Nachdem ich mich gestern mit Korknadel noch mal über unsere SpliMo-Versuche ausgetauscht habe, hier mal meine Hauptproblempunkte mit den Regeln und wie ich sie am liebsten gelöst bekommen würde. Das alles auf der Grundlage, dass das System mir gefällt, gerade auch aufgrund der komplexen Charaktererschaffung, der interessanten Todes- und Heilungssysteme, der Alchemie usw., dass ich es aber gleichzeitig in der Praxis als für mich (als SL) unspielbar erlebe. Meine Änderungsvorstellungen betreffen deshalb auch nicht so sehr die Komplexität dieser hauptsächlich spielerverwalteten und stark fokussierten Elemente, die ist schon okay für mich; sie betreffen vor allem di das System in Kämpfen, den da ist für mich das Aufwand/Ertragsverhältnis von Regelkomplexität vs. Spielspaß schwer im Ungleichgewicht.
Disclaimer 1: Es geht hier nicht um Regeländerungen, die ich als Hausregeln erarbeiten möchte, und auch nicht um einen "Forderungskatalog". Ich will einfach nur meine Gedanken darüber teilen, was Splittermond für mich zu einem praktikablen System machen würde.
Disclaimer 2: Ich brauche hier keine Diskussion darum, ob SpliMo nun prinzipiell zu kompliziert ist bzw. darüber, wie man sich die komplizierten Aspekte durch Hilfsmittel (Marker, Karten, bestimmte Aufschreibtechniken, Miniaturen ...) erleichtern kann; das ist letztlich eh Geschmackssache. Ich persönlich interessiere mich beispielsweise nicht für Hilfsmittel, weil meiner Erfahrung nach deren Beschaffung, Aufbewahrung und Anwendung so viel Arbeit macht, dass man schon wieder gar keine Zeitersparnis hat. Ich betrachte SpliMo deshalb unter der Maßgabe: "Wie könnte es funktionieren, wenn ich nur die Tickleiste auf dem Tisch, die Marker darauf und Papier und Bleistift verwende?"
Welche Probleme und potenzielle Lösungen gibt es also aus meiner Sicht?
Zuerst einmal die Verwaltung der Gegner: Gegner müssten für mich regelseitig einfacher sein als SC. Der Mehrwert der Komplexität von SC ist für mich nicht die bessere "Weltsimulation", sondern die Möglichkeit, mit seinem SC Barbiespiel zu betreiben, also an ihm zu schrauben und sein Bild auch regelseitig ständig zu verfeinern. Für NSC ist dieser Aspekt (für mich) uninteressant, deshalb brauche ich da auch nicht die gleichen komplexen Regeln, sondern einen Satz einfacherer Regeln, die mit den komplexeren kompatibel sind.
So als Hausnummern sag ich mal: Maximal zwei Wundstufen pro Gegner; Manöver und Zauber auf 2-3 Specials pro Gegner begrenzen und deren Wirkungen dann im konkreten Abenteuer aufschreiben, sodass man nicht im GRW nachschlagen muss; keine komplexe Fokuskostenverwaltung (mit Kanalisierung, Erschöpfung, Verzehrung) für NSC. Keine aktiven Abwehren für Gegner.
Weitere Vereinfachungen des Kampfablaufs:
Aktive Abwehr ohne Probe, sondern als fester Abwehrbonus, den man sich durch Tickeinsatz erkaufen kann; AA wirkt sich nicht auf den VTD-Wert aus, sondern nimmt dem Gegner Erfolgsgrade weg (damit man im Kopf nicht zwischen erwürfeltem Wert und EG hin und her springen muss).
Manöver werden nicht mehr angesagt, sondern immer nachträglich mit den verbliebenen Erfolgsgraden gekauft. Manöver wie "Umreißen", die Gegenproben erlauben, müssten vereinfacht werden.
Keine AA für geistigen und körperlichen Widerstand; das ist seit jeher doppelt gemoppelt und wenig intuitiv ... im Kampf simuliert die AA ein konkretes Ausweichen/Parieren, das sehe ich noch ein, aber bei GW/KW gehe ich davon aus, dass der Abwehrwert den Wert repräsentiert, den man hat, WENN man sich bereits maximal anstrengt, zu widerstehen.
Das ist eigentlich schon das Wichtigste; damit würde das System für mich im Kampf wahrscheinlich auch als SL spaßig. Das, was mir vorschwebt, wäre wahrscheinlich eine Art Hybrid aus Der Eine Ring und Splittermond, mit der Vielseitigkeit und Erschaffungskomplexität von SpliMo und der Kampfsystem-Eleganz von DER.
Noch ein paar Anmerkungen zur jeweils anderen Rollenspielphilosophie, die hinter meiner Herangehensweise und der beim offiziellen Splittermond steckt:
Erstens habe ich den Eindruck, dass Splittermond regelseitig sehr stark dem Ablaufdenken "Ich sage, was genau ich tun will (z.B. den Gegner umreißen) - ich würfle - ich erfahre, ob es gelungen ist oder nicht" verhaftet. Vielen ist das wichtig, ich finde diese Herangehensweise im Kampf eher umständlich. Da wäre mir der Ansatz "Ich würfle - ich sehe, was ich mit dem Ergebnis gegen meinen Gegner machen kann" lieber. 13th Age macht das in anderer Weise sehr schön vor. Der Vorteil davon ist, dass nicht dauernd beabsichtigte Wirkungen einfach verpuffen, sondern dass man sich eine coole Wirkung raussucht, sobald man weiß, dass man sie mit seinem Wurfergebnis auch erreichen kann.
Das gleiche "Intention - Wurf - Ergebnis"-Denken macht sich m.E. auch bei der offiziellen Herangehensweise an die AA deutlich: erst sage ich, dass ich abwehren will, dann würfle ich, dann sehe ich, wie gut mir das gelungen ist. Eleganter und praktikabler finde ich auch hier die Variante: einfach den Würfelwurf weglassen und stattdessen die EG des Gegners für den Preis von Ticks reduzieren.
Zweitens gibt es das Vorurteil, dass man NSC, wenn man sie nach vereinfachten Regeln behandelt, zu Kanonenfutter/Mooks degradiert - und ich denke, von dem haben sich die Macher vielleicht etwas zu sehr leiten lassen. Dabei muss das überhaupt nicht sein, denn ob ein NSC komplexe Motivationen hat und coole Sachen macht, hängt ja nur sehr begrenzt von seiner Wertekomplexität ab. Wie gesagt liegt der Reiz von Wertekomplexität vor allem daran, dass man auch auf lange Sicht an seinem Charakter feilen und nicht nur auf Story-, sondern auch auf Regelebene im Laufe einer Kampagne immer neue Möglichkeiten auftun kann. Für NSC brauche ich diese Möglichkeit nicht, in der Regel genügen Werte, die mir sagen, wie sie den SC gefährlich werden, sie unterstützen oder beeinflussen können. Alles andere ist Ballast und verstellt im schlimmsten Fall den Blick auf die Bausteine, die ich wirklich brauche.