Mit OSR ist kein Dungeoncrawl geplant.
Bist du dir sicher, dass irgendjemand eine auch nur ansatzweise ähnliche Definition von Dungeon Crawl und OSR hat wie du? Systeme wie Labyrinth Lord und... warte, der ist gut... Dungeon Crawl Classics. Abenteuer wie Anomalous Subsurface Environment, die auch vom Design her nicht umsonst aussehen wie die Dungeons der späten Siebziger. Stonehell. Barrowmace. Und dann diese Blogs, die lang und breit über Dungeondesign, Fallen, Rätsel, Monster und die ganzen anderen Sachen fabulieren, die... Überraschung... typische Dungeon Crawl-Klischees sind.
@Thema:
Für mich bedeutet
narrativ, dass die Erzählung voran geht. Ich mag da im Zusammenhang als Umschreibung auch gerne
Fiction first. Ich beginne mit der Beschreibung der Interaktion mit der Spielwert und leite daraus die Regelumsetzung ab, nicht umgekehrt. Überhaupt wird ganz viel Gestaltung in die Hände der Runde gelegt und die Runde erzählt herbei, was denn im Detail geschieht. Ich werde das mal an einem Beispiel darlegen, als Vergleich GURPS, das ich als eher nicht narrativ einschätzen würde gegenüber Fate, das ich deutlich in der narrativen Ecke sehe.
Setup: Gro, der Barbar steht dem fiesen Orkhäuptling gegenüber und will ihn umnieten.
Gurps: Gro schlägt auf den Ork ein, der Ork wird getroffen. *Würfelwürfel* So und so viele Trefferpunkte weg. Außerdem wurde der Arm übel erwischt. Des Orken Schwert fällt zu Boden. Das alles liefert das Spielsystem von sich heraus. Alles, was der Spieler erzählen musste, war: "Ich haue den Ork", und das ist als Erzählhandlung ungefähr so etwas wie "Springer auf F4", mehr ein Spielzug als ein Teil einer Geschichte.
Fate: Gro schlägt auf den Ork ein, der Ork wird getroffen. Nach Auszählen aller Würfel hat Gro fünf Stufen, daraus macht er einen Boost und vier Stress. Der Ork ist robust und steckt den Stress ein. Und was heißt das nun in der Handlung? Hier liefert Fate nur eine grobe Richtlinie, aber eben keine detaillierte Lösung. Es gibt
Creative Constraints. Ich kann den Ork jetzt nicht einfach tot beschreiben. Aber was bedeutet der Boost? Was kann ich mit dem anstellen? Liegt der Boost auf mir ("HAHA, I HAVE THE HIGH GROUND!") oder auf dem Ork ("MENSCH HAT THOG GEKRATZT! THOG WÜTEND! THOG GREIFT MIT RIESEN LÜCKE IN VERTEIDIGUNG AN!")? Wurde Thog überhaupt angekratzt? Fate als narratives System gibt Richtlinien, keine konkreten Ergebnisse.
Und wie sieht es aus, wenn ich nun einen Vampir haue? GURPS? Werte checken, Würfeln *SLASH*. Da gibt es sicher eine Regel. Und nu bin ich bei Fate und stehe vor dem Vampir, habe aber keinen Holzpflock, keinen Knoblauch, selbst das Weihwasser habe ich gesoffen, weil ich sonst verdurstet wäre. Aaaaaaber ich appelliere an seine Menschlichkeit. In einem langen herzzerreißenden Monolog (bitte nicht zu lang, da sitzen noch andere Leute) erinnere ich ihn an Sonnenlicht, Wärme und die ganzen anderen lahmen Klischees, wegen der der arme Vampir so bewegt, so zerrissen ist, dass es wortwörtlich seine Seele zerreißt. Attack mit Empathie... Geht auch. Mach das mal in GURPS.
Natürlich sind auch hier die Grenzen fließend und ja nach Gruppe kann sich das auch für einzelne Runden deutlich unterscheiden. Man nehme nur mal die vielen DSA-Runden, die ich in meiner DSA-Zeit damals kennengelernt habe, die erzählten: "War gestern wieder ein Superabend. Wir haben nicht ein Mal gewürfelt." Klingt recht narrativ, obwohl ich die Regelchimäre DSA eher nicht als narratives System beschreiben würde. Dazu kommt wie oben das Problem, dass narrativ für jeden was anderes bedeutet, die Leute also nicht nur Systeme anders als RAW oder RAI (wie auch immer man das fest machen möchte) spielen, sondern auch noch der eine Regelliebhaber gerade denkt: "Kerle, watt narrativ ist das heute alles," während sein Tischnachbar gleich in den Tisch beißt, weil ihm die Regeln sein tolles Drama zerballern. Und dazwischen dudelt noch die alte Forge-Definition für
Narrativism rum.