Fertigkeitsproben sind keine eingebaute Scheitermöglichkeit des Abenteuers. Ziel einer Fertigkeitsprobe ist nicht, das Voranschreiten der gemeinsam erzählten Geschichte zu blockieren, sondern sie entscheiden über Erfolg und Misserfolg der Charaktere in kleineren Teilbereichen der Geschichte. Wenn ich meinen Plot hinter einer SG 55 Tür verstecke, habe ich eh einen an der Mappe und möchte nicht, dass meine Spieler dieses Ziel erreichen.
Fertigkeitsproben sind m.M.n. vielmehr Möglichkeiten des klassischen Rollenspiels, die Charaktere wirklich glänzen und heroisch erscheinen zu lassen. Daher findet in den meisten Systemen eine starke Spezialisierung statt - die Charaktere können eine Sache meistens ganz besonders gut, sei es Fallen entschärfen, Türen eintreten, etc.: In einem Moment des gemeinsamen Abends hat einer der Spielercharaktere eine Chance zu glänzen, einen W20 Wurf lang Ruhm einzuheimsen und dafür werden eben Fertigkeitsproben vorgenommen.
Wenn meine Spieler nun wissen, dass ich ihre Würfe immer einfach durchgehen lasse, dann würden sie sofort das Interesse verlieren.
Gerade ein Misserfolg kann doch zum Umdenken zwingen und die Spieler müssen sich eben eine andere Strategie überlegen.
"Failing Forward" (was ich in Maßen für durchaus sinnvoll halte) interpretiere ich so: Wenn ein Charakter über dem Abgrund hängt und seinen Wurf vergeigt, dann failt er eben forward und verliert beim Hochklettern aber ein Item aus seinem Rucksack. Wenn der Charakter jedoch eine verschlossene Tür öffnen will und der Würfel nicht mitspielt, dann bleibt die Tür eben zu und man muss sich überlegen, eventuell auf's Dach zu klettern und die Fenster auszuprobieren. Wenn hinter der Tür jedoch tatsächlich der PlotTM wartet, dann öffnet der Schurke diese auch mit vergeigtem Wurf, erzeugt dabei allerdings Lärm und macht die Wachen auf sich aufmerksam.
Save-Or-Die Situationen sollte jede Gruppe im Vorraus besprechen und abklären, ob man mit der Frustration des Würfelpechs leben kann. Aber von Anfang an alle Würfe zu fudgen, die ich als SL für wichtig halte, könnte einem schnell als schlechter Stil ausgelegt werden.
Wenn ich allerdings auf Teufel komm raus die Handlung vorantreiben will, dann sollte ich diese auch nicht von einzelnen Würfen abhängig machen alá "Würfelt bitte eine 15, oder ihr rettet die Prinzessin nicht". Dann kann ich mir ebenfalls den Aufwand sparen, einen Spannungsbogen bis zu dieser blöden, wenig heroischen Situation zu führen.
Die Prinzessin zu retten, sollte ein spannender Vorgang sein, der viele verschiedene Würfe erfordert. Findet der Magier mit einem Int-Check einen schnellen Weg durch das Labyrinth, oder muss der Minotaurus bekämpft werden? Jeder Wurf sollte die Handlung vorantreiben und Optionen ermöglichen. Ein einfaches "klappt/klappt nicht" bringt die Handlung ins Stocken und frustriert rasch.
Ich würde an Würfeln hinter dem Schirm nicht drehen, wenn die Option des Scheiterns einen spannenderen Handlungsverlauf verspricht, da sie die Gruppe vor weitere Komplikationen stellt. Außer bei Cthulhu, aber da geht es ja eher um die Frage, ob die SCs ihren unausweichlichen und kosmisch insignifikanten Tod bloß etwas weiter verzögern können.