpus".
Dieser Anspruch auf Vereinigung der beiden Prinzipien, und noch dazu der Anspruch, diese Vereinigung realistisch (im Rahmen des Genres?) zu machen, ist eins der großen Probleme aller Rollenspiele und mMn eine Quelle ständiger Frustration am Spieltisch.
Dieser Anspruch ist aber allgegenwärtig und auf ihn zu verzichten würde dazu führen, dass man als Regel jedes beliebige taktische Brett- oder Kartenspiel nimmt, um eine Konfliktsituation zu entscheiden. Unsere Kämpfer treffen sich im Duell aufeinander? Wir spielen in einer Partie Poker aus, wer von ihnen gewinnt. Unsere Gruppe will einen Magier zur Zusammenarbeit überreden? Wir spielen in einer Partie Poker aus, ob uns das gelingt.
Warum wird das nicht gemacht? Weil die Überlapuung taktischer Spielereien mit der Realität der Spielwelt ein allseits gewünschtes Ideal ist. Die taktischen Elemente sollen eben nicht völlig abstrakt und von der Spielweltrealität losgelöst sein, sondern diese annähernd abbilden. Aber klar, das Ideal in Idealform zu erreichen ist bisher niemandem gelungen und alle Versuche sind mit Makeln behaftet. Das Problem ist da und es ist nicht aus der Welt zu schaffen. Man muss damit arbeiten.
Entschuldige die späte Nachfrage, aber magst du mir erläutern, wieso man bei FATE kaum taktieren kann?
Taktieren tut man mit speziellen Wirkungszusammenhängen, die man gezielt nutzt. Ich habe eine Keule und eine Pike bei mir. Du trägst Plattenrüstung. Laut Regeln macht die Keule kaum Schaden gegen deine Rüstung, die Pike kann dich aber schwer verletzten. Also setze ich die Pike gegen dich ein. Beim Taktieren macht man in Abhängigkeit von der Situation von bestimmten Ressourcen besonderen Gebrauch. Die Situation in diesem Beispiel ist, dass du Plattenrüstung hast. Und als taktische Reaktion darauf nehme ich die Pike und nicht die Keule. Das funktioniert natürlich nur, wenn das Regelwerk solche Unterschiede wie "Pike macht Schaden gegen Platte, Keule nicht" enthält.
FATE verzichtet auf solche Unterschiede und arbeitet sogar aktiv dagegen an. Die Aspekte sind bewusst und gewollt so angelegt, dass man sie in den unmöglichsten und unpassendsten Situationen noch anwenden kann. Selbst wenn ich überhaupt kein Kämpfer bin, kann ich mich vollwertig an einem Kampf beteiligen. Ich muss mir nur eine kreative Auslegung meiner Aspekte ausdenken und die Gruppe muss das akzeptieren (wozu sie laut Regeln angehalten ist). Mit meinem Aspekt "Plappermaul" quatsche ich also den Drachen zu und belege den Drachen mit dem Situationsaspekt "abgelenkt", den mein Kämpferkumpel ausnutzen kann.
Wenn alle alles machen können, kann man nicht mehr taktieren. Das ist bei FATE der Fall. Damit erkauft sich FATE die Möglichkeit, dass alle bei allem entscheidend mitmachen können. Das wiederum ist bei taktischen Spielen wie D&D nicht möglich. Wenn es dort keine Regel gibt, dass Drachen zugequatscht und damit im Kampf abgelenkt werden können, dann geht das eben nicht und unser "Plappermaul" wäre in dieser Situation schlicht nutzlos mit seinem Aspekt.