Die beiden letzten Beiträge passen wunderbar zusammen
In den meisten Rollenspielen die ich kenne, wird Taktik Ingame nicht unterstützt. Es ist für die Spieler kaum sinnvoll im Kampf miteinander zu arbeiten um das Ziel zu erreichen, man kann den Regeln folgend einem anderen Spieler keinen Vorteil verschaffen, in dem man Manöver ausspielt, meist bringt es am meisten, so viel Schaden in so kurzer Zeit rauszumoschen, wie nur irgend möglich.
Andersrum wird leider auch ein Schuh draus:
Kampf besteht eben hauptsächlich darin, dem Gegner zu schaden.
Man kann es einigen kampflastigen Systemen durchaus vorwerfen, dass sie abseits von stumpfem HP-Wegschratzen keine sinnvollen Möglichkeiten bieten, etwas beizutragen.
Aber wenn man ehrlich ist, sind unter den Umständen, in denen im RPG-Kontext Kämpfe stattfinden, die Varianten dafür auch ziemlich stark begrenzt.
Da hat man mMn einen sehr schmalen Grat zwischen (spielerisch gewollter) taktischer Vielfalt und erzählerischer Beliebigkeit.
Insofern ist FATE in meinen Augen auch eins der wenigen Systeme, in denen man einen reinen Unterstützer-Char (auf den Kampf bezogen) spielen kann, was ich durchaus reizvoll finde. Und weit taktischer als die obig beschriebenen, aufgedröselt und optimierungswütigen Systeme.
Mit "taktischer" meinst du dann doch, dass man größere Freiheiten hat, um die regelseitig immer identischen Vorteile zu erzeugen, oder?
Ich denke dass FATE nur dann taktisch anspruchslos ist wenn man die erzählerische Komponente weg lässt. Ich muss schließlich mit den Mitteln (also der Situation) klar kommen und daraus diese Nutzen um regeltechnische Vorteile zu generieren.
Meiner Erfahrung nach wird das fast immer ziemlich locker gehandhabt - und das ist ja auch gut so, weil für eine "strengere" Herangehensweise zu wenig Crunch vorhanden ist und damit das Schaffen von Vorteilen u.Ä. weitestgehend wegfiele.
Ganz weglassen wird die erzählerische Komponente wohl ohnehin niemand, aber es ist ziemlich selten, dass rundheraus gesagt wird: "Das geht nicht".
Dazu auch:
Wenn ich nicht aufmerksam oder kreativ genug bin dann nutzt mein Gegner die erzählerische Situation vor mir aus und verschafft sich dadurch einen Vorteil.
Kommt das tatsächlich vor?
Man hat doch auch als eher unkreativer Spieler irgendwann seine Standard-Unterstützungsmanöver raus, die so gut wie immer greifen.
Und man arbeitet ja auch nicht unter Zeitdruck, sondern kann sich recht gemütlich was überlegen - ggf. auch zusammen mit dem Rest der Gruppe.
Der Unterschied ist dass FATE im Gegensatz zu anderen Spielen die einzelnen taktischen Komponenten
1. Nicht fest vorgibt
2. Keine Sonderregeln dafür verwendet
Taktik aber an diesen beiden Punkten festzumachen finde ich ziemlich albern.
Je nachdem, wie stark die Regelmechanik mit dem Setting und den "typischen" Kämpfen verzahnt ist, sind gerade diese zwei Punkte der
Kern von Taktik.
Nur so kann man taktische Gegebenheiten in einer Weise abbilden, die taktisch sinnvolle Entscheidungen spielmechanisch (zwingend) belohnt.
Das aber ist das Revier von Regelwerken, die "ihre" Kämpfe authentisch abbilden wollen und das ganze Thema regelseitig auf das dafür Notwendige reduziert und alles Überflüssige weggelassen haben.
Ein universelles, abstraktes und erzählerisches System kann das nicht in sinnvoller Form nachvollziehen, braucht es allerdings auch nicht bzw. darf es nicht, um sich nicht selbst die Existenzgrundlage zu entziehen.