Wenn ich höre, dass "es nur auf die Stimmung ankommt und Regeln keine Rolle spielen", dann bekomme ich Pickel!
Es entspricht dann aber eher dem mangelnden Verständnis davon, was
1. ein SPIEL ist (eben keine Laientheateraufführung oder Geschichtenerzählkreis mit wechselndem Sprecher),
2. wozu man da REGELN braucht (um zu entscheiden, ob etwas "klappt" oder man unterliegt - bringt Spannung durch die Chance, dass es vielleicht ja auch nicht klappen könnte) und
3. dem unterschwelligem EINGESTÄNDNIS, dass die Regeln wohl nicht gut funktionieren - alos die gewünschet Funktionsweise des Spiels so ungenügend abbilden, dass man sie besser gleich vergessen sollte.
Also: Duftkerzen an oder Actionmusik aufdrehen oder Bier/ Tee/ Wiskey auf den Tisch und los"erzählt".
Das scheint insgesamt eher ein deutsches Phänomen zu sein - DSA-Eisenbahnfahrten und deutsche Cthulhu-Abenteuer mit ordnerweise Tischvorlagen und Zettelchen bei gleichzeitiger minimalen Möglichkeit der Fahrgäste, etwas anderes zu tun als an den gewünschten Stellen die "richtigen" Stichworte zu geben und ansonsten die Fahrt zu genießen, sprechen davon Bände.
Cthulhu an und für sich hat daran wenig Schuld (auch wenn man sich manchmal schon fragt, wieso da bisweilen Regeln wie z.B. der Schild-TP-Quark in Cthulhu Mittelalter hineinkommen konnte, wenn man da sgar nicht mehr spieltesten musste - gibt es bei RQ/ BRP schon seit 1982 in richtig und besser!), sondern es site ien verquaste Einstellung zu den Regeln.
Und, nein: Regeln sollen nicht "perfekt" alles und jedes abbilden, aber wenn es an den zentralen Punkten happert oder zumindest wichtige Aspekte in jedem abenteuerlichem Spiel (auch Cthulhu) weggewischt werden mit dem Hinweis: "Ach, die Regeln braucht man da eigentlich nicht.", dann sollte da im "Regel"werk auch konsequent stehen: "Und wenn es zum Kampf kommt, dann entscheiden alle (oder auczh nur einer) was da so stimmungsvoll bei rauskommt. Wie man das entscheiden sollte, wissen wir aber auch nicht so genau. Wir wünschen im übrigen viel Spaß und noch mehr Stimmung!"
Im Unterschied dazu sind Abenteuer von Chaosium, Pagan oder Cubicle Seven deutlich offener - man kann sogar durch Würfelpech (OH MEIN GOTT! DIE STIMMUNG!") verlieren - und las Spieler gewinnen, denn das Ende ist offen und die Welt zu Ende, wenn man sich nicht anstrengt. Und manchmal auch dann. Und? Das sind z.T. die Sitzungen, über die man noch lange zu erzählen weiß.
Zu Private Eye: man hätte besser getan statt des eigenen Systems lieber gleich das BRP-System (bzw. eine Version davon) zu nehmen, denn das Material ist sehr gut gemacht und eine stattliche Zahl von Abenteuer (für ein deutsches Nischensystem) liegt auch vor - und alles doch sehr liebevoll und professionel gemacht. Noch besser wäre, Private Eye auf Gumshoe umzustellen: Das hätte vielleicht auch mehr Chancen auf dem internationaln Markt als die englische Übersetzung des deutschen Systems, das nichts neues bietet und auch nicht an schon etablieret Systeme andockt.
Allerdings scheint es mir (nach einem zugegebenermaßen nur kurzem Gespräch mit einer Mitarbeiterin an Private Eye), dass die Kenntnis anderer Spiele und deren Mechaniken eher gering war und man im Zweifel auch lieber "stimmungsvoll" in die Handlung (hier: Entdecken von Spuren) eingreift, wenn die Würfel mal nicht so wollen ...