Autor Thema: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie  (Gelesen 9414 mal)

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Achamanian

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FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« am: 8.04.2016 | 14:05 »
Eine Sache, die ich nach und nach als relativ wichtigen Faktor dafür empfinde, ob mir ein System gefällt:

Der "Fuck yeah!/Oh Shit per Roll"-Faktor.

Gemeint ist:
Wie oft führen im jeweiligen System Würfe im Schnitt dazu, dass sowohl auf Regelebene als auch inGame etwas einschneidendes passiert, also etwas, wo man Grund hat, "Fuck yeah!" oder "Oh Shit!" zu rufen? - Je öfter, desto höher der "FY/OS per Roll"-Faktor.

Einen niedrigen FY/OSpR-Faktor haben für mich z.B. die meisten D&D-Systeme (eventuell OSR auf niedrigen Stufen ausgenommen), vor allem im Kampf, weil man da halt viele Würfe hat, die nur die Health runterkloppen, ohne, dass das eine relevante/sinnvoll erzählbare Aussage im Spiel hätte. Oder DSA 1-3, wo es so ähnlich aussieht.

Einen hohen FY/OSpR-Faktor hat für mich das BRP (auch hier vor allem im Kampf, wo die Health halt RICHTIG knapp ist und jeder Treffer/jeder Schlag vorbei dramatisch ist). Oder - vom Leseeindruck her - auch das sehr feinkörnige Burning Wheel, wo man im vollen Kampfsystem zwar eine Reihe Würfe zur Abwicklung eines Schlags braucht, aber dann auch die Chancen hoch sind, dass nach drei Schlagabtäuschen richtig krasses Zeug passiert ist.

Ich bevorzuge einen hohen FY/OSpR-Faktor, weil ich a) ein ungeduldiger Spieler bin, der Ergebnisse sehen will und b) den Impuls habe, aus jedem Würfelwurf ein erzählbares Ereignis abzuleiten, das die Handlung voranbringt.
Argument für einen niedrigen FY/OSpR-Faktor wäre z.B., dass man damit Swinginess ausgleichen kann und dass (wiederum vor allen im Kämpfen) mehr Zeit ist, in der sich Spannung aufbauen und es zu dramatischen Umschwüngen kommen kann.

Online Selganor [n/a]

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #1 am: 8.04.2016 | 14:11 »
Einen niedrigen FY/OSpR-Faktor haben für mich z.B. die meisten D&D-Systeme (eventuell OSR auf niedrigen Stufen ausgenommen), vor allem im Kampf, weil man da halt viele Würfe hat, die nur die Health runterkloppen, ohne, dass das eine relevante/sinnvoll erzählbare Aussage im Spiel hätte. Oder DSA 1-3, wo es so ähnlich aussieht.

Du vergisst die ganzen "Save of suck"-Effekte, die es auch schon ab Stufe 1 Spruechen gibt. Bei denen kann schon ein mislungener Wurf den ganzen Kampf umschmeissen.
Abraham Maslow said in 1966: "It is tempting, if the only tool you have is a hammer, to treat everything as if it were a nail."

Achamanian

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #2 am: 10.04.2016 | 12:20 »
Du vergisst die ganzen "Save of suck"-Effekte, die es auch schon ab Stufe 1 Spruechen gibt. Bei denen kann schon ein mislungener Wurf den ganzen Kampf umschmeissen.

Hm, ich hätte es vielleicht andersrum formulieren sollen:
D&D ist ein System, in dem es für mein Gefühl recht viele Würfe ohne erzählbare Konsequenz innerhalb der Spielwelt gibt; ungeachtet dessen gibt es sicher auch einige Würfe, die enorm hohe und innerhalb der Spielwelt ganz klar erzählbare Konsequenzen haben.

Übrigens habe ich den Thread wegen dieser Diskussion hier über Fantasy Age aufgemacht:
http://www.tanelorn.net/index.php/topic,94659.msg134368059.html#msg134368059

Offline Zwart

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #3 am: 10.04.2016 | 12:33 »
Das Ganze wird bei Computerspielen ludonarrative Dissonanz genannt.

Die Erfahrung aus dem Spiel, passt nicht mit der Erzhälung zusammen.

Je geringer diese Dissonanz ist, desto besser funktioniert das Spiel weil die innere Logik nicht ständig in Frage gestellt wird.
« Letzte Änderung: 10.04.2016 | 12:37 von Zwart »

Achamanian

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #4 am: 10.04.2016 | 12:43 »
Das Ganze wird bei Computerspielen ludonarrative Dissonanz genannt.

Die Erfahrung aus dem Spiel, passt nicht mit der Erzhälung zusammen.

Je geringer diese Dissonanz ist, desto besser funktioniert das Spiel weil die innere Logik nicht ständig in Frage gestellt wird.

Ich glaube eigentlich nicht, dass ich das meine. D&D mit viel HP krankt ja nicht unbedingt an einem Fehlen an innerer Logik, sondern eher daran, dass sich von der Logik der Spielregeln für mich nur schwer ein Bezug zu einem plausiblen Narrativ herstellen lässt. Wenn man das aber gar nicht erwartet, sondern einfach in den "Jetzt werden Punkte weggekloppt"-Modus umschaltet, dann muss man auch nichts in Frage stellen. Es beeinträchtigt jedenfalls nicht die Funktionsweise des Spiels.

Muss noch mal über eine genauere Formulierung nachdenken.

Offline YY

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #5 am: 10.04.2016 | 12:52 »
Argument für einen niedrigen FY/OSpR-Faktor wäre z.B., dass man damit Swinginess ausgleichen kann und dass (wiederum vor allen im Kämpfen) mehr Zeit ist, in der sich Spannung aufbauen und es zu dramatischen Umschwüngen kommen kann.

Die erste Hälfte wäre auch mein Gedanke dazu gewesen.

Da ist noch nicht mal Swingyness der Hauptfaktor, sondern der Umstand, dass man dem Ergebnis ggf. "hiflos" ausgeliefert ist.

Will heißen, wenn ich auf den Wurf keinen irgendwie gearteten Einfluss nehmen kann, führt das ganz schnell zu Frust auf Spielerseite und für die SCs ins Verderben. Auch, weil ein hoher FY/OSpR-Faktor grundsätzlich erst mal gegen die SCs arbeitet - es gibt viel mehr NSCs und für die sind Konsequenzen eigentlich egal.

Ich vergleiche das gerne mit Duellen in Spaghettiwestern, wo man per Genrekonvention i.d.R. an einem Treffer stirbt. Hier müssen Spannungsaufbau und Einflüsse durch Entscheidungen auf die Zeit vor dem Schuss(wechsel) verlegt werden*.

Und das ist dann auch die Baustelle für die zweite Hälfte deiner Aussage:
Wenn man sich bestimmte Einflüsse vorher erarbeiten kann (ob durch fiktionsinterne taktische Entscheidungen, Metaressourcen oder sonst was), ist es völlig ok, wenn der FY/OSpR-Faktor hoch ist - dann ist der Wurf aber auch schon massiv in eine Richtung beeinflusst.

Kurz:
Eine sinnvolle Vorgehensweise wäre es mMn, den FY/OSpR-Faktor niedrig bis mittel anzusetzen und dafür zu sorgen, dass man den Faktor entsprechend in beide Richtungen verändern kann.
Wobei ein Wurf dann in der Regel nur eine Ergebnisrichtung beackert: Entweder es passiert was Schlimmes oder nichts, oder es passiert was Tolles oder nichts. Aber es gibt nicht so viele Würfe, wo sinnvollerweise etwas Schlimmes oder etwas Tolles passiert.
Muss es ja auch nicht, weil ein vermiedenes schlimmes Ereignis schon für genug Erleichterung sorgt.


*Ich erinnere mich in dem Kontext übrigens mit Grausen an Jedi Knight 2. In der ursprünglich veröffentlichten Fassung war da die dreiseitige Balance Machtkräfte - "mundane" Waffen - Lichtschwert so gut wie perfekt.
Und in einem Patch kamen die Entwickler dann auf die Idee, die Lichtschwertduelle "spannender" zu machen, indem man den Schaden der meisten Kampfstile bzw. Angriffe deutlich abgesenkt hat. Mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass sich dann eben durch die verlängerte Kampfdauer mehr Spannung aufbauen könnte.
Das hat natürlich nur dazu geführt, dass auf Effizienz und Effektivität bedachte Spieler den Lichtschwerteinsatz deutlich reduziert haben und die "narrativ" orientierten Spieler sich massiv drüber aufgeregt haben, dass erstere Spielersorte auch im Duell ständig zwischen Lichtschwert und konventionellen Waffen wechselte und sich der Entscheidung regelmäßig durch Flucht entzog, sobald sie Treffer kassiert hatten.

Moral von der Geschicht:
Wenn man so was macht, muss man es auch zu Ende denken.
Sieht man an Spielen mit eskalierenden HP ja genauso:
Wenn nur die HP steigen und die Angriffsmöglichkeiten nicht mit skalieren, wird es dann spannender?
Nein, es wird unerträglich öde.


Das Ganze wird bei Computerspielen ludonarrative Dissonanz genannt.

Die Erfahrung aus dem Spiel, passt nicht mit der Erzhälung zusammen.

Also z.B. dass der Avatar in Cutscenes Sachen machen könnte, um sich aus einer misslichen Lage zu befreien, die er im Spielverlauf die ganze Zeit raushaut - hier aber aus Plotgründen nicht machen "darf"?

Ist das genau das, worum es hier geht? (Rumpel sagte ja schon: eher nicht)

Auf jeden Fall merke ich mir den Begriff, der ist toll  :)



Aber ich frage mich auch gerade, ob der FY/OSpR-Faktor wirklich so eng mit der Frage nach der "Erzählbarkeit" der Würfe verbunden ist.
Der liefert doch nur ein sehr plakatives Beispiel, wo es eben nicht so ist, oder?

Viele verlaufsorientierte Systeme mit niedrigem FY/OSpR-Faktor wären schließlich trotzdem gut erzählbar, halt nur langwierig und nicht sonderlich spannend.
D&D und Verwandtschaft stechen da nur mit ihren unsäglich schwammigen HP deutlich hervor.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Achamanian

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #6 am: 10.04.2016 | 13:02 »

Kurz:
Eine sinnvolle Vorgehensweise wäre es mMn, den FY/OSpR-Faktor niedrig bis mittel anzusetzen und dafür zu sorgen, dass man den Faktor entsprechend in beide Richtungen verändern kann.
Wobei ein Wurf dann in der Regel nur eine Ergebnisrichtung beackert: Entweder es passiert was Schlimmes oder nichts, oder es passiert was Tolles oder nichts. Aber es gibt nicht so viele Würfe, wo sinnvollerweise etwas Schlimmes oder etwas Tolles passiert.
Muss es ja auch nicht, weil ein vermiedenes schlimmes Ereignis schon für genug Erleichterung sorgt.

In die Richtung würde ich auch denken, und eigentlich ist man da glaube ich schon fast wieder bei Fate (Aspekte stapeln, um reinzuhauen ...). Jedenfalls ist die Regelung über irgendeine Art von Meta-Ressource (Gummipunkte) in meinen Augen allemal geeigneter, um filmreifes Drama zu liefern und gleichzeitig die Beeinflussbarkeit auf Regelebene halbwegs hoch zu halten, als HP, die mehr schlecht als recht zu Plot Armor umdefiniert werden und wo man dann spätestens beim Fernkampf normalerweise in schwere Vorstellungsnöte kommt (der Pfeil hat schon getroffen, aber dann wohl doch nur das Ohr gestreift).



Aber ich frage mich auch gerade, ob der FY/OSpR-Faktor wirklich so eng mit der Frage nach der "Erzählbarkeit" der Würfe verbunden ist.
Der liefert doch nur ein sehr plakatives Beispiel, wo es eben nicht so ist, oder?

Viele verlaufsorientierte Systeme mit niedrigem FY/OSpR-Faktor wären schließlich trotzdem gut erzählbar, halt nur langwierig und nicht sonderlich spannend.
D&D und Verwandtschaft stechen da nur mit ihren unsäglich schwammigen HP deutlich hervor.

Stimmt, vielleicht ist der Zusammenhang da nicht so groß.
Wobei "Erzählbarkeit" für mich auch beinhaltet, dass das Ergebnis im Sinne des Fortgangs der Geschichte irgendwie interessant ist. Das ist aber auch wieder schwer zu definieren. "Du schlägst ihn, aber der Schlag gleitet an seiner Rüstung ab", kann toll erzählbar sein, wenn dadurch eine Bedrohung aufgebaut wird; wenn aber zwanzig Schläge an der Rüstung abgleiten, dann ist da ziemlich schnell nichts in einem Story-Sinne erzählbares dran, weil die Information ("Der Gegner hat eine tolle Rüstung") längst nicht mehr wiederholt werden muss.

Offline Grubentroll

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #7 am: 10.04.2016 | 14:43 »
Dann poste ich hier noch mal meinen letzten Einwand aus dem "Fantasy Age"-Thread:

Zitat
Rumpel schrieb hier:
Zitat
Realismus ist mir weitgehend schnuppe, mir geht es um "Erzählbarkeit pro Wurf", also dass bei möglichst jedem Wurf etwas rauskommt, wozu ich mir eine Spielweltkonsequenz vorstellen kann.

Danke, das bringt die Diskussion für mich auf den Punkt.

Ich habe schlicht keine Ahnung, was bei D&D4E (so gern ich das System ansonsten mag) passiert, wenn der Ork 10 beim Schaden würfelt gegen mich. Er scheint mich irgendwie getroffen zu haben, wenn meine HP auf einmal unter der Hälfte sind, weil ich dann "bloodied" bin. Ansonsten schlägt er wohl dauernd vorbei, während ich über Steine stolpere, außer Puste gerate, mir meine Rüstung zu schwer wird, oder meine Hüfte am Tisch anhaue.

So schlimm scheint das mit dem Bloodied aber trotzdem nicht gewesen zu sein, wenn ich nach einmal Schlafen wieder komplett hergestellt bin.

Ganz absurd wird es dann mit Fernkampf, und vor allem Magieschaden, finde ich.

Während man beim Kampf Mann gegen Mann noch mit diesem "außer Puste" argumentieren kann, wird es spätestens bei einer Magic Missile doch wirklich merkwürdig. Wenn die automatisch trifft, dann ist doch da wirklich kein Abstraktionsspielraum mehr, ob ich eine Verletzung habe, die ausheilen muss, oder nicht.

Irgendwo beißt sich der Gamismus da irgendwann selber in den Schwanz.

Offline YY

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #8 am: 10.04.2016 | 15:35 »
Jedenfalls ist die Regelung über irgendeine Art von Meta-Ressource (Gummipunkte) in meinen Augen allemal geeigneter, um filmreifes Drama zu liefern und gleichzeitig die Beeinflussbarkeit auf Regelebene halbwegs hoch zu halten, als HP, die mehr schlecht als recht zu Plot Armor umdefiniert werden und wo man dann spätestens beim Fernkampf normalerweise in schwere Vorstellungsnöte kommt (der Pfeil hat schon getroffen, aber dann wohl doch nur das Ohr gestreift).

Fate macht es sich mit den Aspekten noch relativ einfach, aber man kann das auch - mit fummeligerer Spielmechanik - enger an die Fiktion bringen.
Im Fernkampf muss man sich dann z.B. erst einmal eine günstige Schussposition erarbeiten, zielen und/oder den richtigen Moment abwarten.
Ist unterm Strich das Selbe.

Die Kernkritik richtet sich da - wie Grubentroll schon schrieb - nach wie vor gegen HP als universelles, voraussetzungsloses Polster, welches dann zwangsläufig so schwammig sein muss, dass es sich einer konkreten Erzählung oder Interpretation je nach Situation in unterschiedlicher Weise entzieht.

Mit anderen Möglichkeiten, sich einen Vorteil zu erarbeiten, können viele Systeme eben nicht aufwarten, aber denkbar ist das allemal.
Da hat man dann ggf. nur andersrum ab und an mal mit dem Umstand zu kämpfen, dass diese Vorteile sich auch relativ zufällig ergeben können und so die Zielsetzung einer nachvollziehbaren und "fairen"/balancierten Spielmechanik etwas torpediert wird.
Kann aber auch sehr passend sein...

wenn aber zwanzig Schläge an der Rüstung abgleiten, dann ist da ziemlich schnell nichts in einem Story-Sinne erzählbares dran, weil die Information ("Der Gegner hat eine tolle Rüstung") längst nicht mehr wiederholt werden muss.

Genau - man hat was Erzählbares in dem Sinne, dass es eine "handfeste" Zuordnung zwischen Wurf(ergebnis) und Fiktion gibt, aber wenn immer wieder das gleiche Ergebnis geliefert wird, kann man sich das Erzählen schenken.
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Offline Rorschachhamster

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #9 am: 10.04.2016 | 15:52 »
Die Kernkritik richtet sich da - wie Grubentroll schon schrieb - nach wie vor gegen HP als universelles, voraussetzungsloses Polster, welches dann zwangsläufig so schwammig sein muss, dass es sich einer konkreten Erzählung oder Interpretation je nach Situation in unterschiedlicher Weise entzieht.
Diese aussage ist doch in sich widersprüchlich: universell - schwammig <-> konkret - je nach Situation ist doch gerade die Stärke von HP. Konkrete Wundenlevel bedeuten ja ein Einzwängen des Narratives und machen, zumindest meiner Erfahrung nach, es manchmal extrem unrealistisch. Da werden dann schwere Wunden per Erste Hilfe plötzlich negiert... Wenn die HP allerdings eben schwammig und universell bleiben, können Gründe für das Ergebnis des Spiels in dieser konkreten Situation gefunden werden, ohne völlig abstrus zu wirken. Gerade die Universelle Schwammigkeit macht die Konkrete Genauigkeit erst möglich.  >;D

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DMG Pg. 81 " The mechanics of combat or the details of the injury caused by some horrible weapon are not the key to heroic fantasy and adventure games. It is the character, how he or she becomes involved in the combat, how he or she somehow escapes — or fails to escape — the mortal threat which is important to the enjoyment and longevity of the game."

Offline YY

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #10 am: 10.04.2016 | 16:12 »
Wenn die HP allerdings eben schwammig und universell bleiben, können Gründe für das Ergebnis des Spiels in dieser konkreten Situation gefunden werden, ohne völlig abstrus zu wirken. Gerade die Universelle Schwammigkeit macht die Konkrete Genauigkeit erst möglich.

Das ist genau der Punkt, an dem es für mich (und wohl auch Grubentroll) aushakt.

HP sind da nur der Notnagel, weil man für mehr Details zu faul ist - und mit gutem Willen kommt man da recht weit, ja.

Aber spätestens bei Systemen mit eskalierenden HP darf man nicht zu genau hinschauen, sonst knirscht das an allen Ecken und Enden.
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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #11 am: 10.04.2016 | 16:55 »
Zitat
HP sind da nur der Notnagel, weil man für mehr Details zu faul ist - und mit gutem Willen kommt man da recht weit, ja.
Ich würde es nicht "zu faul" nennen.

HP erfüllen als Ressource für heroisches RPG durchaus seinen Zweck und ich stimme den Ausführungen des Hamsters zu.
Für "mehr" gibt es bei D&D und Konsorten die Conditions, die den FY/OS-Faktor auslösen können.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline YY

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #12 am: 10.04.2016 | 17:22 »
Ich würde es nicht "zu faul" nennen.

Ursprünglich nicht, aber entweder steht man dazu, dass das Ganze deutlich mehr auf der Metaebene arbeitet oder man macht es "richtig", aber dieses Herumlavieren und Interpretieren, was HP denn alles sind und was ein HP-Verlust jeweils bedeuten kann, geht mir deutlich gegen den Strich.

"Haben wir schon immer so gemacht und funktioniert für Spielzwecke" ist doch vollkommen in Ordnung.
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Achamanian

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #13 am: 10.04.2016 | 20:37 »
Gerade die Universelle Schwammigkeit macht die Konkrete Genauigkeit erst möglich.  >;D

Nur sind die großen HP-Polster halt in der Regel dann doch wieder nicht so schwammig, denn (vorausgesetzt, die SL handwedelt nicht massiv) sie lassen ja typischerweise nur die Zustände tot/quicklebendig zu und kombinieren das mit der verbreiteten Unmöglichkeit, ganz normale menschenähnliche/menschliche Gegner durch gewöhnlichen Waffenschaden halbwegs schnell und zuverlässig auszuschalten.
D.h. trotz aller Schwammigkeit geben die Regeln ganz klar vor, welche Ergebnisse möglich sind und welche nicht und schließen damit ganz viel Ezählbares aus. Also leider nichts mit konkreter Genauigkeit, es bleibt bei konkreter Schwammigkeit (zumindest meiner Erfahrung nach).
Mein Fantasy-Age-Beispiel war ja der Pistolenschütze, der schlau auf der Lauer liegt und einem ganz normalen, wenn auch etwas besser ausgebildeten Menschen aus nächster Nähe zwei Schüsse zu verpassen - wobei er gute Angriffe und guten Schaden würfelt und der Gegner trotzdem noch über die Hälfte seiner HP hat. Wie erzähle ich das jetzt? Da bleibt eigentlich nur Handwedeln und sagen: "Okay, das haut ihn um", oder eben sagen: "So sind eben die Regeln, eine als Geschichte erzählbare Version des Geschehens ergeben die nun mal nicht immer."

Man könnte auch ernsthaft abstrakt nehmen und als Handlungen für Schützen z.B. nicht mehr "ich schieße auf ihn (und treffe oder nicht)", sondern etwas allgemeineres wie: "Ich nehme ihn in dieser Runde weiter unter Feuer (weiß aber, dass ich ihn erst treffen kann, wenn ich seine Plot Armor aufgebraucht habe)." Das könnte man sogar HP-ähnlich modellieren und dabei z.B. einfach mal wirklich zwischen Plot Armor und Lebenspunkten trennen (und dadurch z.B. auch Möglichkeiten bereithalten, bei Situationen wie der von mir eben geschilderten Regelkonform die Plot Armor zu umgehen).

Das wäre dann zwar immer noch viel Gewürfel ohne Konsequenzen, also weiterhin ein niedriger Fyospr-Faktor; aber immerhin würde der Kampf-Slaptstick der Marke Ritter der Kokosnuss durch einen ernsthaften Versuch ersetzt, die erwünschte Dramaturgie langer, ressourcenfressender Kämpfe und schneller Bereitschaft für neue Kämpfe mit einer irgendwie vorstellbaren narrativen Dramaturgie zu verbinden.

EDIT: Man denke vielleicht zur Verdeutlichung an die Star-Wars-Kämpfe zwischen Luke und Vader. Beide sind lang und haben eine Dramaturgie, aber beide sind auch beim ersten echten Treffer entschieden. Klar kann man das HP-runterkloppen auch so interpretieren; aber wie gesagt kommt man da besonders bei Fernkampfwaffen doch ziemlich ins Eiern ... da hätte ich doch lieber ein System, das mal einen Gedanken daran verschwendet, wie man Plot Armor und Verletzungen modelliert, und nicht nur Plot Armor und tot, sobald die alle ist.
« Letzte Änderung: 10.04.2016 | 20:40 von Rumpel »

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #14 am: 10.04.2016 | 21:07 »
EDIT: Man denke vielleicht zur Verdeutlichung an die Star-Wars-Kämpfe zwischen Luke und Vader. Beide sind lang und haben eine Dramaturgie, aber beide sind auch beim ersten echten Treffer entschieden.

Nur als Randbemerkung:
Das sind mehrheitlich keine Kämpfe in dem Sinne, dass beide mit aller Kraft versuchen, den anderen umzubringen.

Sie verlaufen freilich trotzdem ähnlich wie diverse andere Fechtkämpfe im Film, aber die sind mMn alle kein sonderlich gutes Modell, um Regeln danach zu gestalten, die für andere Kämpfe auch taugen sollen.


da hätte ich doch lieber ein System, das mal einen Gedanken daran verschwendet, wie man Plot Armor und Verletzungen modelliert, und nicht nur Plot Armor und tot, sobald die alle ist.

Deadlands Classic wäre mit seinen Chips ein gutes Beispiel - die konnten zwar auch für andere Sachen verwendet werden, waren aber eben auch essentiell zum Vermeiden/Runterkaufen von Verletzungen.

Das war also Plot Armor nach Wahl, d.h. man konnte sich bei jedem Treffer entscheiden, ob man die Verletzung komplett nimmt, etwas reduziert oder komplett wegkauft - je nachdem, wie sehr man die Chips noch zu brauchen meinte.


Das System war berühmt/berüchtigt dafür, wie tödlich es zugeht, wenn man keine Chips mehr hat (und weiter so agiert, als hätte man noch welche).
Aber die waren ja auch genau dafür da... ;)


Umgehen bzw. unwirksam machen konnte man die zwar nur bedingt, das wäre aber leicht zu hausregeln.
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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #15 am: 10.04.2016 | 21:15 »
Naja, es gibt ja auch HP-Systeme die durchaus in die von dir vorgeschlagene Richtung gehen. So beispielsweise die d20 Version von Traveller, die alte d20 Version von Star Wars, nur mal als Beispiele. Da sind normale Lebenspunkte eben so eine Art Plot Armor, die sich auch schnell regeneriert und solang man noch welche hat, wird man nur schwerlich ernsthaft verletzt. Es gibt aber auch sogenannte Wound Points, in den genannten Beispielen von der Konsti abhängig und unter Umständen mit einem Treffer alle. Die wird aber nur in besonderen Fällen direkt angegriffen, etwa bei kritischen Treffern oder einem gekonnten Hinterhalt oder sowas. Und die kriegt man auch nur sehr langsam zurück.
Auch Midgard geht ja einen ähnlichen Weg.
Aber auch davon ab finde ich die Erzählbarkeit und die Intensität eine Rollenspiels ein interessantes Thema. Was ich übrigens kürzlich gespielt hab und wo die Intensität sehr hoch war, war Apocalypse World. Wenn man da die Würfel in die Hand nimmt geht's meistens direkt um die Wurst.
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Offline Kriegsklinge

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #16 am: 11.04.2016 | 10:28 »
Weiß nicht, ob das hier rein passt, aber: du hattest mir ja neulich mal RL von dem Beispiel aus der Runde erzählt, wo ein Zwerg einem Angreifer mit der doppelläufigen Muskete ins Gesicht schießt und .... tja, erin Drittel der HP weg, Gegener lebt noch, weiter gehts. Und da entsteht eben eine Dissonanz zwischen Bild im Kopf/Realismuserwartung und dem, was die nackten Zahlen sagen. Das kann ich voll und ganz verstehen, und ehrlich gesagt stört es mich auch manchmal, auch wenn ich eigentlich gern bereit bin, HP eben als abstrakte Kategorie aufzufassen.

Wie wäre es denn aber mit folgendem Vorschlag: Man nimmt HP als abstrakte Größe ernst und sagt halt, das HP-Konto zeigt einzig und allein an, wie lange eine Figur ein Faktor im Kampf ist und ihre typischen Fähigkeiten einsetzen kann. HP sind ein Gradmesser für "Einsatzdauer", nicht für körperlichen Zustand. Okay, das eine hängt irgendwie mit dem anderen zusammen, aber Fantasy kennt ja Monster, übernatürliche Begebenheiten, "unrealistische" Kampfausdauer durch Wut, Hexerei, göttliche/dämonische Inspiration usw.

Im Beispiel mit dem Schuss ins Gesicht könnte das zum Beispiel beudeten, dass dem Gegner in der Tat der halbe Kopf wegfliegt. Da darf man als SL auch gern mal handwedeln, dass der Gegner dann eine Runde kampfunfähig am Boden liegt.

Und dann rappelt er sich halt wieder auf (weil die HP sagen, dass die Kampfverweildauer noch nicht abgelaufen ist). Ein Monster-Monster (Ork, Troll, Dämon ...) kann sicher auch "fantasyrealistisch" mit halbem Gesicht weiterkämpfen. Das Monster kriegt halt Abzüge wegen eingeschränkter Sicht, und alle Helden müssen eine Probe auf Selbstbeherrschung machen, um keinen Angriffsmalus zu erleiden.
Menschliche Gegner kämpfen auch mit halbem Kopf weiter, weil sie die Helden so sehr hassen, weil sie einen Götzentalisman haben, der ihnen übermenschliche Kraft verleiht, weil ihre Gottheit in sie gefahren ist, weil an dieser Stelle im Wald böse Geister hausen, die in sie fahren, weil sie sich die herunterhängende Gesichtshälfte im Kampfrausch mit einem Trollzahn wieder antackern ...

Man könnte hier als Gruppe, die mit Dissonanzen zwischen HP und Beschreibung Probleme hat, einfach mal gemeinsam eine kleine Zufallstabelle erstellen über "Gegner, die eignetlich tot sein müssten, aber rätselhafterweise immer noch HP haben und weiterkämpfen und was dahintersteckt" (GDETSMARINHPHUWUWDS) So muss man sich als SL nicht immer stante pede was ausdenken und es ist als Konvention etabliert, dass man im Zweifelsfalls auch etwas krasses herbeibeschreibt, was ein bisschen over the top ist.

Wenn man eher "realistisch"/grim´n gritty spielen will, muss man äußere Umstände bemühen. Okay, der Zwerg schießt dem Räuberhauptmann das halbe Gesicht weg. Dummerweise hat der immer noch HP. Es ist jetzt nicht völlig gegen den Spirit auch von D&D, wenn man bestimmt, dass bei einem solchen Treffer ongoing damage entsteht, dass der Räuberhauptmann also langsam verblutet. Man kann ihn in den nächsten Runden damit beschäftigt sein lassen, (erschwerte) saves zu probieren, um zu schauen, ob er trotz Blutung und Schmerzen irgendwie weiterkämpfen kann. Wenn er´s geschaftt hat, stürzt er sich als Blut-und-Knochen-Fetzenhaufen wieder in den Kampf, weil er halt vor Schmerzen wahnsinnig geworden ist. Er ist eher noch furchteinflößender, und die Gegner müssen ihrerseits Proben ablegen, um sinnvoll weiter kämpfen zu können.

Und zu guter Letzt kann ein halbtoter Räuberhauptmann mit weggeballertem Gesicht auch inspirierend wirken. In der Fiktion liegt er am Boden und brüllt wie ein verendender Hirsch und spuckt Blut und Fleisch. Die anderen Räuber werden dadurch aber aufgestachelt: der Scheißzwerg hat Alrik die Fresse wegeballert! Auf ihn mit Gebrüll! Mechanisch bestimme ich irgendwie, wie viele Runden der Hauptmann noch lebt (saves, HP runterwürfeln oder einen Durchschnittswert pro Runde abziehen), und lasse solange die anderen Räuber seine besonderen Angriffe durchführen, damit die Ressource nicht aus dem Kampf verschwindet ("Für Alrik! Hier kommt sein Salto-Todesangriff!").

In so einer "realistischeren" Variante würde ich aber, da die Konsequenzen gezielter Treffer ja weit reichend sein können, solche Anrgiffe (Schuss ins Gesicht, Stich ins Gemächt, Durchtrenne einer Schlagader ...) auch mit entsprechenden Erschwernissen belegen. In vielen D&Ds gib´s da auch besondere Feats oder Powers, die genau das regeln.

Ich finde, kurz gesagt, es gibt schon Möglichkeiten, mit besagter Dissonanz umzugehen, und in vielen Regelgrundlagen gerade von D&Ds ist das eigentlich auch schon angelegt. Man schafft es aber vielleicht nicht improvisiert und muss das mal mit der Gruppe zwischen den Sitzungen regeln.
« Letzte Änderung: 11.04.2016 | 10:32 von Kriegsklinge »

Offline KhornedBeef

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #17 am: 11.04.2016 | 10:38 »
ICh finde Kriegsklinges Vorschläge überwiegend grandios. Vor allem die GDETSMARINHPHUWUWDS-Tabelle bekommt einen Gamer-Humor-Stempel von mir  :d
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Offline Kriegsklinge

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #18 am: 11.04.2016 | 10:41 »
Danke, aber die Tabelle könnte (mit einem etwas weniger bescheuerten Namen vielleicht  ;)) auch realtiv ernsthaft genutzt werden. Der springende Punkt ist halt, dass man Vorschläge, wie "eigentlich tote" Gegner noch fantasy-plausibel im Kampf bleiben, einfach mal sammelt.

Achamanian

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #19 am: 11.04.2016 | 10:53 »
Ich finde, kurz gesagt, es gibt schon Möglichkeiten, mit besagter Dissonanz umzugehen, und in vielen Regelgrundlagen gerade von D&Ds ist das eigentlich auch schon angelegt. Man schafft es aber vielleicht nicht improvisiert und muss das mal mit der Gruppe zwischen den Sitzungen regeln.

Die Ideen sind alle sehr schön!
Ich glaube aber, da kommt schnell das Problem der Übersättigung an verrücktem Zeug auf, und wir sind wieder im Slapstick-Bereich. Das kann großartig sein, es kann sich aber auch irgendwann totlaufen ...

Ich würde das ganze jetzt noch mal so aufdröseln:

Frage: Will ich (auf den Kampf bezogen) vielleicht einfach den niedrigen Fyospr-Faktor, d.h. längere Schlagabtäusche mit Auf und Ab für beide Seiten, bei denen kein so großes Risiko besteht, dass eine Partei (insbesondere die der SC) aus heuterem Himmel schwer beschädigt wird?

Wenn ja, dann habe ich folgende Optionen:
1. Ein Regelsystem wie D&D benutzen und dabei einfach die Brüche zum Narrativ ignorieren. Was da passiert, kann nicht 1:1 erzählt werden, muss es auch nicht, man wechselt eben für den Kampf den Modus.
2. Es wie von Kriegsklinge vorgeschlagen machen und die HP einfach als Verweildauer im Kampf sehen und entsprechende Erklärungen finden bzw. leicht handwedeln, indem man eben den schwer angeschossenen Räuberhauptmann wirklich gleich dahinkrepieren lässt, dafür gibt er aber seinen Kumpanen durch sein wütendes Geschrei noch einen Bonus, um so seinen Wegfall wieder auszugleichen.
3. Wie Quaint sagt, gibt es ja auch Systeme (Traveller D20), die so etwas ähnliches wie Lösung 2 gleich fest verankern.

Wenn die Antwort auf die Eingangsfrage nein ist - ich will auch im Kampf einen hohen Fyospr-Faktor und nehme dafür in Kauf, will sogar, dass auch die SC aus heiterem Himmel bleibende Schäden davontragen können -, dann nehme ich eben ein System, das genau das bietet (BRP-Systeme, Rolemaster, Ubiquity ...).

Ich tendiere gerade eher zur Antwort "nein", weil ich die Kämpfe eben erstens gerne kurz habe und es zweitens als SL lieber mag, wenn das Regelsystem das Fies-Sein für mich übernimmt.

Offline Nørdmännchen

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #20 am: 11.04.2016 | 12:35 »
Ich finde dieses Thema recht spannend, habe derzeit aber nur Zeit es kurz zu überfliegen. Die Dissonanz von Erzählung und Werten kann ich gut nachvollziehen. Allerdings sehe ich noch einen anderen Ansatz dazu sie aufzulösen: In der Variation der Erzählung, die die Regel auslöst. (Im Gegensatz zu der Erzählung, die von der Anwendung der Regeln beeinflusst wird.)
Wenn ich jede Aktion mit einer Waffe als "Handlung zum Erzeugen von Schaden" beschreibe, muss sich dies fast zwangsläufig mit einer intentionell abstrakt gehaltenen HP-Leiste beißen. Will sagen: Wenn die Konsequenzen der Handlung nur über ein abstraktes Modell modelliert werden, darf das Modell für die Handlungen nicht konkret sein.

Aus: "Ich schieße auf sein Gesicht, in der Absicht ihn zu verletzen." Wird also eher etwas wie: "Ich schieße in seine Richtung, damit er weniger Handeln kann."
Wenn das zu wenig konkret ist, müssen spezielle Aktions-Regeln gebaut werden, die in ihrer Konsequenz dann auch konkretere Ereignisse auslösen müssen. (Eventuell mit hoher Erschwernis...)
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Offline KhornedBeef

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #21 am: 11.04.2016 | 13:07 »
Ich finde dieses Thema recht spannend, habe derzeit aber nur Zeit es kurz zu überfliegen. Die Dissonanz von Erzählung und Werten kann ich gut nachvollziehen. Allerdings sehe ich noch einen anderen Ansatz dazu sie aufzulösen: In der Variation der Erzählung, die die Regel auslöst. (Im Gegensatz zu der Erzählung, die von der Anwendung der Regeln beeinflusst wird.)
Wenn ich jede Aktion mit einer Waffe als "Handlung zum Erzeugen von Schaden" beschreibe, muss sich dies fast zwangsläufig mit einer intentionell abstrakt gehaltenen HP-Leiste beißen. Will sagen: Wenn die Konsequenzen der Handlung nur über ein abstraktes Modell modelliert werden, darf das Modell für die Handlungen nicht konkret sein.

Aus: "Ich schieße auf sein Gesicht, in der Absicht ihn zu verletzen." Wird also eher etwas wie: "Ich schieße in seine Richtung, damit er weniger Handeln kann."
Wenn das zu wenig konkret ist, müssen spezielle Aktions-Regeln gebaut werden, die in ihrer Konsequenz dann auch konkretere Ereignisse auslösen müssen. (Eventuell mit hoher Erschwernis...)
Generell ein guter Ansatz, aber das Beispiel zeigt auch, wo sich das mit dem beißt, was viele Spieler zum Rollenspiel zieht: Ich spiele nicht Kronngar den Mächtigen, um dann zu denken "Ich schlage jetzt nach ihm, damit er weniger handeln kann." sondern um den Kerl zu enthaupten, auf dass das Blut in Strömen fließe.
Will sagen, es klingt sonst in meinen Kopf betulich.
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Achamanian

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #22 am: 11.04.2016 | 13:18 »
Generell ein guter Ansatz, aber das Beispiel zeigt auch, wo sich das mit dem beißt, was viele Spieler zum Rollenspiel zieht: Ich spiele nicht Kronngar den Mächtigen, um dann zu denken "Ich schlage jetzt nach ihm, damit er weniger handeln kann." sondern um den Kerl zu enthaupten, auf dass das Blut in Strömen fließe.
Will sagen, es klingt sonst in meinen Kopf betulich.

Oft ergibt sich das ja auch auf die eine oder andere Weise aus dem Spiel. Mal entsteht durch die Situation ein genaues Bild davon, was jetzt eigentlich passieren müsste, mal reicht es völlig, zu sagen: "Ich greife an!"
Letzteres beißt sich normalerweise nicht groß mit Würfen, die keine nennenswerten bzw. keine im Spiel sinnvoll beschreibbaren Folgen haben; ersteres führt dagegen nun mal oft zu Problemen, lustigerweise eher im Falle eines Erfolgs, der dann aber nicht das erwartete Ergebnis zeitigt, als im Falle eines Misserfolgs, wo dann eben durch irgendeinen unglücklichen Zufall die Aktion komplett missglückt ist.

Offline Grubentroll

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #23 am: 11.04.2016 | 13:26 »
Könnte man gerade bei dem "Schieß mit der Schrotflinte aus 5 cm Abstand ins Gesicht" nicht schon fast eine "Coup de Grace"-Regel anwenden?

Offline Haukrinn

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Re: FY/OS per Roll - eine Beschreibungskategorie
« Antwort #24 am: 11.04.2016 | 15:00 »
Liegt da nicht schon der Fehler in der Regelanwendung selbst?

Wenn ein Typ einem anderen Typen unerwartet direkt ins Gesicht schießt dann ist das für mich kein Angriff in einer Kampfsituation. Dementsprechend sollten da auch keine Kampfregeln, also insbesondere kein Angriffswurf und auch kein Schadenswurf gemacht sondern eine passendere Regelung verwendet werden.

Ich bringe da mal wieder ein Beispiel aus der Ecke ptbA: Natürlich gibt es hier Angriffs-Moves wenn ich im Gefecht bin, die kommem aber bei "Der NSC schießt mir überraschend ins Gesicht" nicht zum Einsatz. Hier wendet der SL direkt "Inflict harm as established" (also wie durch die Erzählung etabliert) an und damit bin ich dann wohl hinüber.
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