Nein, das habe ich bei dem Film nie gedacht. Ich hatte nie den Eindruck, dass die Charaktere irgendwie mehr sind als brutale, selbstbezogene und amüsant-geschwätzige Killer.
Mir ging's ähnlich, und deshalb war das für mich auch der erste Tarantino überhaupt, der mich so gar nicht gut unterhalten hat. Vielleicht war er gar nicht so schlecht, mal im weitesten Sinne künstlerisch betrachtet. Stellt man ihn in eine Reihe mit "Inglorious Basterds" und "Django Unchained" dann hat man schon den Eindruck, dass Tarantino sich hier selbst in interessanter Weise selbst kommentiert. Die beiden Vorgänger waren Rache-Katharsis-Filme, in denen die extreme Gewalt zwar nicht unbedingt gerechtfertigt, aber doch irgendwie verhältnismäßig war. Ob es moralisch "richtig" wäre, ein Kino voller Nazis niederzubrennen, darüber kann man sich sicher streiten, aber das Ganze hat eine gewisse Folgerichtigkeit ... natürlich macht es das für die Zuschauer dann auch leichter verdaulich. Von daher: Ja, vielleicht waren die Vorgängerfilme bequemer. Sie waren aber für mein Gefühl auch etwas vielschichtiger, weil man sich da noch ganz gut ambivalent positionieren konnte/musste - gerade bei den Basterds mit dem von Christoph Waltz verkörperten "Hochkultur-Nazi", der ja durchaus einen Haufen Identifikationsangebote an das Bildungsbürgertum liefert, das Tarantino inzwischen goutiert ... und trotzdem kann man dann am Ende Häme empfinden, wenn er sein Fett wegkriegt (finde ich).
Bei "Hateful 8" habe ich tatsächlich zum Ende nur noch tiefste Abscheu gegen alle Figuren empfunden. Klar gab es auch hier eine grausige Verhältnismäßigkeit der Gewalt - die Räuberbande massakriert alles und jeden, was ihnen in den Weg kommt, und die Vertreter des "Gesetzes" (also die Kopfgeldjäger und das widerwärtige Sheriff-Rassistenschwein, das einfach jeder beliebigen Autoritätsfigur mit einem feisten Grinsen im Gesicht nachläuft) verüben sadistische Gerechtigkeit (und misshandeln nebenher ihre Gefangene so beiläufig und brutal, dass der Film sich teilweise wie eine Dauervergewaltigung anfühlt ...). Die Verhältnismäßigkeit ist die, dass halt alle Vertreter staatlicher und bandenförmiger Gewalt miese Drecksäcke sind. Und zwischen die Fronten kommen die "einfachen Leute", die in der kurzen Rückblende gegen Ende ja geradezu übertrieben sympathisch gezeichnet werden.
Vielleicht wollte Tarantino also sagen: "Guckt mal, ihr habt wahrscheinlich durchaus mehr als klammheimliche Freude empfunden, als in den letzten Filmen Nazis und Sklavenhalter niedergemetzelt wurden; ist schon okay, war bei mir nicht anders. Aber jetzt mache ich mal einen Film, wo die Figuren im Film zwar am Ende sadistische Häme über das Schicksal ihrer Gegner empfinden können, ihr aber nicht mitgehen könnt. Einfach, weil man das auch mal fühlen muss."
Schön und gut, aber irgendwie hat sich der Film für mich dann auch darin erschöpft. Das war dann reine Quälerei für mich. Dazu kommt, dass ich die erste Hälfte auch nicht besonders mochte. Klar, da waren wieder ein paar schlaue Dialoge, aber letztlich waren die Figuren durch die Bank einfach nur selbstgefällig, und das ganze ist ins geschwätzige gekippt. Die lustigen und durchaus auch dramaturgisch schlauen Brüche, die in "Basterds" und "Unchained" so perfekt gesetzt waren (ich denke da z.B. an die Kneipenszene in Basterds: "Ja, warum richten sie eine Waffe auf meine Eier?"), haben mir irgendwie gefehlt. Mit kam das vor, als müsste ich jetzt mein Gemüse Essen, in dem ich zusehe, wie ganz, ganz langsam die Konfliktlinien gezogen und wieder neu gezogen werden, damit in der zweiten Filmhälfte alles auf allerlei Arten zusammenrasselt. Aber diese Hoffnung ist nicht belohnt worden - eigentlich hat keiner der vorher lang ausgebreiteten Konflikte zwischen den verschiedenen Figuren noch irgendeine Rolle gespielt, als das Gemetzel losging ...
Außerdem kann ich's nicht sehen, wenn die Leute in Filmen Blut kotzen. Zumindest nicht in solchen Mengen. Ich bin echt nicht zimperlich, aber das ist komischerweise einer meiner Trigger für Hinterher-nicht-schlafen-können. Okay, das konnte Tarantino nicht wissen, sonst hätte er vielleicht Rücksicht darauf genommen ...