Ich hatte Gelegenheit, Shadows of Eldolan einmal anzuleitern. Im Prinzip bietet das Abenteuer einen Krimi in einer Magier-Universitätsstadt. Vom Umfang her kann man damit einmal die erste Charakterstufe komplett durchspielen. Die Grundhandlung ist relativ einfach strukturiert, von der Anfangsszene aus führen drei Spuren jeweils in einen Handlungsfaden. Die in allen Handlungsfäden gesammelten Informationen bringen die Gruppe dann in ein zweiteiliges Finale. Eckpunkte des Ganzen sind eine Reihe von Encountern mit vorwiegend menschlichen Verbrecher- bzw. Kultistengegnern, die alle mit besonderen Gegnern und meistens besonderen Locations ausgestaltet sind. Wenn man will und die Gruppe so drauf ist, kann man das Ganze damit wie einen Dungeon spielen und sich sozusagen zum Boss durchkämpfen und -looten.
Zusätzlich gibt es jedoch allerlei Szenen mit NSC-Nichtkombatanten, mit denen man das Abenteuer deutlich stimmungsvoller, interaktionslastiger und weniger "schnitzeljagig" aufziehen kann. Dieser Teil ist allerdings kaum mit Spielregeln untermauert und das Layout lässt viele Informationen im Fließtext versaufen. Ich bin nie ein Freund davon gewesen, Bücher vollzukritzeln, aber wenn die Totholzvariante des Buchs bei mir eintrifft, werde ich den Texthervorhebungen und der Gliederung mit Textmarker und Bleistift sowas von auf die sprünge helfen... Naja, wer es weniger mechanisch und railroadig will, braucht vielleicht etwas mehr Improvisationstalent, aber findet alle Informationen im Abenteuer.
Zu guter Letzt gibt es auch noch eine ganze Sammlung von Plothooks, Ideen und Werten für allerlei Gegner in der Stadt (Gardisten, Magier, Schläger, Piraten), mit denen man das Abenteuer aufpimpen, Ausbrüche der Gruppe aus der Railroad abfangen oder mit etwas mehr Mühe sogar die Stadt als Sandbox-Szenario anbieten kann, in dem das eigentliche Abenteuer zur großen Verschwörung im Hintergrund wird, die immer wieder auftaucht.
Insgesamt war ich überrascht, wieviel ich für mein Geld bekommen habe. Meine Mitternachtsrunde auf einer Con habe ich nach einmaligem Überfliegen und ohne Vorbereitung direkt aus dem Buch geleitet. Da keiner mehr Lust hatte, zu denken und alle nur kloppen wollten, haben wir uns durch den ersten Handlungsfaden gesäbelt, was problemlos geklappt und allen viel Spaß gemacht hat. Wenn ich das nächste Mal die Gelegenheit habe, werde ich aber mehr Mühe reinstecken, um aus dem Ganzen Drumherum mehr herauszuholen und vielleicht tatsächlich die Sandbox zu spielen.
Was mir gut gefallen hat war, dass der ganze Regelanteil viel bietet ohne Arbeit zu machen und dass das Setting zur Einführung nicht so abgespaced ist wie einiges aus den Organized Play-Abenteuern.
Dafür hatte ich das Gefühl, dass die Encounter etwas zu leicht waren und dass viele Informationen in einer Wall of Text präsentiert werden, macht das Ganze zwar angenehm zu lesen, aber man findet nachher nix wieder.
Unterm Strich aber ein gelungenes erstes Kaufabenteuer für das Spiel, mit dem auch ziemliche Anfänger etwas tun und aus dem auch alte Hasen etwas herausholen können, für alle Einsatzzwecke geeignet und nicht spektakulär, aber solide. Und wenn man das Abenteuer diese Woche noch spielt, passen gewisse Halloween-Elemente ganz schön. ;-)