Ich bin wohl momentan, was Animes angeht, auf das "Niedliche Mädchen tun militärische Dinge"-Genre abonniert. (Und das ist wirklich ein eigenes Genre! Ich lerne nie aus!) Nach dem harmlosen "
Girls und Panzer" ist "So Ra No Wo To / Sora No Woto / Sound of the Sky" von der Grundprämisse etwas ernsthafter. Die Handlung ist schnell erzählt: Die kleine Kanata meldet sich freiwillig zum Militär, weil sie Trompetespielen lernen will, und landet auf einem Stützpunkt am Rande eines malerischen Dorfes am Ende der Welt, wo außer ihr noch genau vier andere Soldatinnen (und keine anderen Soldaten) Dienst tun: Die Chefin Felice, die einen sehr laxen Führungsstil pflegt; die Vize-Chefin Rio, die Kanata auch Trompetenunterricht gibt; die emotionslose Mechanikerin Noel, die laufend einschläft; und als Nesthäkchen Kureha, die wohl lieber beim "richtigen" Militär wäre, wo Disziplin und Ordnung herrscht. Entsprechend dürftig ist auch die Bewaffnung: 1 schweres MG, zwei leichte MGs, vier Gewehre, fünf Pistolen, und ein nicht funktionierender Spinnen-Panzer. Davon später mehr.
Knackpunkt der Serie: Es passiert nicht. Die Charaktere jagen eine Eule. Die Charaktere kaufen ein. Die Charaktere gehen auf Patrouille und verlaufen sich ein bisschen. Die Charaktere warten darauf, dass das Telefon klingelt (eine ganze Folge lang!). Ein Charakter wird krank und wieder gesund. Undsoweiter.
Eigentlich müsste das Ganze stinklangweilig sein. Ist es aber irgendwie nicht. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen sieht die Serie gut aus! Die Landschaften und vor allem das Dorf sind sehr schön gezeichnet. Die musikalische Untermalung ist phantastisch. Vor allem das Intro (
hier zur ersten Folge, in der Kanata zu ihrem Einsatzort reist) ist wunderschön. Auf dem Feld der Ästhetik kann die Serie also voll punkten.
Was mich aber wirklich gefesselt hat war der Weltenbau (Thema "Spinnenpanzer" von oben): Die Welt sieht zwar wie irgend etwas Irdisches zwischen erstem und zweitem Weltkrieg aus, ist aber in Wirklichkeit postapokalyptisch. Der Hintergrund wird nicht erklärt, aber es fallen immer wieder dezente Hinweise, und schon in der ersten Folge gibt es einen riesigen WTF???-Moment. Das Sehgefühl war stellenweise vergleichbar mit dem Lesen von Jasper Ffords "Shades of Grey" (nicht zu verwechseln mit "50 Shades of Grey"!), wo sich der Hintergrund auch aus WTF???- Puzzlestücken langsam zusammensetzt, und sogar das "je älter, desto hightech"-Thema ist ähnlich. Wie gesagt, eine komplette Auflösung gibt es nicht, und ein zentrales Element ist bewusst mehrdeutig gehalten, aber dem Sehspaß tat das bei mir keinen Abbruch.
Bei den Charakteren wurde leider viel Potential verschenkt. Es gibt auch da (mehr oder weniger dezente) Anspielungen, dass sie alle ein gewisses Hintergrund-Element teilen, das spielt am Ende aber keine Rolle.
A propos Ende: In den letzten zwei (von zwölf!) Folgen gibt es dann auf einmal doch wieder einen Plot, sogar einen ziemlich spannenden, der die ganze Kriegs-Thematik behandelt und mit äußeren und inneren Feinden, Loyalitäts- und Gewissenskonflikten und coolen Action-Szenen aufwartet - der kommt halt ziemlich spät.
Trotz aller Schwächen: Ich kann "Sound of the Sky" jedem, den mein Text hier nicht total abgeschreckt hat, nur ans Herz legen.