Dann aber bitte nicht wie in Dishonored, wo man fürs töten mit dem schlechteren Ende bestraft wurde. Lieber alternative Enden bei denen keins objektiv besser ist.
Du fühltest dich vom Ende bestraft? Gut, dann funktioniert dein moralischer Kompass grundlegend, du hättest ihm nur öfter folgen müssen.
Es hat nun einmal Konsequenzen, wenn man auf seinem Weg Tod und Chaos hinterlässt. Wem diese Konsequenz nicht gefällt, muss sein Vorgehen modifizieren. Da ich Dishonored anlässlich der angekündigten Fortsetzung kürzlich noch einmal durchgespielt habe, kann ich auch verbrieft sagen, dass man schon ziemlich brutal vorgehen muss, damit das Ende diesem Vorgehen entspricht. Man braucht hingegen kein reiner Friedensengel sein, um einen versöhnlichen Ausgang zu erleben.
Das Spiel liefert einem auch alle erforderlichen Informationen für moralische Entscheidungen, indem man nicht nur aufs eigene Herz, sondern auch auf das der Empress hören kann. Aus dem, was es über Charaktere preisgibt kann man sich sehr gut ein Bild machen, dass selbst unsympathische Figuren es wert sind, am Leben zu bleiben. Beispielsweise begeben sich die meisten Stadtgardisten sich nicht gerade liebenswert, aber trotzdem bleiben mir Aussagen wie "He has a woman friend, brutish and ugly as he, but they are kind to each other." im Kopf. Die NPCs, auch die Gegner, sind nun einmal Menschen mit all ihren Makeln, aber sie haben gute Seiten oder doch zumindest andere Menschen, denen sie wichtig sind. Und wenn mir das Spiel zudem noch alle Mittel in die Hand gibt, unnötige Tote zu vermeiden, dann werde ich sie nutzen.
Das heißt nicht, dass man grundsätzlich nicht virtuell töten sollte/kann, um einen bestimmten Ausgang herbeizuführen. Aber man sollte ich im Klaren sein, dass das eigene Handeln Konsequenzen hat und muss mit dem Ergebnis leben. Es ist natürlich ein Spiel und nicht da echte Leben, aber ein Spiel hat im Wesentlichen zwei Vorteile: 1.) Man muss es nicht spielen, wenn man die Mechaniken nicht mag und 2.) man kann es noch einmal ganz anders spielen, wenn einen der Ausgang des ersten Durchspielens reut. Im echten Leben kann man die Konsequenzen abgeschlossener Handlungen nicht rückgängig machen, aber der ursprünglichste Sinn von Spielen war ja schon immer, etwas für das richtige Leben daraus zu lernen.
Das Setting von Deus Ex wiederum ist viel komplexer als das von Dishonored und auch viel näher an unserer Lebenswirklichkeit. Auch hier sollte man vielleicht davon ausgehen, dass die dort als Gegner auftretenden Charaktere sinnbildlich für echte Menschen stehen, die recht ähnliche Positionen im echten Leben einnehmen. Warum haben so wenige Spieler ein Problem damit, die Rolle von jemandem einzunehmen, der die Menschheit retten oder zumindest verbessern will, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was die Menschheit ausmacht?