Autor Thema: Zufall mit Gedächtnis  (Gelesen 7514 mal)

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Eulenspiegel

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Zufall mit Gedächtnis
« am: 26.07.2015 | 12:59 »
Es gibt im Rollenspiel prinzipiell zwei Entscheidungsmöglichkeiten:
1) Richtungsentscheidungen: In welche Richtung entwickelt sich die Kampagne? Welche Szene kommt als nächstes? Welcher Konflikt kommt als nächstes?
2) Konfliktentscheidungen: Wie wichtig ist mir, dass ich den Konflikt gewinne? Wie wichtig ist mir, dass mein SC das jetzt schafft?

Während Richtungsentscheidungen traditionell nicht dem Zufall überlassen werden (Ausnahmen bestätigen die Regel), spielt bei Konfliktentscheidungen traditionell der Zufall eine große Rolle (auch hier gibt es selbstverständlich Ausnahmen). Und wie es bei Zufall üblich ist, kann man Glück haben und mehrmals hintereinander gehen die Konflikte in die gewünschte Richtung aus. - Oder man hat Pech und die Konflikte gehen mehrmals hintereinander in die unerwünschte Richtung aus. Alles in allem hofft man aber darauf, dass sich Glück und Pech ausgleichen und man am Ende des Spielabends mehr oder minder gleichviel Glück und Pech hat. Aber ist dem wirklich so?

Zusammenfassung
Der erste Schritt, die Analyse, greift nicht in den Spielverlauf ein. Dieses Verfahren dient nur dazu, festzustellen, wieviel Glück oder Pech man bisher am gesamten Spielabend hatte. Die Analyse für sich genommen ist also rein informativ. Im 2. Schritt erläutere ich Verfahren, wie man anhand dieser Informationen dann in die Konfliktauflösung eingreifen kann.

1. Analyse:
Hierfür benötigt der SL pro Spieler 1 Zettel. Zu Beginn steht auf jedem Zettel eine 0. (Und optimalerweise noch der Name des jeweiligen Spielers. :))

Immer wenn der Spieler eine Probe macht, schreibt der SL die folgenden Sachen auf den Zettel:
1) Der SL addiert die (ursprüngliche) Wahrscheinlichkeit, dass dem SC die Probe gelingt, zur Zahl auf den Zettel. (Die neue Zahl wird aufgeschrieben und die alte Zahl wird durchgestrichen.)
2) Wenn dem SC die Probe gelungen ist, werden nochmal 100% von der aktuellen Zahl abgezogen (und diese Zahl dann auf den Zettel geschrieben).

Zur Erklärung:
  • Wenn auf dem Zettel eine 0 steht, dann ist der SC wahrscheinlichkeitstechnisch im Durchschnitt. Das heißt, er hat so viele Proben bestanden, wie es durchschnittlich zu erwarten wäre.
  • Wenn dort eine Zahl über 0 steht, dann hatte der SC bisher Pech: Ihm sind mehr Proben misslungen als es wahrscheinlichkeitstechnisch zu erwarten wäre. (Je höher die Zahl, desto größer sein Pech.)
  • Wenn dort eine Zahl unter 0 steht, dann hatte der SC bisher Glück. Ihm sind mehr Proben gelungen als es wahrscheinlichkeitstechnisch zu erwarten wäre. (Je niedriger die Zahl, desto größer sein Glück.)
2. Eingriff:
Hier benutzt der SL nun die Zahl, die er im ersten Schritt ausgerechnet hat, um die Probe zu beeinflussen. Ziel ist es dabei, dass die SCs am Ende des Spielabends etwa gleichmäßig viel Glück und Pech haben. (Das heißt, weder "Glück" noch "Pech" sollen dominieren.) Ein weiteres Ziel ist es, dass die Entscheidung des Spielers, die Wahrscheinlichkeit für seine Probe zu erhöhen, auf alle Fälle relevant ist.

Es gibt nun zwei Möglichkeiten, einen Eingriff vorzunehmen:
1. Möglichkeit:
Solange die Zahl auf dem Zettel zwischen -200% und +200% steht, findet kein besonderer Eingriff statt. Das heißt, die Probe wird ganz normal so aufgelöst als hätte der SL diesen Thread hier niemals gelesen.
Wenn auf dem Zettel eine Zahl unter -200% steht, misslingt dem Spieler die Probe sehr, sehr, sehr wahrscheinlich.
Wenn auf dem Zettel eine Zahl über +200% steht, gelingt dem Spieler die Probe sehr, sehr, sehr wahrscheinlich.

2. Möglichkeit:
Die Zahl, die auf dem Zettel steht, wird durch n geteilt. (n sollte eine natürliche Zahl größer 0 sein. Falls man keinen Taschenrechner dabei hat und im Kopfrechnen schwach ist, bietet sich n=10 an.) Die so berechnete Zahl dient dann als Modifikator für die Probe.

Beispiel:
Der Spieler hätte normalerweise eine Chance von 75%, die Probe zu schaffen. Auf seinem Zettel steht aber ein +120%. Der SL rechnet kurz für n=10 und erhält: 120%/10 = 12%. Das heißt, der Spieler erhält einen Modifikator um +12%. Oder in anderen Worten: Seine Probe wird um 12% erleichtert.
Damit ist seine Wahrscheinlichkeit, die Probe zu bestehen also bei 75%+12% = 87%.

geeignete Systeme:
Für welche Systeme kann man diese Technik anwenden?
Grundsätzlich lässt sich diese Technik bei allen Systemen anwenden, bei denen Erfolg oder Misserfolg zufällig bestimmt werden. Allerdings kann es bei einigen Systemen recht aufwendig sein, die Wahrscheinlichkeiten zu berechnen. (Zum Beispiel bei LOT5R.)

Optimal geeignet ist es daher für Systeme, bei denen die Probe auf 1W6 oder 1W20 oder 1W100 basiert. (Weil sich hier die Wahrscheinlichkeiten leicht ausrechnen lassen.)

Zielgruppe für die Technik:
Zielgruppe sind Leute, die eine Mischung aus Determinismus und Zufall bevorzugen. Die dem Zufall (egal ob Würfel oder SL) tendenziell misstrauen, aber nicht vollkommen darauf verzichten möchten.

Zielgruppe sind ferner Leute, die sichergehen möchten, dass niemand aus der Gruppe über Gebühr durch den Zufall benachteiligt wird. (5 Patzer in Folge sind zwar unwahrscheinlich, aber dafür um so ärgerlicher, falls sie dennoch mal auftauchen.)

Zielgruppe sind weiterhin Leute, denen es wichtig ist, dass ihre Entscheidung, Einfluss auf den Konflikt zu nehmen, auf alle Fälle relevant ist.
« Letzte Änderung: 26.07.2015 | 13:08 von Eulenspiegel »

Online Maarzan

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #1 am: 26.07.2015 | 13:17 »
In dem Fall wird es sehr wichtig wer festlegt, wann welche Proben abgelegt werden.
Denn mit dieser Regel wird die Chance späterer Proben manipulierbar oder zumindest abschätzbar.
Wenn eijn Charakter eine Weile "Glück" gehabt hat, bietet sich für ihn ein strategischer Rückzug an - "das ging zu leicht, lass uns morgen noch mal vorbei kommen und erst mal ein paar Zechenproben verhauen ...".

Dazu ist dene Zahlenökonomie glaube ich nicht ganz sauber. Müßte nicht bei einem Erfolg die Chance die Probe nicht geschafft zu haben abgezogen werden statt 100?
Sonst machen die typischerweise deutlich leichteren Startproben einem doch erheblich das Leben schwer.

Anderersonsten führt das noch zu dem Verhalten nach Möglichkeit keine unkritischen im Sinne von bei Fehlschlag schädlichen  Proben selber abzulegen, wenn diese voraussichtlich gelingen würden. (erst das Glück der angeheuerten Lakaien ausschöpfen?)
 


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Offline Gorbag

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #2 am: 26.07.2015 | 13:23 »
Nette Idee, aber ich habe damit praktisch einfach Probleme.

Das System setzt durch diesen Mechanismus auf ein mal Dinge in einen kausalen Zusammenhang die keinen haben. Wenn ich 10 Orks ganz entspannt erschossen habe im letzten Kampf sinkt auf ein mal meine Chance, das Schloss zu knacken vor dem ich gerade knie. Das fühlt sich für mich als Spieler falsch an, das Schloss hat überhaupt keinen Bezug zu den Orks aber trotzdem hängen mir die Orks nach. Zumal es auch meine Entscheidungen in der Praxis Nachteilig beeinflusst bzw. verfälscht. Wenn ich in letzter Zeit zu viel Glück hatte baut sich eine Art Gewitter über mir auf das sich entladen muss. Also nehme ich erst mal Abstand von gefährlichen Sachen und fange an einige trivialere Dinge zu tuen, bis ich wieder Modifikator frei bin oder sogar einen positiven Modifikator habe. Das der SL da Buch führt hilft auch nur wenig, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich als Spieler eine ungefähre Schätzung abgeben kann, wo mein Modifikator grade steht.

Des weiteren sind diese "Pechsträhnen" ja nur subjektiv. Unter der Annahme das dein Würfel vernünftig arbeitet gilt das Gesetz der großen Zahlen (https://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_der_gro%C3%9Fen_Zahlen) und damit gibt es sowas wie Pech eigentlich nicht und es ist nur die subjektiv geprägte Wahrnehmung des Spielers, die ihn glauben lässt er hätte eine Pechsträhne. Menschen sind ja sowieso schlecht im Abschätzen von Wahrscheinlichkeiten.

Achamanian

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #3 am: 26.07.2015 | 13:26 »
Interessant ist die Überlegung auf jeden Fall; eine Frage stellt sich mir aber:

Verstehe ich es richtig, dass also schon jede Probe normal gewürfelt wird und die Liste lediglich nebenher geführt wird, um eine Art Korrektiv zu haben, falls ein Spieler über Gebühr oft scheitert/Erfolg hat?
In dem Fall verstehe ich ehrlich gesagt den Gewinn dabei nicht so richtig. Im Endeffekt schlägst du vor, dass, wenn ein SC überdurchschnittlich viele Erfolge/Missefolge eingefahren hat, an einem gewissen Punkt (+/-200%) die folgende Probe modifiziert wird, um das Pendel tendenziell in die Gegenrichtung ausschlagen zu lassen. Letztlich wird aber auch bei dieser Probe wieder mit einem Modifikator gewürfelt ... dein Ziel aus dem anderen Thread, einen Ansatz zu finden, bei dem eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit nicht nur über lange Sicht (viele Würfe), sondern auch im Einzelfall gewürdigt wird, ist damit doch nicht erreicht, oder?

Anstatt herumzurechnen und aus dem bisherigen Proben-Verlauf Modifikatoren abzuleiten, die dann wieder Wahrscheinlichkeiten beeinflussen, wobei dann bei der isolierten so beeinflussten Probe trotzdem theoretisch wieder alles mögliche herauskommen kann, würde ich mich da einfach auf die Erfahrung verlassen und davon ausgehen, dass alle Beteiligten mal Glück und mal Pech haben werden und sich das Gesamtbild etwa um die Wahrscheinlichkeiten einpendelt. Dein Vorschlag macht das im Prinzip ja auch, nur das mit (für meine Begriffe) großem Aufwand ein kleines Korrektiv eingebracht wird (das genaugenommen sogar eigentlich kein Korrektiv darstellt, sondern eine Verfälschung der Wahrscheinlichkeiten ist - wenn ich eigentlich nacheinander auf 20%, 20% und 40% würfele, aber bei der letzten Probe einen negativen Modifikator von 16 Prozent aus meinen beiden vorangegangenen unwahrscheinlichen Erfolgen angesammelt habe, dann würfele ich plötzlich auf 20, 20, 24. Ich glaube, auf lange Sicht betrachtet dürfte die Methode eher zu komischen Ausreißern in der Verteilung führen).

Da fand ich den anderen Ansatz, keine Proben würfeln zu lassen, sondern einfach Wahrscheinlichkeiten aufzurechnen, je nach individueller Wahrscheinlichkeit der Probe einen Erfolg (51%und mehr) oder einen Misserfolg (50% und weniger) zu veranschlagen und dann ab und zu eine Art "Ausgleichszahlung" in Form einer gegen die Wahrscheinlichkeit gelungenen/misslungenen Probe zu machen, interessanter.

ErikErikson

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #4 am: 26.07.2015 | 13:34 »
Ich halte das System für gut. Durchsetzbar ist es IMO nur wenn mans als Macro schreibt, sonst wirst blöd bei der Rechnerei.

Ein Powergamer wirds natürlich ausnutzen, aber das find ich ok, ist halt eine Möglichkeit mehr Power zu bekommen und nicht soo stark. Ein Powergamer wird z.B. schauen das er wenns zu nem wichtigen Kampf kommt ne Möglichst hohe Zahl hat. Also wird er versuchen abzuschätzen wanns zum bsp. Endkampf kommt und wird davor Proben provozieren die möglichst schiefgehen. Sagen wir erdümpelt irgendwo bei Null rum ,das ist am wahrscheinlichsten. Er hat z.B. bei Cthulhu 10% auf Chemie. Wenner seinen Chemie-Wurf fünfmal vergeigt, was mit Glück machbar ist, dann bekommt er einen Eulesspiegel Wert von 50%. Damit kommt er schon auf eine Steigerung seiner nächsten wichtigen Probe um 5%. Dass ist ok, aber nun sicher nicht spielzerstörend.   

Weltanschaulich wirds natürlich wenns um die Frage nach Glück geht, also ob Menschen durchgängig besser oder schlechter würfeln können als der Schnitt. Wenn ja, was nach aktueller Wissenschaft nicht geht, dann ist der Eulenspielgel Wert ne besonders wichtige Sache. Es gibt ja Anekdoten von Spielern die angeblich solche Sachen produzieren.
 
 
« Letzte Änderung: 26.07.2015 | 13:37 von ErikErikson »

Eulenspiegel

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #5 am: 26.07.2015 | 13:39 »
@ Maarzan
Zum Proben bestimmen:
Stimmt, hier müsste vorher festgelegt werden, wofür Proben abgenommen werden und wofür nicht.

Alternativ könnte man auch sagen: Auf den Zettel kommen nur Proben, die relevant für die Story sind. Der SC darf zwar auch für beliebig andere Sachen Proben ablegen, aber die kommen nicht auf den Zettel. (Weder Erfolg noch Misserfolg.)

Zur Zahlenökonomie:
Angenommen, ich würfel regelmäßig auf 90% Proben: Dann müsste ich von 10 Proben 9 bestehen, um im Durchschnitt zu sein.

Nehmen wir mal meine Analyse: Wir addieren also zehnmal 90%. (Weil 10 Proben mit je 90% abgelegt wurden.) Damit erhalten wir 900%.
Jetzt subtrahieren wir neunmal 100%. (Weil 9 Proben gelungen sind.) Und erhalten somit 900% - 9*100% = 0.
Man ist also im Durchschnitt.

Oder schauen wir uns nur die erste Probe an:
Wenn mir die erste 90% Probe gelingt, stehe ich auf dem Zettel bei -10%. Das heißt, ich habe leichtes Glück. (Meine nächste Probe wird um 1% erschwert, was imho zu vernachlässigen ist.) Je häufiger ich die 90% Proben schaffe, desto stärker wird mein Glück. Wenn ich alle 10 Proben schaffe, stehe ich schon bei -100%, was anzeigt, dass ich relativ viel Glück hatte. (Es ist wahrscheinlich, dass man eine 90% Probe schafft. Es ist aber unwahrscheinlich, dass man zehn 90% Proben hintereinander schafft.)

@ Gorbag
Ja, es setzt Sachen in kausalen Zusammenhang, die keine sind. Das stimmt.
Man könnte das ganze als eine Art Karma oder Schicksal verstehen.

Das Bild mit der Gewitterwolke ist schon ganz passen. (So eine Art Karma-Gewitterwolke.)

Bezüglich unwichtiger Dinge: Dem könnte man entgegenwirken, indem nur die Sachen auf den Zettel kommen, die wichtig sind.

@ Rumpel
Ob nur im Extremfall eingegriffen wird oder immer, hängt davon ab, ob du die 1. oder die 2. Möglichkeit verwendest, die ich vorgeschlagen habe.
Bei der 1. Möglichkeit greifst du nur im Extremfall ein. Bei der 2. Möglichkeit greifst du immer ein.

Und doch, eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit wird ja gerade dadurch gewürdigt, dass ich auf dem Zettel eine hohe Zahl stehen habe. Egal, ob mir die Probe gelingt oder misslingt: Je höher die Erfolgswahrscheinlichkeit war, desto höher die Zahl, die auf dem Zettel steht.

Samael

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #6 am: 26.07.2015 | 13:47 »
Ich sehe keinen Vorteil, nur Aufwand.

Ausserdem berücksichtigst du nicht, dass Proben während des Spiels massiv unterschiedliche "Wichtigkeit" haben.

Achamanian

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #7 am: 26.07.2015 | 13:51 »

@ Rumpel
Ob nur im Extremfall eingegriffen wird oder immer, hängt davon ab, ob du die 1. oder die 2. Möglichkeit verwendest, die ich vorgeschlagen habe.
Bei der 1. Möglichkeit greifst du nur im Extremfall ein. Bei der 2. Möglichkeit greifst du immer ein.

Und doch, eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit wird ja gerade dadurch gewürdigt, dass ich auf dem Zettel eine hohe Zahl stehen habe. Egal, ob mir die Probe gelingt oder misslingt: Je höher die Erfolgswahrscheinlichkeit war, desto höher die Zahl, die auf dem Zettel steht.

Okay, dann habe ich die zweite Möglichkeit falsch verstanden ...
Den Rest verstehe ich immer noch nicht. Vielleicht bin ich auch einfach zu dumm. Okay, wenn ich eine 80%-Probe bestehe, wird die Zahl auf dem Zettel bei einem Erfolg doch kleiner und nicht größer, oder(+80-100)? Dadurch sinkt dann effektiv meine Chance bei der nächsten Probe um 2% (ein Zehntel der 20% Differenz ...) D.h., der Umstand, dass ich 80 Prozent in Schlösser Knacken habe, wird dann dadurch honoriert, dass es bei der nächsten Probe um 2% schwerer ist, den Ork mit dem Pfeil zu treffen? Bzw. werden meine 80% Schlösser knacken für den Fall, dass mir das Schlösserknacken vorher misslungen ist, dadurch honoriert, dass es 8% leichter wird, den Ork zu treffen?

Eulenspiegel

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #8 am: 26.07.2015 | 13:53 »
@ Samael
Die Vorteile habe ich im Abschnitt "Zielgruppe" geschrieben.

Zur Wichtigkeit habe ich bereits Maarzan und Gorbag einen Vorschlag gemacht:
Es wird zwischen wichtigen und unwichtigen Proben unterschieden. - Sicherlich, das ist nur eine binäre Unterscheidung. Aber imho ist sie ausreichend. Man könnte jetzt noch eine Gewichtung für unterschiedliche Wichtigkeiten einführen. Aber das würde den Aufwand tatsächlich in die Höhe treiben.

Von daher würde ich bei der binären Unterscheidung bleiben.

@ Rumpel
Richtig. Bei der 2. Möglichkeit ist das so.

Samael

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #9 am: 26.07.2015 | 13:59 »
Du änderst nichts daran, dass man mal kurzfristig gehäuft Pech haben kann. Und über längeren Zeitraum gemittelt ändert sich ebenfalls nichts.

Kurz: Viel Lärm um nichts, und jede Menge Reibungswärme deren Energie anderswo besser investiert wäre.

Eulenspiegel

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #10 am: 26.07.2015 | 14:02 »
Richtig, im kurzen Zeitraum kann man immer noch viel Pech haben. Es wird halt nur unwahrscheinlicher.

Und über einen langen Zeitraum gesehen, ändert es sich massiv.
Auf der folgenden Seite siehst du zum Beispiel den Verlauf für 1 Millionen Münzwürfe:
- Handelsstrategie oder Illusion?

Viele Leute denken, nach 1 Millionen Würfen wäre die Anzahl "Kopf - Zahl" ungefähr 0. Dem ist nicht so!

alexandro

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #11 am: 26.07.2015 | 14:04 »
Zielgruppe für die Technik:
Zielgruppe sind Leute, die eine Mischung aus Determinismus und Zufall bevorzugen. Die dem Zufall (egal ob Würfel oder SL) tendenziell misstrauen, aber nicht vollkommen darauf verzichten möchten.

Zielgruppe sind ferner Leute, die sichergehen möchten, dass niemand aus der Gruppe über Gebühr durch den Zufall benachteiligt wird. (5 Patzer in Folge sind zwar unwahrscheinlich, aber dafür um so ärgerlicher, falls sie dennoch mal auftauchen.)

Zielgruppe sind weiterhin Leute, denen es wichtig ist, dass ihre Entscheidung, Einfluss auf den Konflikt zu nehmen, auf alle Fälle relevant ist.

Machen Gummipunkte nicht genau das?

1) Man kann die Probe erleichtern, hat (deterministisch) dafür dann später schlechtere Chancen.
2) Benachteiligung durch Zufall ist ausgeschlossen, da bei wichtigen Würfen die Punkte eingesetzt werden.
3) Die Entscheidung ist relevant - wer die Punkte benutzt, um bei "unwichtigen" Sachen gut darzustehen, hat später keine Punkte mehr und seine "Glückssträhne" schlägt ins Gegenteil um.

Achamanian

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #12 am: 26.07.2015 | 14:04 »
@ Samael

@ Rumpel
Richtig. Bei der 2. Möglichkeit ist das so.

Aber verstärkst du dann nicht gerade ein mögliches Ausreißen zu Ungunsten der Kernkompetenzen eines SC? Wenn der Dieb zweimal Glück im Nahkampf hatte, was schön und gut ist, aber gar nicht Teil seines Charakterkonzepts, und das dann einen stark negativen Einfluss auf seine darauffolgende Schlösser-Knacken-Probe hat, die er dann vergeigt und wieder einen Bonus auf die nächste Probe bekommt, die dann vielleicht Gewichteheben ist ... tja, dann hast du die erwartbare Normalverteilung seiner erfolgreichen/misslungenen Schlösserknacken-Proben doch zu Ungunsten des Charakterkonzepts beeinflusst. (Ich rede jetzt von dem Fall, in dem du nur die Schlösserknackne-Proben des Diebs herausgreifst und dir gesammelt über einen längeren Zeitraum hinweg ansiehst.)
Klar gleicht auch das sich auf die Dauer durch das Gesetz der hohen Zahlen wieder aus - aber erst mal hast du eine Art Pendel ins Spiel gebracht, das sich potenziell gerade dann, wenn der SC durch Zufall Glück mit einem schlechten Wert hat, zu Ungunsten des Erfolgs mit seinen guten Werten auswirken kann. D.h. der Spieler muss aller Wahrscheinlichkeit nach eher länger warten, bis das Gesetz der großen Zahlen sich durchsetzt und er eine angemessene Zahl an Erfolgen mit seinem Wert von 80% in Schlösserknacken eingefahren hat.

Samael

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #13 am: 26.07.2015 | 14:06 »
eulenspiegel:
Ich finde das Verhältnis von 1,001 was da gezeigt wird hinreichend nah an 1 dran, das man für Rollenspielzwecke sagen kann "hebt sich weg". Willst du für 0,1% Abweichung dieses Fass hier aufmachen?

Achamanian

  • Gast
Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #14 am: 26.07.2015 | 14:13 »
Richtig, im kurzen Zeitraum kann man immer noch viel Pech haben. Es wird halt nur unwahrscheinlicher.

Und über einen langen Zeitraum gesehen, ändert es sich massiv.
Auf der folgenden Seite siehst du zum Beispiel den Verlauf für 1 Millionen Münzwürfe:
- Handelsstrategie oder Illusion?

Viele Leute denken, nach 1 Millionen Würfen wäre die Anzahl "Kopf - Zahl" ungefähr 0. Dem ist nicht so!

Der Artikel täuscht seinen Leser dadurch, dass er die Abweichung in absoluten Zahlen angibt. 1500 klingt nach viel, ist aber bei einer Million Würfen nur eine völlig erwartbare Abweichung von 0,15%. Und gerade der Umstand, dass die 4 Graphen alle ganz anders aussehen, ist ja ein Beleg dafür, dass das Gesetz der großen Zahlen in der Praxis funktioniert. Auch der Umstand, dass am Ende nur eine sehr geringe Abweichung zustandekommt, OBWOHL die Null-Linie selten gekreuzt wird, spricht dafür, dass hier alles nach unseren Begriffen von Wahrscheinlichkeit mit rechten Dinge zugeht.

EDIT: Auf den zweiten Blick enthält der Artikel sogar eine noch viel gröbere Täuschung: Das Koordinatensystem ist so gestaltet, dass es aussieht, als nähere ein Ausschlag von 1500+/- sich dem oberen/unteren Ende des Bezugsrahmens an. Tatsächlich müsste die y-Achse bei einer "ehrlichen" Darstellung aber bis +/-1000000 gehen (weil das die theoretischen Maximalwerte sind, die y annehmen kann). Würde man das so darstellen, sähe jeder Graph wie eine Krickellinie mit winziger Abweichung dicht um die x-Achse aus. Stell dir jetzt noch vor, du hättest alle 4 Durchläufe hintereinander, dann bekämst du plötzlich den Eindruck, dass du eine Linie hast, die sich sehr dicht um die 0 bewegt und dabei immer wieder mal die x-Achse kreuzt.
« Letzte Änderung: 26.07.2015 | 14:19 von Rumpel »

Samael

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #15 am: 26.07.2015 | 14:16 »
Genau man müsste das relativ darstellen, dann würde es erst stark zappeln und sich dann recht schnell nahe der 1,0 einpendeln.

Online Maarzan

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #16 am: 26.07.2015 | 14:22 »
Ok, ich habe 1 vs 2 als entweder oder gelesen gehabt - mein Fehler.

Was ist dann "storyrelevant"? Spätestens die Verweigerung von weiteren Proben durch Abenteuerabbruch kann der SL nicht mehr so einfach entgegenwirken. Wer bei der Annäherung an den BBEG zu viel Glück hatte und nun mit Mali rechnen muss (und schwierigeren Aufgaben), der wird sich das dann zweimal überlegen was riskantes zu tun.

Dazu wird es tricky wenn die Boni absolut sind. +20% mag nicht viel sein, wenn ich als nächstes eine normale Nahkampfattacke von 60 auszuführen habe. Wenn aber das schwere Manöver-50 ansteht, um den Drachen an der einen verletzlichen Stelle zu treffen ...
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Eulenspiegel

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #17 am: 27.07.2015 | 00:38 »
@ alexandro
Ob man Gummipunkte ausgibt oder nicht, ist manchmal relevant, manchmal aber auch nicht.

Ich habe es schon häufig erlebt, dass ich einen Gummipunkt ausgebe, um mir meine Probe zu erleichtern. - Nur um dann trotzdem einen Misserfolg zu bekommen.
Oder dass ich einen Gummipunkt ausgebe für einen Reroll. - Nur damit der Reroll dann genau so schlecht wird wie der ursprüngliche Wurf.
Hier ärgere ich mich dann, dass ich den Gummipunkt vollkommen umsonst ausgegeben habe. Ich habe einen Teil meiner Ressourcen verbraten, ohne dass es mir etwas gebracht hat.

Und gerade hier setzt meine Technik an: Durch meine Technik wird sichergestellt, dass der Gummipunkt nicht umsonst ausgegeben wurde: Vielleicht hat er dir nicht in der aktuellen Probe geholfen. Aber dank meiner Technik hilft er dir evtl. bei der nächsten Probe. (Er war also nicht vollkommen umsonst.)

@ Rumpel
Klar, wenn du in einem besonders viel Glück hat, dann wirkt sich das negativ auf die nächste Probe aus. Aber das finde ich durchaus fair. Mal folgendes Beispiel: Der Dieb-SC kommt nach einem durchzechten Abend im Lager an und sieht, wie eine Goblin-Bande gerade die Freunde gefangennimmt und abführt. Ein Goblin bleibt zurück, um das Lager nach wertvollen Sachen zu durchsuchen und diese dann einzustecken. Du hast nun beispielsweise die drei Möglichkeiten (dein Kampfwert beträgt 20%):
1) Du verzichtest auf Kampf und verfolgst die Armee.
2) Du kämpfst gegen den Goblin und verlierst. Der Goblin nimmt dich gefangen.
3) Du kämpfst gegen den Goblin und gewinnst.

zu 1) Da du hier auf den Kampf verzichtest, bleibt deine Fähigkeit Schlösser zu knacken unverändert. Diese wird weder positiv noch negativ verändert.

zu 2) Du hast dich entschieden zu kämpfen und verloren. Du landest bei deinen Freunden im Gefängnis. Außerdem wurde dir als Gefangener deine Gegenstände abgenommen. (Also kein Dietrich-Set dabei, das dir einen Bonus auf Schlösser-knacken gibt.) Aber wenigstens bekommst du einen Bonus von 2% auf die nächste Probe. Du würdest also einen Bonus von 2% bekommen, wenn du nun versuchst, das Schloss der Gefängnistür zu knacken.

zu 3) Hey, es ist extrem unwahrscheinlich, aber du hast gegen den Goblin gewonnen. Sicherlich, du bekommst für die Schlösser-knacken-Probe einen Malus von 8%. Aber dafür kannst du dir evtl. noch ein tolles Dietrich-Set besorgen. (Schließlich bist du in Freiheit.) Das gibt dir dann einen Bonus auf die Schlösser-knacken-Probe. Außerdem kannst du den Goblin befragen und erfährst so vielleicht wertvolle Informationen über das Goblin-Lager.

Ich finde das durchaus fair: Klar, du erhältst bei 3) einen Malus von 8% für die nächste Probe. Aber hey, dafür hast du durch die geschaffte Probe andere wichtige Vorteile bekommen: Du kannst deine Ausrüstung behalten, bleibst in Freiheit und kannst zusätzlich noch den Goblin verhören.
Alles in allem finde ich, ist das durchaus ausgeglichen. Und der Dieb, der den Kampf verliert, ist jetzt nicht wirklich bevorzugt gegenüber dem Dieb, der den Kampf gewinnt.

@ Samael
Es geht mir nicht um die relative Abweichung sondern um die absolute Abweichung. 0,1% mag wenig klingen. Wenn man sich aber mal vorstellt, dass dies 1000 Proben betrifft, dann ist das eine ganze Menge.

Stell dir einfach mal vor, 0,1% Personen deiner Heimatstadt würden plötzlich sterben. Oder stelle dir vor 0,1% deiner Zellen wären plötzlich nekrotisch. Oder stelle dir vor, du hättest 0,1% Alkohol im Blut intus. (Letzteres wäre wahrscheinlich nicht tödlich, aber hätte enorme Auswirkungen auf dein Fahrverhalten.)

0,1% klingt immer nach wenig. Wenn man sich aber mal klarmacht, was das wirklich bedeutet, dann ist das extrem viel.

@ Maarzan
Was "storyrelevant" ist, ist von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich. Stelle dir einfach die Frage: Kann sich in einer halben Stunde noch irgendjemand daran erinnern, ob die Probe geschafft oder nicht geschafft wurde?
Wenn nein, dann war die Probe wohl nicht sehr storyrelevant.

Und ja, man kann die Boni auch anteilsmäßig verteilen. Bei einer App würde ich das auch vorschlagen. Bei Zettel&Stift wäre das imho aber sehr aufwendig.

Btw, wenn ein Spieler keine Probe machen will, ist das per se nicht unbedingt nachteilig: So bleibt mehr Screentime für die anderen Spieler, die dann dort glänzen können.

alexandro

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #18 am: 27.07.2015 | 00:52 »
@ alexandro
Ob man Gummipunkte ausgibt oder nicht, ist manchmal relevant, manchmal aber auch nicht.

Das passiert bei deiner Technik genauso. Der durch Erfolge/Misserfolge generierte Bonus/Malus ist manchmal relevant, andere Male nicht.

Das ist nunmal so, bei einer Mischung aus Zufall und Determinismus.

Zitat
Und gerade hier setzt meine Technik an: Durch meine Technik wird sichergestellt, dass der Gummipunkt nicht umsonst ausgegeben wurde: Vielleicht hat er dir nicht in der aktuellen Probe geholfen. Aber dank meiner Technik hilft er dir evtl. bei der nächsten Probe. (Er war also nicht vollkommen umsonst.)

Im Gegenteil: wenn er nicht hilft, dann macht es keinen Unterschied, ob er ausgegeben wurde oder nicht (weil es derselbe Wurf ist und der Modifikator nur einmal beeinflusst wird). Wenn er aber den Wurf verbessert, dann verschlechtert er damit zukünftige Würfe, so dass man auch nicht viel gewonnen hat.

Aber es wäre ohnehin ziemlich schizophren, an dieses Meta-System noch einen zusätzlichen Meta-Mechanismus (in Form von Gummipunkten) dranzuklatschen.
« Letzte Änderung: 27.07.2015 | 01:52 von alexandro »

ErikErikson

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #19 am: 27.07.2015 | 00:58 »
Wie wäre es denn, wenn man ab einem bestimmten Eulenspiegel-Wert die Probe automatisch gelingt bekommt? Dann wärs sicher das man für sein Vorheriges Pech nen Ausgleich bekommt in genau absehbarer Zeit.

Offline Gorbag

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #20 am: 27.07.2015 | 01:31 »

Es geht mir nicht um die relative Abweichung sondern um die absolute Abweichung. 0,1% mag wenig klingen. Wenn man sich aber mal vorstellt, dass dies 1000 Proben betrifft, dann ist das eine ganze Menge.

Stell dir einfach mal vor, 0,1% Personen deiner Heimatstadt würden plötzlich sterben. Oder stelle dir vor 0,1% deiner Zellen wären plötzlich nekrotisch. Oder stelle dir vor, du hättest 0,1% Alkohol im Blut intus. (Letzteres wäre wahrscheinlich nicht tödlich, aber hätte enorme Auswirkungen auf dein Fahrverhalten.)

0,1% klingt immer nach wenig. Wenn man sich aber mal klarmacht, was das wirklich bedeutet, dann ist das extrem viel.


Und jetzt stell dir vor, du kaufst eine Flasche Cola und da ist 0,1% weniger drin als auf der Packung angegeben ist. Merkst du es? Nein! Weil du deine Cola nicht mit dem Messbescher trinkst. Stell dir vor die Raumtemperatur ist 0,1% niedriger als dein Thermostat anzeigt. Merkst du es? Nein! Weil sogar wenn du es mit einem Thermometer nachmisst das Gerät eine größere Messunsicherheit hat als die 0,1% die du da gerade versuchst zu messen, geschweige denn dass dein Körper das realisiert.

Wenn du aus einer Millionen Würfe 0,1% Abweichung vom Erwartungswert hast dann ist die Chance groß, dass dir das als Spieler nicht mal auffällt, wenn du nicht gerade mit zählst. Du liegst einfach 0,1% neben dem wissenschaftlichen Ideal. Das sind Differenzen die der normale Mensch nicht mal realisiert, wenn er nicht explizit danach sucht oder wir grade bei so Extrembeispielen sind wie du sie anführst.
0,1% sind übrigens vermutlich deutlich weniger Abweichung, als das was dein Würfel an Abweichung zu verantworten hat, weil er einfach schlecht (oder sagen wir lieber "nicht optimal") gefertigt wurde.

Zitat
Klar, wenn du in einem besonders viel Glück hat, dann wirkt sich das negativ auf die nächste Probe aus. Aber das finde ich durchaus fair. Mal folgendes Beispiel: Der Dieb-SC kommt nach einem durchzechten Abend im Lager an und sieht, wie eine Goblin-Bande gerade die Freunde gefangennimmt und abführt. Ein Goblin bleibt zurück, um das Lager nach wertvollen Sachen zu durchsuchen und diese dann einzustecken. Du hast nun beispielsweise die drei Möglichkeiten (dein Kampfwert beträgt 20%):
1) Du verzichtest auf Kampf und verfolgst die Armee.
2) Du kämpfst gegen den Goblin und verlierst. Der Goblin nimmt dich gefangen.
3) Du kämpfst gegen den Goblin und gewinnst.

zu 1) Da du hier auf den Kampf verzichtest, bleibt deine Fähigkeit Schlösser zu knacken unverändert. Diese wird weder positiv noch negativ verändert.

zu 2) Du hast dich entschieden zu kämpfen und verloren. Du landest bei deinen Freunden im Gefängnis. Außerdem wurde dir als Gefangener deine Gegenstände abgenommen. (Also kein Dietrich-Set dabei, das dir einen Bonus auf Schlösser-knacken gibt.) Aber wenigstens bekommst du einen Bonus von 2% auf die nächste Probe. Du würdest also einen Bonus von 2% bekommen, wenn du nun versuchst, das Schloss der Gefängnistür zu knacken.

zu 3) Hey, es ist extrem unwahrscheinlich, aber du hast gegen den Goblin gewonnen. Sicherlich, du bekommst für die Schlösser-knacken-Probe einen Malus von 8%. Aber dafür kannst du dir evtl. noch ein tolles Dietrich-Set besorgen. (Schließlich bist du in Freiheit.) Das gibt dir dann einen Bonus auf die Schlösser-knacken-Probe. Außerdem kannst du den Goblin befragen und erfährst so vielleicht wertvolle Informationen über das Goblin-Lager.

Ich finde das durchaus fair: Klar, du erhältst bei 3) einen Malus von 8% für die nächste Probe. Aber hey, dafür hast du durch die geschaffte Probe andere wichtige Vorteile bekommen: Du kannst deine Ausrüstung behalten, bleibst in Freiheit und kannst zusätzlich noch den Goblin verhören.
Alles in allem finde ich, ist das durchaus ausgeglichen. Und der Dieb, der den Kampf verliert, ist jetzt nicht wirklich bevorzugt gegenüber dem Dieb, der den Kampf gewinnt.

Was die Fairness deines Systems betrifft muss man kurz festhalten, dass die massiv davon abhängt, dass dein System bei allen Proben einen gleichen Gewinn bzw. Verlust liefert. Wenn ich im Kampf den Goblin treffe und deshalb den Ork später verfehle, dann ist das nur solange ein faires System, solange mein Treffer 1,7 Goblins tötet (unter der Annahme dass ein Ork so viel Wert ist wie 1,7 Goblins und beide bei einem Treffer sterben).
Man kann so was in der Praxis einfach nicht leisten. Das fängt alleine schon damit an, dass es mir noch nie untergekommen ist, dass ich bei einem Rollenspiel das Gefühl hatte, dass alle Fähigkeiten gleich sinnvoll sind für das Szenario. Ich hab es noch nie erlebt, dass das Leben eines Helden unmittelbar an dessen Kartographie-Skill hängt, was automatisch dafür sorgt, dass eine Kartographieprobe werniger leistet als z.B. eine Kampf-Probe um einen Feind zu erschlagen (mir ist bewusst, dass man einen Fall konstruieren kann wo mich Kartographie rettet, also spar dir die Mühe. Es passiert einfach in der Spielpraxis so gut wie nie).

Die Schwäche deines Systems wird klar, wenn wir eine noch einfachere Version konstruieren, die Glück oder Pech mittelfristig ganz eleminiert (ohne Abweichungen, bei unter 100 Proben). Und zwar nehmen wir pro Spieler ein Kartendeck mit 100 Karten mit den Werten 1 bis 100. Bei jeder Probe zieht der Spieler eine Karte, die daraufhin als Probenergebniss verwendet wird und auf einen Ablagestapel kommt. Nach 100 Proben ist das Deck leer und es wird neu gemischt. Und schon hast du den Fall, dass dein Spieler exakt im Erwartungswert liegt und Pech und Glück sind nur sehr temporär.
Das System verhält sich in der Praxis relativ ähnlich zu deinem, außer das es Situationen gibt in dem Scheitern oder Erfolg garantiert sind. Die Situationen sind aber relativ selten und nur schwer vorhersehbar. Wenn du Angst hast, dass dein Spieler Karten zählt nimm einfach 2-3 Decks zusammen und arbeite dann mit 300 Karten pro Spieler.

Das Ergebnis ist einfach dass ich mich als Spieler ärgere, wenn ich eine hohe Karte bei weniger wichtigen Proben ziehe und freue wenn ich bei solchen Proben scheitere, weil es einfach eine Aussage über meine mittelbare Zukunft zulässt. Zusätzlich beeinflusst der Probenmechanismus ungemein meine Art mit Proben umzugehen. Ich lehne aus mechanischen Gründen Proben ab, die mein Charakter leicht schaffen müsste, einfach weil ich weiß das ich sie nicht schaffen kann (es sind nur noch Zahlen 1-10 im Deck) bzw. bei deinem System ist der Modifikator einfach so hoch geworden, dass ich mit meinem Scheitern rechnen muss.
Die Kenntnis meiner Vergangenheit erlaubt einfach Abschätzungen über meine Zukunft zu treffen und damit meine nächste Handlung zu beurteilen. Das ist ein Metamechanismus der sich für mich einfach unangenehm anfühlt und mein Spielempfinden stört.


 

ErikErikson

  • Gast
Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #21 am: 27.07.2015 | 02:00 »
Eulenspiegels System ist aber egal ob die Probe wichtig oder  nicht so wichtig ist, weil es sich über die Zeit rausmittelt. Mal hat man für eine wichtige mal für eine nicht so wichtige wichtige Probe nen Bonus/Malus. Ausserdem gilt das System ja eh nur für einigermaßen wichtige Proben, also muss sich keiner ärgern weil er grad für das Töpfern seines neuen Krugs den Bonus verschwendet hat.

Eulenspiegels System ändert ja im Grund nur eines, und zwar macht es lange Glücks/Pechsträhnen unwahrscheinlicher. Das ist die Intention. Wenn man die Intetion verwirklichen will dann hat man IMMER einen Effekt das frühere Würfe einfluss nehmen auf spätere, das ist ja in der Definition drin. Und man hat IMMER den Effekt das man bei der Probe, die einem am wichtigsten ist vorher Proben versemmelt (Pech gehabt) haben will.

Das lässt sich nicht ändern das ist einfach im Paket mitdrin wie bei einem DSA Paketrabatt kann man da noch so viel jammern es hilft nix. Wenn man verhindern will das jemand zu oft hintereinander Pech hat dann muss man sowas machen, die einzige Alternative wär ein Benny, aber ein Benny wird vom Spieler nicht eingesetzt um Pechsträhnen zu durchbrechen sondern um bei wichtigen Proben nochmal zu würfeln.

Die einzige Alternative die mir noch einfällt ist wenn man automatsich sagt man kann nicht öfter als X mal schlecht würfeln, dann gelingt die Probe automatisch aber dabei produziert man genau die gleichen Probleme wie bei der Ursprungssache.       

Die taktische Komponente lässt sich übrigens ausschließen wenn man ein Makro schreibt das die Rechnerei erledigt, dann weiss der Spieler seinen eingenen Eulenspiegel Wert nämlich nicht oder nur ganz grob und kann auch nicht taktieren.
« Letzte Änderung: 27.07.2015 | 02:03 von ErikErikson »

Offline Gorbag

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Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #22 am: 27.07.2015 | 10:58 »
Eulenspiegels System ist aber egal ob die Probe wichtig oder  nicht so wichtig ist, weil es sich über die Zeit rausmittelt. Mal hat man für eine wichtige mal für eine nicht so wichtige wichtige Probe nen Bonus/Malus. Ausserdem gilt das System ja eh nur für einigermaßen wichtige Proben, also muss sich keiner ärgern weil er grad für das Töpfern seines neuen Krugs den Bonus verschwendet hat.

Eulenspiegels System ändert ja im Grund nur eines, und zwar macht es lange Glücks/Pechsträhnen unwahrscheinlicher. Das ist die Intention. Wenn man die Intetion verwirklichen will dann hat man IMMER einen Effekt das frühere Würfe einfluss nehmen auf spätere, das ist ja in der Definition drin. Und man hat IMMER den Effekt das man bei der Probe, die einem am wichtigsten ist vorher Proben versemmelt (Pech gehabt) haben will.


Naja, wichtig ist ja auch kein rein binäres Attribut. Auch da gibt es Abstufungen und es wird immer Proben geben, die relevanter als Andere sind und damit auch unter Boni/Mali aus dem System leiden können.

Ich gebe dir Recht, dass Eulenspiegels System die Abweichung vom Ideal reduziert und das man das nicht ohne ein Gedächtnis leisten kann. Ich halte diese Eigenschaft aber für einen zu hohen Preis für das was das System liefert (das Gesetz der großen Zahlen liefert das ja auch, es braucht nur länger/wird nicht wahrgenommen).

Man solle die Modifikation übrigens Deckeln, um eine zu starke Beeinflussung von Proben zu verhindern. Sonst kommt man manchmal dahin, dass der Charakter in seinen Kernkompetenzen zwangsläufig versagen muss oder derart beeinträchtigt ist, dass er nicht mehr als Kompetent zu betrachten ist. Das sorgt zwar dafür, dass die Methode von Eulenspiegel langsamer arbeitet, aber wenigstens das Spielgefühl nicht total zerstört.

ErikErikson

  • Gast
Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #23 am: 27.07.2015 | 11:03 »
Das vorgestellte System ist vom Aufwand/Nutzen-Faktor ein ziemlicher Infarkt. Welcher SL will denn so etwas? Ich jedenfalls nicht.

Hab ich schon zweimal geschrieben aber ich schreibs auch nochmal gern, sobald du online spielst oder dein Handy würfeln lässt dann schreibst du dir das als Makro und der Aufwand ist fertig.

Es gibt ja so Leut die meinen sie hätten ständig Pech beim Würfen. Wenn man die damit glücklich bekommt ists schon ein Gewinn. 


ErikErikson

  • Gast
Re: Zufall mit Gedächtnis
« Antwort #24 am: 27.07.2015 | 11:51 »
Du kannst das gerne so oft schreiben, wie du möchtest... aber dann vielleicht in einem Computerspiele-Forum?

Spotte soviel du willst, in 20 Jahren gibts keine echten Würfel mehr. Naja, das war übertrieben, aber von Maptool oder Fantasygrounds hast schon gehört?
« Letzte Änderung: 27.07.2015 | 11:53 von ErikErikson »