Autor Thema: Was heißt eigentlich "narrativ"?  (Gelesen 17010 mal)

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Offline Tyloniakles

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #100 am: 20.12.2015 | 21:55 »
Als gängige Kategorie ist mir diese Unterscheidung leider völlig unbekannt. Man spricht meist von Story Games und Narrative Games.
Wenn die Mechaniken das Spielziel nicht fördern, kann man gleich Freeform spielen...?

Eulenspiegel

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #101 am: 20.12.2015 | 22:09 »
Diese Schwarz/Weiß Sicht ist leider sehr häufig vertreten und man übersieht dabei die ganzen Grautöne.

Ich verweise hier mal auf einen Beitrag von Bitpicker von 2005, der es imho sehr gut forumuliert hat:
"Aber ich verstehe das so: das, was ein Spiel mechanisch regelt, ist quasi der Wirbelsturm (man könnte vielleicht auch sagen, das Baugerüst), der eigentliche Inhalt des Spiels liegt aber im Auge des Sturms (oder ist das Gebäude), umschlossen von den Regeln, aber nicht deren Gegenstand."

Nehmen wir zum Beispiel das Intrigenspiel: Es gbt prinzipiell drei Möglichkeiten:
1) mechanische Regeln für Intrigen.
2) Freeform
3) Vampire in oWoD

1) Würde meine Immersion stören. Ich würde mich wie bei einem Brettspiel fühlen.
2) Ist mir zu beliebig.
3) dagegen finde ich persönlich super: Du musst dir selber Gedanken machen, wie du die Intrigen aufziehst. Erfolg und Misserfolg der Intrige hängen primär nicht davon ab, wie gut du würfelst, sondern wie intelligent die Intrige ist und wie die einzelnen Sachen miteinander interagieren. Gleichzeitig ist es nicht vollkommen beliebig. Es hängt durchaus von deinem SC ab, ob du jetzt eher jemanden einschüchterst oder ihn eher beschattest, um sein Dunkles Geheimnis rauszufinden, oder ob du dich in seinen Computer hackst, um an die Leichen in seinem Keller zu kommen.
Durch die Würfel kann auch gleichzeitig eine spezielle Art von Spannung erzeugt werden, die bei Freeform nicht vorhanden ist. (Disclaimer: Bei Freeform gibt es auch Spannung. - Aber andere Art von Spannung.)

Daher bevorzuge ich persönlich gerne regellastige Systeme, wo das "Auge des Sturms" aber nicht von Regeln erfasst ist. - Aber um es deutlich zu machen: Freeform ist natürlich auch narrativ.

Offline Chruschtschow

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #102 am: 20.12.2015 | 22:48 »
Ich verweise hier mal auf einen Beitrag von Bitpicker von 2005, der es imho sehr gut forumuliert hat:

Nur weil es alt ist, muss es nicht richtig sein. Zentrum des Spiels ist also das, was es nicht regelt? Pathfinder ist nach der Logik unter anderem ein Spiel über Empfängnis, Schwangerschaft und Geburt?

Zehn Jahre später wird auch deutlich, dass es ziemlich falsch ist. Es gibt reichlich narrative Spiele, die einen sehr stark in Richtung Erzählung orientierten Spielstil unterstützen, indem sie eben immer wieder den Ball durch die Regeln aufnehmen und zurück spielen, Struktur bieten, Creative Constraints erzeugen und eben so eine Erzählung im Fluss halten.

Übrigens nicht ganz unähnlich der Idee hinter Rulings, not rules, die auch in der OSR gerne formuliert wird.
« Letzte Änderung: 20.12.2015 | 22:52 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Eulenspiegel

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #103 am: 20.12.2015 | 23:01 »
Nein, nur weil es alt ist, muss es nicht richtig sein. Aber er hat es nunmal sehr gut ausgedrückt. Und wenn ich einen Satz bringe, verlangen die Zitierregeln nunmal, dass ich auch erwähnen von wem und von wann dieser Satz stammt.

Und nein, Pathfinder ist ein mechanisches System. Das heißt, Pathfinder ist ein System, in dem es kein "Auge des Wirbelsturms" gibt.

Und es gibt keine narrativen Spiele, bei denen das Auge des Wirbelsturms fehlt. Es gibt zahlreiche narrativistischen Spiele, bei denen dies fehlt. Aber diese Spiele sind alle ausnahmslos mechanisch und nicht-narrativ. (Sehr wohl aber narrativistisch.)

Um mal bei der Metapher zu bleiben:
Stelle dir einen Tornado vor: Dort gibt es zwei Orte, die windstill sind: Zum einen das Zentrum des Tornados. Und zum anderen das Gebiet weit außerhalb des Tornados.
Das heißt, du hast die Implikation "Zentrum --> windstill". Du hast aber nicht die Implikation "windstill --> Zentrum".

Und dann gibt es noch zahllose Stürme, deren Zentren nicht windstill sind. (Das sind dann aber keine Tornados.)

Die Tornados sind jetzt in unserer Metapher die narrativen Spiele.
Und die anderen Stürme sind in unserer Metapher die mechanischen Spiele.
Und überhaupt kein Sturm wäre Freeform.
« Letzte Änderung: 20.12.2015 | 23:03 von Eulenspiegel »

Offline Bad Horse

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #104 am: 20.12.2015 | 23:03 »
Nein. Das mag in deiner Metapher so sein, aber ich glaube nicht, dass viele Leute deiner Meinung sind.

Da kannst du sie so oft wiederholen, bis keiner mehr Lust mehr hat, mit dir zu diskutieren: Dadurch wird deine Definition nicht allgemeingültig.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Eulenspiegel

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #105 am: 20.12.2015 | 23:04 »
Ich sage doch nicht, dass meine Definition allgemeingültig wird. Aber ich sage, dass Chruschtschows Schlussfolgerungen falsch sind.

Es macht einen Unterschied, ob man eine Definition nicht teilt oder ob man die Definition nicht verstanden hat.

Und zumindest alle oWoD Spieler scheinen meine Definition zu teilen.

Offline Bad Horse

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #106 am: 20.12.2015 | 23:05 »
Nope. Nicht alle. Ich schon mal nicht, und ich hab das 10 Jahre lang gespielt.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Eulenspiegel

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #107 am: 20.12.2015 | 23:06 »
Das heißt, für dich ist WoD kein narratives Spiel?

Offline Bad Horse

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #108 am: 20.12.2015 | 23:09 »
WoD ist kein Spiel, das narratives Spiel mehr oder weniger unterstützt als andere Spiele. Damit ist das für mich kein Spiel, auf das ich den Stempel "narrativ" drauf kleben würde.

Für mich ist ein Spiel dann narrativ, wenn es die Narration unterstützt. Nicht dann, wenn es ihr nicht im Weg rum steht.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Offline blut_und_glas

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #109 am: 20.12.2015 | 23:24 »
Für mich ist ein Spiel dann narrativ, wenn es die Narration unterstützt.

Was zählt denn dabei als Unterstützung? Und was nicht?

Ist zum Beispiel ein Spiel, das relevante Anknüpfungspunkte für die Erzählung liefert, bereits ausreichend unterstützend?
Oder muss die Erzählung in anderer Form direkt durch das Spiel gelenkt werden?

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Eulenspiegel

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #110 am: 20.12.2015 | 23:32 »
Vielleicht wäre es wirklich mal hilfreich eine Liste von Spielen zu machen und jeder müsste mal ankreuzen, welche Spiele er als narrativ betrachtet und welche nicht.

Nach Bad Horses Antwort bin ich zu der Einschätzung gekommen, dass ich auf Cons keine RPGs als "narrativ" anbieten würde. - Einfach weil ziemlich sicher mehrere verschiedene Leute auftauchen würden, die alle eine andere Vorstellung davon haben.

Unabhängig davon, welche Definition man jetzt teilt, sollte man aber, wenn man auf eine Definition eingeht, dennoch darauf achten, dass die Implikationen aufgrund dieser Definition korrekt angegeben werden.

Offline Grimtooth's Little Sister

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #111 am: 21.12.2015 | 03:26 »
Narrativ ist für mich zuallererst ein Spielstil. das kann man auch mit PF, egal ob dabei Figuren gschubst werden oder nicht.
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Offline Oberkampf

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #112 am: 21.12.2015 | 06:48 »


Und zumindest alle oWoD Spieler scheinen meine Definition zu teilen.

Viele oWoD-Spieler glauben auch, ein spezifisches Erzählspiel zu spielen. Natürlich nehmen die dann jede Definition an, die ihr Spiel als besonders narrativ auszeichnet. Das ist ähnlich wie bei den Klischee-DSAlern.

Tatsächlich ist das ungefähr so wie bei Pathfinder. Ja, man kann mit Pathfinder eine Geschichte erzählen (und den neueren Abenteuerpfaden ist nach meinem Eindruck meistens eine nette Geschichte unterlegt), aber in erster Linie ist das ein Spiel mit Regeln und Mechanismen zum Figurenschubsen und Werte optimieren. Genauso bei oWoD: Klar gibt es einige Regeln, oder Regelversatzstücke, die darüber hinausgehen, "dunkle" Wertemonster und im Stil von Dracula vs. Megagodzilla gegeneinander kämpfen zu lassen, aber das Erzählen einer Geschichte ist eigentlich der vom Regelwerk ausgesparte Teil. Wenn bei oWOD-Runden trotzdem im praktischen Spiel am Tisch das Erzählen im Vordergrund steht, dann kommt das daher, dass a) im "weichen" Teil der Erklärungen und Spielleiter-Ratschläge so oft das Wort Storytelling fällt und b) die tatsächlichen Regeln, also Fertigkeits- und Kampfregeln, nicht mal besonders gut sind, dass es Spaß macht, damit herumzuwürfeln.

Im Endeffekt führt das zu diesen Runden, wo "narratives Spiel" mit "Verwendung des Settings fast ohne Anwendung der Mechaniken" gleichgesetzt wird. Das ist aber kein narratives Rollenspiel. Bei einem narrativen Rollenspiel greifen Mechanismen merklich in den gemeinsamen Vorstellungsraum ein, bestimmen Regeln den Verlauf der Geschichte mit. Das ist etwas anderes als Rollenspiel, bei dem "die Regeln der Geschichte nicht im Weg stehen" (darunter würde ich jetzt mal als Schnellschuss z.B. die OSR-Schiene setzen) oder Rollenspiel, bei dem man "die Regeln zugunsten der tollen Geschichte ignorieren soll" (DSA, oWoD, vieles aus dem "Mainstream").
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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #113 am: 21.12.2015 | 08:10 »
Man muss ja auch zwischen narrativem Rollenspielen (was ist das, was man am Spieltisch treibt) und einem narrativen Rollenspiel (wie sind die Regeln und Anleitungen in diesem Buch da beschaffen, das beim Händler im Regal steht) unterscheiden.

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Offline 1of3

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #114 am: 24.12.2015 | 10:16 »
Oh, mein Gott. Fruitful Void bedeutet, dass jeder Mechanismus dazu anregt einen weiteren Mechanismus zu nutzen, wobei alle Mechanismen um ein Thema kreisen.

Die Idee stammt aus Dogs in the Vineyard. Im Zentrum sei Verantwortung. Es gibt in DitV keinen Spielwert, der Verantwortung misst. Aber jeder Konflikt stellt insofern die Frage: "Was ist Verantwortung", weil man ihn eskalieren kann und davon die Konsequenzen abhängen. Die fordern auf den nächsten Konflikt  zu starten usw.

Vampire hat kein Fruitful Void Design. Und schon gar keines, wo Intrigen umkreist werden. Dann müssten wir uns ja fragen: War diese Handlung intrigant?

Ich stelle mir jetzt gerade ein Spiel mit hochgradig naiven Märchenwesen vor, das Fruitful Void Design mit Intrigen macht. Ich fürchte allerdings, dass kann man nicht nüchtern spielen.

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #115 am: 24.12.2015 | 10:29 »
Im Endeffekt führt das zu diesen Runden, wo "narratives Spiel" mit "Verwendung des Settings fast ohne Anwendung der Mechaniken" gleichgesetzt wird. Das ist aber kein narratives Rollenspiel.

Ich sehe nicht den geringsten Grund dafür, narratives Spiel an die Verwendung bestimmter Mechaniken zu knüpfen.
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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #116 am: 24.12.2015 | 10:32 »
Was ist denn dann ein narratives System ohne narrative Mechaniken?!

Eulenspiegel

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #117 am: 24.12.2015 | 10:50 »
Das ist ein Spiel, das dazu gedacht ist, narrativ zu spielen. Und um narrativ zu spielen, braucht man keine narrativen Mechaniken.

Das beste Beispiel ist Freeforming: Das ist imho ein wunderbares narratives System, ohne irgendwelche Mechaniken.

Offline Chruschtschow

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #118 am: 24.12.2015 | 11:13 »
Zweifelhaft. Vor allem weil viele DSA- und WoD-"Freeformer" genau das nicht spielen. Sie spielen: "Ich erzähle was und hoffe, dass die Spielleitung das ähnlich sieht wie ich und in meinem Sinne antwortet." Eine Spielleitung mit umfassender Entscheidungs- und Gestaltungsgewalt ist ein Mechanismus und ein in sich nicht unproblematischer dazu.
« Letzte Änderung: 24.12.2015 | 11:15 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline Oberkampf

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #119 am: 24.12.2015 | 11:13 »
Ich sehe nicht den geringsten Grund dafür, narratives Spiel an die Verwendung bestimmter Mechaniken zu knüpfen.

Der Narr hat ziemlich gut zusammengefasst, was ich meinte: Man kann alles "narrativ" spielen, also narratives Rollenspiel betreiben. Auch PF und V:tM. Aber ein narratives Rollenspielsystem zeichnet sich durch Mechanismen aus, die die erzählerischen Elemente im Spiel am Tisch unterstützen oder sogar forcieren sollen.
Ob sie das gut machen, ist eine andere Frage. Man kann sich darüber streiten, ob die erzählenden Würfel aus Warhammer 3 und Star Wars besser narratives Spiel fördern als die katzenhaft gewandten DSA-Stimmungstexte - aber aber das eine ist eine Mechanik, und das andere nicht.

Über freeforming könnte man auch mal gesondert diskutieren, ob das noch ein Spiel ist, oder was anderes, was schon eher im Bereich von Fanfiction verfassen geht. Dazu müsste genauer geschaut werden, welche Methoden von welcher Person eingesetzt werden, um den Verlauf einer Erzählung zu bestimmen.
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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #120 am: 24.12.2015 | 11:25 »
Was ist denn dann ein narratives System ohne narrative Mechaniken?!

Ich habe auch schon betont, dass ich es nicht für zielführend halte, einem System so ein Label anzuhängen.

Entscheidend ist, was die jeweiligen Spielrunden am Ende draus machen. Eine Spielszene kann von den Spielern unter narrativer Prämisse gespielt werden. Eine Spielrunde oder Kampagne kann man als narrativ bezeichnen, wenn die Spieler insgesamt einen Schwerpunkt auf die zu erzählende Geschichte legen. Ein Regelwerk ist nicht narrativ. Es erzählt von alleine nämlich nix. Mechaniken können narratives Spiel unterstützen. Sie sind von sich aus aber nicht narrativ, und sie müssen nicht notwendigerweise narrativ eingesetzt werden.
« Letzte Änderung: 24.12.2015 | 11:31 von Crimson King »
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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #121 am: 24.12.2015 | 12:40 »
@ Chruschtschow
Also DSA und WoD sind definitiv keine "Freeform"-Systeme. Sie sind durchaus regellastig. (Auch wenn bei WoD der zentral bespielte Teil nicht mit Regeln gefüllt ist.)
Was in Richtung Freeform geht ist "Engel - Arkana" oder "Everway". (Für richtiges Freeform gibt es natürlich kein System. Sonst wäre es ja nicht Freeform.)

Ob der Mechanismus problematisch oder unproblematisch ist, hat ja erstmal wenig damit zu tun, ob er narrativ ist oder nicht.

Ucalegon

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #122 am: 24.12.2015 | 12:49 »
Mechaniken können narratives Spiel unterstützen.

In so einem Fall finde ich es nicht schlimm, wenn sich das entsprechende System narrativ nennt. Ist für mich zum Beispiel bei FFG Star Wars der Fall, das Contains Disease so auf dem Kieker hat.

Offline Crimson King

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #123 am: 24.12.2015 | 12:56 »
In so einem Fall finde ich es nicht schlimm, wenn sich das entsprechende System narrativ nennt.

Auch dann, wenn die Mechaniken auch völlig andere Spielweisen unterstützen?

Ich habe das FFG Star Wars noch nicht gespielt, nur die Regeln gelesen, hatte dabei aber auch nicht den Eindruck, dass es narratives Spiel sinnvoll unterstützt. Man darf auf Basis der Würfelergebnisse ein bisschen Color hinzuerzählen. Dass das Spiel die Story in den Mittelpunkt rückt, wäre mir nicht aufgefallen. Ist aber schon was her, ich kann mich da irren. Und die Ansichten darüber, was eine (gute) Story ist, laufen ggf. auch auseinander.
« Letzte Änderung: 24.12.2015 | 12:59 von Crimson King »
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Ucalegon

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Re: Was heißt eigentlich "narrativ"?
« Antwort #124 am: 24.12.2015 | 13:09 »
Auch dann, wenn die Mechaniken auch völlig andere Spielweisen unterstützen?

Prinzipiell schon. Ich würde das in so einem Fall eher als Aussage über die Intention der Designer werten denn als "Etikettenschwindel" oder so. Gerade bei Mischformen wie FFG Star Wars, 13th Age oder The One Ring, die gut geeignet sind, verschiedene Spielweisen an einem Tisch zu halten. Inwieweit Leute das dann tatsächlich völlig anders spielen als intendiert, ist mir eigentlich wurscht.

Es muss natürlich irgendwo ersichtlich und plausibel sein. Je weniger die Mechaniken de facto narratives Spiel unterstützen, desto mehr würde mich das Label irritieren.