Autor Thema: Rollenspielsysteme mit „Erzählrechten“ für Spieler auf Metaebene  (Gelesen 20144 mal)

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Prinzipiell ist es ein Werkzeug wie diverse andere Komponenten einer Spielmechanik. Man braucht es nicht zwangsläufig aber für bestimmte Spiel/Erzählspiele ist es sehr hilfreich.
Und damit hast Du Dir Deine Frage oben eigentlich schon selber beantwortet.
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

Offline Nick-Nack

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Wer den Plot als zu knackende Nuss sieht, für den ist Erzählrecht schummeln. Ähnlich bei Simulation. Und Horror ist sehr stark mit einer bestimmten Atosphäre verknüpft. Das muss dann manchmal unter der Kontrolle des SLs bleiben.
Hier möchte ich widersprechen. Ich habe schon häufig genug spielleiterfreie Runden mit "zu knackendem Plot" oder im Horror-Setting gespielt. Hat wunderbar geklappt. Also spricht hier nichts gegen Erzählrechte für Spieler.
Ähnliches gleiche gilt übrigens auch für simulationistisches Spielen, nur, dass ich das nicht mag und deswegen damit noch keine Erfahrungen gesammelt habe.
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Offline Viral

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das hat sich für mich so aus der Diskussion ergeben.

Hatte durch den Hype den Eindruck, dass ich was verpasst hatte und nach dem Lesen war ich erstmal etwas verwirrt, weil ich nicht verstanden hab warum diese Konzepte so gehypte werden. Ich denke ich werd es einfach mal auf einer Con spielen ;)


Ucalegon

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Hier möchte ich widersprechen. Ich habe schon häufig genug spielleiterfreie Runden mit "zu knackendem Plot" oder im Horror-Setting gespielt. Hat wunderbar geklappt. Also spricht hier nichts gegen Erzählrechte für Spieler.
Ähnliches gleiche gilt übrigens auch für simulationistisches Spielen, nur, dass ich das nicht mag und deswegen damit noch keine Erfahrungen gesammelt habe.

Wenn ich als Spieler in einem Investigativszenario z.B. das Recht habe, ein Indiz oder gar eine Täterin herbeizuerzählen, dann kann da zweifellos eine tolle Geschichte bei rauskommen. Eine Herausforderung, die bis zu einem gewissen Grad feststehend und sogar vergleichbar ist, habe ich in dem Fall aber nicht mehr.

Ähnliches gilt für Old-School Kram wie bspw. Traveller-Module, die ja z.T. sogar kompetitiv auf Turnieren gespielt wurden nach dem Motto "Welche Gruppe ist am schnellsten/effizientesten/erfolgreichsten."

Bei einer "simulierten" Sandbox erwarte ich, dass ihre einzelnen Teile unabhängig von mir durch eine "objektive" SL weiterentwickelt werden.

Für den Sonderfall Horror zitiere ich mal Dennis Detwiller:
Zitat
Horror gaming is about fear. Fear of the unknown, of losing control, of losing. In many ways, control is the opposite
of fear, and players yearn for control. A lot of players don't understand this. For that matter, a lot of game masters don't
understand this. Player control is not an option in a game that’s meant to evoke horror.

Ich würde nicht behaupten, dass all das gar nicht geht mit den erweiterten Erzählrechten von FATE o.Ä., aber für mich gibt es da eindeutig Probleme und Nachteile. Und bisher sehe ich keinen wirklich guten Ansatz, dem zu begegnen.

Offline KhornedBeef

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Hier möchte ich widersprechen. Ich habe schon häufig genug spielleiterfreie Runden mit "zu knackendem Plot" oder im Horror-Setting gespielt. Hat wunderbar geklappt. Also spricht hier nichts gegen Erzählrechte für Spieler.
Ähnliches gleiche gilt übrigens auch für simulationistisches Spielen, nur, dass ich das nicht mag und deswegen damit noch keine Erfahrungen gesammelt habe.
Darum habe ich ja auch "manchmal" gesagt, obwohl ich privat zu "meistens" tendiere. Im Horror sind gewisse Dinge eben unantastbar, zunächst, die Spieler gerne antasten. Deine Spielmechanik darf nicht dazu führen, dass du Jason in der ersten Szene den Kopf wegpustest. Erweiterte Erzählrechte erfordern dann schnell fingerspitzengefühl, nicht nur vom SL.
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Offline YY

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Ich habe schon häufig genug spielleiterfreie Runden mit "zu knackendem Plot" oder im Horror-Setting gespielt.

Der Plot wird dann aber nur IC geknackt, oder?
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Offline KhornedBeef

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YY stellt eine richtige Frage. Ich tendiere zu Mysterien, die auch die Spieler erst durchschauen müssen. Aber ich habe mich ja auch von GUMSHOE gehirnwaschen lassen :)
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Online Maarzan

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Was sind denn die Nebenwirkungen? Mir sind die bisher noch nicht aufgefallen - wobei ich beispielsweise mit Fate trotzdem nicht warm werde, was aber an der aufwendigen Aspektverwaltung liegt und nicht an den Fate-Punkten.

Die Gummipunkte verschieben das Ganez von einer abhängigen aber freien Gestaltungsmöglichkeit zu einer relevanten Ressource. Es wird damit zum Selbstzweck und Gewinnmittel mit den entsprechenden Folgen was den Umgang damit aber auch mit den nun auf diesem Gebiet konkurrierenden Mitspielern angeht. Es macht aus dem beiläufigen Gestalten nun eine konfliktträchtige Konkurrenzsituation mit letztlcih doch recht dürftiger udn unklarer Ausformung aber recht großem Potential und entsprechenden Anreizen das entsprechend auch auszureizen (oder auch das überreizen auszutesten). Dazu kommt die entsprechende Anspruchshaltung mit dem "Recht" und mit diesem wie auch dem entsprechenden Gewicht, welches nun möglcih ist sinkt auch die Kompromissbereitschaft in entsprechenden unharmonischen Runden. Aber in anderen als diesen wäre das Mittel auch nie notwendig gewesen.
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Offline Chruschtschow

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Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline Oberkampf

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Ich komme mal mit meiner Lieblingsantwort auf das Thema:

Verteilen von Erzählrechten geht auch ohne Gummipunkte, aber mit Gummipunkten ist es deutlich als Teil einer Spielmechanik gekennzeichnet. Für mich persönlich ist der Spielaspekt in Rollenspielen sehr wichtig, ich werde etwas unruhig, wenn RSP sich zu sehr in Richtung "regelloses"* Erzählen entwickelt. Dem kann das Ketten der Spielweltgestaltung durch die unterschiedlichen Mitspieler an zur Verfügung stehende Ressourcen (Fate-Punkte usw.) entgegenwirken.

Davon abgesehen stimme ich zu, dass es nicht immer wünschenswert ist, wenn alle Spieler gleichermaßen Zugriff auf die Spielwelt haben, oder auch nur starke Eingriffsmöglichkeiten. Wenn man unbedingt ein Ermittlungsabenteuer spielen will, was viele Horrorabenteuer einschließt, dann tragen ausgedehnte Rechte bei der Spielweltgestaltung nicht viel Hilfreiches bei. Aber das sagt z.B. FATE selbst, dass es nicht für Detektivabenteuer (im Whodunit?-Stil) geeignet ist.

* Ich verwende an dieser Stelle einen engen Regelbegriff
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Achamanian

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Die Gummipunkte verschieben das Ganez von einer abhängigen aber freien Gestaltungsmöglichkeit zu einer relevanten Ressource. Es wird damit zum Selbstzweck und Gewinnmittel mit den entsprechenden Folgen was den Umgang damit aber auch mit den nun auf diesem Gebiet konkurrierenden Mitspielern angeht. Es macht aus dem beiläufigen Gestalten nun eine konfliktträchtige Konkurrenzsituation mit letztlcih doch recht dürftiger udn unklarer Ausformung aber recht großem Potential und entsprechenden Anreizen das entsprechend auch auszureizen (oder auch das überreizen auszutesten). Dazu kommt die entsprechende Anspruchshaltung mit dem "Recht" und mit diesem wie auch dem entsprechenden Gewicht, welches nun möglcih ist sinkt auch die Kompromissbereitschaft in entsprechenden unharmonischen Runden. Aber in anderen als diesen wäre das Mittel auch nie notwendig gewesen.

Diesen Nachteil hat aber jeder Regelkomplex im Rollenspiel: Auch wenn ein System Kampfregeln hat, kannst du sagen, dass hier das gemeinsame Auserzählen und freie Gestalten durch eine potenziell Konkurrenz erzeugende Spielsituation ersetzt wird, in der die Spieler versucht sein können, die Mechanismen auf Kosten des gemeinsamen Spaßes auszureizen (eine Situation, die wahrscheinlich viele auch schon mal in RSP-Kämpfen erlebt haben). Das ist aber eindeutig ein Problem der Runde, das in jedem Regelelement zum Ausbruch kommen kann - und auch nicht durch die Regeln verhindert werden kann.
Im Endeffekt beschreibst du nur, dass ein bestimmter Aspekt des Rollenspiels dadurch stärker auf die Spielebene gebracht wird. Das kann schön sein, wenn aus dem Mechanismus heraus Anreize entstehen, kreativ zu sein und unerwartete Wendungen herbeizuführen. Kann auch blöd sein, wenn die Spielrunde anfängt, in diesem Bereich verbissen etwas auszutragen.

Klar kann es sein, dass Spieler nicht auf Erzählrechtregeln klarkommen, weil sie so was nicht kennen und sich dann mehr oder weniger bewusst so wie von dir beschrieben verhalten, um zu beweisen, dass "das nicht funktioniert". Das Problem dann auf die Regeln zu schieben, ist aber so, als würdest du es auf die Kampfregeln schieben, wenn ein Spieler den Spotlight-Psychokiller macht, indem er jeden NSC auf Sicht angreift.

Offline 1of3

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Davon abgesehen stimme ich zu, dass es nicht immer wünschenswert ist, wenn alle Spieler gleichermaßen Zugriff auf die Spielwelt haben, oder auch nur starke Eingriffsmöglichkeiten.

Das ist mir zu undifferenziert. "Die Spielwelt" erscheint so als monolithische Einheit. Das ist nicht dienlich. Die Spielwelt gibt es nicht. Korrekt wäre es diejenigen Elemente zu identifizieren, die Teilnehmer*innen vorbehalten bleiben sollen.

Also nicht: "Die Spieler sollen die Spielwelt nicht manipulieren." Sondern: "Die SL hat alleiniges Recht zu entscheiden, wann das Monster zuschlägt."

Ucalegon

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Also nicht: "Die Spieler sollen die Spielwelt nicht manipulieren." Sondern: "Die SL hat alleiniges Recht zu entscheiden, wann das Monster zuschlägt."

Welchen konkreten Vorteil hat denn eine solche Rechte-Liste - die ja wohl ziemlich lang und uU auch zwingend unvollständig sein muss - im Vergleich zu SL=Spielwelt (SC ausgenommen)/Spieler(innen)=SC iVm auf dieser Grundlage definierten Ausnahmen a la Fatepunkte?
« Letzte Änderung: 18.11.2015 | 11:40 von Ucalegon »

Offline 1of3

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Was du beschreibst ist nicht "SL ~ Spielwelt", sondern "SL ~ Rest". Die SL wird so negativ definiert. Sie macht alles, was sonst niemand tut. Das ist kein Design, das ist die Abwesenheit von Design.

Denn wenn wir eine Kategorie "Rest" aufmachen, die hier hochtrabend unter "Spielwelt" geführt wird, werden wichtige und unwichtige Dinge zusammengerührt. Die Liste der Dinge, die andere nicht anfassen dürfen ist eben nicht unbegrenzt lang.

Denn was muss der Dungeon Master bei D&D tun? Die Karte, die Fallen, die Monster und die Schätze. Das umfasst nicht die Balztänze der Elfen. Die können durchaus Teil der bespielten Welt sein, haben aber nichts mit den Aufgaben zu tun, die ein Dungeon Master zwingend erledigen muss. Wenn die Gruppe wünscht, dass die Elfen balztanzen können sie das auf beliebige Weise handhaben. Das ist tatsächlich Rest, also Dinge, über welche wir beim Spieldesign nicht nachdenken.

Deshalb sind auch "SL-Tipps" scheiße. Wenn ihr ne SL in eurem Spiel wollt (das ist optional!), dann überlegt euch, was sie tun soll und das sind dann REGELN. Und über alles Andere werdet ihr nicht reden.

Und wenn du dann entschieden hast, dass der Dungeon Keeper für Schätze, Fallen, Monster und Schätze zuständig ist, kannst du auch einen Mechanismus entwerfen, wie andere Leute ausnahmsweise bestimmen können, was in der Schatztruhe ist. Ob du dass dann mit Gummipunkten oder ner Probe auf Schatzjäger oder sonst einer Mechanik laufen lässt, musst du im Einzelfall entscheiden.
« Letzte Änderung: 18.11.2015 | 12:24 von 1of3 »

Online Maarzan

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Mit was für Typen spielst du Rollenspiel? Das ist ja gruselig, wenn deine Runden sich so verhalten... :o

Ich habe jahrelang in offenen Spieletreffs gespielt und auch so ein paar Privatrunden waren aus Leuten mit teils deutlich unterschiedlichen und frei laufend nicht kompatiblen Spielstilen zusammen gesetzt. Ich hatte auch schon eine harmonische Gruppe, aber die sehe ich als segensreiche Ausnahme und einen Luxus, den man nicht als Regelschreiber als gegeben annehmen darf. Das waren dann ja letztlich auch Leute mit denen ich (zumindest später nach der Eingewöhnungszeit) auch hätte frei spielen können.


Diesen Nachteil hat aber jeder Regelkomplex im Rollenspiel: Auch wenn ein System Kampfregeln hat, kannst du sagen, dass hier das gemeinsame Auserzählen und freie Gestalten durch eine potenziell Konkurrenz erzeugende Spielsituation ersetzt wird, in der die Spieler versucht sein können, die Mechanismen auf Kosten des gemeinsamen Spaßes auszureizen (eine Situation, die wahrscheinlich viele auch schon mal in RSP-Kämpfen erlebt haben). Das ist aber eindeutig ein Problem der Runde, das in jedem Regelelement zum Ausbruch kommen kann - und auch nicht durch die Regeln verhindert werden kann.
Im Endeffekt beschreibst du nur, dass ein bestimmter Aspekt des Rollenspiels dadurch stärker auf die Spielebene gebracht wird. Das kann schön sein, wenn aus dem Mechanismus heraus Anreize entstehen, kreativ zu sein und unerwartete Wendungen herbeizuführen. Kann auch blöd sein, wenn die Spielrunde anfängt, in diesem Bereich verbissen etwas auszutragen.

Klar kann es sein, dass Spieler nicht auf Erzählrechtregeln klarkommen, weil sie so was nicht kennen und sich dann mehr oder weniger bewusst so wie von dir beschrieben verhalten, um zu beweisen, dass "das nicht funktioniert". Das Problem dann auf die Regeln zu schieben, ist aber so, als würdest du es auf die Kampfregeln schieben, wenn ein Spieler den Spotlight-Psychokiller macht, indem er jeden NSC auf Sicht angreift.

Die Gummipunkte sind eben nicht verregelt, sondern sind so etwas wie eine nur grob weider eingefangene Jokerkarte. Überall anders würde das als schlechtes Regeldesign angesehen, weil es mehr Fragen und vor allem auch Diskussionen aufwirft als es beantwortet. Das Problem liegt also genau in dieser Mechanik, nicht in ihrem bewußten Missbrauch.



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Achamanian

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Die Gummipunkte sind eben nicht verregelt, sondern sind so etwas wie eine nur grob weider eingefangene Jokerkarte. Überall anders würde das als schlechtes Regeldesign angesehen, weil es mehr Fragen und vor allem auch Diskussionen aufwirft als es beantwortet. Das Problem liegt also genau in dieser Mechanik, nicht in ihrem bewußten Missbrauch.

Dann wäre die klassische SL-Rolle in der Beziehung aber noch viel schlechteres Regeldesign: Die ist die totale Jokerkarte, grob wieder eingefangen (durch Monsterwerte, ggf. Richtlinien zur Encounter-Schwierigkeit, angemessenen Herausforderungen oder Schwierigkeitsgraden), dann aber wieder aufgeweicht durch: "Im Endeffekt darf die SL alles." Wenn eine SL also seinen Ego-Trip fährt, indem sie die Spieler - ohne dabei die Regeln zu brechen - mit Monstern bombardiert, die die Gruppe unmöglich besiegen kann und bei denen sie auch keine Chance auf Flucht hat, würdest du dann auch sagen, dass das an schlechtem Regeldesign liegt?

Offline 1of3

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Zitat
Dann wäre die klassische SL-Rolle in der Beziehung aber noch viel schlechteres Regeldesign:

Ja.

Online Maarzan

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Dann wäre die klassische SL-Rolle in der Beziehung aber noch viel schlechteres Regeldesign: Die ist die totale Jokerkarte, grob wieder eingefangen (durch Monsterwerte, ggf. Richtlinien zur Encounter-Schwierigkeit, angemessenen Herausforderungen oder Schwierigkeitsgraden), dann aber wieder aufgeweicht durch: "Im Endeffekt darf die SL alles." Wenn eine SL also seinen Ego-Trip fährt, indem sie die Spieler - ohne dabei die Regeln zu brechen - mit Monstern bombardiert, die die Gruppe unmöglich besiegen kann und bei denen sie auch keine Chance auf Flucht hat, würdest du dann auch sagen, dass das an schlechtem Regeldesign liegt?

Eine so ausgeführte Spielleiterfunktion ist in der Tat schlechtes Regeldesign, allem voran die "goldene" Regel. Ich sehe das aber nicht als zwingend an sondern als mangelhafte Funktionsbeschreibung.
Bei den Spielererzählrechten prallt dies aber auf den Gegensatz zwischen dieser Spielleiterfunktion und der eigentlichen Funktion des Rollenspiels. Letztlich ist der SL ja genau dazu da mit seiner abweichenden Funktion um den Spielern die notwendige Unterstützung zu liefern um genau dies zu erleben. Eins von beiden muss geopfert werden - Rollenspielfokus oder aber Spielleiterverantwortung und damit haben wir 2 unterschiedliche Spiele.
Erzählrechte sind so eine wasch-mich-aber-mach-mich-nicht-nass-Krücke dazwischen, die keinem gerecht wird.
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Offline KhornedBeef

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Dann sind sich ja alle einig und die Diskussion als sinnlos entlarvt :)

Edit:(trollolol) Jede Regel ist damit schlechtes Regeldesign, es sei denn alles ist geregelt, und das nennt man Physik und gilt als unspielbar (trollolol)
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Ucalegon

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D.h. ein Regelwerk für investigativen Horror müsste dann z.B. vorschreiben, dass die SL für Täter(in)/übernatürliches "Problem" und Indizien/Clues zuständig ist und dass sich die Spieler(innen) da gefälligst rauszuhalten haben. Wenn aber Spielerin Hannah möchte, dass ihr SC einen Ferrari besitzt mit dem er täglich zur Arbeit fährt, dann fällt die finale Entscheidung darüber nicht an eine klassische Reste-SL, sondern in ein Regelvakuum, das daraufhin durch einen ad hoc Gruppenkonsens gefüllt wird. Denn zu sagen: Über den Rest kann jede(r) für sich frei entscheiden, würde ja diesen Rest regeln und das wäre schlechtes Design.

Klingt nicht besonders intuitiv im Vergleich zu: Den Rest entscheidet jede(r) allein, ohne Veto-Möglichkeit oder den Rest entscheidet die SL.

und der eigentlichen Funktion des Rollenspiels.

Die da wäre?  ;D
« Letzte Änderung: 18.11.2015 | 13:27 von Ucalegon »

Offline Edvard Elch

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@ Maarzan: Was ist denn diese eigentliche Funktion des Rollenspiels, die mir nur die abweichende Funktion des Spielleiters bescheren kann? Und was für eine Sorte Spielleiter meinst du genau? Und wenn ich Spielleiter bin, kann ich dann die eigentliche Funktion des Rollenspiels erfahren?
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Achamanian

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Eine so ausgeführte Spielleiterfunktion ist in der Tat schlechtes Regeldesign, allem voran die "goldene" Regel. Ich sehe das aber nicht als zwingend an sondern als mangelhafte Funktionsbeschreibung.
Bei den Spielererzählrechten prallt dies aber auf den Gegensatz zwischen dieser Spielleiterfunktion und der eigentlichen Funktion des Rollenspiels. Letztlich ist der SL ja genau dazu da mit seiner abweichenden Funktion um den Spielern die notwendige Unterstützung zu liefern um genau dies zu erleben. Eins von beiden muss geopfert werden - Rollenspielfokus oder aber Spielleiterverantwortung und damit haben wir 2 unterschiedliche Spiele.
Erzählrechte sind so eine wasch-mich-aber-mach-mich-nicht-nass-Krücke dazwischen, die keinem gerecht wird.

Okay, jetzt verstehe ich nur noch Bahnhof ...
Was verstehst du unter "Spielleiterfunktion"? Was unter "eigentlicher Funktion des Rollenspiels"? Was ist "Rollenspielfokus"? Und warum muss entweder der oder die "Spielleiterverantwortung" geopfert werden? Unter Rollenspielfokus würde ich erst mal einen Schwerpunkt auf Charakterausspielen verstehen, die sich ja nun kein bisschen mit der umfassenden Verantwortung der SL für alles außerhalb der Charaktere beißt - im Gegenteil, beides ergänzt sich bestens.

Wenn ich dich richtig verstehe, sitzt du einem ziemlich geläufigen Irrtum auf: Dass die Regeln sich darauf verlassen dürfen, dass die SL verantwortungsvoll handelt, während sie sich niemals darauf verlassen dürfen, dass die restlichen Spieler sich verantwortungsvoll verhalten. Für diese Annahme gibt es aber keinen Grund, da Nicht-SL genauso fähig (oder unfähig) zu verantwortungsvollem Gruppenhandeln sind wie SL.

Ich bleibe dabei: Die von dir behaupteten Nebenwirkungen haben überhaupt nichts damit zu tun, wie Erzählrechte durch die Regeln verteilt sind, sondern allein damit, ob sie von den Spielern (einschließlich der SL) verantwortungsvoll im Sinne des gemeinsamen Spielspaßes eingesetzt werden.

Wie gesagt, wenn "Erzählrechte für Spieler" nicht dein Ding sind, macht das ja nix; so was muss man nicht verwenden, es ist auch kein "besseres Rollenspiel" so was zu verwenden (genausowenig, wie das Spiel mit Battlemap "besseres Rollenspiel" ist oder das Spiel mit W6 statt mit W20), es passt halt einfach für manche. Aber zu behaupten, dass Erzählrechte für Spieler per Gummipunkt "keinem gerecht werden" ist schon ein ziemlich starkes Stück, wenn es offenbar haufenweise Gruppen gibt, die so etwas verwenden und als bereichernd empfinden.

Offline bobibob bobsen

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Zitat
Wenn ich dich richtig verstehe, sitzt du einem ziemlich geläufigen Irrtum auf: Dass die Regeln sich darauf verlassen dürfen, dass die SL verantwortungsvoll handelt, während sie sich niemals darauf verlassen dürfen, dass die restlichen Spieler sich verantwortungsvoll verhalten. Für diese Annahme gibt es aber keinen Grund, da Nicht-SL genauso fähig (oder unfähig) zu verantwortungsvollem Gruppenhandeln sind wie SL.

Aber so was von meine Meinung. Was habe ich schon für SL erlebt die man eigentlich nur als Sonnenkönig bezeichnen kann.

Erzählrechte der Spieler zeigen mir oft auf in welche Richtung diese sich die entwicklung wünschen. Das kann man natürlich auch out of Game klären. Mir und meinen Mitspielern macht es aber mehr Spaß durch Erzählkompetenzen zu regeln um nicht jedes mal wieder Details zu klären. Wie man das regeln kann finde ich beim Callistorollenspiel recht gut geregelt.

Offline 1of3

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D.h. ein Regelwerk für investigativen Horror müsste dann z.B. vorschreiben, dass die SL für Täter(in)/übernatürliches "Problem" und Indizien/Clues zuständig ist und dass sich die Spieler(innen) da gefälligst rauszuhalten haben. Wenn aber Spielerin Hannah möchte, dass ihr SC einen Ferrari besitzt mit dem er täglich zur Arbeit fährt, dann fällt die finale Entscheidung darüber nicht an eine klassische Reste-SL, sondern in ein Regelvakuum, das daraufhin durch einen ad hoc Gruppenkonsens gefüllt wird. Denn zu sagen: Über den Rest kann jede(r) für sich frei entscheiden, würde ja diesen Rest regeln und das wäre schlechtes Design.

Klingt nicht besonders intuitiv im Vergleich zu: Den Rest entscheidet jede(r) allein, ohne Veto-Möglichkeit oder den Rest entscheidet die SL.

Es gibt keine Möglichkeit Vetos auszuschließen. Veto heißt: "Ich spiel nicht mehr, bis das geklärt ist."

Die Frage ist also: Warum sollte jemand etwas dagegen haben, dass Hanna ihren SC mit einem Ferrari zur Arbeit fahren lässt?

Möglicher Weise sollte die Runde Sin-City werden und alle Autos sind so klobige amerikanische Modelle und dann passt der Ferrari da nicht gut rein. Aber egal, ob du das nun irgendwem zuweist oder nicht, wird darüber geredet werden. Auch eine SL wird begründen dürfen, warum der Ferrari nun nicht passt. Hier haben wir ein ästhetisches Veto.

Du kannst natürlich vorne reinschreiben, dass ästhetische Vetos möglich sind. Das halte ich sogar für sinnvoll. Es gibt auch andere Formen von Veto z.B. gegen explizite Gewaltdarstellung on screen. Auch das kannst du gut ins Regelwerk schreiben, wenn das Spiel zu solchem führen könnte.

Es macht jedenfalls keinen Sinn ästhetische Vetos oder Vetos wegen Explizitheit etwa an die SL zu verweisen. Das spräche ja allen anderen Beteiligten ästhetisches Empfinden bzw. Betroffenheit ab. Ebensowenig ist es möglich zu sagen: "Wenn es nicht gesondert geregelt ist, kann jede*r machen, was beliebt." Denn wenn sich jemand anders zum Veto genötigt sieht, wird das auch kommen.

D.h. diese Vetos kannst du nicht regeln. Die kannst du nur anerkennen.

Die Regeln dagegen dienen, um deinem Spiel den Rahmen zu geben. Sie sind positive Aufforderungen etwas zu tun. Und natürlich kannst du unterschiedlichen Leuten unterschiedliche Aufgaben zuteilen.

Offline Boba Fett

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Ich finde Erzählrechte für Spieler (ich nenne sie aber lieber Gestaltungsrechte) gut und hilfreich, und binde sie in die klassischen Systeme ein,

weil ich es leid bin, als Spielleiter alles kleinteiligst beschreiben zu müssen, oder ständig blöde Fragen über irgendwelche Details gestellt zu bekommen.
Anstatt eine Kneipe, in der gleiche eine Hauerei stattfindet wird, bis aufs kleinste zu beschreiben, heisst es dann nur "ihr kommt in eine schäbige Spelunke voller wüster Gestalten".
Und dann gibt es auch keine blöden Fragen, ob es einen Kronleuchter gibt, an den man sich schwingen kann oder ob und wo Flaschen zum über den Kopp hauen auf dem Tresen stehen...
Und genauso gibt es dann auch kein "Nein!" oder die Annahme, das alles nicht erwähnte auch nicht existent sein muss.

Ich bin als SpL nicht perfekt und habe auch keine Lust, Perfektion vorzugaukeln. Und ich habe auch kein Interesse daran ein "wir gegen den Spielleiter" Gefühl zu erzeugen.
Wenn ich als Spielleiter was vergesse, oder einfach wenn die Spieler eine schöne Idee haben, dann raus damit und dann wird es eingebaut.

Dazu kommt, dass ich mich eben auch sehr gern selbst überraschen lasse, wo sich eine Geschichte plötzlich hinbewegt.
Ohne Mitgestaltungsrechte, wird der Spielleiter zum Dienstleister degradiert. Und die Spieler zum Multiple-Choice Player.

Ausserdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass ein gesundes Mitgestaltungsrecht den Spielern eine recht große Motivation schenkt, sich mehr zu beteiligen.
Es geht da weniger ums Spotlight, sondern mehr ums "Mensch, jetzt werden hier nicht immer die Möglichkeiten eingeschränkt,
jetzt können wir einfach mal unbeschwert loslegen."

Gestaltungsrechte teilen bedeutet, dass man Kontrolle aber natürlich auch Verantwortung abgibt.
Aber ganz ehrlich: Wer spielt schon mit Leuten gern zusammen, bei denen er das nicht guten Gewissens machen kann.
Und ganz ehrlich: Wer das nicht kann, muss schon ein bischen Kontroll-Freak sein.

Zum Veto: Natürlich erbitte ich mir eines aus. Und gestehe den Spielern eines zu.
Was solls denn auch, warum sollte man nicht ein "hey, das passt mir gar nicht in den Kram, lasst uns einen besseren Weg finden, damit hier alle weiterhin Spaß haben können" nicht in ein Wort fassen dürfen.
Das Wort lautet: Veto.

PS: Ich hab manchmal das Gefühl, einige sind der Meinung, dass ihnen am Spieltisch nicht vollwertige und erwachsene Menschen begegnen.
« Letzte Änderung: 18.11.2015 | 14:10 von Boba Fett »
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