So, jetzt ich.
Ich verstehe unter "herausforderungsorientiert" im weitesten Sinne: Man muss sich etwas einfallen lassen und/oder seine Ressourcen clever nutzen, um den Kampf für sich zu entscheiden - und dabei sich nicht so sehr zu verausgaben, dass man danach nicht weitermachen kann. Anders gesagt: Herausforderung bedingt, dass die Entscheidungen der Spieler einen Einfluss auf den Verlauf bzw Ausgang haben können.
Allerdings kriege ich dann wieder mit, dass viele SLs dann unglücklich sind, wenn die Spieler sich dementsprechend verhalten.
Nun schwelt dieses Thema schon seit einer ganzen Weile in meinem Hirn, und ich beginne mich zu fragen, ob Pen&Paper-Rollenspiele _überhaupt_ konsistent herausforderungsorientierte Kämpfe ermöglichen. Nochmal zur Erinnerung: überdurchschnittliche Würfelergebnisse dürfen _keine_ Bedingung für den Erfolg sein.
Prinzipiell sehe ich als primäre Elemente für den Erfolg in einem herausfordernden Kampf:
- kluge Wahl der taktischen Mittel;
- intelligenter und angemessener Einsatz von Ressourcen;
- Timing.
Das Problem dabei ist: für gewöhnlich bildet sich recht schnell eine dominante oder zumindest fixe Strategie heraus. Schon allein dadurch bedingt, dass SCs für gewöhnlich nur ein, zwei Kompetenzgebiete haben und abseits dieser sehr schmal aufgestellt sind. Sobald diese Strategie steht, gilt es nur noch, sie konsequent durchzuziehen. Damit hat sich aber der Punkt mit der Herausforderung schnell erledigt.
SLs haben nun an dieser Stelle oft den Reflex, den Spielern in die Suppe zu spucken und ein oder mehrere Elemente der Spielerstrategie auszuhebeln. Wenn beispielsweise zwei gut aufeinander abgestimmte Nahkämpfer nach dem Motto Schelle links - Schelle rechts die Gegner plattmachen, sich Encounter auszudenken bei denen die beiden keinen Gegner in den Nahkampf verwickeln können. Damit ist zwar die Strategie unterbrochen -- jedoch sehe ich da auch wieder nicht die "Herausforderung", wenn das Setup einige Spieler von vornherein kategorisch ausschließt.
Eine andere Geschichte ist das, wenn die Spieler eine Möglichkeit finden können, durch kluges Handeln _doch_ in den Nahkampf zu kommen. Die Herausforderung bestünde dann also darin, genau _das_ zu bewerkstelligen. Sobald dies geschafft ist, triggert wieder die dominante Strategie, und der Rest des Kampfes ist reine Formsache. Derartige Encounter sind _mal_ cool, aber auf Dauer ist das auch nicht das Gelbe vom Ei.
Gerade kommt mir nebenbei der Gedanke, dass es paradoxerweise vielleicht vielmehr die SLs sind, die sich herausgefordert fühlen. Wenn sie z.B. irgendein Monster hinstellen von dem sie denken, dass es ein knapper Kampf werden dürfte, und die Spieler zermoschen es dann in zwei Runden. Oder wenn sowas passiert wie beim Narr und dem Steam-Untoten. Eine gute und logische Idee, einfach abgeblockt um den Kampf als reines Fleischberg-wunterwürfeln durchzupeitschen. Dies, und:
Leider verwechseln meiner Erfahrung nach viele SL "herausfordernde Kämpfe" mit "schwere Gegner" (=hohe Monsterklasse, hohes Challenge Rating etc.).
passt beides zu meinem Eindruck, dass auch die Auffassung recht weit verbreitet zu sein scheint, dass ein Kampf nur dann herausfordernd war, wenn die SCs danach möglichst auf dem Zahnfleisch gehen: einstellige HP, Schwere Wunden, Arm ab, zwei Mann am Boden, was auch immer. Aber da geht es mir ebenso: wenn der Kampf einfach nur Schadensabtausch ist,
"and the only strategy involved is realizing when things have gone tits up and legging it", [Zitat Yahtzee] hat das für mich nichts mit Herausforderung zu tun.
Mal ganz genau betrachtet: was heisst da schon "schwer"? Schwierigkeit ist für mich das gleiche wie Herausforderung: sie hat nur dann eine Bedeutung, wenn es auf meinen "Skill" als Spieler ankommt.
Leider kommt es genau hier schon zu einem Clash mit divergierenden Grundansichten: ich sehe es als Teil der Challenge, die Schwächen eines Gegners zu kennen oder, so ich sie nicht kenne, in Erfahrung zu bringen, und dann auszunutzen. Andere Spieler verdammen es als übelstes Metagaming, wenn mein Barbar dem Troll mit Feuer einheizt, und verlangen dass man sich blöd zu stellen habe, obwohl dann der Gegner _niemals_ besiegt werden kann. (Ich persönlich berufe mich generell darauf, dass das was _ich_ über ein Monster aus einer Fantasywelt weiß, doch einem _Bewohner_ dieser Welt _erst recht_ bekannt sein muss, der ist ja schließlich damit aufgewachsen.)
Bei Computerspielen läuft das ja mit den herausfordernden Kämpfen ganz anders und viel simpler: du läufst in einen Kampf rein, kriegst die Hucke vollgehauen, überlegst was falsch gelaufen ist und probierst es nochmal.
Je nach Spiel kommt es dann vielleicht darauf an, das Timing richtig hinzubekommen (bis hin zu Quicktime Events, möge ihr Erfinder in der Hölle braten), oder schlicht zu erkennen, welche Ausrüstung / Ressource hier den Erfolg ermöglicht. Oder beides.
Ich habe z.B. NWN2 Module gespielt, da musste ich ein und denselben Kampf vier, fünfmal probieren, mit verschiedenen Taktiken, und als dann der Knoten geplatzt war, nochmal mit Gefühl. Das ging aber eben nur, weil ich immer wieder laden und nochmal probieren konnte. Diese Option hat man ja im P&P nicht. Man kann höchstens versuchen Fersengeld zu geben und später wiederzukommen -- aber dann spätestens beim zweiten Anlauf muss man es ja dann wohl schaffen. Alle Ingame-Effekte mal komplett außen vor gelassen, ist der Unterschied halt einfach, dass da am Spieltisch ca 5 Personen eine Stunde lang am rumtüfteln sind, während ich beim Computerspiel einen Kampf-Anlauf in 3, 4 Minuten durchziehe.
Will man so einen Ansatz -- grob "Schwäche finden und ausnutzen" -- im P&P umsetzen, läuft es eher auf Recherche und Planung hinaus. Und diese Recherche und Planung kann halt auch schonmal ein paar Stunden dauern - und ist natürlich dann tendentiell eher… nicht so spannend.
Nunja, soviel für den Moment.