Zu den ungewohnten Elementen gehörte, inzwischen ist es ja verbreiteter, die Verbesserung von Fertigkeiten durch Anwendung im Abenteuer wobei die Steigerung dann noch auisgewürfelt wird. Das macht eine einigermaßen planbare Charakter Gestaltung eigentlich nicht möglich. Hinzu kam, das wenigstens in den Runden in denen ich mitgespielt habe, das viel Aufmerksamkeit darauf gelegt wurde Steigerungsmöglichkeiten zu bekommen. Als Spielleiter fehlten mir die Erfahrungspunkte als Mittel der Belohnung. Als Spieler hatte man schnell den Eindruck das der ein Mal geschaffene Charakter sich eben kaum noch verändern würde. Da fehlte mir ein wenig die Motivation zum Spiel. Mögliche Ansätze, wie etwa freie Steigerungswürfe oder fixe Steigerungen, waren in den Grundregeln nicht vorhanden.
Viel davon könnte man halt als "Bug not Feature" bezeichnen (langsame Charakterprogression heißt tendenziell auch weniger Regel-Neulernaufwand während des Spiels). Die Frage wäre: War die deutsche Spielerschaft zu dem Zeitpunkt, als BRP hier rüberkam, schon durch DSA und evtl. Midgard "verdorben" und nicht mehr bereit, sich auf alternative Herangehensweisen einzulassen?
Cthulhu in Deutschland war auch frustrierend. In der amerikanischen Ausgabe fand man in einem Band die Regeln, den Hintergrund und ein paar grundlegende Informationen zu den 20ern dem viktorianischen Zeitalter und einem modernen Cthulhu.
In Deutschland gab es mit den Ausgaben von Hobby Production und Laurin, ich meine es hätte sogar noch eine Dritte gegeben, nur Ausgaben in denen etwas fehlte oder gar der Hintergrund in einem Extraband kam. Wenn man das amerikanische Material kannte fühlte man sich als deutscher Cthulhu Spieler ausgenutzt und dann noch nicht Mal ordentlich unterstützt.
Die hier hochgelobten Kampagnen, etwa der Orient Express, kamen meines Wissens nicht heraus.
Ich denke das deutsche Cthulhu ist sehr stark davon geprägt worden wie die Macher bei Pegasus ihr Spiel gespielt haben. Hinzu kommt eine recht starke Sammlerszene die das Material eben nicht zum Spielen brauchen womit konstruktive Kritik ausblieb. Die Diskussionen zwischen Storytellern und Abenteuer Rollenspielern die schon ja im Tanelorn hart und emotional geführt wurden wurden im Cthulhu Forum vor allen emotional und persönlich geführt.
Ich denke Cthulhu wandelt sich mit der 7. Edition und der Tendenz mehr spielbare Bestandteile in Quellenbüchern und offene Ereignisse in Abenteuern zu fordern in eine erfreuliche Richtung.
Ich glaube nicht, dass ein nennenswerter Teil der deutschen Cthulhu-Spielerschaft den von dir gezogenen Vergleich dt. Ausgabe/Originalausgabe gezogen hat. Außerdem war nach meiner Wahrnehmung Cthulhu bereits zu Laurin-Zeiten sehr erfolgreich hier, und zu der Zeit wurde auch das begonnen, was man später den Pegasus-Stil nannte; viele Handouts, oft stark gerailroadete Abenteuer, Desinteresse an den Regeln. Das waren damals m.E. vor allem die Abenteuer von Steffen Schütte (Froschkönig-Fragmente, Zeichen des Stiers), die ich übrigens durch die Bank großartig finde, die aber eben auch einen ganz bestimmten Stil für deutsche Cthulhu-Publikationen etabliert haben, der dann (nicht immer auf diesem Niveau) ziemlich lange unter weitgehendem Ausschluss aller anderen Herangehensweisen durchgezogen wurde.
Andererseits vermute ich auch, das gerade das stark mit für den Erfolg von Cthulhu bei Pegasus verantwortlich war. Man hat da schon einen sehr eigenen Stil geprägt, der irgendwie auch was mit DSA zu tun hatte; während bei DSA das (durchaus elitäre) Anspruchsbewusstsein aber eher in die Richtung "wir sind ein atmosphärisches Rollenspiel, in dem gutes Charakterspiel gefordert und belohnt wird", war es bei Cthulhu für mein Gefühl mehr "wir sind ein atmosphärisches Rollenspiel, das zugleich intellektuell anregt und fordert." In beiden Fällen steckte da jedenfalls (ich glaube, am deutlichsten Ende der 90er) ein gewisses Besserspielertum drin, das man ja im Cthulhu-Forum auch immer wieder beobachten kann.
Kurz: Ich glaube, Cthulhu hatte Erfolg, weil es sich (teils zu recht) als anspruchsvoll verkaufen konnte, gar nicht unbedingt, weil es mit so viel Begeisterung gespielt wurde.
Elric das in der Welt von Elric von Melniboné spielte brachte Berufe als Pseudoklassen ins Spiel. Die Auswahl an Berufen hing an den Attributen und dem erwürfelten Volk ab. Da konnte man dann mit noch soviel System Mastery keinen effektiven Charakter bekommen. Hinzu kam noch das es mit Dämonenwaffen und Dämonenrüstungen zwei Ausrüstungsgegenstände gab die das Kampfsystem aushebelten. Von der Einstiegskampagne wurden maximal zwei von drei Bänden veröffentlicht. Weiteres Material für andere Hintergründe des Ewigen Heldens kam natürlich auch nicht heraus.
Ich mag den Hintergrund weiterhin aber die Umsetzung war einfach nur katastrophal.
Auf deutsch gab es nicht Elric, nur Stormbringer. Tatsächlich war das ein Mega-Unbalanciertes Spiel, das gehörte aber auch zum Konzept. Während man das wohl heute nicht mehr so machen würde, muss ich sagen, mir hat es schon Spaß gemacht. Man war halt manchmal ganz klar der Underdog in der Gruppe; andererseits war das System so swingy, dass man gelegentlich total was reißen konnte; und wenn nicht, war man schnell tot und hat sich halt einen neuen ausgewürfelt.
Falls du mit der "Einstiegskampagne" "Freydas Rache" und "Auf der Spur des weißen Wolfes" meinst, die war zweiteilig und wurde auf deutsch abgeschlossen. Dann ist noch mit "Der Traum des roten Gottes" ein großartiges Abenteuer von Steffen Schütte erschienen, und mit "Dämmerung im Purpurkreis" eine Übersetzung, die ich aber nie gelesen habe. Das ging glaube ich in vergleichsweise schneller Folge, so schlecht war man also nicht mit Material versorgt. Danach war es dann glaube ich mit Laurin zu Ende, sodass Steffen Schüttes tolle Kampagne "Ariochs Kinder" nie mehr erschienen ist.