Autor Thema: 100 mit Reign spielen oder: Ein bisschen mehr Substanz fürs Drama  (Gelesen 1626 mal)

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Offline Joerg.D

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So nachdem ich fast 3 Jahre  hauptsächlich World of Tanks gespielt habe, hat mich nach einem Oneshot in Oberkrämer die Lust wieder gepackt und ich habe mich erst mal den Serien als Lieferanten für eine neue Kampagne gemacht.

Lange Zeit war etwas im Stil von NCIS LA mein Favorit, bis ich am vergangen Freitag mit einer guten Freundin (der Dani) Essen war und sie mir von 100 erzählt hat.

Recht neugierig habe ich mir die Serie angesehen und bin irgendwie eingefangen worden, obwohl ich in der Ausführung und Charakterentwicklung starke Schwächen sehe und mir die Entwicklung teilweise zu schnell geht. Die Charaktere haben eine enorme emotionale Tiefe und reagieren zum Teil haarsträubend unlogisch, doch da habe ich angefangen starke Paralelen zum Rollenspiel zu sehen und mich der Schönheit der Schöpfung zu ergeben. Unter anderem auch, weil ich nach einem langen Gespräch auf einer langen Rückfahrt aus Köln mit einer 15 Jährigen realisiert habe, dass Teenager halt nun mal zu  extremen Entscheidungen aus Liebe oder Emotionen neigen. (Z.B unerlaubt nach Köln zu fahren um die große Liebe aus dem Urlaub zu treffen)

Wenn man sich also der Schönheit der Geschichte ergibt und realisiert, dass Hormone, eine plötzliche Freiheit nach Jahren der Unterdrückung und Gefängnis eine explosive Mischung ergeben, ist man fast am Ziel. Wenn ich das mit Politik, einer unsichtbaren Gefahr von außen und der Ungewissheit wie lange man noch lebt mixe ergibt sich ein lebe jeden Tag wie den Letzen Gefühl und ich realisiere das Reign wie gemacht für dieses GENRE ist.

Dreckiges Kampfsystem, Politik, Intrigen, benötigte Ansprachen, Heldenmissionen ne Spur Sex und Schlachten. Das ganze gepaart mit Drama, Drama und Drama.

Also lege ich los und sehe mir ein paar entscheiden Folgen noch einmal an um festzustellen, das zwar kein Hauptcharakter vor dem Tod sicher ist aber die Logikbrüche zum Zwecke des Dramas überspitzt werden. Beispiel ein Held tötet 18 Unbewaffnete oder die Heldin flieht und lässt ein Dorf von einer Rakete einäschern um einen Informanten zu schützen.

Mäh, zuviel falsches Drama an den falschen Stellen lieber Drehbuchautor das ist zusehr auf Tragödie konstruiert um bei einem Rollenspieler der was auf sich hält durchzugehen. Andrerseits, was soll es? Ein guter SL geht auf das ein was seine Spieler machen und ich habe in meinen Runden schon schlimmere Logikbrüche gesehen, weil jemand total wirre Ideen von seinem Charakter hatte.

So geht mein Denken weiter, die Cravings und Desires aus Reign werden eine wichtige Rolle spielen. Vielleicht werde ich eine Art Madnesspool einführen, mit dem ich als SL boshafte Sachen machen kann um den Charakter danach an den Spieler zurück zu geben und zu sagen: Nun komm mal raus aus dem Schlamassel, den ich dir eingebrockt habe. Dieses Spielmittel würde aber Spieler benötigen, welche  mit so drastischen Maßnahmen einverstanden wären und die sind eher spärlich gesät.

Was solls, ich werde mal gucken in welche Richtung sich mein Drama entwickelt und Ideen zur Kampagne in diesen Thread schreiben um mich an ihnen zu reiben.

Nun meine erste Frage:

Wie kann man Spieler dazu bewegen, die süße Frucht des Wahnsinnes aka der Charakterübernahme durch den SL anzunehmen. Mein derzeitiger Ansatz setzt auf eine klare Absprache vor der Kampagne und Bonis, die der Spieler einfordern kann um Würfe zu verbessern, welche ihn aber in den Arsch beißen, weil sie dem SL Tokens geben um Handlungen zu manipulieren.
Das stell ich mir ein wenig vor wie bei Fate, wo man vom SL bestochen werden kann, etwas schlechtes zu machen. Bloß viel drastischer.

Meinungen?
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Offline JollyOrc

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Wie kann man Spieler dazu bewegen, die süße Frucht des Wahnsinnes aka der Charakterübernahme durch den SL anzunehmen. Mein derzeitiger Ansatz setzt auf eine klare Absprache vor der Kampagne und Bonis, die der Spieler einfordern kann um Würfe zu verbessern, welche ihn aber in den Arsch beißen, weil sie dem SL Tokens geben um Handlungen zu manipulieren.

hm. Spannend. Ich bin ja eigentlich einer der "mein Charakter ist MEIN" Typ, aber unter den richtigen Rahmenbedingungen würde ich sowas mitmachen.

Wichtigste davon: Der Wahnsinn darf sich nur in Bezug auf Rücksichtsnahme, bzw. dem "wie weit gehe ich, um mein Ziel zu erreichen?" auswirken. Er darf nie die Motivation ändern, sondern nur die bestehende in wahnsinnige Dimensionen ausweiten.

Vielleicht gibt es einen "Verzweiflungs"-Pool, aus dem man sich für seine Kernmotivation (cravings&desires) bedienen kann? Den können die Spieler selbst festlegen oder gar erhöhen. Aber der SL darf jederzeit einen Würfel darin für die Kontrolle einer Aktion eintauschen, bzw. drei Würfel für eine ganze Szene.

(oder so ähnlich. Das muss noch ausbalanciert werden.)
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Offline Blechpirat

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Man könnte so ein bisschen bei Don't Rest your Head klauen, wo es ja auch diese Wahnsinnswürfel gibt.

Offline Joerg.D

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Ich denke deine Klarstellung das sich der Pool nur auf das konkrete Ziele auswirken darf ist
perfekt.

Diese Variante beugt zu krassen Aktionen vor und wird definitiv in die Hausregeln zur Kampagne kommen.
« Letzte Änderung: 7.08.2015 | 11:37 von Joerg.D »
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Offline JollyOrc

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Freut mich, dass die Idee gefällt. :)

Kurze Ergänzung noch: Dadurch, dass die Spieler selbst im Voraus über den Pool bestimmen und verfügen können, können sie übrigens auch selbst je nach Situation die Chance für den Wahnsinn regeln. Ist man gerade an einem heiklen Punkt ist und/oder will die eigene Figur keinem Risiko aussetzen, dann lässt man den Pool halt bei Null Würfeln. Bei der Bereitschaft zu maximalen Drama nimmt man sich dann aber eben eine gute Handvoll Extrawürfel - in vollem Bewusstsein, in absehbarer Zeit eine dicke Packung Dünne-Drama zu bekommen  >;D

Wichtig ist aber wirklich, dass Du vorab deutlich kommunizierst, wieviel Wahnsinn so ein Würfel wert ist. Und im Zweifel lieber großzügig bei der Verwendung bist - denn wie ich Dich kenne, kannst Du selbst mit einer kleinen Portion Wahnsinn die Charaktere so richtig tief reinreiten...

(Mein Problem bei Reign ist ja, dass man auch mit vielen Würfeln gefühlt zu häufig einfach nix reisst. Und dann hat man keinen adäquaten Vorteil für den dicken Nachteil mehr...)
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Offline Joerg.D

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Na eine der Varianten wie ich die Würfel verwenden will ist Schaden durch sie zu verhindern. Sprich, Du entscheidest Dich den Treffer nicht Zu nehmen und ich bekomme dafür einen Wahnsinns-Würfel. Oder Du entscheidest dich, eine soziale Probe zu ignorieren und ich habe mehr Futter für Drama.

Es muss ein Nehmen und Geben sein. Fetter Vorteil jetzt, garantiertes Drama als Quittung.
« Letzte Änderung: 7.08.2015 | 11:47 von Joerg.D »
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Offline Hotzenplot

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Mein derzeitiger Ansatz setzt auf eine klare Absprache vor der Kampagne und Bonis, die der Spieler einfordern kann um Würfe zu verbessern, welche ihn aber in den Arsch beißen, weil sie dem SL Tokens geben um Handlungen zu manipulieren.

Für mich herausragend wichtig das fett markierte. Klare Ansage vor der Kampagne. Der zweite Punkt mit Bonis/Tokens funktioniert ja in verschiedenen Systemen gut, aber eben auch nur dann, wenn die Spieler sich darauf einlassen.

Mein erster "Mit welchem Sytem spiele ich das"-Gedanke war übrigens: Apocalypse World. Allerdings habe ich bisher kaum was von "100" gesehen, deshalb entstammt dieser Gedanke vor allem dem ersten Eindruck.
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Offline Joerg.D

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Klare Ansagen sind bei so etwas immer nötig. Trotzdem werde ich mir viel Mühe mit den Hausregeln geben. Regel überlassen es z.B dem Spieler, ob er sich auf etwas einlässt oder nicht.
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Offline Joerg.D

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So nachdem ich mir die Kommentare in den letzten Stunden ein wenig durch den Kopf habe gehen lassen sind die ersten Erkenntnisse gereift.

Ausschlaggebend für meinen gefundenen Weg sind Ansichten von Norbert Mattausch, der Kommentar vom Jolly Orc und ein Erlebnis mit Lord Verminard in einer lang vergangenen Kampagne.
Norbert hat einmal sehr deutlich geschrieben, das Drama das Ziel ist und Würfeln für ihn eigentlich egal. Wenn seine Spieler ein Ergenis dem Zufall überlassen wollten, dann wäre es egal ob Karten wie in Everway oder irgendwelche Würfel. Lord Verminard hatte eine spezielle Szene fast den ganzen Abend akribisch vorbereitet und versagte dann trotz massiver Bonuswürfel beim Wurf, was ihn schwer frustrierte.

Damals habe ich gesagt, dass der Spielaspekt mir zu wichtig ist um auf das Würfeln zu verzichten, doch Heute bin ich der Meinung, dass ich ihn die Probe hätte einfach schaffen lassen sollen und diesen Weg will ich bei den Hausregeln zur Kampagne auch gehen. Wenn einem Spieler etwas wichtig ist soll er sich einen Erfolg kaufen können, das soll bei kleinen Proben anfangen, zu wichtigen Sachen gehen und bei entscheidenden Proben aufhören.

Grundprinzip wird sein, das sich der Spieler nichts verdienen muss um die Bonis zu bekommen. Er kann sie so oft nutzen wie er will und der Spielleiter erhält im Gegenzug Punkte mit denen er den Charakter zu irrationalen Handlungen zwingen kann.

Ich nenne diese Punkte Verzweiflung und versuche mal ein wenig das Ergebnis zu skalieren:

Ergebnisse, welche der Spieler mit einem Punkt Verzweiflung beeinflussen kann:
Ein zusätzlicher Würfel für einen Wurf (nachträglich).
Einen Strafwürfel für einen Feind erzeugen.
Einen Punkt Schaden heilen.
Einen Treffer um eine Trefferzone verschieben.

Ergebnisse, welche der Spieler mit zwei Punkten Verzweiflung beeinflussen kann:
Einen einfachen Erfolg bei einer Probe bis Höhe 7 erhalten.
Einen Treffer auf sich wegkaufen.
Eine Initiative automatisch gewinnen.
Verhindern, das ein Körperteil abgetrennt wird.
Eine Krankheit bei sich heilen.

Ergebnisse, welche der Spieler mit drei Punkten Verzweiflung beeinflussen kann:
Eine Probe automatisch mit Höhe 10 und 5 Erfolgen schaffen.
Einen anderen Spieler-Charakter vor dem Tod bewahren.
Einen Gegner zu einem Misserfolg zwingen.
Einen glücklichen Zufall beschwören.

Wichtig für die Spieler ist zu wissen, dass sie nicht zum Ausgeben der Würfel gezwungen werden können. es bleibt ihnen überlassen, diese Spielmechanik zu nutzen oder es zu lassen. Auf diesem Weg kann der Spieler nachhaltig über Entscheidungen auf der Metaebene Einfluss auf die aktuellen Ereignisse nehmen und Ziele der er für seinen Charakter hat erreichen. So steht es dem Spieler frei, ob er das vom Jolly Orc angesprochene: "Mein Charakter ist mein Charakter" durcjzieht, oder ob er sich auf das folgende Drama einlässt weil er halt für seinen Charakter etwas unbedingt will.

Die Kehrseite der Geschichte ist, dass der SL ein Potentes Mittel zu Hand bekommt den Spieler und seinen Charakter in Schwierigkeiten zu bringen. Wie ich das genau mache weiß ich noch nicht ganz genau, ich will erst mal Feedback zu meinen hier geprosteten Ideen einfahren und dann den nächsten Schritt machen.
« Letzte Änderung: 8.08.2015 | 13:21 von Joerg.D »
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Offline JollyOrc

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Wahrscheinlich würde ich nie einen einzelnen Punkt Verzweiflung ausgeben. Der Effekt wäre mir zu niedrig. Selbst die Effekte bei zwei Punkten finde ich teilweise noch eher zweifelhaft (gut, Körperteile behalten ist was fettes.)

Die Drei-Punkte Varianten wiederum sind etwas, was ich machen würde, wobei der "glückliche Zufall" ggfs. etwas zu schwammig ist.

Bleibt die Frage, was Du als SL mit den Punkten anstellen kannst :)
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Na es bleibt wie beschrieben jedem überlassen, ob er etwas Verzweiflung ausgibt. Ein glücklicher Zufall wäre zum Beispiel Unterstützung, Wasser in der Wüste oder ein Baum, der den Sturz von der Klippe abfängt. Halt ein zufälliges Ereignis, was eine Situation rettet oder abmildert.
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Momentan bin ich am Überlegen, ob ich eventuell die einzelnen Punkt durch kleine mittlere und große Verzweiflungspunkte ersetzen soll, so das der SL nur gleiches mit Gleichem vergelten kann. So sind die Spieler vor einem SL geschützt, der Kleinigkeiten sammelt um sie mit großen Katastrophen zu vergelten.
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