Das interessiert mich jetzt aber sehr! Habe den ganzen Sturm um die 4E ignoriert und nicht wirklich mitbekommen. Kannst du mir das ein wenig ausformulieren, wie man das System spielen kann? Sorry wenn ich da nach Dingen frage , die schon zig mal diskutiert worden sind. Aber wenn ich das alles so lese, wächst mein Interesse an die 4E
Arldwulf hat ja schon ein paar Eindrücke geschildert, ich will da noch ein paar Sachen ergänzen bzw. anders formulieren:
Die 4E besteht aus auf den ersten Blick sehr disparaten Spieldesigns. Auf der einen Seite das oft erwähnte taktische Kampfsystem. Dieses besteht aus einer Reihe sehr präziser Regeln und Mechanismen, die gut ineinander greifen. Das Design der Kampfmechaniken ist schlank und logisch. Es wird öfters als sehr gameistisch (oder brettspielig) aufgefasst, da u.A. die Formulierungen der Fähigkeiten, die man im Kampf nutzen kann (die Powers), für ein Rollenspiel ungewohnt sind. Dort wird viel mit Abkürzungen und technischen Begriffen gearbeitet. Es k l i n g t einfach sehr nach harten, unbiegsamen und trockenen Regeln, wenn man so eine Power-Text vor Augen hat. Das führt oft zu einer Assoziation mit Tabletop- oder wie gesagt Brettspielen, bei denen kein Hehl daraus gemacht wird, dass man ein Spiel spielt.
Nun gut, der Kampf-Teil ist also auf den ersten Blick vergleichbar mit einem kleinen, feinen und durchaus komplexen Brettspiel/Tabletop. Dieser Teil in den Regeln der 4E-Grundbücher (und vieler anderer Bände auch) ist äußerst präsent - um nicht zu sagen zu präsent. Das verleitet viele Leute zu sagen: 4E = prolliges Taktikgemetzel auf einem seelenlosen Kachelraster. (Was ich nicht als schlimm empfinde, denn prolliges Taktikgemetzel finde ich
)
So, jetzt gibt es aber etwas, das so ganz und gar nicht zu diesem Bild der 4E passen mag. Wenn man seine Scheuklappen etwas erweitert und die GRWs und sonstige Bände anschaut (z.B. die Essentials) und aufmerksam liest, erkennt man nach und nach eine ganz andere Welt, die die Designer für einen im Sinn hatten. Denn vor allem außerhalb der Kämpfe herrscht die Maxime: tu was du willst! Hier ist eine Welt für dich, lieber Spieler, mit der du machen kannst, was du willst, tob dich und deine Phantasie dort aus, Erzähl mit deinen Kumpels heroische Geschichten, improvisiere, lehn dich aus dem Fenster!
In diesem Teil des Spiels hat der Plot bzw. der Spielfluss Vorrang. Es geht nicht mehr darum, ob ein SC jetzt diese und jene besondere Fertigkeit hat, um etwas besonderes oder cooles in der Welt zu machen. Hier ist die 4E, meiner Meinung nach, extrem frei bzw. freier als in den Vorgängereditionen. Coolness, Storyfluss, Charakterspiel, all das hat Vorrang gegenüber verregelten Fähigkeiten, die einem sagen, wie man denn jetzt mit der Spielwelt interagieren kann.
Hier ist die 4E ganz gereinigt von der (ich finde seltsamen) Idee, Rollenspiel sollte eine Simulation der Rollenspielwelt sein - d.h. dass die Welt außerhalb der SCs auch existiert und jedes Element in ihr eigene Regeln und Verhaltensweisen befolgt.
Da dieser freie und sehr erzählfokussierte Teil natürlich weniger Regeln kennt als der Taktik-Teil (ist ja auch der Sinn der Sache), ist er leider auch nicht so präsent wie besagter Taktik-Teil. Man übersieht sehr oft, dass die 4E einen riesigen Batzen freies Erzählspiel enthält und dass dieser Teil sehr wichtig ist für diese Edition. Die 4E hat sich versucht von den Verklausulierungen der Vorgänger zu lösen, indem der Kampfteil (überspitzt gesagt) extra verklausuliert und verregelt wurde und man alle anderen Teile des Spiels umso freier machen wollte.
Ich hoffe, du kannst was mit dieser Antwort anfangen.
Das also als Basis auf der man weiterdiskutieren kann. Es gibt natürlich noch den Einwurf, dass soziale und sonstige Interaktionen ja auch verregelt wurden durch die Skillchallenge. Darauf könnte man antworten, dass die Skillchallenges ja nichts weiter sind, als eine Art Leiste, die einem sagt, wie es gerade mit der Aufgabe aussieht, die die SCs gerade versuchen zu verrichten. Im Inneren sind diese Skillchallenges auch massiv erzählerisch frei und fordern von SL und Spielern einen regen, erzählerischen Austausch. Das hat z.B. Mike Mearls in seiner ersten Kolumne im 4E-Dungeon-Magazin herausstellen müssen, weil niemand das damals kapiert hat. "Wie, ich soll jetzt einfach mal erzählen, wie ich den Dieb durch die Straßen jage und dann wird das alles locker und flockig abgehandelt ohne minutiöses Regelwälzen und einfach nur mit einem Skillwurf und meiner Erzählung? Ich bin D&D-Spieler ich kann das nicht!"