4.5/5
Dungeon World hat meine Art Rollenspiele zu leiten geprägt, wie kein anderes Buch. Noch immer vergesse ich manchmal bei anderen Systemen, die Initiative zu würfeln zu lassen. Dank Prinzipien, wie "Sei ein Fan der Charaktere", sind auch meine Cthulhu Runden um einiges harmloser geworden. Das Buch hat also seine Nebenwirkungen, wie jede starke Medizin.
Aber wie jede starke Medizin verfehlt DW seine Wirkung nicht. Die Kreativität am Spieltisch war noch nie so fantastisch, die Freiheit noch nie so groß.
Schon die Charaktererschaffung fühlt sich an, als wär man mitten im Spiel. Neue Charaktere sind schnell erstellt. Kurz gewürfelt und Spielzüge ausgewählt, fertig. Dann geht's um das Wichtigste bei DW, die Story der Charaktere.
Und was ist die Story der Charaktere? Frag sie einfach! So einfach, so genial. Ganze Abenteuer entstehen so live am Spieltisch, genau zugeschnitten auf die Charaktere. Toll ist dabei, dass Dungeon World eine sehr generische Fantasywelt ala Dungeons & Dragons auftischt. Jeder Spieler findet sich dort einfach zurecht und kann sich dadurch sehr gut am Spiel beteiligen. Das ist mMn auch der Grund warum DW erfolgreicher war, als das Muttersystem Apocalypse World.
Aber DW hat auch seine Schwächen.
- Die Charaktere sind von Anfang an mächtige Helden und viel mächtiger werden sie auf dem Papier auch nicht. Die regelseitige Charakterentwicklung hat wenig Tiefe, daher eignet sich DW weniger für jahrelange Kampagnen (Anm.: Hab's noch nicht ausprobiert, aber ich würde persönlich andere Systeme bevorzugen).
- Vorgegebene Fragen auf dem Charakterbogen und in Spielzügen wie z.b. "Gewissheit erlangen" sind oft zu unspezifisch und waren das erste was ich gehausregelt habe.
- Es dauert etwas bis es *Klick* macht. DW und andere PbtA-Spiele sind so anders, dass es Zeit braucht bis sich einem das System erschließt. Viele Regeln sind sehr abstrakt. Die deutsche Übersetzung hilft einem mit zusätzlichen Erklärungen, was den Einstieg noch etwas einfacher macht.
Insgesamt ist die Übersetzung gut gelungen, der Witz bei Monstertexten bleibt erhalten, englische Regelbegriffe sind meist gut getroffen (Move = Spielzug), etc. Leider haben sich auch einige Stolpersteine eingeschlichen. "Städte" sind im deutschen DW, den Regeln nach, "Stätten". Das ist im geschriebenen Wort, mit meinen Augen, schon schwer auseinander zuhalten und meine Spieler sind erst Recht verwirrt ob ich nun von Stätten oder Städten spreche. Auch der Begriff "Fronten" ist mMn unglücklich gewählt. Ich denke bei "Fronten" zuerst an Krieg und nicht an Kon
FRONTationen.
Das Artwork der deutschen DW-Übersetzung trifft leider nicht meinen Geschmack. Cover und Artwork im Buch beißen sich etwas. Das lässt sich aufgrund des super Preises von 40€ aber gut verschmerzen.
Insgesamt gebe ich 4.5/5 Punkte und runde für die Abstimmung auf 5 auf.