Was mir bei der Beschreibung gerade auffällt ist, dass wenn man denselben Detail-Level auf die nicht-Charaktereigenschaften anwendete, man lediglich eine kleine Anzahl grober Attribute hätte. Soll heißen: Wenn einem doch solche groben Kriterien für den Charakter des Charakters (also das, was das Drama liefert) reichen, warum reichen sie dann nicht auch für die "Kompetenzen"? Oder andersherum: Warum wird nicht bei den Charaktereigenschaften genauso ins Detail gegangen, wie bei den Kompetenzen?
Weil die Charakterzüge dem Spieler entsprechend bewusst sein sollten. Und weil nicht auf sie gewürfelt wird.
Klassisches Rollenspiel funktioniert nun mal nach dem folgenden Schema:
1. Der Spieler entscheidet, welche Handlungen der Charakter durchführen will, und warum er das macht
2. Der Konfliktauflösungsmechanismus entscheidet, ob und wie gut die Handlung gelingt
Für viele Spieler, so z.B. auch für mich, ist es sehr unangenehm, wenn ich aufgrund von Dingen, die auf meinen Charakterzettel stehen, zu Handlungen gezwungen werde. In 1. liegt nämlich im klassischen Spiel die gesamte Freiheit, die ein Spieler überhaupt hat, und Einschränkungen werden an dieser Stelle von vielen deshalb wohlbegründet abgelehnt.
Mir ist auch nicht ansatzweise klar, wieso ich im klassischen Spiel klar schriftlich definierte Charaktereigenschaften, am Ende noch mit Zahlenwerten, brauchen sollte, um den Charakter auszuspielen. Spiele, die diesen Aspekt in den Vordergrund rücken, wie Pendragon oder A Dirty World, haben von vorneherein einen entsprechenden Ansatz. Es geht dort nicht darum, seinen Charakter frei auszuspielen, sondern darum, zu sehen, wie er sich im Laufe der Geschichte entwickelt.