Um das Kopfschuß-Beispiel aufzugreifen: wenn ich nach einem (regelmechanisch) gelungenen Angriffswurf erzähle, daß der Charakter (spielweltlich) getroffen hat, wird es natürlich schwierig, wenn der HP-Verlust das Opfer nicht dahinrafft. Ich könnte aber auch sagen: da die (regelmechanische) Kombination aus Angriffswurf und Schaden das Opfer nicht getötet hat, kann es spielweltlich wohl kein (Voll)Treffer gewesen sein.
Grundsätzlich richtig - aber warum muss ich mir das als Spielender aus meiner Spielerfahrung ableiten?
Du liest oben eine Konsequenz in "dramatischer Stringenz" aus. Sprich Regeln und Fiktion verhalten sich weiterhin kongruent und glaubwürdig zueinander. Das funktioniert - alles ist gut! Aber leider ist es nicht die einzig mögliche Auslegung. Es gibt immer noch viele Spielrunden, die Regeln und Erzählung als Widerspruch wahrnehmen: die SL-Willkür, Handwedeln und "Geil! Wir haben den ganzen Abend nur einmal gewürfelt!" als alternativlos wahrnehmen.
Der kritische Moment ist, dass die obige Darstellung nicht vollständig ist. Die Regelanwendung beginnt nicht erst bei der Mechanik, beim Griff zu den Würfeln und nicht mal wenn der SL eine Probe fordert. Sobald wir uns auf das Konzept des "
Fictional Positionings" verlassen, beginnt der Einsatz der Regel
immer mit der auslösenden Fiktion. (Also wenn wir kein ursprüngliches KoSim-Rollenspiel zocken, wo eine mechanistische Position, z.B. auf einer Battle-Map, als Trigger für Regel-Anwendung hinreichend ist.)
Und grade dieser Zusammenhang - der volle Kreisschluss zwischen Narrativ und Mechanik - wird immer noch von viel zu wenigen Systemen aufbereitet.
Ich stimme Rumpel zu 90% zu. Auch ich mag Systeme, in denen ich oft "FY!" oder "OS!" ausrufe. Ich mag es, wenn Würfe nicht einfach in erzählerischer Bedeutungslosigkeit versickern. Aber mir fehlt irgendwie noch eine dritte Kategorie: ein zähneknirschendes: "Autsch - na gut, Mist!"
Meine liebsten Spiele erlauben einen Erfolg mit Zugeständnissen. Ich erreiche was ich wollte (zumindest annähernd) aber die Situation spitzt sich zu oder ich muss ein Opfer bringen (Schaden einstecken, Kontakte strapazieren, Ausrüstung beschädigen etc.).
Diese Zwischenergebnisse (z.B. 7-9 in PbtA oder "Succeed at a cost" aus Fate Core) sind grade als bedeutsame dramatische Momente unersetzlich. Während FYOS sozusagen eine Entladung von Spannung darstellt, bauen diese "hgngnggnh....*fingernägelkau*" Optionen die Spannung wieder auf. Ich rutsche auf die Ecke meines Stuhls und warte auf den nächsten Wurf.
Zugegebener Maßen führt ein hoher Fyospr-Faktor dazu, dass dieses Moment auch
während der Anwendung einer Mechanik stattfindet. (Dread ist darin großartig!) Aber durch bedeutsame* Teilerfolge aus Würfen strafft sich der Spannungsbogen über ganze Szenen.
Würden wir einen Begriff für diese Kategorie finden, um ihm dem FY-OS hinzuzufügen oder gegenüber zu stellen, bin ich 100% dabei!
*EDIT 2: Bedeutsamkeit ist der wesentliche Punkt. Auch solche Würfe müssen einen klar spürbaren, besser dramatischen Einfluss auf die Erzählung haben.
EDIT zur laufenden Diskussion: Rumpel beabsichtigt doch nicht HP-Systeme grundsätzlich zu "bashen", oder? Er wollte lediglich eine Bewertungsachse etablieren, um seine Spielvorlieben daran bemessen zu können.
Die Schwierigkeit, die ich sehe, ist die, dass Fyospr emotional bewertet wird und viele Systeme unterschiedliche Erlebnisse zulassen, da sie nicht transparent vermittelt werden.