Nun, das stört mich weniger. Ist aber auch etwas überspitzt von dir dargestellt.
Willst du mir unterstellen, dass ich mich tatsächlich in einem Internetforum der leichten Über-/Unter-/Hintertreibung schuldig gemacht hätte. Niemand würde so etwas niemals nicht im Internet machen.
... Schuldig im Sinne der Anklage...
Mich stört aber, wenn bei einem who-done-it der Täter sich meinen Überlegungen anpasst und ich ihn nicht herausgefunden habe.
Wenn meine Entscheidung die richtige ist, obwohl es die falsche ist.
Wenn ein Rätsel von mir nur deshalb gelöst wird, weil ich eine Lösung habe und ich nicht auf die Lösung gekommen bin.
Das fände ich ebenfalls als SL wie als Spieler eher ungünstig. Mysterys, Howdunnits, Rätselabenteuer eben, bei denen die Faktensammlung und -interpretation im Zentrum steht. Nun ist das aber bei weitem nicht der größte Teil aller Abenteuer. Wobei ich durchaus solche Details wie Rumpelspielstieldingens' Rubinringe schon ebenfalls stark befürworte. Sie ändern nicht wirklich den Täter und die Zielsetzung, bringen aber noch schön einen persönlichen Spin rein. Cool.
Um wieder zurück zum Troll zu kommen (den ich nämlich tatsächlich schon mal spontan hinter eine Tür gestellt habe), sehe ich das etwas anders. Hier sind wir je eher bei anderen Szenarioformen, beispielsweise einem Dungeon. Ich mag meine Dungeons zum Beispiel gerne persistent, nicht an den Level anpassend. Aber dafür muss ich natürlich fairerweise Flaggen setzen, die den Spielern zeigen, dass hinter der nächsten Tür was echt dickes wartet, dass sie in ihrem jetzigen Zustand einfach weg bratzt. Da funktionieren Dungeonräume nicht als Black Box, Helden rein, Helden, Loot und XP raus. Sie müssen in irgendeiner Weise abschätzbar werden. Und im Eifer des Gefechts vergesse ich das auch manchmal zu signalisieren. Und da gab es durchaus auch schon mal den Fall, dass da ein Troll war, der in meinen Unterlagen Sekunden vorher was viel größeres, viel böseres war. Als ich das nach dem Abend meinen Spielern erzählt haben, musste ich mir jetzt keine großen Vorwürfe anhören, dass ich den TPK mal nicht durchgezogen habe... Fälle, in denen durch meine Fehleinschätzung oder Pannen im Spielaufbau das Spiel selbst droht den Bach runter zu gehen.
Und die andere wichtige Änderung, die ich für nicht nur erlaubt, sondern regelrecht geboten halte, ist die, in der deutlich wird, dass mein Vorstellungsraum und der der Gruppe gerade deutlich auseinander gehen und ich eben auf diesen anderen Vorstellungsraum hin aufgebaut habe. Irgendwo gibt es aus der Sicht des einen einen logischen Bruch in der Sicht des anderen. Als Spielleiter sehe ich den normalerweise schneller (Informationsasymmetrie) und habe einfach mehr Mittel, diese Delle ad hoc auszubeulen.
Und dann gibt es halt all die Fälle, in denen die Spieler Vorschläge zum Voranschreiten der Handlung machen, die einfach viel besser sind, als alles was ich (oder das Abenteuer vor mir) geplant haben. Gestern habe ich das Einführungsabenteuer im Fate Accelerated-Settung The Aether Sea geleitet. Das Abenteuer geht davon aus, dass sich die kleine Schmugglerpinne der SC erst ein Mal auf die ein oder andere Weise in ihr Schicksal fügt und in eine Raumstation geschleppt wird. Aber die Spieler hatten halt so wahnwitzige Aspekte wie
Kämpft gern oberhalb seiner Klasse für ihr Schiff und direkt einen Berg Ressourcen auf das Problem großes Kriegsschiff geschmissen, um dem mit einer ziemlich coolen Aktion nicht nur zu entkommen, sondern dabei die Blockade zu durchbrechen und in der Raumstation zu landen, die ja nun zu dem Kriegsschiff gehört. Da war ganz klar zu erkennen, dass die Spieler hier die agierende Partei bleiben wollten und auch alles dran setzten. Das hat sie auch Ressourcen gekostet. Sie haben mit fabelhaften Probenergebnissen die Aktion durchgezogen. Wie unendlich daneben wäre es gewesen, hier am Kurs des Abenteuers stur festzuhalten? Da würde ich mich als Spieler sehr sicher über die Entwertung meiner Aktionen beschweren, wenn ich trotz dieses Aufwandes NICHT die alternative Möglichkeit geboten bekäme.
Das Beispiel mit dem früheren Eintreffen vor der anderen Gruppe, das Rumpel angeführt hat, würde ich ebenfalls hier einordnen. Das Szenario geht nicht davon aus bzw. berücksichtigt das nicht? Dann erweitere ich hier mal die Handlungsoptionen und schaue, was die Spieler draus machen, deren Aktionen gerade in eine andere Richtung gehen.
Nun mag ich als Spielleiter allerdings proaktive Spieler. Wenn ich mich stur an meine selbst erstellten oder vorgefertigte Vorlagen halte, muss ich mich nicht wundern, wenn meine Spieler ob des eingeschränkten Handlungsraums irgendwann rein reaktiv verhalten und nur nach den gegebenen Optionen suchen, um diese zu vergleichen anstatt eigene zu entwickeln.
Wobei auch bei diesem Thema wie allen anderen gilt: Wenn's der soziale Vertrag der Gruppe so sagt und alle damit einverstanden sind, dann ist's in Ordnung.