Autor Thema: Übergriffe und unser Hobby  (Gelesen 45481 mal)

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Offline Harlekin78

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #75 am: 4.04.2016 | 16:19 »
Du meinst Knigge, richtig?
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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #76 am: 4.04.2016 | 16:20 »
Was ich echt mal super toll fände wäre eine Art Rollenspiel-Knicke für das Thema. Ob wir sowas hier (vielleicht auch mit der öffentlichen oder annonymen Mithilfe von Forenteilnehmerinnen) hinbekommen würden?
Wäre mal eine tolle Idee, auch z.B. als Hilfestellung für Conorganisatoren oder die Verantwortlichen entsprechender Spielevereine oder Spieletreffen.
Wäre doch mal gut eine Art Richtlinie zu schaffen welche Art von Verhalten angemessen ist und was es garantiert nicht ist, auch im Hinblick darauf das unser schönes Hobby ja den intressanten Grenzbereich zwischen Spielerbehnehmen und Charakterbenehmen hat.
Vielleicht wäre es mal ein guter Auftakt eine Sammlung zu erstellen welches Benehmen schonmal unangenehm aufgefallen ist. Es wäre ja schon mal intressant was für  Sachen sich da häufen, auch um mal losgelöst vom Thema hier mal festzustellen, welche sozialen Baustellen es so in der Szene gibt. Ich meine manchmal legt man ja selbst ein Verhalten an den Tag von dem man nicht weiß das das Gros der Szene das unmöglich findet und wundert sich warum man schlecht ankommt.
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Online Haukrinn

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #77 am: 4.04.2016 | 16:26 »
Für Konferenzen in der Softwareentwicklung gibt es sowas schon und das funktioniert auch ziemlich gut. Vgl. z.B. hier.
What were you doing at a volcano? - Action geology!

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Chiungalla

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #78 am: 4.04.2016 | 16:36 »
Du meinst Knigge, richtig?

Ja. Danke schön.  :d

@ Haukrinn:
Das ist auf jeden Fall schon mal ein guter Start. Vielen Dank dafür. Aber ich glaube das es beim Rollenspiel schon etwas komplizierter wird.
« Letzte Änderung: 4.04.2016 | 16:43 von Chiungalla »

Offline Selganor [n/a]

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #79 am: 4.04.2016 | 16:55 »
Aber ich glaube das es beim Rollenspiel schon etwas komplizierter wird.
Wieso?

Ausserhalb der Spielrunden ist ein Con auch nix anderes als eine sonstige Messe/Veranstaltung/...

Und wenn es um entsprechende Probleme "in Character" geht sollte das auch entsprechend geklaert werden koennen.
Ein einfaches "Ich habe Probleme mit folgenden Themen: ..." vor der Runde sollte ein SL problemlos mit "dann solltest du in dieser Runde lieber nicht mitspielen" beantworten koennen und was "in Character Anmache/Belaestigung/..." angeht sollte das auch am Tisch selbst geklaert werden koennen bzw. dann an die Con-Orga verwiesen werden.
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Online Maarzan

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #80 am: 4.04.2016 | 17:10 »
Da kommt mir zuerst die Frage: Wie echt ist das?
Ist das wirklich so passiert oder eher ein politisches Konstrukt?

Mir kommt es doch in der Massierung arg unglaubwürdig vor, die Stoßrichtung selbst bereits wieder idiologisch aufgeladen mit klassischen Feindbildern und die verlinkte Antwort per Bild hört sich auch an, als ob da was nicht ganz koscher ist.

Vielleicht war es aber auch nur Übertreibung/Zusammenfassung der Erlebnisse diverser Personen in einem rant, um überhaupt Gehör zu bekommen.

Meine breiteren Erfahrung in öffentlichen Veranstaltungen sind 15 Jahre her und bei der in kürzerer Zeit erst erhöhten Anzahl Spielerinnen im Umfeld waren es eigentlich bisher ausschließlich Frauen, die keine effektiv asexuellen Charaktere gespielt haben - maximal allerdings bis zum Verführen nach Würfeln.
Damals gab es ein paar wenige klare verbale Übergriffe durch Männer, einiges mehr auf ggf immer noch zweifelhafte Art, aber da waren damals auch schon wieder merklich Frauen beteiligt (und das bei den damals geringen Anteilen).

Was es damals in meinem Umfeld aber auch sicher gab, war eine weit verbreitete deutliche Skepsis bis Ablehnung gegenüber Frauen am Spieltisch.

Bliebe dann die Frage: Wie sieht die Sache denn differenziert und aktuell tatsächlich hierzulande aus?

Und daraus wäre dann abzuleiten, was angemessene,  förderliche und somit auch angenommene, weil zielgenaue Maßnahmen wären.


Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline La Cipolla

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #81 am: 4.04.2016 | 17:17 »
Bei den Verbindungen zwischen unserem Hobby und dem eher allgemeinen gesellschaftlichen Thema sollte man auch den Eskapismus ansprechen. Sehr viele Rollenspiele verkaufen eine "einfachere" Welt als Gegenpol zu unserer komplexen (und oftmals negativ wahrgenommenen) Realität, und dass implizite oder explizite Sexismen da oftmals dazugehören, ist wohl kein großes Geheimnis. Pulp jeglicher Art ist da häufig (nicht immer!) ganz vorn mit dabei, aber auch das durchschnittliche (!) Fantasy-Setting hat genügend Ansätze in die Richtung, beispielsweise. Auch wenn es zunehmend besser wird.

Ich will nicht mal sagen, dass ich das per se schlecht oder inakzeptabel finde. Schließlich kann man sich auch in vollem Bewusstsein auf sowas einlassen, und zwar ohne gleich zum totalen Real-Life-Sexisten zu werden; darum geht es hier ja auch nur am Rande. Aber gerade im Zuge der spezifischeren Vergewaltigungsthematik sollte einem klar sein, dass ein entsprechend hart ausgespieltes sexistisches Setting potenziell eine tolle Ausrede für eine Menge Real-Life-Scheiße darstellt, gerade mit Fremden, die man nicht gut einschätzen kann; die Beispiele gibt es ja schon im Thread hier. Umgedreht kann selbst ein seicht kritisch verfasstes Rollenspielprodukt dem entgegenwirken (auch mit einem komplett eskapistischen Setting!), und sei es nur, weil es den Leser auf die bloße Möglichkeit hinweist, dass da was schiefgehen kann. Man darf halt nicht vergessen, dass ein "selbstverständlicher" gesellschaftlicher Sexismus auch bedeutet, dass sich vielen Leuten überhaupt nicht bewusst ist, wie problematisch sowas sein kann. Und genau das zeigt der Thread hier auch hervorragend: Gerade unter Jugendlichen sind "triviale" Vergewaltigungsszenen am Tisch tendenziell nichts, was man kritisch beäugt. Ich reihe mich hier auch bei denen ein, die da Geschichten erzählen könnten. Und wenn ein Rollenspielbuch als eindeutig didaktisches Werk (im Sinne von "Regeln beibringen") auch ein bisschen Lebenserfahrung übermittelt ("Ey ... nicht jeder findet's geil."), kann das helfen.


Zitat
Da kommt mir zuerst die Frage: Wie echt ist das?
Ist das wirklich so passiert oder eher ein politisches Konstrukt?

Und spielen diese Fragen noch eine große Rolle, nachdem hier im Thread schon massig Leute ihre eigenen Erfahrungen beigetragen haben? Nimm es doch einfach als Aufhänger. Viel näher als in diesem Thread an die Frage, wie es hierzulande tatsächlich aussieht, wirst du wahrscheinlich nicht mehr kommen. Ist und bleibt halt auch ein Tabuthema, gerade unter Geschädigten (nicht zuletzt, weil die Ernsthaftigkeit ihrer Behauptungen sehr gern angezweifelt wird).

Chiungalla

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #82 am: 4.04.2016 | 17:20 »
@ Selganor:
Weil ich weiß, dass Menschen nicht so rational funktionieren wie sie es tun müssten, damit Deine Lösungsvorschläge funktionieren.

z.B. werden sich wenige bei denen Sex (aus welchem Grund auch immer) ein Problem darstellt selbstbewusst vor die Runde stellen und sagen "Sex ist für mich ein Problem, ist das für euch ein Problem?".

Deshalb darf die Bringschuld in diesen Fällen nicht bei demjenigen liegen der das Problem hat. Hinzu kommen noch mehr oder weniger subtilen sozialen Druck (unter anderem von dem aufdringlichen Kerl der später zum Problem wird) u.s.w. und am Ende ist das Thema wirklich kompliziert und will wohl durchdacht sein, wenn man wirklich etwas bewegen, und nicht nur die Verantwortung (und anschließend die Schuld) auf das potentielle Opfer abwälzen möchte.

Offline Isegrim

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #83 am: 4.04.2016 | 17:29 »
Rollenspiel ist ja nicht nur P&P. Und beim Live-Rollenspiel hat man ja auch gelegentlich ingame körperkontakt. Mit teilweise fremden Menschen. Was ist dann noch okay im Rahmen des Spiels, und wo kann man sich hinterher nicht mehr damit rausreden, dass es "nur" "in character" war? Wo belästigt man vielleicht im Live-Rollenspiel Frauen ohne das überhaupt zu wollen?

Vermutlich ist deswegen auf vielen (den meisten?) LARP explizit klar, dass sexuelle Gewalt bzw Vergewaltigung kein Spielgegenstand ist. Nicht bei/mit fremden Spielern, nicht bei/mit Bekannten, gar nicht. Wohlgemerkt, gespielte sexuelle Gewalt.

Echte ist ein anderes Thema, da dürfte sich die "Rollenspielszene" nicht so riesengroß vom Rest der Gesellschaft abheben, muss dann aber auch nicht gesondert diskutiert werden. Interessant nd wichtig finde ich die Diskussion über rollenspiel-spezifische Zusammenhänge, daher auch Danke an die Moderation, dass sie den Thread bisher offen lässt.

Das lässt natürlich eine breite Grauzone zwischen dummen Sprüchen, It- und OT-Geflirte; immerhin sind LARPs für viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer (auch) eine große Kontaktbörse...
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Offline Kowalski

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #84 am: 4.04.2016 | 17:32 »
Und wenn es um entsprechende Probleme "in Character" geht sollte das auch entsprechend geklaert werden koennen.
Ein einfaches "Ich habe Probleme mit folgenden Themen: ..." vor der Runde sollte ein SL problemlos mit "dann solltest du in dieser Runde lieber nicht mitspielen" beantworten koennen und was "in Character Anmache/Belaestigung/..." angeht sollte das auch am Tisch selbst geklaert werden koennen bzw. dann an die Con-Orga verwiesen werden.

Umm. Manchmal weiss man es erst POST MORTEM was einem nicht gefällt.

Oder man stört sich daran wie ein Spieler seinen SC mit, z.B. weiblichen, NSCs umgeht? Barbar, Schankmaid, After-Work Techtelmechtel mit Spielergeräuschuntermalung samt eindeutiger Handbewegungen (für Mitte Zwanzig doch ein wenig spätpubertierend....)

Oder das man in manchen Orden den Ordensbrüdern homosexuelle Praktiken abverlangt werden (was jetzt kein Kanon, sondern nur SL-Abwandlung war)

Ich fand das mal kindisch, mal unangebracht, mal seltsam.

Aber, und da sehe ich eben kein Alleinstellungsmerkmal bei Rollos, in manchem Online-Spiel Teamspeak geht es genauso sexistisch, rassistisch, homophob, etc. zu.
Oder sogar schlimmer.

Neben den Regeln muß es auch diejenigen geben die solche Regeln auch durchsetzen helfen.
In Rollenspielgruppen sollten das die SLs sein, bzw. mal auch ein privates Wort zwischen Freunden um bestimmte Themen vom Spieltisch fern zu halten, bzw. nur so weit auf diese eingehen, wie sie auch sonst akzeptabel sind.

Aber machen wir uns nichts vor, das ist nichts was mit einer Einmalaktion aus der Welt geschafft wird.
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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #85 am: 4.04.2016 | 17:41 »
Also ich denke auf Veranstaltungen wie Cons oder Spieltreff wo potentiell fremde Leute miteinander spielen Themen wie Vergewaltigung, starker Sexismus, Folter, Rassimus eher nichts zu suchen. Es gibt genügend Möglichkeiten auch eskapistische Sachen zu spielen ohne gleich grenzwertig zu werden.
Was jede Gruppe für sich privat spielt geht niemanden was an und wenn sich auf einem Treff eine Gruppe zusammenfindet die sich darauf verständigen mit "härteren Bandagen" zu spiele und sich dafür in eine stille Ecke zurückziehen ist das auch nicht mein Bier, aber ansonsten wäre zu empfehlen mit Leuten die man nicht kennt und /oder an Stellen wo jederzeit Aussenstehende mithören könnewn (z.B. Ladenrunden) in einem Bereich zu bleiben der so ungefähr FSK 16 entspricht, also generell erstmal alles explizite nicht ausdrücklich ausspielen.
In privaten Runden kann man ja zumindestens einigermassen differenzieren zwischen Charakter und Spieler (den man ja da auch besser kennt) aber bei Fremden kann man halt immer nur vor den Kopf gucken und da lkann es zu Problemen kommen, wenn man (in-Time) Leute mit expliziten Inhalten konfrontiert die schon (Reallife) schlechte Erfahrungen gemacht haben (Stichwort Trauma). Andersrum sollte man auch mal darüber nachdenken was es für einen Eindruck macht, wenn man in einer Runde mit fremden Spielern plötzlich das Monster mit Vergewaltigung und Folter raushängen lässt. Ich meine wer fragt sich dann nicht ob und was dann bei dem entsprechenden Spieler falsch läuft.
Es geht ja gerade in der Öffentlichkeit auch darum wie es auf Aussenstehende wirkt (Stichwort Nachwuchsförderung).

Im übrigen finde ich es Prima, daß hier mal über die Thematik gesprochen wird, denn zumeist kommt es ja bei solchen Themen häufig erstmal zu Eskalation entweder in die eine Richtung (selbst Schuld, was provoziert die das auch) oder in die andere Richtung (ach ja, genau der die Sau, hat der nicht eh schon überall Hausverbot). Im Prinzip wird also immer Einer grenzwertig ausgebootet (Mobbing geht ja auch in beide Richtungen, vor allem bei etwas polarisierenden wie sexuelle Belästigung). Daher verstehe ich auch den Ansatz von Maarzan mit der dahinterstehenden Fragestellung, wie sehr das Thema gerade hochgekocht wird und was da jetzt wirklich dahinter steckt. Was nicht bedeutet das nicht drüber gesprochen werden sollte, auch um nicht in Hysterie zu verfallen und nachher zu sensibel zu werden (wie gesagt, das ist ja keine Einbahnstrasse).

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Offline Isegrim

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #86 am: 4.04.2016 | 17:41 »
Oder das man in manchen Orden den Ordensbrüdern homosexuelle Praktiken abverlangt werden (was jetzt kein Kanon, sondern nur SL-Abwandlung war)

Wär jetzt als Initiationsritus nichts anderes als gute, männerbündische und seit Jahrtausenden praktizierte Tradition, zusammen mit Demütigung, Folter und anderen Nettigkeiten...

Ich thematisiere als SL das Geflirte (und folgende, andere Aktivitäten) meiner SCs nicht allzu gerne, und als Spieler ist es weder meins noch kann ich mir bei allzu sehr "spätpubertierenden" Mitspielern ein gewisses Fremdschämen verkneifen, aber: Jeder wie er will. Gibt es hier unüberbrückbare Konflikte ist ein Zusammenspielen vielleicht die schlechteste Alternative.
« Letzte Änderung: 4.04.2016 | 17:47 von Isegrim »
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Offline sv

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #87 am: 4.04.2016 | 18:01 »
Hallo an alle,

danke für den Thread! Auch, wenn ich hierzulande die Probleme in unserer Szene und auf unseren Cons als nicht so dramatisch wie in den Staaten einstufe, finde ichs doch gut, dass durch den Thread hier ein Bewusstsein für ein paar der Themen geschaffen wird. Ich finds auch toll, dass hier so differenziert über in-game und out-game diskutiert wird, ohne in Getrolle abzudriften. Cool!

Was mir dazu einfällt, und was mir als Spielerin meistens eher unangenehm ist: Sexuelle Gewalt in-game als atmosphärisches Stilmittel. Nunja... Finde ich meistens nicht so dolle, weil sexuelle Gewalt doch meistens etwas ist, das Frauen durch Männer angetan wird (es gibt Ausnahmen, ich weiß!), und sich recht einfach durch andere Stilmittel (okay, meistens immer noch Gewalt) ersetzen lässt. Man muss es auch nicht so detailliert beschreiben, oder glorifizieren, wenn es schon unbedingt notwendig ist, und kann man es sehr vage halten. Auch finde ich das nur angebracht in Runden, in denen sich die Spieler_innen schon eine Weile kennen. In neuen Runden bzw. mit neuen Menschen sind mir jegliche Flirt-/Sex-/Übergriffshandlungen extrem unangenehm, weil es halt auch immer in der out-game Ebene etwas aufmacht, womit man sich dann erst mal beschäftigen muss.

Ein anderes Ding: Eskapismus. Es gibt einfach manche Herren der Schöpfung, die in Runden plötzlich meinen, sie müssten die ganz harten Kerle spielen, und dabei fürchterlich übers Ziel hinaus schießen und ins Klo greifen. Klar ist das super den harten Kerl zu spielen (ehrlich gesagt, ich mache das auch unheimlich gerne, wenn ich Chars jeglichen Geschlechts spiele), aber das muss nicht unbedingt heißen, dass ich alle weiblichen Chars angraben, sexistische Sprüche reißen und das ganze Spiel dominieren muss. Ich finde da lassen sich immer auch Wege finden, wie man die gewünschte Coolness und Abgebrühtheit rüberbringen kann, ohne out-game in der Runde dann total zu nerven. - Sorry, wenn ich etwas verbittert klinge, aber ich hatte das einfach schon so, so, so oft in Runden und fands immer so, so, so unangenehm!

Was ich eigentlich sagen will: Auch, wenn unsere Szene wirklich nett und angenehm ist, finde ich es doch gut, wenn ein Bewusstsein bzw eine Kommunikationskultur geschaffen wird, dass alle sich in den Runden wohl fühlen können und man Dinge ungescholten ansprechen und einen Spielmodus finden kann, der uneingeschränkt für alle angenehm ist.

Offline Sethomancer

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #88 am: 4.04.2016 | 18:05 »
Mir fällt noch auf, das wir hier die ganze Zeit verschiedene Formen von Übergriffigkeit in einen Topf werfen, ich versuche mal aufzuzählen:

- In-Time Übergriffigkeit (Thematik), das Eingehen auf unangemessene Themen (Vergewaltigungsszenarien/ Folterszenene/etc...)
- In-Time Übergriffigkeit (SC/NSC vs. SC/NSC)

- Out- Time Übergriffigkeit (verbale Gewalt), sprich aggressives Flirten, Beleidigen, Herabwürdigen, etc...
- Out-Time Übergriffigkeit (körperliche Gewalt), sprich vom Grapschen bis zur Vergewaltigung

Während die ersten beiden diskutabel sind (sprich ist das unbedingt nötig) und nur unter bestimmten Bedingung in Ordnung sind (Einverständnis aller Beteiligeten + privater Rahmen), sind die letzten Beiden eindeutig nicht zu tolerieren (egal ob gegen Frauen, Männer oder was auch immer) und sollten auch von Aussenstehenden Beobachtern weder toleriert noch unterstützt werden.
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Offline Crimson King

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #89 am: 4.04.2016 | 18:19 »
Mir fällt noch auf, das wir hier die ganze Zeit verschiedene Formen von Übergriffigkeit in einen Topf werfen, ich versuche mal aufzuzählen:

- In-Time Übergriffigkeit (Thematik), das Eingehen auf unangemessene Themen (Vergewaltigungsszenarien/ Folterszenene/etc...)
- In-Time Übergriffigkeit (SC/NSC vs. SC/NSC)

- Out- Time Übergriffigkeit (verbale Gewalt), sprich aggressives Flirten, Beleidigen, Herabwürdigen, etc...
- Out-Time Übergriffigkeit (körperliche Gewalt), sprich vom Grapschen bis zur Vergewaltigung

Während die ersten beiden diskutabel sind (sprich ist das unbedingt nötig) und nur unter bestimmten Bedingung in Ordnung sind (Einverständnis aller Beteiligeten + privater Rahmen), sind die letzten Beiden eindeutig nicht zu tolerieren (egal ob gegen Frauen, Männer oder was auch immer) und sollten auch von Aussenstehenden Beobachtern weder toleriert noch unterstützt werden.

Die ersten beiden sind genau dann diskutabel, wenn sie nicht stellvertretend für nicht getätigte vergleichbare Outgame-Handlungen stehen. Es besteht immer noch ein himmelweiter Unterschied dazwischen, einen potenziell problematischen Spielinhalt, den man bespielt haben möchte, ohne Rücksprache in die Spielrunde einzubringen, oder die Machtposition, die sich durch die Rolle als Spielleitung oder die Rückendeckung der Mitspieler ergibt, ausnutzt, um den Charakter eines anderen Mitspielers oder einer anderen Mitspielerin in irgend einer Form zu entwürdigen. So eine Handlung wird in solchen Situationen eben nur stellvertetend am Charakter dieses anderen Mitspielers unternommen. Und meiner Wahrnehmung nach lassen sich diese Situationen problemlos voneinander unterscheiden.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #90 am: 4.04.2016 | 18:20 »
@Seth:
Würde ich beides so unterschreiben. Schwierig wirds bei den Übergängen. Wenn anzügliche InTime-Bemerkungen mit Gestik/Mimik plötzlich auch OT gedeutet werden kann.
Wenn ein IT Flirt als auch-OT-Flirt verstanden wird.
Wenn die Arschlochigkeit des SCs als Entschuldigung für spielerisches Arschlochverhalten genutzt wird.

Vieles davon fällt unter Regel 0. Nun spielt man aber jahrelang in einer Gruppe, die sich gut kennt und wo man weiß, wie Anzüglichkeiten gemeint sind - Die neue Spielerin weißt das nicht. Und dann wird mit dem Nichtwissen ggf. kokettiert.

Ohne das im Einzelnen zu werten: In diesen Grenzfällen spielen sich glaube ich die meisten Probleme ab und dort führen Mißverständnisse, Intoleranz und Misogynie dazu, dass Menschen verletzt werden können.

Die Frage, die sich mir stellt ist dann: Möchte ich ein Spielverhalten pflegen, dass auf Außenstehende problematisch wirkt aber Konsens in der Gruppe ist und dort auch keinen stört? Muss ich das haben?
Und falls nicht: Wie formuliere ich das in einer Gruppe von Menschen, mit denen ich möglicherweise auch befreundet bin, ohen dass es falsch rüberkommt?

VIelleicht wäre ein Vorfrage ja auch: Woran merke ich, dass mein Spielverhalten nach außen evt. problematisch sein könnte?
Das ist nicht leicht zu beantworten so rein aus der Gruppe heraus, denke ich...
« Letzte Änderung: 4.04.2016 | 18:22 von First Orko »
It's repetitive.
And redundant.

Discord: maniacator#1270

Dir ist schon klar, dass es in diesem Forum darum geht mit anderen Leuten, die nix besseres mit ihrem Leben zu tun haben, um einen Tisch zu sitzen und sich vorzustellen, dass wir Elfen wären.

Offline Isegrim

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #91 am: 4.04.2016 | 18:26 »
Es besteht immer noch ein himmelweiter Unterschied dazwischen, einen potenziell problematischen Spielinhalt, den man bespielt haben möchte, ohne Rücksprache in die Spielrunde einzubringen, oder die Machtposition, die sich durch die Rolle als Spielleitung oder die Rückendeckung der Mitspieler ergibt, ausnutzt, um den Charakter eines anderen Mitspielers oder einer anderen Mitspielerin in irgend einer Form zu entwürdigen.
Beides ist mE nicht tolerierbar, da sind wir uns einig. Schwierig wird es, wenn ein Teil der Runde mit der SL freudig i-welche klischeebehafteten Orgien mit ebenso gezeichneten NSCs zelebriert, während es einem anderen Teil der Runde auf die Nerven geht. Ich kann das (noch stärker) werten, aber letztendlich muss jede Person selber wissen, wie sie ihre Freizeit verbingen will. Mehr als ein klärendes Gespräch mit Apellcharakter kann man nicht machen, wenn das keinen Konsens ergibt isses halt doof.
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Offline blut_und_glas

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #92 am: 4.04.2016 | 18:35 »
Was mir auffällt:

Diese Diskussion dreht sich in meinen Augen primär um Übergriffe auf die Spielfiguren (beziegungsweise mittels der Spielfiguren/des Spiels).

Der einleitend verlinkte Artikel dreht sich primär um Übergriffe auf die Spielenden.

...

Für mich macht das diesen Thread hier sehr unangenehm zu lesen und zwar auch weil für mich daraus eine - sicherlich nicht beabsichtigte von mir aber trotzdem empfundene - Verharmlosung spricht. Statt über Verbrechen wie eine Vergewaltigung auf einer Convention zu sprechen, widmen wir uns lieber der Frage, wie wir es vermeiden können, dass in einer Spielrunde ein Satz wie "mein Ork greift deiner Elfe an die Titten und *würfel* sie findet's geil" fällt.

Ich hoffe inständig, das letzteres Beispiel natürlich näher am Erleben der Teilnehmer liegt und dadurch präsenter ist. Aber trotzdem fühle ich mich extrem unwohl dabei, diese Art der Diskussion als Reaktion auf die eingangs beschriebenen Übergriffe und Verbrechen zu lesen. Erst recht, da ein Teil der Beiträge auch noch den Tenor "sowas könnte hier bei uns ja auch gar nicht passieren" anschlägt.

Damit klinke ich mich aber auch lieber aus.

Entschuldigung.

mfG
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Offline ArneBab

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #93 am: 4.04.2016 | 18:46 »
Die Frau habe ich vor einigen Jahren noch mal wieder getroffen, auf eine Geburtstagsparty eines sehr guten Freundes.
Wir haben uns über den Con unterhalten und es war spürbar, dass diese "Nacht" nicht als "Belanglosigkeit" in ihr Gedächtnis gespeichert wurde.
Auch wenn physisch "nichts ernstes" passiert ist, hatte das Verhalten durch aus seine Auswirkungen.
Ich denke, das ist ein wichtiger Punkt: Sexuell bedrohliche Situationen können reale, langfristige Auswirkungen haben. Sie sind von außen schwerer zu beurteilen, verletzen aber nicht weniger als ein Faustschlag ins Gesicht, eher mehr.

Das gilt grundlegend für jegliche soziale Gewalt, für sexuelle aber nochmal stärker, weil dabei immer die Drohung physischer Gewalt im Raum steht — egal ob gewollt oder nicht.

Und das einmal zu erleben ist oft schon so schlimm, dass ein Trauma bleibt, selbst wenn 99% der Runden toll waren.

Nehmen wir an, jemand spielt vier mal im Jahr auf Cons, je 3 Runden mit 4 Leuten. Das sind knapp 50 Leute im Jahr. Wenn nun in vier Jahren einmal jemand übergriffig wird, ist das zwar nur eine von 200 Personen, aber es kann davon Betroffenen für immer den Spaß am Spiel zerstören.

Das zeigt, dass wir uns keine 0.5% Arschlöcher leisten können.

Bei physischer Gewalt ist das meist offensichtlich: Wir würden niemanden ein zweites Mal auf die Con lassen, der jemanden mit einem Messer angegriffen hat. Bei sexueller Gewalt ist es nicht so offensichtlich; vielleicht auch weil die Folgen davon von Außen gesehen nicht so offensichtlich sind. Wenn jemand eine blutende Wunde hat ist Allen klar, dass diese Wunde behandelt werden muss und vermutlich Narben hinterlässt.

Bei einer seelischen Verletzung ist das oft nicht direkt sichtbar, v.a. nicht für Leute, die die Person nicht persönlich kennen. Deswegen sehe ich nur die Möglichkeit, umso vorsichtiger zu sein, und Leuten, die sagen, dass etwas für sie schlimm war, zu glauben, dass es das wirklich war.
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Offline Chruschtschow

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #94 am: 4.04.2016 | 18:56 »
Der einleitend verlinkte Artikel dreht sich primär um Übergriffe auf die Spielenden.

Ich denke, viele Beiträge sind eher so zu verstehen, dass es eben auch schon Übergriffe gibt, bei denen eben das Ingame-Geschehen Vehikel für eine sexuelle Nötigung. Ja, auch verbal kann sexuelle Gewalt ausgeübt werden. Sicher ist das auch eine andere Qualität als tätlich ausgeübte sexuelle Gewalt. Aber verharmlosen darf man auch die nicht.
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline LushWoods

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #95 am: 4.04.2016 | 18:59 »
Wenn man über dieses Thema diskutiert sollte man meines Erachtens auch darauf achten inplay/outplay zu trennen ODER sich mit dem möglicherweise fließenden Übergang zu beschäftigen.

Das was BuG sagt ... und ich zitiere mich mal ganz frech selber.

Ucalegon

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #96 am: 4.04.2016 | 18:59 »
Was mir auffällt:

Diese Diskussion dreht sich in meinen Augen primär um Übergriffe auf die Spielfiguren (beziegungsweise mittels der Spielfiguren/des Spiels).

Der einleitend verlinkte Artikel dreht sich primär um Übergriffe auf die Spielenden.

...

Für mich macht das diesen Thread hier sehr unangenehm zu lesen und zwar auch weil für mich daraus eine - sicherlich nicht beabsichtigte von mir aber trotzdem empfundene - Verharmlosung spricht. Statt über Verbrechen wie eine Vergewaltigung auf einer Convention zu sprechen, widmen wir uns lieber der Frage, wie wir es vermeiden können, dass in einer Spielrunde ein Satz wie "mein Ork greift deiner Elfe an die Titten und *würfel* sie findet's geil" fällt.

Ich hoffe inständig, das letzteres Beispiel natürlich näher am Erleben der Teilnehmer liegt und dadurch präsenter ist. Aber trotzdem fühle ich mich extrem unwohl dabei, diese Art der Diskussion als Reaktion auf die eingangs beschriebenen Übergriffe und Verbrechen zu lesen. Erst recht, da ein Teil der Beiträge auch noch den Tenor "sowas könnte hier bei uns ja auch gar nicht passieren" anschlägt.

Damit klinke ich mich aber auch lieber aus.

Entschuldigung.

mfG
jdw

Kann ich nachvollziehen.

Andererseits macht es, finde ich, trotzdem Sinn, auch über subtile und weniger offensichtliche Formen von Übergriffigkeit zu sprechen. Besonders, weil man da aus meiner Sicht mehr Möglichkeiten hat, selbst was für eine offene und angenehme Atmosphäre in eigenen Runden, auf Cons etc. zu tun.

Offline nobody@home

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #97 am: 4.04.2016 | 19:05 »
Das wirft dann aber doch auch wieder die Frage auf, inwieweit unser Hobby sexistische Inhalte vermittelt.

Ich würde sagen, da gibt's tatsächlich einiges, was sich schon daraus erklärt, daß die Leute, die unser Hobby mit Material versorgen, halt auch normale Mitglieder unserer Gesellschaft sind und sexistische Elemente nicht mal unbedingt als problematisch erkennen -- zumal die durchaus auch mal recht subtil daherkommen können. Zum Beispiel: Wieso eigentlich ist in praktisch jedem Fantasyspielwelt-Pantheon die Haupt-Liebesgottheit weiblich? Wenn wir schon alle so abgeklärt und für Gleichberechtigung sind, was spricht dann eigentlich dagegen, mal ein "gestandenes Mannsbild" zum Chef über Liebe, Sex und Romantik unter den Sterblichen zu machen...? (Okay, alle, die eben kurz zusammengezuckt sind, melden! ...und ja, ich geb's ja zu: Erster!)

Damit will ich das Problem bestimmt nicht trivialisieren. Ich meine, ich bin ja auch nur ein privilegierter männlicher Spieler und selbst mir ist zumindest im Rahmen des "innerweltlichen" Spielgeschehens an diesem oder jenem Tisch schon die eine oder andere sexuelle Peinlichkeit begegnet, da braucht's dann nicht mehr viel Fantasie, um den Faden zu echten Problemfällen und Out-of-Character-Belästigungen weiterzuspinnen. Und die braucht das Hobby dann definitiv nicht...und wenn das etwas Aufmerksamkeit und die Bereitschaft verlangt, auch mal die Zähne auseinander zu kriegen, wenn sich jemand anders am Tisch sichtbar unwohl fühlt, ohne unbedingt selbst etwas zu sagen, dann, denke ich, kann man damit leben.

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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #98 am: 4.04.2016 | 19:17 »
Was mir auffällt:

Diese Diskussion dreht sich in meinen Augen primär um Übergriffe auf die Spielfiguren (beziegungsweise mittels der Spielfiguren/des Spiels).

Der einleitend verlinkte Artikel dreht sich primär um Übergriffe auf die Spielenden.
Ich glaube (bzw.hoffe) der Grund dafür liegt darin, dass für die meisten hier dass Thema der (sexuellen) Gewalt gegenüber den Mitspielern absolut indiskutabel ist. Ich denke es herrscht da Konsens, das dieses Verhalten nicht nur Strafbar sondern auch völlig untolerierbar ist. Ich denke jegliche Form von gewaltätigen Übergriffen auf Treffen (Cons, etc...) kann nur mit einem Ausschluss der entsprechenden Person so wie den gängigen strafrechtlichen Maßnahmen bedacht werden. Ich denke an dem Recht der körperlichen Unversehrtheit (was für mich auch die seelische Unversehrtheit miteinschließt) ist nicht zu rütteln.

Ich denke was wir hier diskutieren können ist halt der Punkt wo der Übergang zwischen Übergriffen in der Spielwelt zu realen Übergriffen stattfindet. Sprich ab wann ist das Verhalten am Spieltisch übergriffig. Und da sind wir halt in der angesprochenen Grauzone. Wenn wir nun sammeln, was andere als übergriffig empfinden können wir somit vielleicht ein wenig Licht in die Sache bringen um somit mal zu definieren wo genau der Point of no Return in der Twilightzone der Geschmacklosigkeit ist, also wo die Grenze verläuft zwischen den von manchen Rollenspielern so heiß geliebten Klichees innerhalb der Grauzonen und den Bereich des Unangehnemen und Übergriffigen. So können wir halt auch mal in der Grauzone fischen ohne gleich jemanden ein traumatisches Spielerlebnis zu verabreichen.

Ich denke so empfinden hier viele, und daher bewegt sich die Diskussion auf diesem Niveau.

Für mich macht das diesen Thread hier sehr unangenehm zu lesen und zwar auch weil für mich daraus eine - sicherlich nicht beabsichtigte von mir aber trotzdem empfundene - Verharmlosung spricht. Statt über Verbrechen wie eine Vergewaltigung auf einer Convention zu sprechen, widmen wir uns lieber der Frage, wie wir es vermeiden können, dass in einer Spielrunde ein Satz wie "mein Ork greift deiner Elfe an die Titten und *würfel* sie findet's geil" fällt.

Ich hoffe inständig, das letzteres Beispiel natürlich näher am Erleben der Teilnehmer liegt und dadurch präsenter ist. Aber trotzdem fühle ich mich extrem unwohl dabei, diese Art der Diskussion als Reaktion auf die eingangs beschriebenen Übergriffe und Verbrechen zu lesen. Erst recht, da ein Teil der Beiträge auch noch den Tenor "sowas könnte hier bei uns ja auch gar nicht passieren" anschlägt.
Ich denke der Eindruck der Verharmlosung entsteht dadurch, das die Vorstellung einer Vergewaltigung auf einem Con die meisten hier so schockiert, dass man das gar nicht direkt ansprechen will. Ich hoffe selber, dass ich niemals Zeuge ( oder Partizipant)eines solchen Aktes werden muss und falls doch, dass ich sowohl die Courage als auch die Fähigkeiten habe in solch einem Fall richtig zu handeln.
Es ist ein Fakt, das solche Dinge überall passieren und passieren können, den sowohl Täter als auch Opfer sind in erster Linie Menschen und somit in allen Szenen auch präsent, davon kann sich keine Gruppe freimachen. Gerade deswegen sollte man auch mit manfchen Themen im Spiel vorsichtig sein, den man weiß ja nicht was der der vor einem Sitz schon erlebt hat und da kann ein laxer Umgang mit sexuellen Themen leicht einen falschen Eindruck (oder schlimmeres) erzeugen.
Vielleicht sollte uns da ganze Thema einfach gemahnen umsichtiger zu werden, und halt nicht zu verharmlosen, wegschauen oder mitmachen (was blöde Sprüche angeht). Halt einfach Achtsam mit uns selbst und unseren Handlungen und auch gegenüber Anderen, so das wir einfach angemessen reagieren können und uns und anderen solche Erlebnisse ersparen können. Wenn wir alle ein wenig aufmerksamer miteinander umgehen und auf uns und andere achten, können wir alle ein wenig ruhiger an die Sache rangehen und dann hat das ganze Thema was Gutes bewirkt.
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Re: Übergriffe und unser Hobby
« Antwort #99 am: 4.04.2016 | 19:19 »
Für mich klingt die ganze Ursprungsgeschichte wie ein Hoax. Alles unkonkrete Behauptungen. Nix ist untermauert. Als Beispiel sei genannt, dass die betroffene Frau angibt sie hätte einen Zivilprozess gewonnen, nennt aber weder Gericht noch Aktenzeichen, noch sonst irgendwas.

Die Erfahrungsberichte hier im Thread deuten meiner Meinung nach auch nicht auf ein Problem in der Rollenspielszene hin. KO Tropfen und Vergewaltigungen spielen sich (abgesehen vom familiären Milieu) eher in und um Diskotheken und auf großen Volksfesten ab.

Man kann immer auf Arschlöcher treffen, aber dann handelt es sich eher um Einzelfälle.

In unseren Runden wurden und werden Frauen und Männer immer respektvoll behandelt (Ausnahmen sind richtig gute Freunde, die untereinander auch mal härter (verbal) umspringen. Ich hab auch von anderen Runden noch nie gehört, dass Frauen dort regelrecht belästigt wurden. Im Gegenteil, es gibt so manche Beziehung, die aus einer Rollenspielrunde entstanden ist.


cu Drantos