Autor Thema: Bezugswissenschaften  (Gelesen 8208 mal)

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AcevanAcer

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Bezugswissenschaften
« am: 25.08.2015 | 17:10 »
Es gibt mittlerweile ja immer mehr Rollenspieler die sich mit Rollenspieltheorien ausseinandersetzen. Hierbei fällt mir stark auf, das diese "Theorien" oft auf eigener Erfahrung basieren, jedoch nur selten diverse theoretische Quellen aus Bezugswissenschaften angeführt werden. Mir fehlen häufig auch in Spielleiterfäden Verweise auf Kommunikationstheorien oder ähnlichen intressanten Überschneidungen (Wie vereinzelt Psychologie oder Theaterwissenschaft, evtl. Germanistik zum Aufbau einer Geschichte oder Methodik/Didaktik oder auch grenzfällig Pädagogik) und ich frage mich, warum das so ist.

Einzig die Mathematik (Vorallem Stochastik) hat seinen festen Platz und ist immer wieder Anlass für spannende Diskussionen.
Daher meine Fragen

1.) Beschäftigt ihr euch mit Bezugswissenschaften?

2.) Wenn ja, welche findet ihr Sinnvoll?

3.) Wenn nein, warum nicht?

Rollenspieler die sich überhaupt nicht mit der Theorie zur Spiel/Spielleitung beschäftigen, oder ausschliesslich Intuitiv spielen sind nicht angesprochen.

Offline 1of3

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #1 am: 25.08.2015 | 17:26 »
Ich habe eine Literaturwissenschaft studiert. Da gehts z.B. auch um "Genre".

Offline vanadium

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #2 am: 25.08.2015 | 17:27 »
1) Nein. Was daran liegt, dass ich mich beruflich mit Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften sowie Pädagogik und Methodik/Didaktik beschäftige. Da hab ich kein Bedürfnis, mein Hobby zu "verwissenschaftlichen".
2) Trotzdem: Etwas Stochastik ist durchaus angebracht - aber eher nach dem Motto: Wahrscheinlichkeiten, die sich stimmig anfühlen, oder um merkwürdige Sprünge zu vermeiden ( 3W20, TP: -x, DSA <=3 )
Weiterhin: Ein bisschen Theoretisieren macht manchmal durchaus Spaß - da ziehe ich aber eine klare Grenze zu "Rollenspieltheorie" und Wissenschaft.
3) Hobby, Entspannen, Spaß haben, ...
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Offline Jiba

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #3 am: 25.08.2015 | 18:06 »
Ich habe eine Literaturwissenschaft studiert. Da gehts z.B. auch um "Genre".

Und um Stimme (wer ist der Erzähler und wo befindet er sich im Verhältnis zur erzählten Welt) und Fokalisierung (wieviel weiß ein Erzähler über die erzählte Welt). Das wäre womöglich mal interessant auf's Rollenspiel anzuwenden.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #4 am: 25.08.2015 | 18:37 »
Evtl. am Rande interessant: den Begriff "Bezugswissenschaften" kannte ich so noch nicht (ich hätte "Hilfswissenschaft" verwendet) - und wenn ich den Begriff bei der Suchmaschine meines Vertrauens eingebe, dann scheinen alle Treffer aus dem Bereich sozialer Arbeit und Pflege zu kommen. Der Begriff selbst scheint mir etwas eingefärbt zu sein.

Aber zur Sache:

Ich fände es gut, wenn weniger "Rollenspiel-Theorie" und mehr "Rollenspiel-Wissenschaft" betrieben würde. Ich sehe aber, dass ordentliches wissenschaftliches Arbeiten deutlich mehr Arbeit macht, als fröhlich drauf los Theorien zu entwickeln (und diese Arbeit werde ich mir wohl eher nicht machen, aus ähnlichen Gründen wie vanadium genannt hat).

Geschichte und Anthropologie halte ich für sehr relevante Wissenschaften: das Verständnis für fremde (vormoderne) Gesellschaftsformen hilft, phantaistische Gesellschaftsformen plausibel darzustellen (=Setting-Bau), oder aber die eigene Kultur von außen zu betrachten und darin Mechaniken zu entdecken (=Regel-Design).

Ethnographie könnte man zum Beschreiben von Rollenspiel-Sitzungen anwenden, um so die tatsächliche Funktion von Spielsystemen zu untersuchen - und beim Design zu helfen.

Apropos Design: man kann diskutieren ob Design noch als Wissenschaft zu werten ist, aber Design-Methoden (im Sinne von Produkt- und Service-Design, nicht Grafik-Design) lassen sich sicher auch fürs Entwickeln von Rollenspielen einsetzen.
« Letzte Änderung: 25.08.2015 | 18:51 von Text »

Offline YY

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #5 am: 25.08.2015 | 18:51 »
2.) Wenn ja, welche findet ihr Sinnvoll?

Jene, die sich mit der Kommunikation und dem generellen Miteinander der Spieler befassen.

Mit Literatur- oder Theaterwissenschaft kann ich im RSP-Kontext sehr wenig anfangen.


Abseits der Mathematik sind aber alle Bezugswissenschaften, die mir auf die Schnelle einfallen, ohnehin eher klassische "Laberfächer", deren Inhalte man nicht komplex vernetzt angehen muss, sondern durchaus einzelne Erkenntnisse und Überlegungen alleinstehend nutzen kann.
Da gibt es sehr viel, worauf alteingesessene Spieler aus eigener Anschauung kommen.
Um da wirklich einen Nutzen zu ziehen, muss man an dem Punkt sein, diese Inhalte zu "brauchen" bzw. damit was anfangen zu können, aber noch nicht selbst drauf gekommen zu sein - mMn ein recht kleines Fenster.

1) Nein. Was daran liegt, dass ich mich beruflich mit Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften sowie Pädagogik und Methodik/Didaktik beschäftige. Da hab ich kein Bedürfnis, mein Hobby zu "verwissenschaftlichen".

Gerade was Didaktik und diverse Kommunikationsgeschichten angeht, hat man ja durchaus was davon - zumindest, wenn es irgendwo hakt.

Geschichte und Anthropologie halte ich für sehr relevante Wissenschaften: das Verständnis für fremde (vormoderne) Gesellschaftsformen hilft, phantaistische Gesellschaftsformen plausibel darzustellen (=Setting-Bau), oder aber die eigene Kultur von außen zu betrachten und darin Mechaniken zu entdecken (=Regel-Design).

Da bist du jetzt aber bei Settingbau und internem Realismus, das ist eine ganz andere Baustelle.

Wobei ich sagen muss, dass ich das für das interessantere Feld halte :)
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #6 am: 25.08.2015 | 19:00 »
Da bist du jetzt aber bei Settingbau und internem Realismus, das ist eine ganz andere Baustelle.
Oh, stimmt. Habe gerade noch mal den OP gelesen. Wenn es tatsächlich nur um "Bezugswissenschaften für die Rollenspieltheorie" geht (anstatt "Bezugswissenschaften für das Rollenspiel"), dann habe ich tatsächlich das Thema leicht verfehlt.

Ethnographie (hatte ich in meinen Beitrag oben rein-editiert, während du deinen geschrieben hast) halte ich aber auch als Bezugswissenschaft für Rollenspieltheorie im engeren Sinne für wichtig: als beschreibende Methode für das tatsächliche Spiel, um theoretische Modelle zu überprüfen.

Offline 1of3

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #7 am: 25.08.2015 | 19:23 »
Und um Stimme (wer ist der Erzähler und wo befindet er sich im Verhältnis zur erzählten Welt) und Fokalisierung (wieviel weiß ein Erzähler über die erzählte Welt). Das wäre womöglich mal interessant auf's Rollenspiel anzuwenden.

Wenn du da Ideen hast, schau ich mir das gern an. Die direkte Parallele sehe ich jetzt noch nichts.

Am ähnlichsten im Rollenspieldiskurs wäre "Stance", also welche Informationen und Maximen benutze ich, um von mir gespielte Figuren handeln zu lassen.


Sowas wie Szene, Flashback, Foreshadowing, Plot können wir natürlich auch.

Offline Urias

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #8 am: 25.08.2015 | 21:06 »
Am ehesten würd hier wohl die Ludologie reinfallen denk ich. Aus dem Sektor stammt etwa auch diese Essay-Sammlung die ich durchaus empfehlen kann.

Ansonsten überlege ich schon einige Zeit ob es möglich wär irgendwas in Richtung Psychoanalyse und Rollenspiel zusammenzuschustern. Ich hab das Gefühl da könnte man was machen aber ich weiß noch nicht wie genau.
Ohne Gott ging es nicht weiter, und so hab ich mich entschieden, / meiner ist jetzt der Alkohol. / Ich trank ein paar Schlücke und ich fand meinen Frieden / und ich fühlte mich kurzfristig wohl. - Joint Venture, Der trinkende Philosoph

Offline Jiba

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #9 am: 25.08.2015 | 21:07 »
Mit Literatur- oder Theaterwissenschaft kann ich im RSP-Kontext sehr wenig anfangen.

Und warum ist das so? Gerade diese Erkenntnisfelder stehen dem Rollenspiel als Medium am nächsten.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline YY

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #10 am: 25.08.2015 | 21:48 »
"Meinen" Spielarten allerdings nicht nahe genug, dass ich mir von einer tiefergehenden Beschäftigung damit einen nennenswerten Gewinn versprechen würde.
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Offline Zarkov

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #11 am: 25.08.2015 | 22:33 »
Und warum ist das so? Gerade diese Erkenntnisfelder stehen dem Rollenspiel als Medium am nächsten.

Das Problem ist vor allem, daß die erzähltheoretischen Standardmodelle vom Autor über den Text mit impliziertem Autor und Erzähler bis zum Leser reichen und da ist dann Schluß; an der Stelle fängt Rollenspieltheorie eigentlich erst an. Wenn man sich z.B. die ganzen graphischen Modelle von Vincent Baker anschaut, kann man, vielleicht ganz rechts noch so am Rande, wo greifbare Ephemera oder Regeltexte auftauchen, noch eins von den Literaturmodellen dranzeichnen. Rollenspiel ist ja hauptsächlich Interaktion zwischen mehreren Personen mit einigen steuernden Elementen, da kommt man mit Roman- oder Erzähltheorie nicht wirklich weit.

Ludologie oder Konversationsanalyse (Sprecherwechsel, z.B. – sehr interessant) sind da erheblich vielversprechender; es sei denn natürlich, man konzentriert sich auf Sachen wie das Setting und seine literarische Vorgänger, auf Genres und ihre Gemeinplätze und Versatzstücke und dergleichen, oder behandelt geskriptete Abenteuer als erzählenden Text.
»… hier wirkt schon uneingeschränkt das sogenannte Lemsche Gesetz (Niemand liest etwas; wenn er etwas liest, versteht er es nicht; wenn er es versteht, vergißt er es sofort) …«*

Offline Gorbag

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #12 am: 26.08.2015 | 01:02 »
Zitat
1.) Beschäftigt ihr euch mit Bezugswissenschaften?
 

Durch Studium Mathematik, Stochastik und Spieltheorie. Letzteres auch gerne ein bisschen in der Freizeit.

Zitat
2.) Wenn ja, welche findet ihr Sinnvoll?

Stochastik und Spieltheorie sind beide relativ zentrale Aspekte für das Design des Regelkerns. Wobei die Spieltheorie auch fürs Worldbuilding anwendbar ist.

Zu den anderen relevanten Wissenschaften fehlt mir ehrlich gesagt der Zugang. Als jemand der Informatik und Ingenieurswesen studiert hat belächelt man erstmal Germanistik, Theaterwissenschaften und Literaturwissenschaften usw. doch immer etwas als die angenehmen Hobbystudiengänge die man studiert hat um des Studierens willen oder weil man es sich leisten kann. Entsprechend sind mir auch die Theorien und Werkzeuge dieser Wissenschaften weitestgehend unvertraut und eine realistische Schätzung über ihren möglichen Beitrag zur Rollenspieltheorie fällt mir auch recht schwer.

Subjektiv habe ich aber das Gefühl das diese ganzen Geisteswissenschaften zwar hervorragend arbeiten wenn es ums Analysieren geht, aber das Bereitstellen konkreter Methoden und Werkzeuge zur Unterstützung des Designprozesses scheint noch nicht so ausgeprägt zu sein.

Offline Turning Wheel

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #13 am: 26.08.2015 | 07:30 »
2)
Gamedesign: Literaturwissenschaft, Soziologie, Psychologie/Erziehungswissenschaft, Kommunikationswissenschaft, Stochastik (nebensächlich: Grafik-Design, Marketing, Statistik)
Abenteuerdesign: Dramatik, Psychologie, Literaturwissenschaft, Kommunikationswissenschaft (nebensächlich: Grafik-Design, Marketing)
Spiel: Dramatik, Rhetorik, Psychologie/Erziehungswissenschaft, Stochastik (nebensächlich: Schauspielerei, Grafik-Design)

1)
Ja, ich beschäftige mich mit einigen Wissenszweigen hobbymäßig, um besser zu werden.
Außerdem finde ich es außerordentlich wichtig (vor allem für simulative Spiele), sich mit dem Spielgegenstand eingehend zu beschäftigen.
Z.B. Wer ein Simulationsspiel um Kämpfe designen will, sollte selber möglichst viel Ahnung davon haben (theoretisch UND praktisch), sonst
wird das ein großer Haufen Murks.

... aber das Bereitstellen konkreter Methoden und Werkzeuge zur Unterstützung des Designprozesses scheint noch nicht so ausgeprägt zu sein.
Was erwartest du? Eine Formel, wie man kreativ wird?
« Letzte Änderung: 26.08.2015 | 09:23 von Turning Wheel »

Offline Jiba

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #14 am: 26.08.2015 | 07:46 »
Zu den anderen relevanten Wissenschaften fehlt mir ehrlich gesagt der Zugang. Als jemand der Informatik und Ingenieurswesen studiert hat belächelt man erstmal Germanistik, Theaterwissenschaften und Literaturwissenschaften usw. doch immer etwas als die angenehmen Hobbystudiengänge die man studiert hat um des Studierens willen oder weil man es sich leisten kann.

Und ich kann's nicht mehr hören. Können wir derartige Ressentiments bitte einmal aus der Diskussion rauslassen?  :-\

Zitat
Subjektiv habe ich aber das Gefühl das diese ganzen Geisteswissenschaften zwar hervorragend arbeiten wenn es ums Analysieren geht, aber das Bereitstellen konkreter Methoden und Werkzeuge zur Unterstützung des Designprozesses scheint noch nicht so ausgeprägt zu sein.

Da unterschätzt du aber den Rahmen der Geisteswissenschaften als solcher. Ein Rollenspiel ist ja mitnichten nur ein Regelwerk – ich würde sogar soweit gehen und sagen, dass das zentrale an einem Rollenspiel eben nicht die Mechaniken, sondern die Narration bzw. das Erzählen ist. Ein Rollenspiel ohne Mechaniken ist denkbar (Freeform, obwohl da zugegebenermaßen soziale Mechaniken greifen, Absprachen, etc.), ein Rollenspiel ohne Erzählen hingegen nicht (denn dann wäre es eher ein Brettspiel oder Tabletop). Es stimmt auch, dass die Literatur-, Medien- und Filmwissenschaften von ihrer Ausrichtung her zwar auf die Analyse von Stoffen abzielen, doch das ist nicht alles, was es da zu holen gibt. Strukturierung, Textaufbau, Kenntnisse zur Vermittlung von Inhalten, Textverständnis und sprachliche Sicherheit sind natürlich für jeden von Relevanz, der ein Rollenspiel schreiben will. Konkret am Spieltisch lassen sich die Kenntnisse in Dramaturgie, präziser Formulierung, etc. natürlich auch einsetzen: Besonders in der Filmwissenschaft und der vergleichenden Medienwissenschaft kann man da eine ganze Menge von den Großmeistern lernen (Szenenaufbau, Montage, etc.) Und da es in Deutschland den Studiengang "Kreatives Schreiben" nicht gibt, werden die zu diesem Fach gehörigen Kenntnisse auch über die Geisteswissenschaften verteilt ausgelagert. Germanistik, Anglistik und Co. machen noch keinen guten Erzähler aus einem, aber sie helfen ungemein dabei, gute Geschichten zu bauen. Leserforschung und Zuschauerforschung hilft außerdem dabei, die Sehgewohnheiten deiner Mitspieler zu durchschauen und nichts zu erzählen, was diesen entgegenläuft. Game Studies, also die Beschäftigung mit Computerspielen als Medium, sind übrigens auch was Geisteswissenschaftliches. Wenn ich das Handwerkszeug habe, um zu analysieren, habe ich auch das Handwerkszeug, um zu reproduzieren. Vielleicht nicht im selben "Genialitätsgrad", aber die Basis ist vorhanden.

Insofern @Turning Wheel: Eine Formel gibt es nicht. Wohl aber Werkzeuge (Szene, Plot, Akt, Protagonist, Motiv, Katharsis, Metapher...). Und die lernt man in den Philologien.

Und das ist nur ein Teil dieser akademischen Felder. Der andere, die Sprachwissenschaft, ist womöglich noch viel lohnenswerter. Im Bereich der Pragmatik, also der konkreten Anwendung von Sprache gibt es im Rollenspielbereich viel zu holen, mal abgesehen davon, dass es einfach dabei hilft, die richtigen Worte für die Richtige Situation zu finden. Und dann noch die Theaterwissenschaft: Schauspieltheorie halte ich für ein Feld, dass womöglich sehr fruchtbar sein kann, will man durchschauen, wie Leute ihre Charaktere spielen und was das für's Spiel bedeutet – ernsthaft, wie viele Ratgeber für Spielleiter und Spieler gibt es, die erkären, wie man besser schauspielert performt. Das ist ein Bereich des Rollenspiels, über den niemals jemand spricht, obwohl er meinen Erfahrungen nach, extrem zentral ist.

Turning Wheel und einige Vorredner haben auch Recht damit, dass noch andere Geisteswissenschaften gewinnbringend auf den Design-, Abenteuer-, Spiel- und (wie ich noch ergänzen würde) Performance-Teil angewendet werden können. Geschichtswissenschaft und Soziologie sind für den Settingbau quasi unerlässlich; letzteres kann man außerdem auf die Spielgruppe als solche anwenden.

Ich denke man kann mit Geisteswissenschaften viel übers Rollenspiel lernen. Man muss ja nicht die geisteswissenschaftlichen Konzepte, die schon da sind, aufs RPG anwenden. Man kann auch zu dem Schluss kommen, dass man eigene braucht. Aber in dem Fall halte ich es für sinnvoller, das Rad nicht neu zu erfinden, sondern das Ganze mit Bezugnahme und in Abgrenzung dessen zu tun, was es eben schon gibt.
« Letzte Änderung: 26.08.2015 | 09:39 von Jiba »
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Turning Wheel

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #15 am: 26.08.2015 | 08:08 »
Insofern @Turning Wheel: Eine Formel gibt es nicht. Wohl aber Werkzeuge (Szene, Plot, Akt, Protagonist, Motiv, Katharsis, Metapher...). Und die lernt man in den Philologien.
Sicher, das war auch eine rhetorische Frage.
Ansonsten +1 für dein Posting.
Eine Rollenspieltheorie (mit eigener Terminologie) getrennt von den bereits bestehenden Wissenschaften zu entwickeln halte ich schon seit Jahren für einen völligen Holzweg, der wohl vor allem daraus resultiert, dass die Diskutierenden fürchterliche Defizite in den entsprechenden Geisteswissenschaften haben (oder die obige Einstellung dazu).

Eine kleine Frage habe ich aber zu deinem Posting: Wo siehst du den Unterschied in Spiel und Performance. Performance von was?
« Letzte Änderung: 26.08.2015 | 08:16 von Turning Wheel »

Offline Jiba

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #16 am: 26.08.2015 | 08:39 »
Der Unterschied ist womöglich auch marginal. Es geht mir um den Unterschied zwischen Telling und Rolling

"Mein Charakter macht versucht den Goblin einzuschüchtern."
"Mach einen Wurf auf Statur, bitte."
"16!"

und Acting

"Aus dem Weg, Abschaum oder dein Kopf landet im Schlamm, wo er hingehört!"
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“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Turning Wheel

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #17 am: 26.08.2015 | 09:27 »
Verstehe, das würde ich beides als Spiel bezeichnen.
Ist in meiner Auffassung von Rollenspiel auch nicht trennbar, weil nur beides im Konzert zum Roleplaying-Game wird.

Offline Jiba

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #18 am: 26.08.2015 | 09:39 »
Da magst du recht haben. Es sind eben verschiedene Instrumente in diesem Konzert.
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“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #19 am: 26.08.2015 | 11:10 »
Für meine Begriffe kann man aus den verschiedenen Wissenschaftsfelder fürs Rollenspiel ganz viel brauchen:



Als Basis würde ich die Formalwissenschaft der Philosophie/Logik und dazu Pädagogik (Didaktik/Erwachsenenbildung) ansetzten.
Beide zusammen helfen das Spielkonzept logisch zwingend und für die Zielgruppe nachvollziehbar zu gestalten.

Geisteswissenschaften sind - zusammen mit Sozialwissenschaften - für Inhalt und Performance der (sprachlichen) Inhalte hilfreich.
Naturwissenschaften und Mathematik helfen, die vorher mit Zielsetzungen versehenen Inhalte in eine fehlerfreie "Simulation" umzuwandeln. Sei es in das, was die Spieleforschung Simulation nennt oder das, was sie Narration nennt.

... im Prinzip stecken all diese Teile schon (zumindest in Ansätzen) in der Ludologie, bzw. diese benutzt jene als Hilfs-, bzw. Bezugswissenschaften [1]. 
 

1.) Beschäftigt ihr euch mit Bezugswissenschaften?
2.) Wenn ja, welche findet ihr Sinnvoll?
3.) Wenn nein, warum nicht?
1.) Ja, aber nicht primär für's Rollenspiel.
2.) Sehr viele. Kommt ganz drauf an, was ich gerade tun/bearbeiten will.





[1] Es gibt einen Unterschied zwischen beiden Begriffen. Ich scheue mich den hier auszuführen. Zum einen "Thema?", ... Zeit und dazu habe ich aktuell keine Literatur. Könnte also nur aus dem Kopf schreiben.
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #20 am: 26.08.2015 | 11:13 »
Ich fand diese Vorträge von Wolfgang Kramer sehr erhellend (5-facher Gewinner des Spiel-des Jahres)
http://www.kramer-spiele.de/vortraege/vortraege.htm

Kramer bezieht sich hier eher auf Brettspiele, interessant sind jedoch seine Bezüge zur Psyche, Spielrythmus und Erwartung der Spieler. Seinen Verkaufszahlen sprechen für sich. Für mich ist seit Jahren interessant, welche Regelmechaniken einiger RPGs gegen Empfehlungen Kramers verstoßen. Es ist auffällig, dass sich Mitspieler oft rein emotional gegen genau diese Regeln aufbäumen.
« Letzte Änderung: 26.08.2015 | 11:44 von Abaton23 »
Hie_ gibts einz_lne Buchst_ben zu ve_kauf_n

Offline Gorbag

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #21 am: 26.08.2015 | 11:34 »
Was erwartest du? Eine Formel, wie man kreativ wird?

Ich bin mir sicher, dass es gerade in dem Bereich schon einige gute Werkzeuge und Resultate gibt ;). Sicherlich nicht auf der Ebene "Führe die Schritte 1-4 aus um einen Rembrandt zu malen" aber Schritte zur Verbesserung der Kreativität dürften die meisten dieser Wissenschaften vorweisen können.

Aber es gibt ja z.B. viele Erkenntnisse zum korrekten Aufbau von Geschichten nur hab ich das Gefühl, dass die Sachen die daraus im Rollenspiel ankommen einfach sehr alt sind. Sicherlich sind sie deshab nicht falsch und bleiben wichtiges Fundament des Rollenspiels (und der Wissenschaft aus der sie kommen) aber ich kann mich des Gefühls nicht verwehren, dass da viel mehr Potential ist als in der Rollenspieltheorie ankommt. Mein Wunsch nach Werkzeugen ist vermutlich primär durch meinen Hintergrund geprägt, aber es ist auch meist ein großer Meilenstein in der jeweiligen wissenschaftlichen Theorie. Es ist einfach die Anwendung der Theorie und damit ein direktes Resultat der selben (im Idealfall). Wenn man also durch lange Analyse und Diskussion die Theorme des Rollenspiels herausgearbeitet hat, wäre es das i-Tüpfelchen diese ganzen Erkenntnisse dann in einem konkreten Werkzeug bereit zustellen oder die Theoreme in einen direkten Bezug zur Praxis zu setzen.

Und ich kann's nicht mehr hören. Können wir derartige Ressentiments bitte einmal aus der Diskussion rauslassen?  :-\

Das sollte nicht der Anfang einer Diskussion über "Geistes- vs. Naturwissenschaften" werden, das verbietet das Thema schon. Es ging mir dabei eher um die Ausführung warum mir der Zugang zu den Geisteswissenschaften abgeht. Die Gräben an den Universitäten sind Tief und die Gelegenheit interdisziplinär mit den Geisteswissenschaften zusammenzuarbeiten sind gering bis nicht vorhanden, es scheitert ja schon am Kontakt in sonstigen Bereichen abseits von wissenschaftlicher Arbeit an meiner Universität.
Privat kenne ich zwar schon ein paar Geisteswissenschaftler, aber wenn ich auf die Treffe diskutiert man keine Wissenschaft sondern erfreut sich lieber an den praktischn Resultaten wie FATE ;). Wobei ich vermutlich auch ein undankbarer Diskussionspartner bin. Mein Verständnis der Geisteswissenschaften ist bestenfalls als Intuitiv zu beschreiben und dazu kommen dann noch Jahre der Naturwissenschaftlichen Ausbildung ;)

Da unterschätzt du aber den Rahmen der Geisteswissenschaften als solcher. Ein Rollenspiel ist ja mitnichten nur ein Regelwerk – ich würde sogar soweit gehen und sagen, dass das zentrale an einem Rollenspiel eben nicht die Mechaniken, sondern die Narration bzw. das Erzählen ist. Ein Rollenspiel ohne Mechaniken ist denkbar (Freeform, obwohl da zugegebenermaßen soziale Mechaniken greifen, Absprachen, etc.), ein Rollenspiel ohne Erzählen hingegen nicht (denn dann wäre es eher ein Brettspiel oder Tabletop). Es stimmt auch, dass die Literatur-, Medien- und Filmwissenschaften von ihrer Ausrichtung her zwar auf die Analyse von Stoffen abzielen, doch das ist nicht alles, was es da zu holen gibt. Strukturierung, Textaufbau, Kenntnisse zur Vermittlung von Inhalten, Textverständnis und sprachliche Sicherheit sind natürlich für jeden von Relevanz, der ein Rollenspiel schreiben will. Konkret am Spieltisch lassen sich die Kenntnisse in Dramaturgie, präziser Formulierung, etc. natürlich auch einsetzen: Besonders in der Filmwissenschaft und der vergleichenden Medienwissenschaft kann man da eine ganze Menge von den Großmeistern lernen (Szenenaufbau, Montage, etc.) Und da es in Deutschland den Studiengang "Kreatives Schreiben" nicht gibt, werden die zu diesem Fach gehörigen Kenntnisse auch über die Geisteswissenschaften verteilt ausgelagert. Germanistik, Anglistik und Co. machen noch keinen guten Erzähler aus einem, aber sie helfen ungemein dabei, gute Geschichten zu bauen. Leserforschung und Zuschauerforschung hilft außerdem dabei, die Sehgewohnheiten deiner Mitspieler zu durchschauen und nichts zu erzählen, was diesen entgegenläuft. Game Studies, also die Beschäftigung mit Computerspielen als Medium, sind übrigens auch was Geisteswissenschaftliches. Wenn ich das Handwerkszeug habe, um zu analysieren, habe ich auch das Handwerkszeug, um zu reproduzieren. Vielleicht nicht im selben "Genialitätsgrad", aber die Basis ist vorhanden.

Danke für diesen Einblick Jiba. Ich würde schätzen, dass die Übertragung aufs Rollenspiel, auf einem akademischen Level, noch weitestgehend aussteht oder habe ich da bisher einfach nur den Knall nicht gehört? Die Literatur auf dem Gebiet scheint mir ja seit Jahren eher schleppend voran zu kommen (wobei ich gestehen muss da noch keins der gängigen Werke gelesen zu haben).

Offline YY

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #22 am: 26.08.2015 | 14:02 »
Game Studies, also die Beschäftigung mit Computerspielen als Medium, sind übrigens auch was Geisteswissenschaftliches. Wenn ich das Handwerkszeug habe, um zu analysieren, habe ich auch das Handwerkszeug, um zu reproduzieren. Vielleicht nicht im selben "Genialitätsgrad", aber die Basis ist vorhanden.

Das ist mMn ein hervorragendes Beispiel dafür, dass es mit einem (halbwegs) wissenschaftlichen Ansatz alleine nicht getan ist.

Gerade im Computerspielbereich gibt es - ähnlich wie bei Filmen - so viel Rotz, dass man eben nicht mit einem Studum XY wirbt (und gar nicht werben kann, weil das ein so großer Anteil der Schaffenden absolviert hat), sondern mit "von den Leuten, die auch ABC gemacht haben".

Da vermeidet das im Studium vermittelte Wissen immerhin schon mal die gröbsten Fehler, aber das berühmte "Händchen" muss man eben doch mitbringen.
Beim Schreiben von Rollenspielen sehe ich das noch viel mehr gegeben; eine groß angelegte Standardisierung oder Verwissenschaftlichung über die grundlegenden best practices hinaus würde da mMn nicht viel bringen.

Eine spürbare Verbesserung wird man damit nur in ganz bestimmten Kontexten erreichen.
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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #23 am: 26.08.2015 | 14:19 »
Das ist mMn ein hervorragendes Beispiel dafür, dass es mit einem (halbwegs) wissenschaftlichen Ansatz alleine nicht getan ist.

Gerade im Computerspielbereich gibt es - ähnlich wie bei Filmen - so viel Rotz, dass man eben nicht mit einem Studum XY wirbt (und gar nicht werben kann, weil das ein so großer Anteil der Schaffenden absolviert hat), sondern mit "von den Leuten, die auch ABC gemacht haben".

Da vermeidet das im Studium vermittelte Wissen immerhin schon mal die gröbsten Fehler, aber das berühmte "Händchen" muss man eben doch mitbringen.
Beim Schreiben von Rollenspielen sehe ich das noch viel mehr gegeben; eine groß angelegte Standardisierung oder Verwissenschaftlichung über die grundlegenden best practices hinaus würde da mMn nicht viel bringen.

Eine spürbare Verbesserung wird man damit nur in ganz bestimmten Kontexten erreichen.


Naja, die negativ Vorlage der Spiele- und Filmindustrie als Basis zu nehmen um dem Rollenspiel den gleichen Verlauf zu diagnostizieren ist nicht gerade fair. Ich glaube bei der Spieleindustrie gibt es gar nicht ausreichend viele Absolventen solcher Studiengänge um da wirklich von einer Durchdringung des Marktes zu reden. Die ist sich erst sehr langsam am einstellen. Außerdem sind beides Bereiche wo riesige Teams, lange Entwicklungszeiten und natürlich ein hoher Marktdruck vorherrschen. Beim Rollenspiel kann man im Zweifel alleine sein Produkt realisieren und die Geldmengen die hier im Spiel sind fallen auch deutlich geringer aus so das Produkte unter einem geringeren Erfolgsdruck stehen. Ich glaube das hier die Produkterstellung auf Basis von wissenschaftlichen Methoden durchaus eine Chance haben kann vernünftige oder bessere Produkte (als ohne diese Methoden) zu generieren. Ich glaube aber auch dass dieser Ansatz noch in weiter ferne liegt und wir uns höchstens hier und da mal über Einzelwerke freuen könen, die nach diesem Ansatz entstanden sind. Daraus würde dann natürlich auch resultieren, dass die weitere Erforschung der Materie sinnvoll ist.

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Re: Bezugswissenschaften
« Antwort #24 am: 26.08.2015 | 14:39 »
Ich glaube das hier die Produkterstellung auf Basis von wissenschaftlichen Methoden durchaus eine Chance haben kann vernünftige oder bessere Produkte (als ohne diese Methoden) zu generieren.

Vielleicht liegt es nur an deiner Formulierung, aber genau das sehe ich anders:

Als Basis halte ich das für untauglich, gerade weil es in diesem Sektor dem Einzelnen oder einer kleinen Gruppe so vergleichsweise leicht fällt, ihre Vision umzusetzen.

Als Einflussfaktor halte ich es für durchaus zu gebrauchen - ein auch ohne denkbares Produkt kann mit durchaus besser werden.


Turning Wheels Vorgehen/Arbeitsweise wäre da mein Positivbeispiel.
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