Autor Thema: Den Spielfluß unterbrechen, die Gruppe verlassen - ein Tabu?  (Gelesen 11973 mal)

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Offline Greifenklaue

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Also, es gab schon genug Conrunden, auf denen der SL in einer Art spiellreitet, die ich nicht mag. Aber ich bin auf einem Con und weiß, dass ich einen, ähh, ausgewählten Geschmach habe. Ich bin deswegen auch nicht miesepetrig. Ich nehme auf, was mir nicht gefällt, auch was mir trotz essen gefällt, was anderen gefällt und bin involviert. Ich habe hartes Sitzfleisch, ganz selten war es so furchtbar, dass ich gehen wollte. An einmal erinnere ich mich, aber letztlich hat sich auch da das Sitzenbleiben gelohnt (oder anders: ein Mitspieler blöd passte nicht zum Rest der Runde, der SL aber sehr nett und froh ihn kennengelernt zu haben).
"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
Schwarzauge wird büssen."

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Chiungalla

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Zwischen "ich mag den Spielstil der Gruppe / des Spielleiters nicht so sehr" und "es läuft hier gewaltig etwas schief" gibt es aber schon noch einen gewaltigen Unterschied.

Und ich frag mich gerade was Du uns mit diesem Beitrag eigentlich sagen möchtest. Ich möchte da nicht zuviel zwischen den Zeilen lesen und Dir auch nichts in den Mund legen. Aber wenn Du hier Deine Erfahrung schilderst und auf Dein dickes Sitzfleisch hinweist, könnten das Leute so interpretieren, dass Du die Meinung vertrittst "Ich ertrage so etwas stoisch, und das erwartet ich auch von anderen. Deshalb sollte das eine verbindliche Regel werden." Das meintest Du aber nicht, oder?

Just_Flo

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"Störungen haben Vorrang" und "Regeldiskussionen" (=Regelklärungen/-auslegungen/ einmalige Festlegung) widersprechen sich nicht.

Sorry, aber ein Zentimeter Achtsamkeit dem anderen Menschen gegenüber sollte schon drin sein ebenso wie genügend Respekt um nicht immer alles zu zerreden.

Wenn jemandem in einer Runde etwas total aufstößt, ihm den Spaß komplett zerhaut oder ihn fertig macht oder ihn triggert, dann hat das nicht diskutiert zu werden, sondern respektiert zu werden.

"Bei Stopp ist Schluss" = Dann wir nicht diskutiert, auch nicht einfach weitergemacht, sondern die Sache, die den Spieler stört raus genommen und dann mit en veränderten Prämissen weiter gespielt.

Danach, kann man diskutieren, wie man aufgetretene Probleme, Unstimmigkeiten in Zukunft verhindern könnte / möchte. (Ja, dass kann auch durch ein Veränderung der Spielerkonstellation geschehen)


Solange diskutabel ist, ob die Gefühle eines Spielteilnehmers relevant oder nicht relevant sind, solange ist die jeweilige Runde imho indiskutabel.

Chiungalla

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Solange diskutabel ist, ob die Gefühle eines Spielteilnehmers relevant oder nicht relevant sind, solange ist die jeweilige Runde imho indiskutabel.

Vielleicht etwas sehr hart formuliert, aber in der Sache würde ich zustimmen.

Offline D. M_Athair

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Was allerdings früher recht regelmäßig vorkam waren Situationen in denen es dazu hätte kommen können, wenn man nicht rechtzeitig darüber hätte reden können/dürfen.

Eine Gefahr darin Diskussionen von vorne herein zu verbannen ist eben, dass wenn eine nötig und/oder unabwendbar wird, sie entweder nicht statt findet, und deshalb alles den Bach runter geht oder sie stattfindet, aber komplett unstrukturiert und destruktiv verläuft. Denn wenn schon das beginnen einer Diskussion einen affront darstellt verläuft die Diskussion hinterher ganz sicher nicht mehr in konstruktiven Bahnen.

Da ist es viel besser eine Kultur zu pflegen in der solche Diskussionen konstruktiv ablaufen (können). Oft ufern solche Diskussionen (meiner Erfahrung nach) ja gerade dann aus, wenn alle Spieler nur genervt und echauffiert darauf reagieren, dass überhaupt diskutiert wird. Wenn man sich angewöhnt einmal dem Einwand aufmerksam zu lauschen, dann kurz darüber nachzudenken und dann gemeinsam nach einem Kompromiss zu suchen ist das Thema oft nach ein paar Minuten vom Tisch.
Kann ich so bestätigen.

Solange diskutabel ist, ob die Gefühle eines Spielteilnehmers relevant oder nicht relevant sind, solange ist die jeweilige Runde imho indiskutabel.
+1. Ich denke ich werde mir angewöhnen das vorher zu klären.
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

Offline 1of3

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Das Tabu muss ja stärker sein asked ich dachte. Ich gehe auf Cons ganz eigennützig, wenn mir langweilig ist bzw. wenn ich glaube mein Vergnügen andernorts zu erhöhen.

Ich bin den Leuten zu nichts verpflichtet.

Offline Erg

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Woher kommen die Irrlehren "Regelfragen nach dem Spiel klären"...

Diese spezielle Lehre halte ich für gar nicht irr. Wer, wie ich, mit einer diskussionsfreudigen Gruppe gesegnet ist, weiß sie allemal zu schätzen. Regelklärungen jederzeit, aber Regel-Diskussionen bitte nicht während des Spiels. Wenn was Anderes nicht passt, sieht es anders aus. Dann kann und darf man das sofort ansprechen (sollte man vielleicht auch). Auch die Gruppe zu verlassen, sollte kein Tabu sein. Wenn ich einfach nur mal nicht so viel Spaß habe, stehe ich nicht auf und verschwinde, wenn das für die verbleibenden Spieler ungünstig ist. Das kann ich schon mal ertragen. Wenn es aber schwerwiegender ist, und eine Besserung unwahrscheinlich - warum sollte ich dann bleiben ?
Ich denke, dass sich nicht alle Spielflußunterbrechungen über einen Kamm scheren lassen. Die Unnötigen sollte man vermeiden, die Notwendigen sollte man in Kauf nehmen. Letztlich bedeutet das immer eine Abwägung meiner Interessen und Bedürfnisse gegen jene der anderen Spieler, und da ist es schwierig, allgemeingültige Richtlinien aufzustellen.

Auf den Offtopic-TZI-Rant verzichte ich lieber, aber es sei mir erlaubt, darauf hinzuweisen, dass "Störungen haben Vorrang" in meinen Augen eher... wenig nützlich ist.

Offline Weltengeist

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Mir wird gerade klar, dass ich das "Setup" des Threads vielleicht falsch verstanden habe - ich war zu einseitig von One-Shot-Situationen ausgegangen. Die Idee, dass auch regelmäßige Runden gemeint sein könnten, ist mir (obwohl das aus dem Startpost eigentlich durchaus hervorgeht) gar nicht gekommen.

Ich würde daher vorschlagen, deutlicher zwischen regelmäßigen Runden und One-Shots (z.B. auf Cons) zu unterscheiden.

Bei regelmäßigen Runden gilt denke ich das, was immer gilt: Die Gruppe muss gemeinsam ihren Weg finden. Ob sie das jetzt "Gruppenkontrakt" nennt oder irgendwie anders, ist ihre Sache. Nach meiner Erfahrung reicht es meist, problematische Punkte nach Spielende (oder in der Pizzapause) anzusprechen, wenn es sich nicht gerade um direkte No-Gos handelt. Aber es gibt auch Gruppen, die tatsächlich Spaß daran haben, sich mitten in der Kampfszene auf die Regelbücher zu stürzen und zu klären, wie eine Situation jetzt richtig(TM) zu handhaben ist. Erlaubt ist hier, was gefällt - nur nicht, den anderen ohne Not durch dauernde Unterbrechungen den Spielspaß zu versauen.

Con-Runden etc. sind da was anderes. Man trifft Leute, die man wahrscheinlich vorher nicht kannte, hat nur ein paar Stunden Zeit und vermutlich auch recht unterschiedliche Vorstellungen von Rollenspiel. Da prallt der Powergamer ungebremst auf den Taschenlampenfallenlasser, der Selbstdarsteller auf den stillen Zuschauer, der Charakterspieler auf den Würfler usw. Nach meiner Erfahrung muss man bei solchen Runden massive Abstriche bei den eigenen Erwartungen machen - wenn da jedesmal jeder gleich gehen will, wenn ihm was nicht passt, kann man es auch gleich lassen. Und ganz hart gesagt: Wenn ich merke, dass mir das häufig passiert, dann sollte ich mich ernsthaft fragen, ob Con-Runden das richtige für mich sind.

In beiden Fällen ist "Mitten im Spiel die Gruppe verlassen" für mich aber nur eine Ultima Ratio, wenn irgendwas wirklich überhaupt nicht zu ertragen ist (z.B. Übergriffs-Situationen wie die Darstellung von Folter oder sexueller Nötigung oder auch Situationen, die ein eigenes Trauma triggern). Ansonsten kann man auch einen schlechten inkompatiblen SpL oder einen nervigen Mitspieler für ein paar Stunden ertragen - schon den anderen Mitspielern zuliebe. Und in manchen Fällen kann man die Runde sogar für besagte andere besser machen, indem man sich trotz des Frusts weiter engagiert...
« Letzte Änderung: 8.04.2016 | 09:32 von Weltengeist »
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Offline bobibob bobsen

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Ich empfinde es nicht als unhöflich wenn man sich denn die Zeit nimmt und den anderen Beteiligten erklärt warum man denn geht. Nichtigkeiten wie Regelklärungen oder mangelder Spielfluss wären kein Grund.
Individuell empfunden Langeweile über einen längeren Zeitraum schon eher.

Und bei regelmäßigen Runden muss es ja kein Abschied auf Dauer sein.

Offline D. M_Athair

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Die Unnötigen sollte man vermeiden, die Notwendigen sollte man in Kauf nehmen. Letztlich bedeutet das immer eine Abwägung meiner Interessen und Bedürfnisse gegen jene der anderen Spieler, und da ist es schwierig, allgemeingültige Richtlinien aufzustellen.
Die Haltung kann ich gut nachvollziehen. Da stellen sich allerdings die Fragen, wie man die unnötigen von den notwendigen Spielflussunterbrechungen unterscheidet und v.a. in welchem Rahmen und wann diese Frage zu klären ist.

Auf den Offtopic-TZI-Rant verzichte ich lieber, aber es sei mir erlaubt, darauf hinzuweisen, dass "Störungen haben Vorrang" in meinen Augen eher... wenig nützlich ist.
Sehe ich im Sinne des Thema nicht als OT. „Disturbances and passionate involvements take precedence.“ ist eher näher am Sinn des Themas dran, als bloße Antworten auf die Frage, ob das "Verlassen von Gruppen OK ist oder nicht." Es geht darum, ob Spielflussunterbrechungen und  Die-Gruppe-Verlassen als valide Handlungsoptionen gesehen werden und die (sozialen) Prozesse drum rum. Plus: Deren Bedeutung für die Gruppe und unsere Einschätzungen dazu.

Deswegen geht dieser Einwand auch an der Themenintension vorbei:
Wir hatten übrigens schon mal einen Thread zu genau dem Thema. Soweit ich mich entsinne, war da auch der Konsens "Stimmt eigentlich, wenns nicht taugt soll man gehen".

Edit: gefunden.
www.tanelorn.net/index.php/topic,91718.0.html
Dazu gibt es gleichwohl Berührungspunkte.



Ansonsten kann man auch einen schlechten inkompatiblen SpL oder einen nervigen Mitspieler für ein paar Stunden ertragen - schon den anderen Mitspielern zuliebe. Und in manchen Fällen kann man die Runde sogar für besagte andere besser machen, indem man sich trotz des Frusts weiter engagiert...
Das erste Zitat aus DragonQuest spricht von "mutual satisfication". Ich denke, das kann man als Zielsetzung durchaus postulieren. Auch bei einer Con-Runde ist die Frage: Wie komme ich da hin?
Wäre es nicht vielleicht sinnvoll nach dem Spielen der Einleitung eine kurze Pause für Feedback einzulegen? Dann könnte man überprüfen, ob die Runde auf dem richtigen Weg ist, was passt und was nicht. Evtl. können Weichen nochmal anders gestellt werden.
Die 15 Minuten sollten doch auch in einer Con-Runde drin sein.
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Offline bobibob bobsen

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Zitat
Wäre es nicht vielleicht sinnvoll nach dem Spielen der Einleitung eine kurze Pause für Feedback einzulegen? Dann könnte man überprüfen, ob die Runde auf dem richtigen Weg ist, was passt und was nicht. Evtl. können Weichen nochmal anders gestellt werden.
Die 15 Minuten sollten doch auch in einer Con-Runde drin sein.

Das halte ich für eine sehr gute Idee. Gehen kann man bei schwerwiegenden Differenzen ja dann immer noch.

Offline Quill

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Generell bin ich auch kein Fan von längeren Diskussionen während des Spiels, aber manchmal gehts halt nicht anders. Damit meine ich noch nicht mal unbedingt Regeldiskussionen, die ich auch nicht sonderlich mag und die sich in 90 % der Fälle verschieben lassen. In 10 % ist aber die aufgekommene Frage dann doch mal entscheidend für die nächste Aktion eines SC oder womöglich den Erfolg der Gruppe, dann muss mans halt schon sofort klären. Ansonste erlebe ich in meiner Runde die meisten Spielunterbrechungen, wenn ein Spieler sich total verrannt hat oder der SL etwas tut, was alle grad seltsam finden (passiert selten, aber kommt vor). Also wenn z. B. ein Spieler eine Szene ganz anders verstanden hat als alle anderen am Tisch (kommt grad bei Beschreibung von Örtlichkeiten öfter mal vor, wenn mans erstmal ohne Skizze versucht) oder aber irgendwas machen will, dass einfach nicht passt, weil er z. B. Regel- oder Hintergrundsetzungen falsch im Kopf oder falsch aufgefasst hat. Da nützt es manchmal nix mehr, das ingame zu diskutieren, wenn derjenige voller Inbrunst seine Position verteidigt und gibt mehr Streit, als wenn man einfach mal kurz unterbricht und nochmal sachlich die Gegebenheiten zusammenfasst.

Auf Con-Runden erwarte ich meistens eh nicht besonders viel, weil unbekannter SL, unbekannte Mitspieler, meist auch noch unbekanntes System und dazu halt Con-Lautstärke, Unterbrechungen usw. Das nutze ich um in neue Systeme reinzuschnuppern und erwarte da keine Highlight-Runden. Hatte auch schon öfter mal schräge Leute dabei, aber noch nix, weswegen ich hätte aufstehen und gehen wollen. Ob ichs dann gemacht hätte, wenn die Runde für mich gar nix gewesen wäre - keine Ahnung. Ich bin da zugegebenermaßen eher konfliktscheu.
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Eine kurze Notiz noch, weil ich das etwas merkwürdig finde:

Woher kommen die Irrlehren "Regelfragen nach dem Spiel klären", "the show must go on", "bloß im Spielfluss bleiben", "persönliche Schwierigkeiten nach dem Spiel klären und am besten nicht am Spieltisch besprechen"?

Effektiv verhindern diese "Satzungen", dass Spielerinnen und Spieler ihre Anliegen angemessen zur Sprache bringen können. Nicht selten verdirbt das den Spielspaß einzelner ggf. sogar aller. Wirklich ernste Themen werden in der Diskussion verhindert. Ich finde das hat auch ganz viel mit Achtsamkeit und Respekt gegenüber den Mitspielern zu tun.

Mir ist schleierhaft, weshalb die in vielen Runden bestehende Sozialnorm "Regelfragen nach dem Spiel klären" so offensiv als Irrlehre bezeichnet wird. Da schwingt für mich ein Mangel an Erfahrung mit, den ich eigentlich nicht vermutet hätte. Regelfragen während des Spiels drehen sich doch nämlich nicht um die Regeln selbst, sondern üblicher Weise um deren negative Auswirkungen auf Spielercharaktere und dadurch in vielen Fällen auch auf die Befindlichkeit der Spieler.

Nun mag es in einigen Fällen sinnvoll sein, etwaige Beziehungswölkchen möglichst zeitnah beiseite zu pusten und die Sonne wieder zum Scheinen zu bringen. In meiner Erfahrung ist es aber in der absoluten Mehrheit der Fälle erheblich cleverer, durch ein Diktum wie "Regelfragen nach dem Spiel klären" etwaige Wogen zu glätten und zu einem späteren Zeitpunkt in einem emotional ruhigeren Zustand zu diskutieren.

Es gibt also einerseits die inhaltlich-spielbezogene Ebene von "Regelfragen nach dem Spiel klären" und "bloß im Spielfluss bleiben". Hinzu kommt andererseits aber auch die emotionale Gemütslage. Die Punkte "Regelfragen nach dem Spiel klären" und "bloß im Spielfluss bleiben" dienen da als sozial für alle Beteiligten ohne Gesichtsverlust akzeptable Strategie zum Abkühlen. Am Ende des Spielabends hat sich dann üblicher Weise wieder so viel an Neuigkeiten ergeben, dass der Brei weniger heiß gegessen werden muss als er gekocht wurde.

Ist das so offensichtlich, dass das deshalb noch keiner erwähnte? Stehe da gerade auf dem Schlauch. Vielleicht bin ich auch nur zu ignorant und hab sowas überlesen.

Offline Grandala

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Eine kurze Notiz noch, weil ich das etwas merkwürdig finde:

Mir ist schleierhaft, weshalb die in vielen Runden bestehende Sozialnorm "Regelfragen nach dem Spiel klären" so offensiv als Irrlehre bezeichnet wird. Da schwingt für mich ein Mangel an Erfahrung mit, den ich eigentlich nicht vermutet hätte. Regelfragen während des Spiels drehen sich doch nämlich nicht um die Regeln selbst, sondern üblicher Weise um deren negative Auswirkungen auf Spielercharaktere und dadurch in vielen Fällen auch auf die Befindlichkeit der Spieler.

Nun mag es in einigen Fällen sinnvoll sein, etwaige Beziehungswölkchen möglichst zeitnah beiseite zu pusten und die Sonne wieder zum Scheinen zu bringen. In meiner Erfahrung ist es aber in der absoluten Mehrheit der Fälle erheblich cleverer, durch ein Diktum wie "Regelfragen nach dem Spiel klären" etwaige Wogen zu glätten und zu einem späteren Zeitpunkt in einem emotional ruhigeren Zustand zu diskutieren.

Es gibt also einerseits die inhaltlich-spielbezogene Ebene von "Regelfragen nach dem Spiel klären" und "bloß im Spielfluss bleiben". Hinzu kommt andererseits aber auch die emotionale Gemütslage. Die Punkte "Regelfragen nach dem Spiel klären" und "bloß im Spielfluss bleiben" dienen da als sozial für alle Beteiligten ohne Gesichtsverlust akzeptable Strategie zum Abkühlen. Am Ende des Spielabends hat sich dann üblicher Weise wieder so viel an Neuigkeiten ergeben, dass der Brei weniger heiß gegessen werden muss als er gekocht wurde.

Ist das so offensichtlich, dass das deshalb noch keiner erwähnte? Stehe da gerade auf dem Schlauch. Vielleicht bin ich auch nur zu ignorant und hab sowas überlesen.

+1 Das trifft ziehmlich genau das, was mir beim Mitlesen durch den Kopf gegangen ist, allerdings habe ich mich nicht dazu in der Lage gefühlt das so in Worte zu fassen.
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Offline bobibob bobsen

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Ich bin ein alter Sack und spiele mit alten Säcken. Bei uns wird eine Regeldiskusion binnen maximal 30 Sekunden am Tisch durch alle Mitspieler geklärt und da wir so alt und zittrig sind und der Spielspaß grundsätzlich im Fokus liegt muss ich auch niemand abkühlen, da er aufgrund von Beta Blockern und Herzmittel eh nicht auf Temperaturen kommt.
Klingt irgenwie komisch aber entspricht bei uns der Realität.

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Ich bin ein alter Sack und spiele mit alten Säcken. Bei uns wird eine Regeldiskusion binnen maximal 30 Sekunden am Tisch durch alle Mitspieler geklärt und da wir so alt und zittrig sind und der Spielspaß grundsätzlich im Fokus liegt muss ich auch niemand abkühlen, da er aufgrund von Beta Blockern und Herzmittel eh nicht auf Temperaturen kommt.
Klingt irgenwie komisch aber entspricht bei uns der Realität.

Mir altem Sack ist unklar, woher ohne Emotionen der Spielspaß kommen soll. Aber Du schreibst ja selbst, dass das irgendwie komisch klingt. Insofern: Super, dass das bei Euch so funktioniert! Ich könnte mir ein Spiel ohne emotionale Schwankungen in jede Richtung schwerlich vorstellen.

Anders ausgedrückt: Regeldiskussionen kommen doch meistens dann auf, wenn sich damit direkt Auswirkungen auf die Spielercharaktere verbinden. Damit wird die Sachdiskussion zugleich politisch.

EDIT: NOch kurz hinzugefügt, damit der Punkt klar wird: Wenn man sich darauf einigt, im Falle offener Regelfragen zunächst die Entscheidung des Spielleiter gelten zu lassen und erst am Ende der Spielsitzung über zukünftige Herangehensweisen zu diskutieren, dann hat erstens den bereits genannten Vorteil der emotionalen Abkühlung. Zweitens entfällt die politische Dimension, weil die zukünftige Handhabe unabhängig ist von der erlebten Situation im Rahmen der Spielrunde (da mag es eventuell noch politische Restinteressen geben mit der Hoffnung auf einen Retcon, aber gut). Drittens hat man bereits Erfahrungen mit der ad hoc durch den Spielleiter gefundenen Lösung gesammelt, die man in der Diskussionen nach Ende der Spielrunde berücksichtigen kann. Das sind so gewichtige Argumente, dass ich jeder Spielrunde empfehlen würde, offene Regelfragen am Ende der Session zu klären und sich zunächst auf ein Diktum des Spielleiters zu verlassen.
« Letzte Änderung: 8.04.2016 | 11:44 von Wellentänzer »

Offline 1of3

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Kann sein. Ich für meinen Teil mag Regeln. Ich rede gerne über Regeln. Warum sollte ich nicht während des Spiels über Regeln reden? Regeln sind kein Hilfsmittel für das Spiel. Sie sind das Spiel.

Offline bobibob bobsen

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Nach Infarkt und Krebs verlieren diese Diskusionnen einfach an Wichtigkeit. Emotionale Schwankungen gibt es bei uns im Spiel aber nicht über lapalien wie Regelfragen. Nach meinem Erleben ist es auch mehr eine Frage von ungerecht behandelt fühlen die die Emotionen hochschwappen läßt (zumindest habe ich es noch nie erlebt das jemand sich für einen Mitspieler echauffiert).
Wir wissen das wir nicht perfekt im Regelauslegen sind und das da auch mal Fehler passieren aber nach 30 Jahren gleicht sich das irgendwann aus.

Luxferre

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Sollte man das Regel-Thema nicht vom Rest abspalten?

Offline Erg

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Die Haltung kann ich gut nachvollziehen. Da stellen sich allerdings die Fragen, wie man die unnötigen von den notwendigen Spielflussunterbrechungen unterscheidet und v.a. in welchem Rahmen und wann diese Frage zu klären ist.
...
 Sehe ich im Sinne des Thema nicht als OT. „Disturbances and passionate involvements take precedence.“ ist eher näher am Sinn des Themas dran, als bloße Antworten auf die Frage, ob das "Verlassen von Gruppen OK ist oder nicht." Es geht darum, ob Spielflussunterbrechungen und  Die-Gruppe-Verlassen als valide Handlungsoptionen gesehen werden und die (sozialen) Prozesse drum rum. Plus: Deren Bedeutung für die Gruppe und unsere Einschätzungen dazu.
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Ich frage mich in Situationen, die mich stören/ärgern/anderweitig negativ beeinflussen, wie ich es fände, würde ein anderer Spieler deshalb das Spiel unterbrechen (wobei eine kurze Äußerung nochmal etwas anderes ist als eine längere Diskussion). Wenn ich es bei einem Anderen nervig fände, lasse ich es lieber. Dabei kommt es halt sehr stark auf das konkrete Ärgernis und dessen Auswirkungen an.

Was mich an "Störungen haben Vorrang" stört, ist die mangelnde Bedingtheit. Man muss nicht wegen irgendeiner Kleinigkeit ein Faß aufmachen, auch wenn mich diese Kleinigkeit gerade sehr ärgert. Wellentänzer hat weiter oben bereits darauf hingewiesen, daß ein späterer Diskussionszeitpunkt auch den Vorteil der (vermutlich) abgekühlten Gemüter hat (oder zumindest haben kann).

Offline Greifenklaue

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Bei Regeldiskussion bin ich auch ein Freund der sofortigen Klärung.

Natürlich nicht bei Nebensächlichkeiten oder einem neuen System, was man gerade lernt (obwohl, gerade hier ansprechen).

Aber weil der Bedarf einer Regeldiskussion aus einer anderen Sichtweise der Spieler und des SL auf die Situation  besteht und es möglicherweise um was wichtiges geht, höre ich mir das als SL immer gern an. Womöglich hab ich ja ein Handeln eines SC fehlinterpretiert oder er hat etwas, was ich übersehen habe (oder, hat eine Detailregel auf der Pfanne, die mir durchgerutscht ist). Das dauert dann selten mehr als zwei Minuten und alle am Tisch sind normalerweise zufrieden.

Das geht natürlich auch mit einer gewissen Kompromissbereitschaft beider Seiten und der Neutralität des SL einher, also weder die Spieler zu übervorteilen noch sie mit Boni zu erschlagen, nur weil sie etwas anders sehen.

Aber wie gesagt, in der Spielprais geht das eigentlich immer schnell und zur Zufriedenheit der Anwesenden.

Ich hatte nur mal eine Runde Savage Worlds als Spieler, wo gleich zwei Spieler Regeldiskussionen um Nichtigkeiten angefangen haben und das alle 3 Minuten. Gut, das war dann nervig, da schien aber weniger das Interesse an Regeln zu sein (die waren nämlich zu 97% immer korrekt verwendet), sondern auf einer anderen Ebene zu liegen.
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Wellentänzer

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Kann sein. Ich für meinen Teil mag Regeln. Ich rede gerne über Regeln. Warum sollte ich nicht während des Spiels über Regeln reden? Regeln sind kein Hilfsmittel für das Spiel. Sie sind das Spiel.

Naja, dass wir beide nur wenig Lust auf gemeinsame Spielrunden hätten, wird doch kaum ein Geheimnis zwischen uns sein oder? Habe aber oben noch mal ein paar Argumente hinzugefügt. Ansonsten sind für mich Regeln selbstverständlich nicht das Spiel. Ich kann mir vorstellen, wie Du zu dieser Einschätzung kommst. Wenn ich aber an unterschiedliche Auffasungen von Regeln im Rollenspiel denke, dann schwebt mir eine mechanische Unklarheit vor. Davon abgrenzen würde ich schauspielerische Elemente. Selbstredend ist deren Existenz ebenfalls ein Teil der Regeln, aber Unstimmigkeiten über das korrekte Ausspielen von Charakteren erlebe ich auf einer psychologischen Ebene anders als Uneinigkeit hinsichtlich mechanischer Regelfragen.

Nach meinem Erleben ist es auch mehr eine Frage von ungerecht behandelt fühlen die die Emotionen hochschwappen läßt
Ja genau. Das meine ich mit "politisch". Man redet nicht mehr über eine Sachfrage, sondern in aktuten Fragen ist die Problemlösung direkt mit - zumeist negativen - Konsequenzen für den Charakter verknüpft. Zur Entkopplung - und aus den anderen genannten Gründen - empfehle ich eine Behandlung der Themen am Spieltisch.

Zu Infarkt und Krebs: In einem gewissen Alter hat vermutlich jeder schon tragische Situationen erleben müssen, die den Alltag komplett verblassen lassen und das vermeintlich wirklich Wichtige im Leben umso stärker in den Fokus rücken. Ich glaube, dass sowas Banales wie Rollenspiel im Kreise von Freunden durchaus dazu beitragen kann, auch in sehr schwierigen Situationen neue Kraft zu tanken. Ich glaube zudem, dass gerade "Lappalien" wie Regelfragen in schwierigen Situationen tendentiell größere Konflikte auslösen können, da sich Wahrnehmungen von Fairness, Wertschätzung etc. direkt damit zu verknüpfen drohen. Nunja. Muss letztendlich jeder selbst wissen.

Ich frage mich in Situationen, die mich stören/ärgern/anderweitig negativ beeinflussen, wie ich es fände, würde ein anderer Spieler deshalb das Spiel unterbrechen (wobei eine kurze Äußerung nochmal etwas anderes ist als eine längere Diskussion). Wenn ich es bei einem Anderen nervig fände, lasse ich es lieber. Dabei kommt es halt sehr stark auf das konkrete Ärgernis und dessen Auswirkungen an.

Naja, letztendlich sollte der Spielleiter halt idealer Weise den kategorischen Imperativ im Kopf haben, wenn er Entscheidungen ad hoc (vulgo "Handwedelei") trifft: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

Offline KhornedBeef

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Kann sein. Ich für meinen Teil mag Regeln. Ich rede gerne über Regeln. Warum sollte ich nicht während des Spiels über Regeln reden? Regeln sind kein Hilfsmittel für das Spiel. Sie sind das Spiel.
I strongly disagree, Sir! Rollenspiele sind nicht für jeden das gleiche wie Malefiz.
Und ich mag auch viele Sachen, und rede gerne darüber, aber wozu setze ich mich dann (teils mit Vorbereitung) hin um ein Rollenspiel zu spielen? Oder lässt du auf dem Fußballfeld auch einfach mal den Ball liegen und diskutierst das mit dem Schiedsrichter aus?

Edit: Buchstaben verschluckt
"For a man with a hammer, all problems start to look like nails. For a man with a sword, there are no problems, only challenges to be met with steel and faith."
Firepower, B&C Forum

Ich vergeige, also bin ich.

"Und Rollenspiel ist wie Pizza: auch schlecht noch recht beliebt." FirstOrkos Rap

Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

Offline 1of3

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Oder lässt du auf dem Fußballfeld auch einfach mal den Ball liegen und diskutierst das mit dem Schiedsrichter aus?

Nein. Aber Rollenspiel hat keinen Schiedsrichter. Womöglich hat es zwei Parteien, aber die müssen dann eben eine Methode finden, wie sie weiter vorgehen.

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Nein. Aber Rollenspiel hat keinen Schiedsrichter. Womöglich hat es zwei Parteien, aber die müssen dann eben eine Methode finden, wie sie weiter vorgehen.

Der Spielleiter ist der Schiedsrichter. So wird er zumindest meiner Ansicht nach in der überwältigenden Mehrheit der Runden wahrgenommen und akzeptiert. Insofern ist es nur natürlich und richtig, wenn diese Runden dann dem Spielleiter die Aufgabe übertragen, für ad hoc aufkommende Regelfragen eine kurzfristige Lösung zu finden, welche dann am Ende des Spielabends gerne und problemlos von allen Beteiligten diskutiert werden kann.

Dürfen die Spieler für ad hoc zu findende Regellösungen Vorschläge unterbreiten? Aber sicher doch! Das ist u.a. auch der Grund, weshalb die allerallermeisten regelbezogenen Unklarheiten innerhalb von maximal 30 Sekunden gelöst werden können.