Dann habe ich schon die nächste Frage: Woran störst du dich am Setting?
Du willst es wirklich genau wissen, oder?
Mein Problem ist, daß ich nur sehr schwer reinkomme in das Setting. Es ist ziemlich kapriziös und voller willkürlicher Absurditäten, die es cool und anders machen sollen. Das funktioniert ja auch nicht schlecht, anders ist es auf jeden Fall, aber es ist nicht die Art cool, die ich möchte – „it’s trying too hard“, wie die Amis so schön sagen. Aber vor allem habe kein Gefühl für das Setting.
Wenn wir als Spielergruppe uns selbst ein Setting basteln und dazu ein, zwei Computerspiele in den Mixer werfen und dann noch kuriose Sachen dazugeben, die wir reizvoll oder amüsant finden, dann weiß ich, wie das Setting tickt und warum. Das ist dann unser Ding, und das habe ich drin. Bei Blades muß ich mich erst mühselig reinschaffen. Mit Weltwissen, gesundem Menschenverstand oder Logik kann man sich das nämlich nicht erschließen. Früher oder später muß man die Vorgaben einfach akzeptieren, da kommt man mit Hinterfragen nicht weiter.
– „OK, spielen wir Blades. Ihr seid Verbrecher und Gauner. Auf geht’s!“
– „Super. Also, wir brechen da ein? Gut. Dann verstecken wir uns im Gebüsch, bis die Sonne untergeht und …“
– „Moment, es gibt keine Sonne, die ist in Scherben zerborsten. Es ist eigentlich immer Nacht. Und alle Gebüsche sind versteinert oder selbstleuchtend und giftig.“
– „Ah so … gut. Äh, wieso erstarrt die Welt nicht zu Eis, so ohne Sonne?“
– „Frag net.“
– „Ah ja, gut. Dann warten wir in der Kneipe an der Ecke, bis … öhm, Moment, was essen die Leute, wenn nichts mehr wächst?“
– „Aale und Pilze, steht hier.“
– „Ah, und … wovon ernähren sich die Aale?“
– „Die fressen die ganzen Leichen der Leute, die dauernd im Fluß landen …?“
– „Ah ja, klar. Kreislauf geschlossen, super. Und die Thermodynamik …?“
– „Jetzt frag net!“
Letzten Endes eine reine Geschmacksfrage. Ich löse das Problem ganz gerne, dann, indem ich am Anfang der Runde ein bißchen mehr
colour ins Spiel bringe und beim Aufsetzen der Ausgangssituation zugleich etwas Atmosphäre schaffe, und dann die ganzen speziellen Kuriositäten im Hintergrund verblassen lasse. Wenn die Action erst mal läuft, brummt das Spiel und kein Mensch fragt mehr danach.
Trotzdem mag ich ganz gerne als Schurke durch die Nacht schleichen. Wenn es dann eigentlich gar keine Nacht gibt, fühle ich mich immer ein bißchen beraubt. Wenn sie wissen, was ich meine.
Mein anderes Problem ist, daß ich Settings lieber komplett im Spiel aufbaue und die Vorgaben zum Hintergrund am liebsten
nur über die Regeln und Prozeduren integriert habe, wie in Apocalypse World, Burning Wheel und so weiter. Ich finde das inzwischen weit weniger stressig und aufwendig, als ein Setting-Kapitel oder gar Hintergrundbände durchzuackern und aufzuarbeiten. Blades ist da ja schon relativ leichtgewichtig, aber ich habe gemerkt, mir ist selbst das inzwischen zu viel. Nur mal so als Beispiel – wenn man mit dem Faktionsspiel ernst machen möchte, kommt man ohne Beziehungsdiagramm schon bei der Anfangssituation nicht aus:
„Also, wir geben jetzt den Cabbies auf die Kasse. Mal sehen, die sind mit den Red Sashes verbündet, die wiederum mit den Gondoliers verfeindet sind, die mit den Lampblacks verbündet sind, die im Krieg mit den Red Sashes … Moment, da waren wir doch grade schon … also, und die Sashes waren mit den Iruvianischen Konsulat, die wiederum …”
Bei mir reibt sich dann immer die Improvisation (die mit Blades ja von der Hand geht wie ein, nun, ein Spiel) und die detaillierten Vorgaben. Und mit dem Faktionenspiel kann ich gar net, habe ich festgestellt. Ohne Flags steh ich da immer im Wald und es kommt nicht zu interessanten Konflikten.
Das klingt jetzt vielleicht alles nach geschmäcklerischem Gemecker, also sag ich’s nochmal zum Schluß: Auf Dauer wird mir dieses Spiel zu viel, aber eine Demorunde oder eine kleine Kampagne von drei, vier Runden ist damit ein echtes Vergnügen. Das mach ich jeder Zeit; so langsam fühlt man sich ja doch soweit in das Setting ein, wie man es da braucht. Das größte Manko ist dann die Organisation des Regelwerks, sonst gibt es nicht mehr viel zu meckern.