Es gibt nur sehr wenige Rollenspiele, die sich mit der aufgeräumten und überarbeiteten Revised Edition von The One Ring messen können. Punkt.
Dem eigenen Anspruch, das Spiel zu sein, das sich Tolkien-Fans neben ihren Hobbit, neben ihren Herrn der Ringe ins Regal stellen können, wird es tatsächlich voll und ganz gerecht.
Das nach der Schlacht der Fünf Armeen einsetzende Setting bietet nicht nur eine perfekte Mischung aus Freiraum und Altbekanntem, sondern trifft einen ganz besonderen Ton zwischen zuversichtlicher Abenteuerlust auf der Einen und der schleichenden, korrumpierenden Rückkehr des Schattens auf der anderen Seite. Einziger Kritikpunkt mag sein, dass das Grundbuch dieses Setting nur in groben Zügen beschreibt und man für eine längere Kampagne auf Heart of the Wild und Darkening of Mirkwood zurückgreifen sollte. Andererseits ist mit The Marsh Bell ein Abenteuer enthalten, das man, zumindest, was die gewünschte Atmosphäre angeht, gut als Vorbild nehmen kann.
Den Hauptteil des Buchs machen die Regeln aus. Regeln, die das Spielgefühl konsequent und konsistent auf die vom Setting vorgegebene Linie lenken. Dass den einzelnen Regelelementen oft kurze Zitate aus dem literarischen Vorbild vorangehen, sagt eigentlich schon alles. Man hat versucht zentrale Aspekte aus dem Hobbit und dem Herrn der Ringe in Regelform zu gießen und war dabei erfolgreich. Von character traits wie Fair-spoken oder Gardener, die elegant dafür sorgen, dass SC stets Züge bestimmter Archetypen aus Tolkiens Werk tragen über die Fellowship-Mechanik, die grundlegende Aufteilung des Spiels in Adventuring Phase und Fellowship Phase, schlicht geniale Regeln für Reisen durch Wilderland, ein übersichtliches Kampfsystem, das sich nahtlos in den Spielablauf und das Spielgefühl einfügt, ein extrem flexibles System für soziale Encounter, das durchaus zum längeren, aber geregelten Ausspielen solcher Szenen einlädt statt davon abzuhalten bis hin zu den Regeln über Hoffnung, Schattenpunkte und Korruption, die mit zum Kern des Systems gehören und das Motiv der Selbstaufopferung und des tolkienschen Heldentums ins Spiel integrieren.
Zu Illustrationen und Layout muss man nicht viele Worte verlieren: Hervorragend. Leider ist das Cover der Revised Edition meiner Meinung nach weniger beeindruckend als das des alten Adventurer's book.
Dass die deutsche Übersetzung der alten Grundbücher missraten ist, ist schade. Vielleicht erscheint ja irgendwann eine vernünftig übersetzte Version der Revised Edition.