Ich habe es jüngst wieder in unserer leider dahingeschiedenen 13th-Age-Runde bemerkt: Irgendwie komme ich nicht mit Systemen klar, bei denen die Hit Points der SC sich im Laufe ihrer Abenteurerkarriere tendenziell vervielfachen - also vor allem mit der ganzen D&D-Familie.
Ich verstehe auf mehreren Ebenen nicht, was das soll - denn die Bedrohungen (und deren Schadensoutput) müssen ja eh mitskalieren, damit es spannend bleibt, also hantiert man bloß mit immer größeren Zahlen. Oder man hat den Effekt, den es auf höheren Stufen bei DSA 1-3 gab, dass alle Beteiligten hohe Lebenspunkte haben, während der Schaden etwa auf dem gleichen Niveau dahindümpelt und Kämpfe sich unnötig in die Länge ziehen, was noch weniger wünschenswert ist.
Klar verstehe ich schon, dass es cool ist, wenn der hochstufige Held dann vom am Rande auftauchenden Kroppzeug kaum angekratzt werden kann, aber muss das über die Hit Points geregelt werden? Warum nicht über ordentliche Angriffs- und Verteidigungswerte oder zusätzliche Gummipunkte? Das entspricht auch sehr viel mehr meinem Bild von einem wirklich coolen Kämpfer: Der ist nicht gut, weil er irgendwie so zäh ist, dass er zehn Schwerthiebe lächelnd wegsteckt, sondern weil er halt einfach nicht getroffen wird.
Natürlich haben die meisten Spiele mit hoher Hit-Point-Progression die Hit Points inzwischen mehr oder weniger explizit in Plot Armour umdefiniert (man kassiert nach der Lesart dann einfach immer nur Erschöpfung und Streiftreffer, bis man schließlich dicht über 0 ist und die Treffer dann als ernste Verletzungen angesehen werden können); das finde ich aber nach wie vor ziemlich unintuitiv - ich muss jedes Mal erst umdenken: "Er hat mich getroffen; äh, nein, er hat mich eigentlich nicht getroffen, weil der Treffer ja gar keine spürbaren Auswirkungen hat; dann war das jetzt nur der Luftzug von seiner Waffe, der ich doch knapp ausgewichen bin, obwohl ich ja eigentlich nicht ausgewichen bin ..."
Wenn man sicherstellen will, dass schon lang gespielte SC nicht mehr so leicht "versehentlich" über die Klinge springen wie Frischlinge, dann könnte man hier ja auch mit zusätzlichen Gummipunkten aushelfen, die es erlauben, "doch nicht getroffen worden zu sein." So was finde ich sehr viel klarer und durchschaubarer als die Ansage, dass Hit Points irgendeine diffuse Mischung aus körperlicher Widerstandsfähigkeit, Ausdauer und Schicksalsgunst sind.
Was genau ist der Reiz massiv anwachsender Hit Points? Einfach nur das Hantieren mit großen Zahlen?
Tatsächlich ist die Hit-Point-Progression inzwischen meist das erste, was ich mir an einem System ansehe, wenn ich darüber nachdenke, es zu spielen. Ich bin beispielsweise ein bisschen betrübt, dass das so vielversprechend aussehende AGE von Green Ronin offenbar eine D&D-artige Progression hat ... und The One Ring und Splittermond gefallen mir unter anderem deshalb, weil die mit dem Verhältnis Schaden/Hit Points in etwa meinen Sweet Spot treffen, wo tendenziell jeder Treffer einem zumindest ein bisschen was ausmacht, man aber normalerweise nicht mit Instant-Kills rechnen muss. Die BRP-Familie ist mir tendenziell ein bisschen zu fies mit den niemals steigerbaren ca. 10-15 Hitpoints bei Schadensouptputs zwischen W4 und mehreren W10.