Ich schreibe mal meine Gedanken zu dem Thema aus SL-Sicht auf:
-> Spielmechanische Nachteile: Diese Nachteile geben dir einen spielmechanischen Abzug irgendeiner Art. Beispiele: Niedrigere Werte, fehlende Körperteile, höhere Anfälligkeiten für irgendwelche Effekte.
Finde ich gelungene Nachteile und für mich sind es auch reelle Nachteile und nicht etwa Herausforderungen, Spielfördernde Elemente oder gar unzeitgemäße Mechaniken.
Diese Mechanik ist unmittelbar und zeigt dem Spieler bei jeder Betrachtung seiner Werte die fehlenden Kompetenzen auf. Das kann sich bis zu einem Stigma entwickeln, ich erlebte sogar schon, dass jemand mit einem Abzug auf bestimmte Werte seinen Charakter als unspielbar empfand.
-> Charakterisierende Nachteile: Diese Nachteile sollen dem Spieler eine Richtlinie bei der Darstellung seines Charakters geben. Beispiele: Phobien, Süchte, Ehrenkodizes, diverse persönliche Macken.
Diese Nachteile habe ich bisher immer (und damit meine ich im Comte de Versalien Sprech:
IMMER!) schlechte Erfahrungen gemacht.
Ich kenne keinen Spieler, der dauerhaft und plausibel negative Charakterzüge ausgespielt hätte. Bei Charaktererschaffung sehe ich bei diesem Punkt auch das größte Kritikpotential. Mehr dazu später.
-> Storyhook Nachteile: Diese Nachteile sollen dem Spielleiter Möglichkeiten geben, den Charakter in einen Plot zu verwickeln. Beispiele: Feinde, Verpflichtungen, Rachegelüste, Schulden.
Dies ist wiederum ein Punkt, mit dem ich als SL verdammt gut arbeiten kann. Hier obliegt es also wieder einer etwas neutraleren Instanz (ergo nicht dem Spieler selbst), einen Nachteil auch als einen Solchen ins Spiel einfließen zu lassen.
Für mich sind regelseitige Nachteile auch am liebsten mit regelseitigen Vorteilen aufzuwiegen. Du bist für Deinesgleichen besonders stark? Dann bist Du aber auch vielleicht besonders ungeschickt oder langsam. Hier sieht man die unmittelbare Auswirkung sofort. Sowohl positiv, wie auch negativ. Und ich finde es wichtig, dass ein Nachteil auch negativ ist, ansonsten ist es ja kein Nachteil, dann bräuchte ich einen anderen Begriff dafür und dann ... naja. Nicht so meines halt.
Nachteile, richtig.
Charakterisierende Nachteile empfinde ich nicht als Nachteile. Sie sind vielmehr Charakterspielpotential. Also das, was Rollenspiel zu einem gewissen Grad ausmacht.
Diese Kategorie streiche ich für mich einfach mal.
Storyhooknachteile sind zwar nicht unmittelbar spürbar, aber der Stachel im Arsch eines Charakters. Ein Dieb, der wiederkehrend immer schneller ist und sich so eine abgrundtiefe Feindschaft aufbaut. Ein Vorgesetzter, der einem nur die beschissensten Aufträge und Schichten zuteilt. Ein Erbfeind, der versucht die Massen gegen Dich und Deine Familie aufzubringen. Ein Kodex, der Dich daran hindert, gewisse Dinge zu tun, die entweder einfach oder eigennützig wären.
Diese Punkte mag ich persönlich sehr gerne, wenn sie gut in den Hintergrund eines Charakters eingewoben wurden. RoleMaster hat da einige Sachen in petto, die echt böse werden können.
Fazit: für mich gibt es lediglich zwei Kategorien und nicht derer drei.
Charakterisierende Nachteile sind für mich nichts, wofür ich einen Spieler mit mehr Boni für seinen Charakter belohnen müsste.
Allerdings würde ich das Thema ingame ordentlich ausspielen. Ein SC, der konsequent charakterliche Nachteile ausspielt, der würde auch ingame dafür von mir belohnt werden (er trifft seinesgleichen, er kommt mit seiner unart erstaunlich gut durch, er wird in der richtigen Situation missachtet ...).
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