Ich halte es für destruktiv, einige Dinge innerhalb desselben Mediums als künstlerisch hinzustellen, und andere nicht, vor allem, während die Leute in einer Diskussion damit nicht dasselbe meinen.
Denn selbst, wenn das nicht die Intention war (!), wirkt es für mich immer wie ein Objektivitätsanspruch. Und den kann ich nicht ab.
Der Strangeröffner hat deutlich gemacht, dass es nicht um einen Objektivitätsanspruch geht.
Mir geht es hier vielmehr um Produkte/Spiele/Konzepte, die für euch irgendwo was mit Kunst zu tun haben.
(Hervorhebung durch mich).
Hier soll bekundet werden, ob man ein Rollenspielprodukt persönlich irgendwie mit Kunst zu assoziiert. Mehr wohl nicht.
Ich müsste mir sonst ein anderes Hobby suchen, denn ich habe keine Lust mir die Bauchnabelspiegelungen von dem, was heute Kunst sein soll, so Marke: "Autor und Kunstwerk fodern in seiner unorthodoxen und provozierenden Art der Gestaltung den Blick des Betrachters heraus und zwingen ihn dazu, seine Vorstellungen von Kunst zu überdenken".
Der Typ konnte also nicht malen, bildhauern, zeichen, was-auch-immer und ich darf nun diese Scheiße nicht als Scheiße bezeichnen, sondern muss das Kunst nennen.
Lieber roter Baron, bevor du solche entlarvenden pauschalisierenden Aussagen in diesen Strang schreibst, hättest auch du dir vielleicht vorher nochmal den Ausgangsbeitrag durchlesen sollen:
... die Diskussion, ob Rollenspiel Kunst sein kann, was Kunst überhaupt ist, etc. will ich hier nicht führen.
Ich denke, man kann an die Sache ganz unterschiedlich herangehen. Design ist ja beispielsweise eine Disziplin, die versucht, Funktionalität mit einem über den reinen Gebrauchswert hinausgehenden künstlerischen Aspekt zu verknüpfen. Und Regeldesign gibt es in jedem System, das beginnt bereits vor der ersten Illustration. Daher muss das hier...
Für mich hat "Kunst" auf jeden Fall Null mir Regelmechaniken und MetaGaming zu tun, sondern mit abgedrehtem und innovativem Fluff.
...nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss sein.
Ich merke in letzter Zeit, dass ich - je mehr Systeme ich kennenlerne - bei Rollenspielen auf Merkmale achte, die zumindest ein paar Parallelen zu Kunstepochen bzw. Stilmerkmalen haben.
In meinen Augen gibt es
- barock-verschwurbelte Regelsysteme (für alles und jedes eine Extraregel, üppige Unterstützung durch Tabellen, es ist allerdings nicht einfach, einen Gesamtüberblick zu erhalten)
- klassisch-symmetrische Regelsysteme (alle Regeln lassen sich auf einen zentralen Mechanismus zurückführen, Balance ist ein wichtiges Stichwort)
- abstrakte Regelsysteme (wenn beispielsweise nicht mehr dargestellt wird, was im Kampf geschieht, sondern nur noch, wie er ausgeht)
- minimalistische Regelsysteme (wieviel Regeln brauche ich, um überhaupt spielen zu können? > Norweger und einige andere Indies)
- postmoderne Regelsysteme (die Regeln bestehen aus einem Baukastensystem, mit dem ein konkretes, individualisiertes System erst erschaffen wird)
- spielleiterlose Rollenspiele (hier wird neu über die Frage nach der Autorschaft nachgedacht, nicht mehr der Spielleiter entwirft die Handlung bzw. das Szenario, sondern die Spieler tun das gemeinsam, so wie es auch moderne Kunstwerke gibt, bei denen das Publikum in den schöpferischen Prozess mit eingebunden wird und die Rolle des Künstlers dadurch in Frage gestellt wird)
Man muss nicht auf diese Art und Weise über Rollenspiele nachdenken. Mir gefällt es aber ganz gut und ich merke, wie mir oft Systeme gefallen, die Parallelen aus mir ebenfalls attraktiv erscheinenden Ideen der Kunstwelt aufweisen.
Chiarina.