Autor Thema: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?  (Gelesen 6819 mal)

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Deep_Impact

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Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« am: 26.01.2016 | 08:36 »
Durch eine Aussage in einem der Nebentreads (Thema Keine Motivation Regelwerke zu lesen, was ich streckenweise sehr gut verstehen kann. :) ) frage ich einfach mal:


Muss ein Spielleiter (m/w) 100%ig regelfest sein oder reichen auch 50% oder soll er nur eine gute Geschichte erzählen und es reicht, wenn in der Gruppe ein Spieler helfen kann die Ideen in die Regelmechanik zu gießen?

Wie komme ich drauf?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass SLs, die sich nicht mit den Regeln beschäftigen (wollen), dass Spiel schnell zu dem machen, was sie davon erwarten. Das kann positiv sein, kann aber auch ins negative führen, wenn Vorurteile unbewusst ins Spiel geführt werden. Und ja: System matters!

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Desweiteren finde ich, dass es den Spielfluß teilweise stört, wenn es ständig heißt: "Weiß ich gerade nicht.", "Von der Option habe ich noch nie gehört." oder "Lassen wir erstmal offen."

Ich denke, dass die SL natürlich nicht 100%ig regelfest sein muss und sie muss auch nicht jede Option für jede Charakterkombination kennen, das wäre Wahnsinn bei einigen Systemen.
Aber ich erwarte doch, dass 80% der Regelbasis1 bekannt2 sein soll.
1Regelbasis schließt für mich nicht die 1000 Zauberlisten, Feats oder Lifepath-Fertigkeiten ein.
2Und bekannt meint: Bekannt, nicht auswendig rezitieren können.


In den anderen Fällen können die Spieler ja aushelfen. Nun kann man aber auch nicht verlangen, dass die Spieler mit mehr Regelerfahrung immer ihre Mitspieler in die Pfanne hauen, indem sie taktische oder anderweitig mögliche Anwendungen der Regelmechniken vorschlagen.


Offline KhornedBeef

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #1 am: 26.01.2016 | 08:52 »
Naja, Spielleiter solltem sich mit dem System beschäftigen und daraufhin arbeiten, alle typischen Spielsituationen zu beherrschen. Damit meine ich a) bei den ersten paar Sitzungen kann es schon noch holpern und b) Regeln, die nicht absehbar vorkommen oder schon dran waren, können auch später nachgeschlagen werden.
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Offline Weltengeist

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #2 am: 26.01.2016 | 08:54 »
Meine Methode (als regelfauler Spielleiter) dazu:

Grundregeln beherrschen, Erweiterungsregeln on-demand: Ich komme eigentlich schon seit vielen Jahren ganz gut damit zurecht, die Grundregeln kapiert zu haben und ansonsten lernfähig zu sein. Sprich: Ich lerne weitergehende Regeln immer dann dazu, wenn sie gebraucht werden. Manchmal in der Vorbereitung, manchmal nach der Sitzung und manchmal sogar mitten im Spiel (wenn es schnell geht).

Wichtige Szenen vorbereiten: Die Stellen, wo ich mir unsicher bin, haben mir meine Spieler bisher noch immer nachgesehen - zumal ich dann "im Zweifel für den Angeklagten" (sprich: die SC) entscheide, und wer ist schon dagegen, wenn er einen unerwarteten Vorteil bekommt? Umgekehrt ist es tatsächlich so, dass ich für Szenen, in denen es echt zur Sache gehen soll, besser vorbereitet bin als für Larifari-Am-Wegesrand-Szenen. Meine Spieler wissen aus Erfahrung, dass der Satz "Ich habe mich diesmal richtig vorbereitet" (oder gar "Ich habe die Regeln für die nächste Sitzung nachgelesen") für gewöhnlich Ärger bedeutet ;).

Spielerwissen nutzen: Auch der Ansatz, die Spieler mit einzubinden, hat bisher eigentlich immer sehr gut funktioniert. In so gut wie jeder meiner Runden sitzt mindestens ein Spieler, der in den Regeln fitter ist als ich. Ich nutze diese "wandelnden Regellexika" gerne, um mir auf die Sprünge helfen zu lassen (oder schlicht Blätterzeit einzusparen), was bisher immer gut gelaufen ist. Ein Problem hätte ich nur mit echten Regelnazis oder wenn jemand versuchen würde, bewusst zu betrügen, indem er meine Regellücken ausnutzt, um mir falsche Fakten unterzuschieben. In dem Fall würden sich unsere Wege aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen von "Rollenspiel" aber auch schnell trennen.

tl;dr: Ich komme seit vielen Jahren mit 75% Regelkenntnis prima zurecht, und ich denke meine Spieler auch.
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Offline sangeet

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #3 am: 26.01.2016 | 08:56 »
Regelfest muss der Meister schon sein. Nicht 100%, da er viel zu tun hat, die Kampfregeln und eben Umgebungsbedingungen sollten drin sein + grober Überblick auf die Charaktere und deren Fähigkeiten.
Alles schließt Nichts mit ein.

Deep_Impact

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #4 am: 26.01.2016 | 08:58 »
b) Regeln, die nicht absehbar vorkommen oder schon dran waren, können auch später nachgeschlagen werden.

Definitiv! Ich finde es vollkommen okay abtruse Situationen (Was richtet ein EMP-Tornado bei einem Alien-Raumschiff auf Basis einer organischen Technologie an ?!?) handgewedelt werden und dann schlägt das einer (Spieler oder SL) nach und berichtet vor der nächsten Session eben was er rausbekommen hat.

Offline Siouxy

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #5 am: 26.01.2016 | 09:00 »
Die Grundkenntnisse sollte man als SL schon haben, sattelfest wird man im Lauf der Zeit von selbst.
Wie lange spielt ihr D&D 5 denn schon?
Eventuell hilft es auch, wenn einer von euch mal ein oder zwei Oneshots leitet, als Spieler geht man ja nochmals anders an die Regeln heran und ihr könnt eurer SL zeigen, wie Encounter spannend aufgebaut werden können.
Du schreibst ja, daß du eure SL schätzt - laßt sie die Encounter aus der Spielerperspektive erleben, und setzt euch dann nochmal zusammen.
Direkt auf ein anderes System oder einen anderen SL wechseln würde ich als letzte Option wählen, aber ich weiss nicht, wie eure Runde da tickt^^
Kampflastig ist ein System nur, wenn man es dazu macht - wir haben aktuell 4 Runden am Stück ohne Encounter hinter uns (was sich zufällig ergeben hat, geleitet wurde von zwei verschiedenen SLs).
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Offline Chruschtschow

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #6 am: 26.01.2016 | 09:01 »
Generell finde ich, dass die SL nicht alles 100% drauf haben muss. Ich habe jahrelang in einer SR-Runde mit wechselnden SL gespielt. Ich habe immer schön Spezialisten wie Riggee und Decker gespielt und dann die SL eingewiesen, welche Sachen jetzt wie laufen könnten oder sollten (und mir dabei auch Computersysteme zusammen gefriemelt, die meinem Decker dann eine blutige Nase gegeben haben). Das geht schon.

In dem von dir beschriebenen Fall scheint das Problem aber dahin zu gehen, dass deine SL den Spieltypus, der durch eine regelgenaue Auslegung von D&D normalerweise gefördert wird, schon an sich ablehnt. Da kann dann die Regelkenntnis noch so gut oder schlecht sein, wenn ich als SL schon keinen Bock auf diese Art von Spiel habe, geht's nicht gut.
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline bobibob bobsen

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #7 am: 26.01.2016 | 09:10 »
Zitat
Aber ich erwarte doch, dass 80% der Regelbasis bekannt sein soll.

Ich erwarte da sogar 100%. Nur bin ich mir nicht ganz sicher ob alle das elbe unter Regelbasis verstehen!

Für mich ist es ausreichend wenn die Sl die Spielmechaniken zum Kampf/Konfliktlösung beherrscht, wie man Schwierigkeitsgrade ermittelt und das es im Kampf/Bewegung/Anwendung von Fertigkeiten/Talente  spezielle Optionen gibt. Meist gibt es im Netz irgenwo eine Übersicht die auf 1-5 Seiten paßt, wenn er das beherrscht ist es für mich OK.

Von den Spielern erwarte ich auf alle Fälle das sie alle speziellen Dinge die Ihr Char kann beherrschen.

Offline LordBorsti

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #8 am: 26.01.2016 | 09:10 »
Ich denke die Spielleitung sollte die Regeln so gut beherrschen, dass das Spiel am Tisch nicht zu sehr ins Stocken gerät.

Wieviel % der Regeln man dafür beherrschen muss, hängt da sehr vom System ab. Chrunchige Systeme a la D&D, DSA oder Splittermond wären zum Beispiel Vertreter, bei denen ich von der Spielleitung eine sehr gute Regelkenntnis erwarte, da das Spiel ansonsten zum erliegen kommt und die Stärken der Systeme sonst nicht genutzt werden können. Manche Systeme rocken auch nur richtig, wenn die Regeln korrekt angewendet werden, wie z.B. die PbtA RPGs.

Andere Systeme sind da "robuster". FATE funktioniert z.B. auch ganz ordentlich, wenn man die Regeln so biegt und malträtiert, dass hier ein Aufschrei durch den Fate Channel hier gehen würde  >;D

Wenn er ich merke, dass die Spielleitung das -Regelsystem einfach nicht drauf hat und auch kein Bock hat sich damit zu beschäftigen, ist meine Reaktion meistens ein anderes leichteres Regelwerk vorzuschlagen.

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Deep_Impact

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #9 am: 26.01.2016 | 09:14 »
Wie lange spielt ihr D&D 5 denn schon?

Also ich spiele D&D schon immer. (seit AD&D und sogar die alte Red-Box mal.) Die anderen sind weniger erfahren. Zwei unserer Spieler haben das aber zu ihrem Heim-System erkohren (Papa mit Kids) und sind extrem fit darin. So richtig mit Übungs-Fights, um Optionen auszuprobieren!
Damit steigt dann natürlich das Erwartungs-Regelkenntnis-Gefälle noch weiter.

In dem von dir beschriebenen Fall scheint das Problem aber dahin zu gehen, dass deine SL den Spieltypus, der durch eine regelgenaue Auslegung von D&D normalerweise gefördert wird, schon an sich ablehnt. Da kann dann die Regelkenntnis noch so gut oder schlecht sein, wenn ich als SL schon keinen Bock auf diese Art von Spiel habe, geht's nicht gut.

Das ist es. Ich hab in letzter Zeit sehr oft die Erfahrung gemacht (On- und Offline), dass ein Spiel nicht funktioniert, wenn die SL (oder ein Spieler) das System bzw. die Regelmechanik (nach erster Begeisterung) ablehnt. Und es bringt nichts, wenn irgendwer keine Lust dazu hat - ganz gleich ob Spieler oder SL.

Aber ich will hier auch nicht unsere spezifische Gruppensituation diskutieren, sondern eher allgemein bleiben.

Offline Anastylos

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #10 am: 26.01.2016 | 09:16 »
Mir scheit auch eher das Problem zu sein dass euer SL nicht das gleiche Spiel spielen möchte wie ihr.
Ich spiele nur regelleichte Systeme, dann muss ich nicht so viele Regeln wissen und kann auch besser improvisieren und handwedeln. Wenn die Gruppe sowas nicht will wäre es problematisch. Solange alle Spaß haben und der Spielfluss nicht ins stocken gerät ist alles gut.

Offline blut_und_glas

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #11 am: 26.01.2016 | 09:33 »
Zur Eingangsfrage:

Nein.

Gemeinschaftsaufgaben, Arbeitsteilung und/oder Delegation.

(Und den komischen Topf mit der verwesenden Wurmmasse, was die Spielleitung überhaupt ist, lassen wir dabei lieber zu.)

mfG
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Current thinking of this agency: Ooh! – Rassismus unter Druck bei Blue Planet

Offline Blizzard

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #12 am: 26.01.2016 | 09:50 »
Chrunchige Systeme a la D&D, DSA oder Splittermond wären zum Beispiel Vertreter, bei denen ich von der Spielleitung eine sehr gute Regelkenntnis erwarte, da das Spiel ansonsten zum erliegen kommt und die Stärken der Systeme sonst nicht genutzt werden können.
Bei Splittermond sollten aber auch die Spieler eine gute Regel-und Charakterkenntnis haben, sonst gerät das Spiel doch arg ins Stocken.

@topic: Der Spielleiter sollte die wichtigsten Regeln auswendig (und anwenden) können. Dazu gehören imho:
a) Charaktererschaffung: Point-Buy-System oder zufallsbasiert(auswürfeln) oder ganz anders? Und die wichtigsten Schritte der Charaktererschaffung.Dazu gehört auch ein grober Überblick über Vor-und Nachteile(die aber gerne nachgeschlagen werden dürfen, kein Mensch kann sich da alle merken).
b) Der Grund(proben)mechanismus. Sprich: Welcher Würfeltyp oder Würfeltypen werden verwendet? Muss unter-oder überwürfelt werden? Oder gibt es ein Poolsystem mit Erfolgen? Wie sind die Schwierigkeitsgrade festgelegt?
c) Magie(falls es Magie gibt): Welche Arten von Magie gibt es? Wie funktioniert die Magie regeltechnisch?
d)der Kampf: Wie wird die Iniatitive bestimmt? Wie viele Aktionen hat man pro Runde? Welche Kampfoptionen hat man zu Verfügung? Wie wird der Schaden berechnet?
e) Heilung&Regeneration: Wie funktioniert die natürliche Heilung und magische Regeneration? Welche anderen Arten der Heilung & (magischen) Regeneration gibt es?
f) Sonstiges: Gibt es Modifikatoren? Gibt es Gummipunkte? Wie funktioniert das mit dem Steigern der Charaktere?

Mir scheit auch eher das Problem zu sein dass euer SL nicht das gleiche Spiel spielen möchte wie ihr.
Scheint mir auch so. Aber ein System-oder SL-Wechsel scheint mir ein plausibler Lösungsansatz zu sein.
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Offline Doomprayer

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #13 am: 26.01.2016 | 09:56 »
Kommt meiner Meinung nach immer auch ein wenig darauf an, wie lange und oft das System schon gespielt wird. Wenn jemand spontan um die Ecke kommt mit "Hey, ich hab ein neues System, wollen wir das mal ausprobieren?" erwarte ich keine besondere Regelfestigkeit. Wenn ein System dagegen jahrelang wöchentlich gespielt wird, sollte der SL die meistgenutzten Grundregeln schon drauf haben.

Für Sonderregeln, Ausnahmefälle, Erweiterungen, Zusätze etc. gilt die Regel:
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Wobei ein schneller Zugriff auf das Medium, in dem das dann steht, in diesem Falle schon schön wäre.
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Offline Crimson King

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #14 am: 26.01.2016 | 09:58 »
100%ige Regelkenntnis ist bei Crunch-Monstern aus den DnD-, WoD und SR-Familien schlicht und ergreifend unmöglich. Die Spielleitung sollte allerdings alle Regeln beherrschen, die sie selbst zur Anwendung bringt. Das ist ja glücklicherweise bis auf die Grundregeln nur ein schmaler Ausschnitt.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
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Offline Menthir

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #15 am: 26.01.2016 | 10:26 »
Ich halte es mit Crimson Kings Aussage. Eine 100%-ige Sattelfestigkeit ist nie gegeben und kann nie gegeben sein, auch bei regelarmen Systemen; allen voran dort, wo Interpretationen gewollt oder ungewollt ins Spiel kommen.
Gleichwohl sehe auch ich das Gefälle von regelstarrenden und eher regelarmen Werken, würde aber für alle System gleichermaßen argumentieren, dass der Spielleiter zumindest das Gros an Regelkanon beherrschen sollte, die Grundfunktionen verinnerlichen sollte (und dies repetativ!) und somit selbst in seinen Interpretationen und seinen Improvisationen eine gewisse Regelnähe behält.

Ich wüsste jedoch nicht, ob ich einen realistischen Prozentwert angeben kann, der nicht einfach nur willkürlich und/oder plakativ ist. Grundsätzlich wirkt eine Annäherung an das Paretoprinzip (quasi mit 20% des Aufwandes 80% der Regelkenntnis erlangen ;)) jedoch nicht unattraktiv auf mich, unter Berücksichtung von gewissen Toleranzen, wie der Anfangszeit mit einem neuen Regelwerk oder in Runden, in denen alle paar Wochen das System gewechselt wird und sei es zyklisch.

Ich denke ganz wichtig ist dabei auch die Verzahnung der Gruppe. Ich denke nicht, dass der Spielleiter der Regelguru sein muss, gleichwohl sollten auch die Spieler sich in die Regeln einarbeiten. Optionen und ein dementsprechend breites Spiel entstehen im Regelfall ja nur dann, wenn beide Seiten die Optionen während des Spiels auch erkennen und regeltechnisch abdecken können. Wer von beiden die glaubhafte Regelkenntnis mitbringt, wäre mir im Zweifel gleich; Delegatin ist - wie in vorherigen Beiträgen erwähnt - wünschenswert und oftmals nützlich. Im Idealfall kennen beide Seiten zumindest das Prinzip des behandelnden Regelaspektes in spezielleren Fällen. Und der oder die von Regelarmut betroffene SL sollte in diesem Fall dann die Verantwortung - zumindest die Szene - abgeben können oder bereit sein darüber zu (ver-)handeln.

Im Gegenzug ist es genauso schlimm, wenn Spieler oder Spielleiter regel- sprich waffenstarrend werden; sie also sehr viel Aufwand in das Erlernen des Detailregeln gelegt haben, sodass sie daraus für sich schließen, dass sie das Erlernte mit Gewalt auf die Gruppe in jeglicher Situation drücken müssen, um der Mühe gerecht zu werden. Der sicher nicht ganz richtige Begriff des Regelnazis ist schon gefallen und ich will ihn auf beiden Seiten in Ermangelung eines besseren Begriffes nutzen. Soll heißen: Wenn ich von einem Spieler oder Spielleiter ausgehe, der sich darum bemüht, annähernd an die 100% Regelfestigkeit zu erlangen (ohne dies freilich erreichen zu können) und viel Aufwand da reininvestiert und die Regeln schwertgleich führt, kann dies eine Runde genauso lähmen wie es die Regellosigkeit kann.
Auch aus diesem Grund halte ich eine angestrebt perfekte Regelkenntnis nicht für geboten.

Abschließend schließe ich mich also all jenen an, die sich dafür ausgesprochen haben, dass die Basis und Intentention des Spiels bekannt sein muss und genutzt sein soll/will (system matters), um eine gemeinsame und breite Basis zu haben. Alles darunter und darüber birgt große Gefahren für das Gleichgewicht am Spieltisch, mit den wenigen Ausnahmen, in denen man eine Gruppe hat, wo jeder Teilnehmer ähnliche Meisterschaftsideale gegenüber den Regeln trägt oder vergleichbare Ausnahmen.
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Offline 1of3

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #16 am: 26.01.2016 | 10:30 »
Muss ein Spielleiter (m/w) 100%ig regelfest sein oder reichen auch 50% oder soll er nur eine gute Geschichte erzählen und es reicht, wenn in der Gruppe ein Spieler helfen kann die Ideen in die Regelmechanik zu gießen?

Die SL [1] sollte alle Regeln kennen, die für die SL gelten und die sie plant einzusetzen. Dazu gehören also die generellen Regeln für NSCS, aber nicht irgendwelche Klassenfähigkeiten, die nur für SCs gelten. Und wenn man schon ein Schiffskampfszenario plant, dann ist es vielleicht günstig, das vorher mal anzuschauen.

[1] Zum Gendern ist es am einfachsten über "die Spielleitung" / "die SL" zu sprechen.

Offline Rhylthar

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #17 am: 26.01.2016 | 10:39 »
Wenn ich leite, habe ich immer folgenden Anspruch gehabt:

Die Regeln mindestens genauso gut (oder besser) kennen als die Spieler. Auch die Regeln, die vornehmlich von den Spielern genutzt werden (also insbesondere Klassenfähigkeiten, etc.).

Meine Erwartungshaltung an SL ist nicht so hoch, aber ein fundiertes Grundgerüst sollte vorhanden sein, das auch nach und nach erweitert werden kann/sollte.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

eldaen

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #18 am: 26.01.2016 | 10:47 »
In Spielen, in denen der SL gegen die Spieler spielt (D&D etc) ist es natürlich wichtig, dass der SL mehr als nur die NSC Regeln kennt - wie sollte er ansonsten entsprechende Opposition aufbauen und Abenteuer planen? Insbesondere in Spielen, die Feats, Talente etc haben ist das fundamental.1

In freieren, kooperativeren Spielen ist es nicht so wichtig, da genügt es oft schon, wenn der grundlegende Proben- und Kampfmechanismus bekannt ist. Auch in Spielen, in denen dieselben Regeln für alle gelten und es nicht unzählige Ausnahmen (wieder: Feats etc) mit ihren spezifischen Regeln gibt, ist es nicht so wichtig, alle Regeln zu beherrschen, da dort die Spieler leichter aushelfen können, auch wenn es nciht nur für ihren eigenen Charakter gilt (siehe Konkurrenz Spieler - SL, oben).

1 Jaja, mir ist bewusst, dass diese These sehr provokativ ist...  ::)
« Letzte Änderung: 26.01.2016 | 10:49 von HEXer »

Deep_Impact

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #19 am: 26.01.2016 | 11:08 »
In Spielen, in denen der SL gegen die Spieler spielt (D&D etc) ist es natürlich wichtig, dass der SL mehr als nur die NSC Regeln kennt - wie sollte er ansonsten entsprechende Opposition aufbauen und Abenteuer planen? Insbesondere in Spielen, die Feats, Talente etc haben ist das fundamental.1
[...]
1 Jaja, mir ist bewusst, dass diese These sehr provokativ ist...  ::)

Ich sehe nicht, dass bei D&D die SL gegen die Spieler spielt, sondern sich an den geäusserten und besonders den unterschwelligen Wünschen der Spieler orientiert. Damit ist es gerade bei D&D die Aufgabe der SL taktisch spannende Kämpfe zu liefern1. Das wiederum erfordert schon genau das, was du sagst.

1Das kann auch darin gipfeln, dass man uninteressante Nebenkämpfe (Tür öffnen / Monster erschlagen / Raum plündern) einfach mal durchwinkt.

[1] Zum Gendern ist es am einfachsten über "die Spielleitung" / "die SL" zu sprechen.

Darum verwende ich das auch konsequent. :) Interessantes Nebenthema: Warum werden in engl. Regelwerken GM neuerdings immer mit "she" referenziert.  :P
« Letzte Änderung: 26.01.2016 | 11:14 von Deep_Impact »

Offline Boba Fett

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #20 am: 26.01.2016 | 11:21 »
Ich sehe nicht, dass bei D&D die SL gegen die Spieler spielt, ...

Einige Rollenspieler spielen den "Konfliktanteil" von D&D so, wie man das Brettspiel Descent spielt - nennen wir es mal "kompetiv".
Und das ist schon ein bisschen "gegeneinander"...

Zum Thema:
Die Spielleitung muß "hinreichend" regelfest sein.
Was hinreichend bedeutet, ist in jeder Gruppe individuell festzulegen.
« Letzte Änderung: 26.01.2016 | 11:31 von Boba Fett »
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

eldaen

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #21 am: 26.01.2016 | 11:30 »
Ja, auf diesen Konfliktanteil bezog ich mich - in dem Thread geht es ja um Regen. Dass man da ganz abgesehen von den Regeln gutes Rollenspiel betreiben kann, will ich gar nicht (schon wieder  >;D) in Abrede stellen. Ich denke nur, dass in diesen Fällen der Regelanteil mehr Auswirkungen in Richtung kompetitiven Spielens hat als auf die Charakterdarstellung. Ich halt de jetzt auch wieder den Mund - meiner Erfahrung nach ist eben halt in solchen Fällen wichtiger, dass der SL eben auch die SC Regeln auf dem Schirm hat, als es bei anderen Systemen ist. Daher die Relevanz hier.

Offline Conan der Barbier

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #22 am: 26.01.2016 | 11:45 »
Ich sehe das sehr schmerzfrei: Solange ich als Spieler den Eindruck habe, dass die Spielsituation für mich nachvollziehbar (und im Rahmen der Spielrealität "realistisch") per Regeln abgehandelt wird, ist es mir persönlich völlig egal, ob die entsprechende Regel in irgendeinem Buch abgedruckt ist oder vom SL improvisiert wurde oder schlicht und ergreifend ein SL-Entscheid alles ohne Würfelei regelt. Meinem Spielspaß tut es lediglich Abbruch, wenn ich stundenlang würfeln soll oder es lange Streitigkeiten über regeltechnische Fragen gibt. Früher habe ich das auch manchmal anders gesehen, aber inzwischen bin ich in Bezug auf Regeln bei dem Wahlspruch "So viele wie nötig, so wenige wie möglich" angelangt.

Wie schon weiter oben erwähnt wurde, hängt die Antwort auf die Frage des Themas stark davon ab, welchen Spielstil man bevorzugt.
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Deep_Impact

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #23 am: 26.01.2016 | 12:24 »
Wie schon weiter oben erwähnt wurde, hängt die Antwort auf die Frage des Themas stark davon ab, welchen Spielstil man bevorzugt.

Nein, eigentlich nur begrenzt. Denn eine SL muss in einem regelschwerem, regelleichtem oder regellosem System wissen was sie tut oder einen gewissen Teil beherrschen.

Ob wir von DSA, CONTACT, FATE, NIP’AJIN oder dem Zettel-RPG reden, macht es einen Unterschied in der Menge der Seiten, die ich lesen muss, aber nicht im Grad der Beherrschung.

Selbst, wenn man ein komplett würfel1- und augenscheinlich regelloses Erzählspiel spielt, muss man die gesellschaftlichen Konventionen (neudeutsch Gruppenvertrag) kennen, was darf ich hier machen und was nicht. Woran habe ich Erzählrechte und wo darf ich nicht eindringen.

1 einschließlich jeder anderen Form von Zufallgeneration.

Offline Conan der Barbier

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Re: Muss die Spielleitung zwingend regelfest sein?
« Antwort #24 am: 26.01.2016 | 12:31 »
Das ist zwar richtig, aber jetzt erweiterst du meines Erachtens den Kontext der Frage massiv. Im ersten Post war von Regelmechanik, Regelbasis eines Rollenspiels etc. zu lesen. Darauf bezog sich meine Antwort, und so etwas braucht es nach meiner Meinung je nach gewünschtem Spielstil eben nicht. Dass ein SL (wie auch ein Spieler) natürlich grundlegende Konventionen des Umgangs miteinander behrrschen sollte, ist klar. Diese Regeln sind ja auch nicht spezifisch auf die Situation des Rollenspiels bezogen, sondern ich erwarte auch in jeder anderen ihre Einhaltung.
Furztrocken!

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