Ähm ... die Götter haben sich aber nicht von den Menschen abgewendet, sondern die Menschen von den Göttern. Um mal bei Goldmond zu bleiben: wenn du im Wald einen Edelstein fallen lässt und abhaust, dann hat nicht der Edelstein dich verlassen, sondern du den Edelstein. Der liegt immernoch im Wald und wartet auf deine Rückkehr - nicht andersrum.
Will sagen: die Idee der Umwälzung als Kampagnenhintergrund ist nicht nur genial, da sie Grundlage einer spannenden Welt ist, die dadurch sogar an Glaubwürdigkeit für Spielercharaktere gewinnt (Stichwort: die einzelnen Regionen hatten quasi keinen Kontakt miteinander, was bei einem Neustart sehr gut ist, da sich das sehr begrenzte Wissen der Spieler über die Welt in der sie leben, damit tatsächlich rechtfertigen lässt. Stichwort: gute Erklärung warum es viele geheimnissvolle Ruinen und vergessene Orte gibt.), sondern wird auch theologisch in einem akzeptablen Maß erklärt. Ist halt was für Leute die Story lieben und nicht einfach nur den Kleriker rein spieltechnisch betrachten, aber da wären wir wieder bei einer Oldschool/Newschool Debatte.
Wo es dann problematisch wird (meines Erachtens): die sich ständig widerholenden Kataklysmen in kürzester Zeit. Sozusagen DSA-Deluxe. Wo man in Aventurien in wenigen Jahrzehnten einen Ogerzug, Bürgerkrieg, Orkensturm, Borbarad, Borbarads Erben als Bedrohungskulisse miterleben muss - also als Vergleich die Invasionen der Arier, Seevölker, Hunnen, Araber und Mongolen innerhalb von 30 Jahren direkt hintereinander - da haut es auf Krynn eben in einem fort weltbildveränderde Katastrophen raus: wir beginnen 350 Jahre nach einem Kataklysmus, erleben die Kriege der Lanze, die Zerstörung von palanthas (bei Raistlins Versuch zum Gott zu werden), den Austieg/die Invasion der Ritter von Thakisis, den Krieg gegen das Chaos, das Erscheinen der Dragonoverlords, den War of Souls, die Vernichtung von Thakisis und das verschwinden Paladins, der ja nun sterblich wird ... und das alles innerhalb von was? 50 Jahren?
Nach dem dürften eigentlich alle Überlebenden in einer Art Mad Max/Dying Earth Stimmung des absoluten Fatalismus auf das Ende aller Zeiten warten ... also ich kann mir schwer jemanden vorstellen, der das alles durchleben musste und dann optimistisch in die Zukunft blickt, also eine Zukunft, die grundsätzlich von Übermächten außerhalb der Welt dominiert wird, die Dinge tun, die jedermans Weltbild ständig erschüttern und vernichten.
Der Bauer Sepp.
Der Bauer Sepp ist vor den Lanzenkriegen ein junger Mann. Ihm ist klar: es gibt keine Götter ... hilf dir also selbst. Dann kommen plötzlich Drachen und Drakonier und der Bauer muss fliehen, da diese seine Lebengrundlage vernichten. Die neuen Kleriker bringen jedoch Hoffnung in sein Leben - Hoffnung auf eine bessere Welt. Nach dem Krieg mus er bei Nichts neuanfangen und es gibt Kleriker die heilen können, also etwas vollbringen was er vermutlich nie brauchen wird oder sich nicht leisten kann. Naja ... er baut wieder alles auf und gründet eine Familie in seinem beschaulichen Bauernhof bei Palanthas ... der dann, als die Kinder langsam größer werden von einer fliegenden Festung (!) zertrümmert wird. Sepp zieht mit den Überlebenden zurück nach Abbanasinia und fängt ein weiteres Mal neu an, als die Ritter von Thakisis alles überrennen und einen faschismus installieren, der sich gewaschen hat. Die guten Götter, die man jüngst neu gefunden hat erhören aber keine Gebete mehr, da sie gegen Chaos kämpfen müssen und plötzlich verändert sich über Nacht die Welt und es gibt nur noch einen Mond usw. Dafür funktioniert nun weder die Magie der Magier noch die der Kleriker mehr. Zum Ausgleich kommen gewaltige Drachen, die kurzerhand das Land komplett verändern und im Anschluss schon wieder neue Kleriker, die kurz danach aber auch verschwinden, weil deren Gottheit, die Thakisis war und die ganze Welt gestohlen hat, getötet wird. Eine Göttin, Wird getötet. In einer Welt mit kilometerlangen Drachen. Und dem wandelnden Urchaos.
Bauer Sepp ist jetzt ein alter Mann. Und am Ende. Und Wahl-Atheist. Er scheißt (zu Recht) auf die Götter. Und das Universum. Und beginnt zu Cthulhu zu beten - den Wahnsinn den man kennt
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