Köln, Domhotel, 11:29:02
Nachdem alle seine Gäste gegangen waren, griff der Auftraggeber nach seinem Handgelenkcomputer. Er entsicherte den Sperrcode und tippte eine Nummer ein. Die Telekom-Software piepte leise.
"Ja?"
"Positiver Verlauf. Wir haben ein Team.", sagte er mehr zu sich selbst als zu der Stimme aus dem Computer.
"Sehr gut. Evakuieren Sie.", erklang es leicht amüsiert aus dem daumennagelgroßen Minilautsprecher, den er im Innern seines Hemdkragens trug.
"Nicht hetzen, ich trinke noch aus..."
Er deaktivierte die Verbindung, griff nach dem Glas - und schob es dezent vom Tisch. Klirrend zersprang es auf dem gefliesten Boden.
Umgehend eilten ein Kellner und eine Reinigungsdrohne herbei, um das Missgeschick zu beseitigen.
"Hoppla, ich weiß gar nicht...", sagte er und machte ein unschuldiges Gesicht. Der Kellner beeilte sich mit Machtnichts-Bekundungen, während die Drohne unbeeindruckt summte, saugte und fegte.
Dann verlangte er die Rechnung und trat Minuten später auf die Freitreppe des Hotels, die vom Eingang zur Domplatte führte. Geschäftige Fußgänger drängelten sich unter ihm aneinander vorbei und strebten in alle Himmelsrichtungen. Was für ein wimmelndes Chaos. Wie wohl einst zu Babel.
Gemessenen und nicht sonderlich eiligen Schrittes schritt Herr Schmidt die Treppen hinab und wurde von der metamenschlichen Masse aufgesogen.
Neon Knights
"Heute: IRISH PUNK NIGHT" verkündete das bunt schillernde und mit einem Neonritter mit Cyberschädel und Wallacher-Axt verzierten 3D-Bild neben der hölzernen Eingangstür.
Und wirklich, kaum öffnet man die Tür, ballern die "Phatz Dublin Doggaz" mit irischen Fiedeln, Bassgitarren, mittelalterlichen Drums und brachialem Liverpool-Punk los. Ach, was für ein Crescendo in der ansonst beschaulichen, rustikalen Streetfighter-Kneipe, wo ansonsten Metamenschen einander herzlich die Fresse polieren. Ja ja, ein Abend im RR-Plex, herzlich willkommen.
Sogar die Einrichtung sieht aus, als habe ein Troll damit um sich gedroschen. Nicht sehr einladend, dafür diskret - und wenn einem der Sinn nach Blut steht, kann er es sich live ansehen. Der "Kong Cage" im hinteren Teil der Bar war zur Zeit leer, wartete aber lechzend auf die übliche Mannschaft des "Neon Knights": Yuri den Balrog, Marc Schnitzer, den Universal Undertaker, das "Vieh" und Rastraton, den Kampfmagier. Bald schon saugte sich der mit einer Art Katzenstreu belegte Boden des Fighting-Käfigs wieder mit dem Blut und dem Schweiß der armen Teufel voll, die von der Stammtruppe der Kneipe auseinandergenommen, zerschnitten, zertrümmert, angesengt, schlicht krankenhausreif geprügelt wurden.
Schon jetzt drängte sich ein großer Teil des Publikums im hinteren Teil der Kneipe, schüttete Bier und Wodka in sich, brüllte nach Blut und knuffte und schob sich bereits.
Gute Voraussetzungen für eine zünftige Schlägerei, die auch allabendlich den "Bühnenstücken" folgte, sofern man stabil gebaut war.
Die Bier-und-Spiele-Gesinnung des gemeinen Volkes hatte zur Folge, dass viele Nischen unbesetzt waren. Gute Voraussetzungen für ein ruhiges Gespräch, sofern man eine Wand zwischen sich und die strategisch platzierten Lautsprecher bringen konnte.