Jo, da gehöre ich ganz klar zur breiten Spielerschaft. Wie man sich darauf vorbereiten soll, einem Pistolenschuss auszuweichen, ohne in Deckung zu gehen, erschließt sich mir nämlich nicht so ganz. Aus "wenn der so aussieht, als würd der schießen, hechte ich in Deckung!" einen Fertigkeitswurf zu machen (statt es wie gehabt mit Abwarten und mit normaler Bewegung in Deckung zu lösen) find ich ebenfalls eher seltsam.
Das kommt darauf an, wie man das Ganze betrachtet.
Wer einen hohen Fertigkeitswert hat, hat dann eben eher einen Blick dafür, wo er in Deckung gehen kann oder kann sich doch noch im letzten Moment wegdrehen, fallen lassen, einen Schritt machen o.Ä. - und im Vorfeld bewegt er sich
präventiv so, dass er schlechter getroffen wird. Das wäre die Variante mit einem passiven Verteidigungswert für den Fernkampf.
Also genau der Denkansatz, den Pyromancer gerade schon beschrieb.
Das bringt leider gewisse Überschneidungen zu den Bewegungsregeln mit sich, die da erst mal außen vor bleiben. Gilt aber für den Nahkampf genau so, von daher ist das erst mal kein Beinbruch.
In Deadlands Classic konnte man seine höchste Aktionskarte (man bekam ggf. mehrere, daher die Bezeichnung "höchste") abwerfen, um sich analog zu Full Defense in SaWo verteidigen zu dürfen.
Könnte man da genau so halten - das wäre die aktive Verteidigungsvariante.
Ansonsten ist es eine Frage der Abstraktion.
Sechs Sekunden Kampfrundenlänge sind ja eine kleine Ewigkeit und eigentlich kann es dann gar nicht sein, dass bestimmte Regelkonstrukte konkrete Einzelabläufe bezeichnen, sondern vielmehr Sammelbegriffe sind. Im Nahkampf passt das ja ganz gut, aber wenn im Fernkampf Munition einzeln abgezählt wird und dafür "echte" Munitionskapazitäten verwendet werden, spricht man ja eindeutig über genau benannte Zahlen von Schüssen und damit Angriffen...
Als abstrakteren Ablauf könnte man das ohne Weiteres als vergleichende Probe aufziehen und hätte dann in diesen sechs Sekunden z.B. einen kompletten Schlagabtausch mit Schusswaffen rund um eine Ecke verwurstet, wo beide versuchen, den anderen zuerst zu treffen.
Dann müsste man eben nur eine Möglichkeit finden, das Thema Munitionsverbrauch schlüssig aufzulösen. Das müsste man dann auch abstrahieren - und das wäre schon wieder ein ziemlicher Aufwand, da eine elegante Lösung zu finden.
Dazu auch:
"Wild rumrennen und Haken schlagen, damit der nicht trifft" jetzt nur zu ermöglichen, wenn man n hohen Schießen-Wert besitzt, find ich auch nicht so prall.
Es kann ja auch einer, der nicht gut schießen kann - nur eben nicht so gut.
Wenn man die anderen Modifikatoren so lässt, wäre man mit einem Schießen-Wert von W4 und der gleichen Berechnung wie für den Parry-Wert genau so weit wie vorher, nämlich bei einem Mindestwurf von 4 (2 + Schießen/2).
Das wäre dann jemand, der gerade so die Grundzüge verstanden hat. Passt doch ganz gut.
Sonst müsste man noch verschiedene Arten von Fernkämpfen differenzieren, um sich da verlässlich einen Scharfschützen oder einen Wildwest-Duellanten zu bauen. Genau das macht Savage Worlds doch aber über Talente.
Aber auch die Talente sind (in diesem Fall "leider") universell gültig und helfen nicht bei der hier angedachten Differenzierung.
Ich kenne die vergleichende Probe im Fernkampf für alle Anwendungen aus SR4 und 5, und da ist das mMn auch nicht so ganz unproblematisch.
Da müsste man schon eine halbwegs saubere Trennung hinbekommen können - das läuft dann aber doch wieder auf die Unterscheidung hinaus, ob man sich mit jemandem in einem Schlagabtausch auf Augenhöhe befindet oder erst mal weitgehend wehrlos angegriffen wird.
Andererseits könnte man das analog für den Nahkampf auch so handhaben.
Genau dafür gibt's doch die Tricks und geistigen Duelle. Da musst du jemanden nicht erst verprügeln, damit er abgelenkt ist.
Mir ging es um den Fall, dass in einer 1 vs. 1-Situation der Nahkampf eröffnet wird und direkt der erste Angriff den Getroffenen Shaken macht. Dann kann sich der Angreifer natürlich ohne Probleme wieder zurück ziehen - hier passt die bestehende Regelung perfekt.
Du liest die Regel wohl anders als ich. Die Regel findet genau so die Anwendung in "Situationen, in denen Abwartende Charaktere plötzlich alle auf einmal handeln wollen". Wenn du aber gar nicht als erster Schießen willst, dann wird die Regel für die Pattsituation dementsprechend gar nicht angewandt, sondern du darfst weiter abwarten.
Ja, aber den Anreiz, dass alle handeln wollen, gibt ja einer, der den Anfang macht.
Der zieht aber für seine Agility-Probe keinerlei Vorteil daraus, so dass die Regel zwar für mehrfaches (also durch mehrere Akteure) Abwarten geeignet ist, aber eben nicht für den Mexican Standoff.
Da müsste eine Regelung, sofern man denn eine will, diesen Entscheidungsdruck besser umsetzen. Das könnte man in Anlehnung an die alten Deadlands-Duellregeln machen, oder - um nichts Neues einführen zu müssen - eine Überraschungsprobe mit einbauen.
Mechanisch: Du willst das Wechseln der Aufmerksamkeit zwischen den Charakteren in eine Regel mit reinbringen, aber gleichzeitig vereinfachen? Uff.
Das wird da wohl nicht gehen - wenn man das über (neue) Regeln abbilden will, wird es zwingend komplexer.
Die Frage ist, wie oft man das wirklich braucht. Wohl nicht oft genug, um dafür eine Regelung ins GRW zu schreiben...höchstens in passende Settingregeln.
Falls du entsprechende Regelfixes machst, interessier ich mich weiterhin dafür, ich bekomm aber immer mehr den Eindruck, dass du bei nem anderen Regelwerk vielleicht viel besser aufgehoben bist, als wenn du jetzt an den Savage Worlds-Regeln feilst.
Da sagst du was...
Ich kenne Savage Worlds seit der ersten Edition und eine ganze Zeit lang war es mein "Default"-System.
Nach einigen Jahren hat sich das aber spürbar abgekühlt, und mit der jüngsten Änderung beim Shaken-Zustand ist mir wieder einmal vor Augen geführt worden, dass einige Regeln a) nicht so richtig das tun, was ich mir davon erhoffe und b) auch die Änderungen von offizieller Seite über die letzten Jahre in eine Richtung gehen, wo ich nicht folgen mag.
Da gehen die Autoren und ich in Sachen Regeldesign und -zielsetzung mittlerweile zu weit auseinander.
Das war für mich der Anlass, den Großteil der SaWo-Regeln noch mal auf den Prüfstand zu stellen (sieht man wohl an meinen jüngeren Beiträge hier im SW-Board, wo es nicht um konkrete Regelrückfragen geht).
Also ja, ich bin da tatsächlich gerade im Findungsprozess, in welcher Form ich mit Savage Worlds weitermachen will und ob es sich für mich lohnt, ein relativ umfangreiches Hausregelprojekt anzufangen und "meine" SaWo-Version aufzuziehen.