Äh als ich das geschrieben habe warens erst 4 posts... Was solls:
Das kopieren ist wohl unumgänglich. Innerhalb der gesetzten physischen und psychologischen Rahmenbedingungen gibt es vermutlich nur eine begrenzte (wohl aber sehr grosse) Anzahl an "neuen" Möglichkeiten ("Everything is a Remix", "Everything is copy of a copy"...).
Ich hab irgendwo mal gelesen, dass es "nur" 15 oder so verschiedene Arten von Erzählstrukturen gibt (Liebesgeschichte, Rachegeschichte, Krimigeschichte etc.), die sich durch die menschliche Zivilisation ziehen (leider keine Zitate zur Hand).
Was die Kreativität anbelangt, ist das Rollenspiel sicher ein Medium, dass stark die Vorstellungskraft und Reflexivität des Menschen beansprucht und mMn sehr kreativ ist.
Was du aber auch ansprichst ist der normative Gehalt von Geschichten, die Moral welche durch die dualistische Einordnung in Gut und Böse entsteht oder eine Ethik die sich mit der Frage nach dem richtigen Handeln befasst. Deshalb ist wohl der Kontext von grosser Bedeutung, in welchem die "Murder Hobos" tätig werden.
Die Frage nach der Ethik lässt sich nicht wirklich einfach so beantworten:
- Töten die "Abenteurer" Orks um ein kleines Dorf zu retten (prototypisch dazu der Urwestern "Die sieben Samurai" von Kurosawa) oder metzeln das Dorf selbst nieder, weil diese in ihrer Expansion das Territorium der Orks annektiert (siehe Amarika und die Indianer)?
- Sind Orks wirklich Monster oder eine Repräsentation der historischen afrikanischen Stammeskultur, welche vom Westen als primitiv (in Ihrer Struktur und ihren Mitgliedern) wahrgenommen wurde, als die Idee des Orks konzipiert wurde?
Was ist mit der Jagd nach Tieren usw.?
- Ist Herr der Ringe nun durchflutet von katholizistischer Symbolik?
- Ist Superman oder der Ikonische Rollenspielarchetyp der moderne, von der Bibel oder einer anderen Mythologie abgekupferte, Heilsbringer?
- Ist die Ökonomie in D&D / PF nicht durchwegs eine kapitalistische, mit Shoppingmalls voller "magischer" Gegenstände, die nur denen angedacht sind, welche es sich leisten können?
- Ist "Dungeon Crawling" nicht einfach nur eine Grosswildsafari für den "Great White Hunter"?
- usw. usf.
Was Kenneth Hite verkürzt hierzu sagt, finde ich sehr schön:
In den klassischen, amerikanisch geprägten Rollenspielen wird ein Wildwest Grenzraum emuliert, in welchem jegliche Aktionen der Spieler ohne grosse Konsequenz im Setting verpuffen, während die Spieler nach bestandenem Abenteuer gen untergehender Sonne in das nächste Abenteuer reiten.
Während in europäisch geprägten Spielen (insbesondere Warhammer) herumziehende Banden von bewaffneten "Abenteuern" nach kurzer Zeit physisch sowie psychisch verstümmelt, irgendwo in der Gosse enden und von Ratten aufgefressen werden, während die Welt konsequenterweise im 30 jährigen Krieg entbrannt und zur Hölle geht.
Und ich denke gerade das Rollenspiel bietet die Möglichkeit über diese Symbole und Zeichen der Kultur nachzudenken und diese auf kreative Art und Weise zu "pervertieren" (in einem positiven Sinne) und somit darüber zu reflektieren.
Natürlich liegt das auch in der Hand der Spielgruppe. Man kann aber als SL oder als Rollenspielautor durchaus Impulse geben um diese Elemente einzubringen. Das wäre für mich ein Teil der Kreativität von Rollenspielen, in Bezug auf die oben aufgeworfenen moralischen Fragen.