Autor Thema: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren  (Gelesen 19575 mal)

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Offline Saffron

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #25 am: 7.02.2015 | 15:22 »
Mich erinnert das sehr an die Diskussionen, ob man als SL schummeln oder Würfeldrehen darf/ soll. Da gibt es die einen, die ganz empört sind und das als Betrug ansehen und andere die sagen, dass es ok ist, weil der SL die Geschehnisse damit spannender oder besser machen kann.

Letzteres ist meine Meinung, deshalb betreibe ich wenn ich es für eine gute Idee halte, sowohl Kulissenschieberei als auch Schummelei in Konfliktsituationen wie z.B. Kämpfen. Ich verstehe diejenigen, die das als Entwertung der Spielerentscheidungen sehen, aber für mich ist das Ziel von Rollenspiel in erster Linie, gemeinsam eine gute Geschichte  zu erzählen, die allen Spaß macht. Wenn ich ein Spiel spielen möchte, bei dem die Regeln wichtiger sind als die Geschichte, spiele ich ein Brettspiel, und dabei schummele ich auch nicht.
Ich leide nicht an Realitätsverlust. Ich genieße ihn.

Online JollyOrc

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #26 am: 7.02.2015 | 16:55 »
Mir fällt übrigens gerade eine Kulissenschieberei-Anekdote ein:

Ein Freund und ich hatten uns vor Jahren als Co-SL eine Kampagne geteilt. Mal leitete er, mal ich, manchmal machten wir das gemeinsam, indem wir z.B. spontan verschieden NSCs übernahmen.

In den Vorbereitungen hatten wir nun das Dorf X entwickelt, da wir davon ausgingen, dass die Spieler das als nächstes besuchen würden. Die Dörfler bekamen von uns einige spaßige Brauchtümer verpasst, inkl. einer schöne magische Riesenmuschel, die ihnen beim Walfang hilft.

Soweit so schön. Nächster Spielabend, und die Spieler sagen an, dass sie als nächstes... Dorf X komplett ignorieren und stattdessen nach Dorf Y ziehen würden. Zu dem Zeitpunkt war den Spielern zu beiden Dörfern nur der Name und die Position auf der Landkarte bekannt. Beides waren Küstendörfer.

Also schob ich kurzerhand die Kulisse, übermalte das Schild am Dorfeingang und präsentierte den Spielern Dorf XY.

Mein Co-SL hat sich darüber übrigens so aufgeregt, dass das Ende unserer Zusammenarbeit war.
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Offline Skeeve

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #27 am: 7.02.2015 | 17:30 »
Da habe ich das Beispiel schlecht erklärt:
War aus einer konkreten Runde, in der ich Spieler war. Mein Eindruck: Es war erst einmal gar kein wichtiges/vorgesehenes Abenteuerziel, schneller zu sein, wir haben das aber so bewertet. Die Mittel, unsere Gegner zu überholen, hatten wir anscheinend schlicht nicht - wussten wir allerdings da noch nicht. Wir hatten eine gute Idee und haben alle dafür notwendigen Proben geschafft. Ich fand es dann als Spieler ein bisschen doof, dass das erst mal keine erkennbaren Auswirkungen hatte, weil die Gegner trotzdem zuerst da waren, worauf der SL meinte, dass das noch eine entscheidende Auswirkung haben würde, die wir in der nächsten Sitzung mitbekommen werden.
Ich weiß nun natürlich nicht, ob er Kulissenschieben musste, um diese entscheidende Auswirkung präsentieren zu können, für mich klang es aber so ...

Was wird noch eine entscheidende Auswirkung in der nächsten Sitzung haben? Das die Gegner zuerst da waren oder dass ihr eine gute Idee hattet und alle dafür notwendigen Proben geschafft habt?

Ich vermute ja das erste, aber hoffe dass es bei mir in so einem Fall notfalls eher das zweite wäre. Wenn mich die Spieler mit irgendwas überraschen und mir in der aktuellen Sitzung keine passende Auswirkung einfällt, dann doch hoffentlich zur nächsten Sitzung.
(Mir fallen sowieso häufig passsende Fortsetzungen und Erklärungen für etwas das in der aktuellen Sitzung vorgefallen war, erst in Bus und Bahn auf dem Heimweg ein. Ich bin nicht so spontan wie ich ab und zu gerne wäre.)
... oft genug sind die Spieler die größten Feinde der Charaktere, da helfen auch keine ausgeglichenen Gegner

Hoher gesellschaftlicher Rang ist etwas, wonach die am meisten streben, die ihn am wenigsten verdienen.
Umgekehrt wird dieser Rang denen aufgedrängt, die ihn nicht wollen, aber am meisten verdienen. [Babylon 5]

Achamanian

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #28 am: 7.02.2015 | 17:43 »
Was wird noch eine entscheidende Auswirkung in der nächsten Sitzung haben? Das die Gegner zuerst da waren oder dass ihr eine gute Idee hattet und alle dafür notwendigen Proben geschafft habt?


Letzteres natürlich!

Offline Skeeve

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #29 am: 7.02.2015 | 17:50 »
Soweit so schön. Nächster Spielabend, und die Spieler sagen an, dass sie als nächstes... Dorf X komplett ignorieren und stattdessen nach Dorf Y ziehen würden. Zu dem Zeitpunkt war den Spielern zu beiden Dörfern nur der Name und die Position auf der Landkarte bekannt. Beides waren Küstendörfer.

Also schob ich kurzerhand die Kulisse, übermalte das Schild am Dorfeingang und präsentierte den Spielern Dorf XY.

Das würde genauso machen. Aber nur solange das für die Spieler noch weisse Flecken auf der Landkarte sind... Eines der Ziele warum wir zusammen spielen ist doch das die Charaktere Abenteuer erleben (damit die Spieler ihren Spaß haben) und wenn die Charaktere nicht zum Abenteuer kommen, dann muss das Abenteuer zu den Charaktere kommen. Was wäre denn die Alternative gewesen? Den Spielern sagen "Schön wenn ihr nach Dorf Y wollt, dann machen wir gleich wieder Schluß und ihr könnt nach Hause weil wir für das Dorf Y nichts vorbereitet haben. Beim nächsten Mal geht es dann weiter..."? Oder ihnen ein langweiliges Dorf Y präsentieren in dem nun rein garnichts Interessantes los ist und versuchen sie mit Tricks, winkenden Zaunpfählen usw... zu dem Dorf X zu locken?

Wenn die Charaktere schon mal in Dorf X oder Y waren, dann ist das eher schlecth. Dann muß man vielleicht doch sagen "für den Weg haben ich gerade nichts vorbereitet" oder wild improvsieren.

Andererseits wenn die Charaktere nur gehört/gelesen haben dass in dem Dorf X der Heilbutt-König leben soll und die Spieler ihre Charaktere nun zu dem Dorf Y schicken. Dann kann man auch noch das Dorf verschieben und festellen dass die Informationen die die Charaktere erhalten hatten offenbar fehlerhaft waren.
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Achamanian

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #30 am: 7.02.2015 | 18:07 »
Gibt es denn Fälle in denen einem außer Kulissenschieben nichts übrig bleibt, um den Spieler(inne)n zu zeigen, dass ihre Entscheidungen Konsequenzen haben? In deinem Beispiel mit dem Beeilen könnte man doch z.B. a la ressource depletion sagen, dass sie durch einen sinnlosen Eilmarsch Ressourcen (Ausdauer, Pferde, Rationen ö.Ä.) vergeudet haben. Die Konsequenz einer ungünstigen Entscheidung eben.

Die Frage ist halt, was du als Konsequenzen im Sinne einer sich entwickelnden Geschichte betrachtest. Schwindende Ressourcen (so es die in dem jeweiligen Spiel überhaupt in der Form gibt, wir haben in der entsprechenden Kampagne so was bisher nicht verwaltet und haben das m.W. auch nicht vor) sind in meiner Wahrnehmung eher ein Modifikator, der zukünftige Ereignisse beeinflusst, als selbst ein Ereignis. Das als Reaktion auf eine Handlungsidee mit einem konkreten Ziel ("Wir wollen vor denen da sein!") zu bringen, ist in meinen Augen in den meisten Fällen enttäuschend. Wenn auf "Wir wagen ein Anlandemanöver zwischen den Riffen, schaffen unsere Proben dafür und haben damit unseren Weg um mehrere Meilen abgekürzt, um den anderen zuvorzukommen" - ein "ich schau auf meine Karte, die sagt mir, die andern sind immer noch eher da, aber ihr habt beim Klettern Ausdauer verloren, stellt euch den Konsequenzen eures Handelns!" kommt, dann finde ich das ehrlich gesagt in Bezug auf die Handlungsentscheidung, die wir getroffen haben, ebenso langweilig wie "ich schau auf meine Karte, die sagt mir, die andern sind immer noch eher da."
Eine Konsequenz im Sinne eines Ereignisses wäre für mich: "Okay, ihr schafft es knapp vor ihnen", oder "okay, ihr entdeckt bei eurer Kletterpartie in der Eisspalte eine Monsterhöhle mit (Abenteuerrelevantes Zeug drin)", oder halt: "okay, die anderen sind zwar immer noch schneller, aber ich überlege mir zum nächsten Mal eine Auswirkung für eure Idee."

Der Unterschied ist der zwischen einer simulationisch gedachten Konsequenz innerhalb der Welt ("Wenn die SC etwas tun, müssen möglichst unparteiisch die Konsequenzen davon ermittelt werden") und Konsequenzen für die Geschichte, die eher mit einer Art Softcore-Player-Empowerment zu tun haben ("Wenn die SC etwas tun, dann muss das eine für die Geschichte interessante Konsequenz haben - weil die Spieler mit dem Handeln ihrer SC signalisiert haben, worum es ihrer Meinung nach als Nächstes gehen soll.")

Offline Turning Wheel

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #31 am: 7.02.2015 | 18:07 »
... wenn er dafür spontan die noch nicht "öffentlichen" Fakten ändern muss. ...

Und genau da liegt ja die fehlerhafte Vorstellung: In einer Rollenspielrunde wird erst dann etwas zum Fakt, wenn es erzählt wird (öffentlich gemacht wird).
Alles andere ist erst mal nur eine Idee, wie etwas sein könnte - nicht mehr.
Wenn ich klassischer SL bin, dann erwarten die Spieler meistens von mir, dass ich ein paar tolle Ideen für das Spiel habe. Ich persönlich finde es dann absolut legitim,
meine Vorbereitungen (oder das was im Kaufabenteuer steht) über den Haufen zu werfen sobald ich eine bessere Idee habe.
Und diese besseren Ideen kommen oft während des Spiels, weil mich die Spieler irgendwie darauf bringen.

Etwas anderes ist Sandboxrollenspiel, wo vorher ausgemacht wurde, dass der SL vor Beginn eine feste Welt vorbereitet (bzw. diese nach festgelegten
Zufallsprinzipien während des Spiels erschafft). Oder wenn ausgemacht wurde, dass ein Kaufabenteuer "by the book" gespielt wird (ist z.B. bei Turnieren üblich).
Wenn man das abgesprochen hatte, ist Kulissenschieberei natürlich böse.

Offline Grimtooth's Little Sister

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #32 am: 7.02.2015 | 18:19 »

Was haltet ihr von solchen Arten des Kulissenschiebens? Ist das "Spontan-RR", weil ich als SL - inspiriert von den Entscheidungen der Spieler - die Geschichte forciert in eine bestimmte Richtung lenke? Oder ist es das Gegenteil von RR, weil ich die Konsequenzen der Spielerentscheidungen verstärke?

Das mach ich regelmässig. Manchmal machen die Spieler so die Story komplett alleine ohne es zu merken  ;D
Fliegen bei einem Scientologen im Schampusglas - wenn Insekten in Sekten in Sekt enden.

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"Ich wäre ja bei CHA. Fallschirm springen nutzt ja nix, wenn man nicht gut dabei aussieht..." -Flamebeard

Achamanian

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #33 am: 7.02.2015 | 18:21 »
Und genau da liegt ja die fehlerhafte Vorstellung: In einer Rollenspielrunde wird erst dann etwas zum Fakt, wenn es erzählt wird (öffentlich gemacht wird).
Alles andere ist erst mal nur eine Idee, wie etwas sein könnte - nicht mehr.


Da stimme ich dir zu (mitsamt der Sandbox-Ausnahme).
Natürlich sind InGame-Fakten sowieso nur das, was von der Runde gemeinsam als Fakt anerkannt wird - sogar etwas, das schon "bekannt" ist, kann man ja per gemeinsamen Retcon wieder "entfakten".

Ucalegon

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #34 am: 7.02.2015 | 18:54 »
Die Frage ist halt, was du als Konsequenzen im Sinne einer sich entwickelnden Geschichte betrachtest. Schwindende Ressourcen (so es die in dem jeweiligen Spiel überhaupt in der Form gibt, wir haben in der entsprechenden Kampagne so was bisher nicht verwaltet und haben das m.W. auch nicht vor) sind in meiner Wahrnehmung eher ein Modifikator, der zukünftige Ereignisse beeinflusst, als selbst ein Ereignis. Das als Reaktion auf eine Handlungsidee mit einem konkreten Ziel ("Wir wollen vor denen da sein!") zu bringen, ist in meinen Augen in den meisten Fällen enttäuschend. Wenn auf "Wir wagen ein Anlandemanöver zwischen den Riffen, schaffen unsere Proben dafür und haben damit unseren Weg um mehrere Meilen abgekürzt, um den anderen zuvorzukommen" - ein "ich schau auf meine Karte, die sagt mir, die andern sind immer noch eher da, aber ihr habt beim Klettern Ausdauer verloren, stellt euch den Konsequenzen eures Handelns!" kommt, dann finde ich das ehrlich gesagt in Bezug auf die Handlungsentscheidung, die wir getroffen haben, ebenso langweilig wie "ich schau auf meine Karte, die sagt mir, die andern sind immer noch eher da."
Eine Konsequenz im Sinne eines Ereignisses wäre für mich: "Okay, ihr schafft es knapp vor ihnen", oder "okay, ihr entdeckt bei eurer Kletterpartie in der Eisspalte eine Monsterhöhle mit (Abenteuerrelevantes Zeug drin)", oder halt: "okay, die anderen sind zwar immer noch schneller, aber ich überlege mir zum nächsten Mal eine Auswirkung für eure Idee."

Der Unterschied ist der zwischen einer simulationisch gedachten Konsequenz innerhalb der Welt ("Wenn die SC etwas tun, müssen möglichst unparteiisch die Konsequenzen davon ermittelt werden") und Konsequenzen für die Geschichte, die eher mit einer Art Softcore-Player-Empowerment zu tun haben ("Wenn die SC etwas tun, dann muss das eine für die Geschichte interessante Konsequenz haben - weil die Spieler mit dem Handeln ihrer SC signalisiert haben, worum es ihrer Meinung nach als Nächstes gehen soll.")

Ressource depletion/Take their stuff findet ja (hoffentlich) auch immer auf der Storyebene statt. Ich meinte das gar nicht unbedingt nur mechanisch.

Ansonsten stimme ich dir schon zu. Ich verstehe nur nicht ganz, in welchen Fällen das Kulissenschieben dann überhaupt passieren soll. Wenn ich die Kulisse "X bewegt sich mit der Geschwindigkeit Y auf einen Zielpunkt zu und wird dort deshalb zum Zeitpunkt Z eintreffen." aufgebaut habe und das der Gruppe bekannt ist (ob in einem Sandbox-Kontext oder nicht), dann habe ich das doch gemacht, um einen objektiven Rahmen zu schaffen. Wenn ich daran jetzt aus welchen Gründen auch immer etwas ändere, hätte ich mir den Versuch Objektivität herzustellen doch gleich sparen können. Dann hätte ich auch einfach sagen können "X ist zum Zielpunkt unterwegs. Unternehmt ihr etwas, um vor ihm da zu sein?"

Edit: Eine schöne Möglichkeit als SL das Riff richtig interessant zu machen, wäre doch auch, wenn die zu Überholenden den Versuch mitbekämen [per Zufallswurf] und sich entschieden, den lästigen Verfolgern bei deren Landung eine Falle zu stellen. Warum sollte eine kreative SL also die wenigen objektiv feststehenden Fakten ändern und Regeln nicht mehr gelten lassen, wenn es so viel Freiraum gibt (selbst in einer krassen Sandbox, wo wirklich alles vorher festgelegt ist).
« Letzte Änderung: 7.02.2015 | 19:04 von Ucalegon »

alexandro

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #35 am: 7.02.2015 | 19:11 »
Ich sehe einen deutlichen Unterschied zwischen "Entscheiden" und "Raten".

Wenn die Spieler aufgrund der Faktenlage eine Entscheidung treffen und der SC dreht etwas am Ergebnis, dann finde ich das scheiße und eine Entwertung der Spielerrolle. Wenn die Spieler aber die Fakten nicht kennen und einfach nur aus den gegebenen Optionen irgendeine auswählen, und der SL wählt dann ein Ergebnis aus, welches zu dieser Entscheidung passt (unabhängig davon, ob er das vorbereitet hat), dann ist das imo OK.

Begegnungstabellen funktionieren im wesentlichen nicht anders: normalerweise sind sie gute Hilfsmittel, um die Spielwelt mit Leben zu füllen. Aber wenn über das Gebiet schon Fakten bekannt sind, kann der Wurf auf dieser Tabelle die Recherche der SC entwerten und die Spielwelt ein Stück weit weniger glaubwürdig machen ("Moment... ein Neo-Otygh lebt einen Steinwurf vom Goblinstamm entfernt? Warum haben die sich noch nicht gegenseitig ausgerottet?"). Man kann dann zwar biegen und brechen und weitere Fakten verändern (der Goblin-Schamane hält den Otygh mit "Charm Monster" unter Kontrolle - wodurch er eine wichtigere Rolle im Stamm einnimmt, was ursprünglich nicht geplant war), aber das änder ja nichts am o.g. Ideal sind diese Tabellen, wenn noch nichts über das zu erforschende Gebiet bekannt ist und man erst über diese Würfe kennenlernt.

Achamanian

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #36 am: 7.02.2015 | 19:11 »
Edit: Eine schöne Möglichkeit als SL das Riff richtig interessant zu machen, wäre doch auch, wenn die zu Überholenden den Versuch mitbekämen [per Zufallswurf] und sich entschieden, den lästigen Verfolgern bei deren Landung eine Falle zu stellen. Warum sollte eine kreative SL also die wenigen objektiv feststehenden Fakten ändern und Regeln nicht mehr gelten lassen, wenn es so viel Freiraum gibt (selbst in einer krassen Sandbox, wo wirklich alles vorher festgelegt ist).

Es wurden ja gar keine objektiv stehenden Fakten geändert; genau so, wie du es vorschlägst, ist unser SL im Prinzip vorgegangen. Das meine ich mit "Kulissenschieben". Beim klassischen Weg A/Weg B -Beispiel wissen die Spieler ja in der Regel auch nicht, welcher weg "eigentlich" wohin hätte führen sollen.

Offline Sid

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #37 am: 7.02.2015 | 20:33 »
Schönes Thema!

Bei uns ist das Kulissenschieben und auch alle anderen "Erzähltechniken" aktiv wahrgenommenes und praktiziertes Recht eines jeden Spielteilnehmers.
Damit ist also neben dem SL auch jeder Spieler gemeint, der sich genau so Orte, NSCs, Gegebenheiten, usw. ausdenkt, und wenn er nicht das
Erzählrecht hat oder sich aus irgendeinem Grund um entscheidet, diese Dinge irgendwann recycelt.

Beispiel:

Ein Spieler hofft, dass ein NSC Dreck am Stecken hat, um ihn zu erpressen. Gelingt eine entsprechende Probe, hat der Spieler das Erzählrecht und denkt sich liebend gern selbst aus, welches dunkle Geheimnis zu nutze gemacht werden kann. Wenn in dem Zusammenhang ein Ort eingeführt oder verändert wird,
den der SL anders "geplant" hatte, dann hat der Spieler Vorrang.

Alles fließt und gilt erst in dem Moment, indem es erzählt wurde - egal von wem.
Ich putz hier nur.
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Offline Blechpirat

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #38 am: 7.02.2015 | 21:31 »
Ich habe mir übrigens sagen lassen, dass der Blechpirat das im Grunde genauso macht.

Vermutlich hast du in gewisser Weise Recht. Kommt aber auf das Genre an, und wie sehr die Ermittlung im Mittelpunkt steht. Es für mich ganz dicht am "schummeln". Andererseits stehe ich wirklch nicht drüber, wenn die Spieler das Wettreisen wichtig zu finden, es mit Bedeutung aufzuladen. Ich halte es sogar für meine Pflicht.

Ansonsten finde ich den Begriff "Kulissenschieben" nicht ganz zutreffend. Eigentlich tauchen doch Fakten aus dem Nebel auf...

Sie waren (anders als die Kulissen im Theaterstück) vorher gerade nicht da.
« Letzte Änderung: 7.02.2015 | 22:03 von Blechpirat »

Offline Xemides

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #39 am: 7.02.2015 | 23:55 »
Bei mir kommt es stark drauf an, wie ich spiele.

Bei einem klassischen Detektiv Abenteuer denke ich mir Tathergang, Motive und Täter aus und die Spieler sollen genau ihn finden und niemand anderen. Abweichungen gibt es maximal bei der Indiziensuche, soweit ich das für logisch halte, das die Infos an anderer Stelle für sinnvoll halte, aber  auch das um jeden Preis. Eine Änerung der Lösung gibt es nicht. das würde ich auch als Spieler nicht wollen.

Aber ich weiche beim Ende eines Abenteuers ungerne von meiner Idee ab, gehe aber sehr wohl darauf ein, wenn die Spieler einem vorgesehenen Weg nicht folgen sondern eigene Wege finden, zum Ziel zu kommen. Und auch ein vorzeitiges Ende lasse ich zu.

Aber das Ende an die Spieler anpassen mache ich nicht und möchte es auch als Spieler nicht.
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Offline Turning Wheel

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #40 am: 8.02.2015 | 08:21 »
Ansonsten finde ich den Begriff "Kulissenschieben" nicht ganz zutreffend. Eigentlich tauchen doch Fakten aus dem Nebel auf...

Sie waren (anders als die Kulissen im Theaterstück) vorher gerade nicht da.

So sehe ich das auch. Das Begriff ist nicht nur irreführend sondern schlichtweg falsch.

Außerdem finde ich es immer wieder ätzend, wenn für ganz normale Prozesse irgendwelche Kampfbegriffe generiert werden.
Das Bild suggeriert, dass jemand schon etwas erschaffen hat und man das nachträglich abändert. Der Begriff des Schiebens ist auch fast immer negativ belegt.
Der kreative Prozess, dass man sich bis zum Schluss assoziativ leiten lässt und eine Idee erst dann festklopft, wenn es zu ihrer Konkretisierung kommt, ist aber ein völlig normaler und benötigt eigentlich keinen besonderen Begriff. Man nennt diesen Prozess Ideenfindung - und dass diese Ideenfindung die Entscheidungen der Spieler integriert, sollte eigentlich das Ziel sein. Als Designer ist eine Integration des Kundenwunsches bzw. des Benutzers jedenfalls immer selbstredend. Warum ist das im Rollenspiel nicht so?

Dass es unter Rollenspielern zu solchen Vorbehalten kommt, einer vorbereitete Idee der besseren Idee während des Spiels den Vorzug zu geben, liegt
vielleicht an der Existenz von Kaufabenteuern und einer Art von Hörigkeit gegenüber sogenannten "offiziellen" Produkten. Man möchte es auch so machen wie die
großen Vorbilder, übersieht dabei aber, dass es die unkreativere Alternative ist, die dem Geldverdienen untersteht.
Im Rollenspiel ist es aber besser kreativ zu sein, statt ein braver Konsument.

In jeder professionellen Designschmiede bewertet man Ideen tunlichst nach ihrer Güte und nicht danach, ob sie vorher da war.
Ganz im Gegenteil: die erste brauchbare Idee wird dort eher mit Argwohn betrachtet, weil die Erfahrung zeigt, dass folgende Ideen oft besser sind.
Nur der Laie beißt sich an der ersten Idee fest, weil er noch eine Art romantisches Verhältnis zu Ideen hat.
Ideen sind aber im kreativen Bereich nur Schall und Rauch. Sie bieten sich im Minutentakt an. Das was sie erst wertvoll macht, ist die tatsächliche Umsetzung.
« Letzte Änderung: 8.02.2015 | 08:50 von blind cat »

Online Maarzan

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #41 am: 8.02.2015 | 09:43 »
Ein Spielleiter kann immer nur so viel leisten und ist auch nicht unfehlbar. In dem Sinne ist eine Spielrealität am Anfang noch lange nicht in Stein gemeißelt und wird unter dem Spieleindruck immer wieder sich etwas umformen, aber auch immer weiter verfestigen mit dann gesetzten Fakten.

Es ist also nur natürlich, dass ein Spielleiter seine Vorabvorstellungen kontinuierlich überprüft und bei besseren weil logischeren oder weil ihm einfach ein Fehler unterlaufen ist richtigen Spielerbeiträgen anpasst. Da ist dann auch ein gewisser Raum für Änderungen, wenn die Beiträge der Spieler bei gleicher Plausibilität unterhaltsamer zu werden versprechen.
Entscheidungen brauchen um relevant zu sein einer stablien Faktenbasis. Ohne die kann man sich auch die Entscheidungen sparen.


Das was ich unter "Achtung einer Spielerentscheidung" im engeren Sinne verstehe ist es aber gerade nicht. Diese bezieht sich auf die Führung des Charakters als charakteristische Beteiligung in einem Rollenspiel und da gehört es eben auch zu einen grundsätzlich auch die Folgen der Fehler solcher Entscheidungen erleben zu lassen. Wo diese Folgen einen Spieler z.B. durch das Verlieren der Figur aus dem Spiel entfernen würde etc. kann man korrigierend eingreifen, aber als Metaproblem, gehört das auch auf der Metaebene angegangen.

Die Ergänzung der Motivation wäre damit OK, die spielweltlich eigentlich unhaltbare "Teleportation" hingegen nicht. Im Rahmen des gesteigerten Unterhaltungswerts könnte das dann individuell entschuldigt werden, führt aber auf die glitschige schiefe Ebene dies dann immer wieder für alle beteiligten Spieler raten zu müssen. Man stelle sich vor, ein Spieler hatte eine bessere Methode vorgeschlagen und war überstimmt worden oder hat gar Ressourcen in diese Option gesteckt.
Die ganze Argumentation mit "Spielspaß" geht meines Erachtens sehr naiv davon aus, dass Geschmack eine homogene Weltsicht wäre. Extreme mögen da klar sein, aber für die weiten Bereiche dazwischen finde ich es eher überheblcih das für alle (in vielen Situationen auch unbekannten) Beteiligten ungefragt festlegen zu wollen. 

Und Railroading ist nur für die ein "Kampfbegriff", für die ein selbstherrliches Hinwegsetzen über die Mitspielerbeteiligung wie ein Gewohnheitsrecht aussieht.

Auch Freefrom sollte der inneren Logik und etablierten Regeln entsprechen, die sind dann nur eben nicht formell festgeschrieben.

Spieler können sich übrigens durchaus über geschenkte Erfolge ärgern, sinkt doch zumindest für einige sowohl die Freude über die Eigenleistung, wie auch die Freude am Erleben einer nun nicht mehr als stimmig empfunden Spielwelt.

Wenn die Spielweise wie bei Gumshoe explizit so angelegt ist, ist es natürlich kein Railroading, weil die Einschränkungen nicht unangemessen aufgezwungen, sondern vorab explizit und transparent sind.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Online JollyOrc

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #42 am: 8.02.2015 | 09:49 »
Ansonsten finde ich den Begriff "Kulissenschieben" nicht ganz zutreffend. Eigentlich tauchen doch Fakten aus dem Nebel auf...

Sie waren (anders als die Kulissen im Theaterstück) vorher gerade nicht da.

Doch, da der SL sich ja ggfs. schon vorher hinter dem Vorhang eine "Wahrheit" zurechtgelegt hatte, und die nun aufgrund von Spielerideen verwirft und schnell eine neue Kulisse hinschiebt, bevor der Vorhang gelüftet wird.

Der Nebel ist dann da, wenn man als SL noch gar keine Idee hatte.
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Offline Turning Wheel

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #43 am: 8.02.2015 | 11:28 »
Doch, da der SL sich ja ggfs. schon vorher hinter dem Vorhang eine "Wahrheit" zurechtgelegt hatte, und die nun aufgrund von Spielerideen verwirft und schnell eine neue Kulisse hinschiebt, bevor der Vorhang gelüftet wird.
Warum Wahrheit in Anführungszeichen? Weil es eben keine ist, solange sie nicht am Tisch erzählt wurde.
Der Begriff des Kulissen schiebens ist auch deshalb schlecht, weil sie ja überhaupt erst mal auf die Bühne geschoben werden muss, um da zu sein.
Dann wäre ja schon die erste Idee eine geschobene Kulisse?

Der Nebel ist dann da, wenn man als SL noch gar keine Idee hatte.
Mit Nebel war der Nebel aus Sicht der Spieler gemeint.
Der Nebel lüftet sich für die Spieler, sobald der SL aus einer seiner Ideen ein Faktum schafft.
Die Gedanken sind frei! Und auch Kaufabenteuer haben noch niemals jemanden zu etwas gezwungen. Dazu ist ein Buch nicht in der Lage.
Ein Buch oder eine Idee hat nur Macht über Leute, die das zulassen.

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #44 am: 8.02.2015 | 11:54 »
Der ganze Thread hier dreht sich doch einmal mehr letztlich um die Frage, ob insbesondere der SL einer Runde die "Rule of Cool" einsetzen darf oder halt nicht. Beides hat verschiedene Vor- und Nachteile, entsprechend wird man zur idealen Ausprägung kaum eine allgemeingültige Antwort finden.

Tut mir nur einen Gefallen: lasst doch Kampfbegriffe wie die "Entwertung von Spielerentscheidungen" raus. Das sind unangemessen tendenziöse Begrifflichkeiten, die außer einer anklagenden Grundhaltung wenig aussagen und zudem ideologisch aufgeladen sind. Warum beschreibt man das Phänomen nicht einfach als "Geisteshaltung der Gruppe" mit den Polen simulationistische versus dramaturgische Orientierung?

Online JollyOrc

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #45 am: 8.02.2015 | 12:48 »
Warum Wahrheit in Anführungszeichen? Weil es eben keine ist, solange sie nicht am Tisch erzählt wurde.

Genau deswegen, yup.

Zitat
Der Begriff des Kulissen schiebens ist auch deshalb schlecht, weil sie ja überhaupt erst mal auf die Bühne geschoben werden muss, um da zu sein.
Dann wäre ja schon die erste Idee eine geschobene Kulisse?
Mit Nebel war der Nebel aus Sicht der Spieler gemeint.
Der Nebel lüftet sich für die Spieler, sobald der SL aus einer seiner Ideen ein Faktum schafft.

jein, ich glaube, Blechpirat meinte mit dem Nebel etwas leicht anderes. Hier mal meine Begrifflichkeiten:

"Kulisse": Ein fertiges Konstrukt für die Spielwelt, dass man als SL vorbereitet hat. Dieses Konstrukt hat seinen Platz, seine Aufgabe im Plot, ist evtl. auch schon mit anderen Dingen verknüpft.

"Kulissenschieben": Der SL verschiebt dieses Konstrukt von A nach B, ändert die Farbe und das Aussehen, seine Relevanz und Auswirkungen

"Nebel": Alles, was bislang nicht am Tisch erzählt bzw. vom SL (ob jetzt offen oder verdeckt) endgültig und unumstößlich als Fakt deklariert wurde.

Aber in der Tat, es gibt mehrere Sorten von Nebel, vielleicht sollte man die auch aufteilen: Den Nebel des Krieges, der einfach auf dem unvollständigen Weltwissen der Spielercharaktere beruht. Aus deren Sicht ist die Welt ja komplett und vollständig, aber sie müssen diese halt noch erst erkunden und aufdecken.

Aus Sicht der Spieler ist der Nebel etwas lichter, sie verfügen zum Beispiel über Wissen aus Quellenbänden oder Metavereinbarungen am Tisch.

Spielleiter wiederum haben eine ganz andere Form von Nebel: Je nachdem wie vor- und ausgearbeitet die Welt ist, ist sie von Nebel erfüllt. Manche SL gehen nur dann an den Tisch, wenn sie sich sicher sind, dass die Spieler ein Gebiet betreten, dass man als Spielleitung schon weitgehend vom Nebel befreit und mit Kulissen ausgestattet hat.

Andere haben Spaß daran, den Nebel gemeinsam mit den Spielern zu lüften, und lassen sich dann während der Session ebenso überraschen, was sich da herausschält.


Im Ergebnis bin ich jemand, der zwar gerne Kulissen für das Spiel vorentwickelt, dann diese aber nutzt, um sie im laufendem Spiel je nach Lust und Laune und Spielerideen passend in den Nebel zu schieben. Und solange die Spieler Spaß daran haben, werde ich bislang ungesehene Requisiten und Kulissen hemmungslos umarrangieren um Handlung und Atmosphäre voranzubringen.
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Achamanian

  • Gast
Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #46 am: 8.02.2015 | 13:17 »

Tut mir nur einen Gefallen: lasst doch Kampfbegriffe wie die "Entwertung von Spielerentscheidungen" raus. Das sind unangemessen tendenziöse Begrifflichkeiten, die außer einer anklagenden Grundhaltung wenig aussagen und zudem ideologisch aufgeladen sind. Warum beschreibt man das Phänomen nicht einfach als "Geisteshaltung der Gruppe" mit den Polen simulationistische versus dramaturgische Orientierung?

Aber genau um das Verhältnis zwischen theoretischen Positionierungen - die zu Recht mit solchen Kampfbegriffen arbeiten, die ja auch tatsächlich Existentes wertend benennen - und der eigenen Praxis, die da nicht unbedingt deckungsgleich ist, was gegenseitige Abgleichung und Neubewertung mötig macht, geht es mir hier ja.
Ich könnte natürlich auch ganz pseudoneutral darlegen, was für dramaturgisch orientierte SL-Techniken ich bevorzuge; dann würde ich aber nur den Bezug zu ideologisch aufgeladenen Debatten, der mir den Anstoß zu dem Thema gegeben hat, verdecken.  Und das fände meine politische Ikone Donna Haraway gar nicht gut .  :P

  • Gast
Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #47 am: 8.02.2015 | 13:39 »
Naja, aber ein Ergründen unterschiedlicher Positionen wird ja nicht dadurch leichter, dass man sich rabulistische Nebelkerzen der Marke "Entwertung von Spielerentscheidungen" aktiv ins Haus einlädt - zumal man das "Argument" ja mit guter Begründung auch umdrehen könnte ("Was ein bekackter Spielleiter das doch ist! Da hab ich bei der Charaktererstellung extra ein paar Riesenflags gesetzt und dann rennen wir seit vielen Sessions an jeglicher Action, die damit auch nur ansatzweise verbunden sein könnte, vorbei. Wasn Scheiß! Da werden meine Wünsche ignoriert und meine Entscheidungen entwertet!"). Aber hey: es ist Dein Thread, ich halte mich dann mal zurück.

Offline KWÜTEG GRÄÜWÖLF

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #48 am: 8.02.2015 | 13:44 »
Jolly Orc hat das meiner Meinung nach hervorragend zusammengefasst, ich sehe es genauso.
Gerade diese Kulissenschieberei ist es übrigens auch, die in meinen Augen der größte Pluspunkt von P/P-RPG gegenüber Computer-RPGs darstellt. Dort hat man ja eine ziemlich festgelegte Lösungsstruktur, und auf die hat der Spieler gefälligst draufzukommen.
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Offline Greifenklaue

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Re: Kulissenschieben um Spielerentscheidungen zu honorieren
« Antwort #49 am: 8.02.2015 | 13:55 »
Für mich als herausforderungsorientierten Spieler wäre das nix.

Ein Teil meines Spielspaßes ziehe ich daraus, ein vorhandenes Rätsel (hier: Wer ist der Mörder/Täter/Verbrecher? Und Bonus: Wie kann man es beweisen?) zu knacken.

Wenn meine Ideen dann die vermeintliche Lösung liefern und ich es dann knacke, dann hab ich davon nix. Im Einzelfall mag man das nicht merken, sicherlich, aber Spieler lernen oft sehr schnell ihren Spielleiter zu lesen.

Bei improvisierten Oneshots mag die Technik gut klappen (wobei die dann für mich auch nicht so spannend sind, da das Rätsel ja auch erst in Teilen existiert), bei einem Kaufabenteuer wie Private Eye mag das eine schlechte Entscheidung sein, weil sich dann doch Widersprüche entdecken lassen, die man in seiner spontanen Entscheidung noch nicht bedenken konnte.

Und wo Detektivabenteuer als Hauptbeispiel dienen, möcht ich nich kurz sagen: Immer Indiziennetz, nie Kette!  ;)

 
"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
Schwarzauge wird büssen."

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