Grey, Deine Testleser in Ehren, aber für eine typografische Untersuchung mit Relevanz war das vermutlich nicht wissenschaftlich genug.
Ich könnte mir denken, dass deine Testleser eventuell (wegen anderer, persönlicher Gründe) nur behauptet haben, dass der einspaltige Text leichter zu lesen
ist und es gar nicht so war oder dass deine Testleser und die Bedingungen gar nicht repräsentativ waren, der Test zu kurz, mit verräterischen Vorinformationen usw.
Tatsächlich entfalten solche subtilen Dinge wie Zeilenbreite ihren wahren Vorteil erst richtig beim stundenlangen Lesen vieler Seiten. (Wache Augen können das
locker, aber ermüdete Augen hassen lange Zeilen.)
Außerdem vermute ich, dass du mit der Times beim Fließtext durchaus auf 9 Punkt gehen könntest, was dann aber einspaltig wirklich nicht mehr gut funktioniert.
Zu deinem Einwurf mit den größeren Wortabständen: Natürlich muss man bei kleinerer Spaltenbreite mehr Gebrauch von Worttrennungen machen.
Es war in verschiedenen Design-Agenturen in denen ich gearbeitet habe auch durchaus Usus, dass der Text zugunsten einer ästhetischeren Schriftsetzung geändert wurde.
Was bei dir einfach wäre, weil du selbst der Autor bist.
Und: es muss nicht immer nur Blocksatz sein. Ein wirklich, wirklich guter Flattersatz ist allerdings Arbeit für richtige Schriftsetzer.
Ansonsten gibt es eine Menge Gründe für Zweispaltigkeit, die bereits genannt wurden. Soweit ich das sehe, waren alle bisher genannten Gründe solides Basiswissen
für Layout.
Weiter spricht noch dafür, dass kurze Überschriften (z.B. aus einem kurzen Wort) nicht so viel Platz wegnehmen bzw. einfach besser aussehen, als wenn sie
verloren auf einer ganzen Blattbreite stehen.
Die Einbindung kleiner Grafiken oder Tabellen (klassische Viertelseitenillu) ist bei einem zweispaltigen Layout auch deutlich angenehmer und leichter.
Und richtig hässlich wird das einspaltige Layout vor allem dann, wenn du Absätze hast, die nur aus drei Zeilen bestehen. Solche Absätze sind im zweispaltigen Layout absolut okay.
Und ich wollte noch hinzufügen, dass die Zeilenbreite prinzipiell am stärksten mit dem Zeilenabstand verknüpft ist (meistens mehr als mit der Schriftgröße). Und je kürzer die
Zeile ist, desto kleiner kann auch der Zeilenabstand sein, ohne dass sich Leser ständig in der Zeile vertun.