Weil grad das Thema im PF-Smalltalkthread in die Richtung geht, und weil es auch ein Lieblingshassthema meines 3.5-SLs ist (Hallo Flawless), dachte ich mir, ich mach mal einen generationsübergreifenden Thread dazu auf.
Es geht darum, dass es zumindest in älteren Editionen (prä-4E) je einen klar überlegenen Nahkampfstil gibt, gegen den die Konkurrenten nicht anstinken können.
* In AD&D ist dies der Zweiwaffenkampf. Wenn man da die richtigen Optionen wählt (man braucht nur den Complete Fighter dazu), kann man munter mit zwei Langschwertern ohne Abzüge reinschnetzeln und macht entsprechend viel Schaden.
Einhandwaffe und Schild kommt auf den zweiten Platz, jedenfalls bei einem entsprechend mächtigen magischen Schild.
Zweihandwaffen hingegen sind völlig fürn Arsch, da sie kaum mehr Schaden bieten als Einhänder, einem aber eben auch der Schildbonus fehlt. Stangenwaffen haben auch eigentlich nur Nachteile, da es ja noch nicht sowas wie AoOs gibt.
Im Vergleich dazu ist Fernkampf ganz okay, aber abgesehen von ausgewählten Mary-Sue-Optionen (Elven Archer) meist nichts Besonderes.
* In 3.0 und 3.5 hingegen wendet sich das Blatt. Die
Order of Precedence ist hier ganz klar: Zweihandwaffen mit Reach ganz oben (weil Control rult), gefolgt von normalen Zweihandwaffen, dann kommt lange lange nichts, und am Ende der Hackordnung balgen sich Sword&Board und TWF um die Brosamen. Ich persönlich würde TWF als schlechteste Option einstufen. Auch Fernkampf führt eher ein Stiefkinddasein, was aber m.E. auch so gewollt ist.
* Im D20-Ableger Conan spielen Stangenwaffen nicht so die große Rolle, aber reguläre Zweihänder sind sogar noch dominanter als im Muttersystem. Obwohl die meisten Klassen ohne Abzüge oder Ressourcenkosten TWF betreiben können, wurde THF durch bestimmte Regelsynergien nochmals so aufgewertet, dass alles andere dagegen komplett sinnlos wird.
* In PF funktionieren Zweihand-Stile immer noch relativ gut, aber nicht mehr so gut wie in 3.5. Da ich nicht so viel PF gespielt habe kann ich es nicht persönlich bestätigen, aber angeblich ist jetzt "TWF mit Einhandwaffe und Schild" (oder gar zwei Schilden wenn man ein völlig stilloser und geschmacksbefreiter Munchkin ist) der neue Fuchs im Hühnerstall.
Fernkampf wurde hingegen stark aufgewertet, und lockt mit derartigem Schadensausstoß, dass so manche Gruppe Schwierigkeiten hat, überhaupt noch einen Dummen für den Nahkampf zu finden, der den Fernkämpfern die Gegner von der Pelle hält.
* Im Vergleich dazu scheinen mir dir Optionen bei der 5E tatsächlich relativ ausgeglichen, aber eben um den Preis des brutal zusammengestutzten taktischen Tiefgangs. So bieten Stangenwaffen keine wirkliche Control mehr und sind ohne das zugehörige Feat ziemlich sinnlos.
Allerdings muss ich hier sagen, dass ich auch hier noch keinen SC mit TWF gesehen habe. Scheint wohl auch hier der unattraktivste Kampfstil zu bleiben.
* Abseits der kommerziellen Editionen gibt es nebenbei auch noch z.B. [Legend], welches das ganze Waffenthema bis zum Anschlag abstrahiert. Hier wird überhaupt nicht mehr zwischen irgendwelchen Kampfstilen unterschieden -- man stöpselt sich einfach aus einer Liste die Eigenschaften zusammen, die man haben will, und beschreibt das dann als irgendeine Waffe, die idealerweise zu den gewählten Eigenschaften passt (aber das ist mehr Konvention als Vorschrift).
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Das alles kann man nun je nach Edition gut oder schlecht finden. Da gibt es zum einen die Fraktion, für die der Kampfstil eine rein kosmetische Entscheidung sein sollte. Da mag ich mich zum Beispiel überhaupt nicht anschließen. Wenn es mechanisch überhaupt keinen Unterschied macht, ob ich nun mit einem Zweihänder, zwei Kurzschwertern oder einer Zahnbürste kämpfe, fühlt sich für mich alles Jacke wie Hose an. Also sehe ich z.B. bei [Legend] genau das Element als dicken Nachteil, das Flawless frohlocken lässt.
Ich finde eher, jeder Stil sollte idealerweise seine Stärken und Schwächen, und letzten Endes seine Daseinsberechtigung (auch in Spielerhänden) haben. In 3.5 zum Beispiel ist ja TWF eher ein Tool für den SL, Gegner gefährlicher aussehen zu lassen als sie tatsächlich sind.
Klar ist es nicht schön, wenn ein Kampfstil einfach von vorn bis hinten _nur_ benachteiligt ist. Paradebeispiel dafür TWF bei 3.5, welches aus vielerlei Gründen einfach nur hart suckt:
- man muss doppelt so viel Geld / WBL für seine Waffen ausgeben. Und Waffen sind eh schon so ziemlich die teuersten Gegenstände im Spiel.
- man kann mit leichten Waffen nicht von Power Attack profitieren (wogegen man bei Zweihandwaffen doppelt profitiert).
- Schadensreduzierung wirkt gegen jeden einzelnen Angriff separat; es ist also besser, wenige harte Treffer zu landen statt viele schwächere.
- TWF geht überhaupt nur mit Full Attack, wogegen ein kräftiger Hieb mit der Barbarenaxt immer zündet.
- Achja, und die Trefferchancen sind reduziert.
- Und schließlich frisst TWF Feats wie blöde. Und selbst mit vollem Feateinsatz ist man immer noch schlechter als ein Zweihandkämpfer nur mit Power Attack.
- Außerdem bekommen Leichte Waffen ebenso fette Abzüge auf Spezialangriffe wie Entwaffnen, wie Zweihandwaffen Boni bekommen. Das ist an diesem Punkt wirklich nur noch
insult to injury.
Die meisten dieser Punkte gelten übrigens für Pathfinder immer noch ganz genauso. Alle bis auf den letzten, wenn ich nicht irre.
Ich kann schon verstehen, dass man das zum kotzen findet, und mir wäre wie gesagt auch lieber, wenn es anders wäre. Wenn es z.B. eine Art Waffendreieck gäbe, also Stein-Schere-Papier. Statt Stein-Schere-Schrotflinte. :p Aber wie gesagt, Schere-Schere-Schere ist halt überhaupt nicht mein Ding.
Zum Abschluss noch eine ganz frische Anekdote, grad von gestern:
System 3.5
Mein Warblade mit Meteorhammer (lies: Spiked Chain in Bludgeoning) gegen einen Hobgoblin mit 2 Kurzschwertern. Ich habe ihn nicht einfach zerlegt, ich habe ihn gedemütigt. Einfach weil ich es kann. Erster Angriff gegen ihn -- statt Schaden zu machen ein Entwaffnungsversuch. Ich bekomme auf meinen Wurf +4 wegen Zweihandwaffe, nochmal +2 wegen meiner speziellen Waffe, und der Hobbo im Gegenzug auf seinen Wurf -4 wegen Leichter Waffe. Gesamtdifferenz also +10 zu meinen Gunsten. Pling flog die erste Waffe. Mit dem nächsten Angriff nochmal dasselbe Spiel - schwupp war er wehrlos. Leider fanden wir nicht mehr heraus, was er dann gemacht hätte, weil er eine Sekunde später durch einen Crit geköpft wurde.
Die gleichen Angriffe einfach direkt auf Schaden gewürfelt statt Disarm hätten ihn vermutlich auch kaltgemacht. Es ist aber schon echt bitter, jedenfalls für den TWFer.