Autor Thema: Blade Runner von Philip K. Dick.  (Gelesen 3682 mal)

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Offline Dreamdealer

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Blade Runner von Philip K. Dick.
« am: 11.05.2016 | 13:33 »
So, jetzt sterbe ich nicht mehr dumm - DEN Klassiker habe ich hinter mir. Also nicht nur Filmwissen, sondern auch fundierte Buchkenntnis.
Nur leider habe ich nichts verstanden, oder besser gesagt, ich verstehe nicht, wie ein solches Buch als Klassiker bezeichnet wird.
Den Schreibstil fand ich hölzern, die Geschichte verworren, das dystopische Weltbild eher merkwürdig und albern, den tieferen Sinn
schein ich auch nicht gerafft zu haben. Ich hatte deutlich mehr erwartet, aber vielleicht würde ich bei dem Film mittlerweile auch die
Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Aber durch die verklärte Brille der Erinnerung hattte ich ihn als ganz großes Kino im Hinter-
kopf. Vielleicht lag es an der Übersetzung oder den hohen Erwartungen, aber dieses Buch war ein ziemlicher Reinfall.

1/10 auf der Voight-Kampff Skala

Bin ich ein Banause, oder ist es jemanden ähnlich gegangen?
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Offline Boba Fett

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #1 am: 11.05.2016 | 13:50 »
Ich denke, der Film hat - besonders für den modernen Konsumenten - wesentlich mehr Unterhaltungswert als das Buch.
Philip K. Dick war in vielen Themen in der SF ein Vordenker und hat viele revolutionäre Gedanken in Geschichten verfasst.
Nichts desto Trotz ist sein Schreibstil aber immer noch aus den 60er Jahren und wirkt heute eher hölzern und langweilig.

Und genau genommen sind auch nicht einmal die Geschichten das grandiose, sondern die Ideen und Konzepte, die darin verarbeitet wurden und die Fragen, die aufgeworfen werden...

Also nein, für mich bist Du kein Banause.
Schau Dir einen James Bond Film aus der Zeit an und halte einen der aktuellen Bond Filme dagegen...
Dann weisst Du, was ich meine.
« Letzte Änderung: 11.05.2016 | 13:56 von Boba Fett »
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Achamanian

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #2 am: 11.05.2016 | 14:05 »
Ich mag ja tatsächlich das Buch ein kleines bisschen lieber ... was aber auch daran liegt, dass ich die ganze Noir-Ästhetik einfach zu abgenutzt finde.
Dick ist für mich in erster Linie ein unkontrolliert philosophierender und durchgeknallter Humorist, selbst in seinen schwärzesten Momenten. Ein kunstvoller Stilist war er wohl eher nicht (obwohl beispielsweise Ubik stilistisch extrem starke Sequenzen hat); aber ehrlich gesagt ist seine Schreibe mir hundertmal lieber als ein großer Teil der glattgebügelten "modernen" Genre-Literatur.

Deep_Impact

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #3 am: 11.05.2016 | 14:07 »
Schau Dir einen James Bond Film aus der Zeit an und halte einen der aktuellen Bond Filme dagegen...
Dann weisst Du, was ich meine.

Die entsprechend wenigstens dem James Bond aus den Büchern.

Aber ja es gibt viele Bücher aus der Zeit, die als Klassiker oder "Must-read" angepriesen werden. Und nein oftmals sind die einfach in ihrer Zeit oder mit dem Verständnis um ihre Zeit genial, heute aber nicht mehr. Do Androids Dream of Electric Sheep? ist ein gutes Beispiel dafür. Ergo: Nein, kein Banause, aber 1/10 finde ich schon sehr hart :)

Offline Kowalski

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #4 am: 11.05.2016 | 15:33 »
So, jetzt sterbe ich nicht mehr dumm - DEN Klassiker habe ich hinter mir. Also nicht nur Filmwissen, sondern auch fundierte Buchkenntnis.
Nur leider habe ich nichts verstanden, oder besser gesagt, ich verstehe nicht, wie ein solches Buch als Klassiker bezeichnet wird.
Den Schreibstil fand ich hölzern, die Geschichte verworren, das dystopische Weltbild eher merkwürdig und albern, den tieferen Sinn
schein ich auch nicht gerafft zu haben. Ich hatte deutlich mehr erwartet, aber vielleicht würde ich bei dem Film mittlerweile auch die
Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Aber durch die verklärte Brille der Erinnerung hattte ich ihn als ganz großes Kino im Hinter-
kopf. Vielleicht lag es an der Übersetzung oder den hohen Erwartungen, aber dieses Buch war ein ziemlicher Reinfall.

1/10 auf der Voight-Kampff Skala

Bin ich ein Banause, oder ist es jemanden ähnlich gegangen?

Philip K. Dick schreibt keine leicht zu verstehenden Geschichten/Romane.
Also ja, Du und ich sind Banausen weil wir den Film deutlich besser finden als das Buch.

Als Literatur ist das Buch ein Klassiker. Auch weil man bei mehrmaligem Lesen unterschiedliche Interpretationen finden kann.
Ein Literaturkritiker, wenn er denn nicht die im deutschsprachigen Raum verbreitete Groschenromaninterpratation von Science Fiction teilt, wird in dem Buch aus den späten 60-ern sehr gute und tiefgründige Literatur für die damalige Zeit finden.

Persönlich fand ich Dicks schreibe anstrengend und nicht einfach zu lesen. Und immer wieder anders.
Die Kinointerpretationen von Dicks Geschichten sind massentauglich und, Chapeau, tatsächlich gelungen, auch wenn von der Ursprungsgeschichte oft nur die Idee genommen wird. (Total Recall (das original)
und Blade Runner z.b.

tl:dr;
Für manche Bücher muß man reifen und den Kontext kennen
« Letzte Änderung: 11.05.2016 | 15:35 von Kowalski »
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Achamanian

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #5 am: 11.05.2016 | 15:48 »
Ich finde nicht, dass man für "Do Androids Dream ..." irgendwelchen historischen Kontext braucht. Im Gegenteil hat das Buch eher einen gewissen zeitgeschichtlichen Ballast; Lem hat es ja z.B. zu Recht dafür verrissen, dass es dekontextualisierte Holocaust-Motive verwendet, die im Zusammenhang der Geschichte absolut keinen Sinn ergeben. Wenn man das liest und dabei an historischen Kontext denkt, stört und verwirrt das eher, als wenn man das Buch einfach nur als wilde, schwarzhumorige Farce über die (Un-)Menschlichkeit der Menschen und den verzweifelten Versuch, "echte Gefühle" Emotionen irgendwie zu etwas irgendwie erwerb- und konsumierbarem zu machen, liest.

Thematisch hat das eben nur wenig mit dem Film zu tun, der dann ja doch mehr das Frankenstein-Motiv verwendet ...

Offline Sethomancer

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #6 am: 11.05.2016 | 15:49 »
Ich mochte das Buch, aber man sollte es nicht mit dem Film vergleichen. Aus dem Kontext des Buches den Film zu bewerten macht ihn für mich schlechter, wobei ich den Film unabhängig vom Buch großartig finde.
Bei mir lief es halt so, daß ich zuerst den Film gesehen habe und genial fand, Dann habe ich das Buch gelesen und fand es großartig. Beim nächsten sehen des Filmes fing ich an Vergleiche zu ziehen und das machte den Film schlechter. Dann hab ich in letztens nochmal gesehen und mich drauf eingelassen und fand in wieder großartig.

Ich lese sehr gerne Romane von Phillip K. Dick und ich sehe auch gerne Filme nach Motiven aus seinen Romanen (gibt´s ja echt viele), und habe mich mittlerweile dran gewöhnt, daß keine von Dick´s Geschichten 1zu1 verfilmt wird, sondern immer nur etwas Wage ähnliches entsteht(was mir aber zumeist dann auch Spaß macht).

Daher ist "Träumen Roboter von elektrischen Schafen" das eine und "Bladerunner" etwas anderes, beides in einen Topf zu werfen führt zwangsläufig zu Entäuschungen.
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Offline McMolle

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #7 am: 11.05.2016 | 15:51 »
Ich will mal eine Lanze für das Buch brechen: In einigen Aspekten fand ich es deutlich gelungener als den Film.

Gerade die Fragen "Was macht einen Menschen eigentlich aus?" und "Womit rechtfertigt man die grausame Behandlung der Androiden?" kommen dort deutlich besser rüber. Es gibt eine Szene, in der Deckard Gefühle für eine Person und Abscheu vor einer anderen empfindet, nur um feststellen zu müssen, dass die sympathische ein Androide, die abstoßende ein Mensch ist. Auch seine Verehrung eines Moderators, der 24h auf Sendung ist und eigentlich nur ein Android sein kann, was Deckard aber leugnet ist ein Beispiel dafür.

Von Dick gibt es meiner Meinung nach deutlich unverständlichere Kost; vor allem "Das Orakel vom Berge" ließ mich ratlos zurück.

Mit dem Film "Blade Runner" selbst kann ich merkwürdigerweise nicht viel anfangen: Er hat alles, was ich an einem solchen Machwerk schätze, aber das Gesamtgericht schmeckt mir dann doch nicht. Ich WILL ihn mögen, aber ich kann nicht - ohne zu wissen, warum.
« Letzte Änderung: 11.05.2016 | 18:07 von McMolle »
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Offline KhornedBeef

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #8 am: 11.05.2016 | 16:00 »
[...]
Mit dem Film "Blade Runner" selbst kann ich merkwürdigerweise nicht viel anfangen: Er hat alles, was ich an einem solchen Machwerk schätze, aber das Gesamtgericht schmeckt mir dann doch nicht. Ich WILL ihn mögen, aber ich kann nicht - ohne zu wissen, warum.
Liegt vielleicht daran, dass Harrison Ford da so unsympathisch rüberkommt wie in keinem anderen Film, der mir jetzt aus dem Kopf einfällt :)
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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #9 am: 11.05.2016 | 16:18 »
Ich liebe den Film und habe das Buch erst deutlich später gelesen, fand es aber auch super. Ich mag auch Dicks Schreibstil, trocken und schwierig finde ich eher andere Kult-Autoren wie z.B. Lovecraft, die eben auch noch ein paar Jahrzehnte älter sind. PKD schreibt doch knackig und anschaulich und mit einem wirklich bösartigen Humor. Seine Kurzgeschichten sind besser als die Romane aber „Do Androids“ hat mir gut gefallen, auch gerade der religionskritische Aspekt, der in Blade Runner weggelassen wurde. Der Fehler liegt wohl eher darin, einen tieferen Sinn zu suchen.
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Deep_Impact

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #10 am: 11.05.2016 | 16:22 »
Liegt vielleicht daran, dass Harrison Ford da so unsympathisch rüberkommt wie in keinem anderen Film, der mir jetzt aus dem Kopf einfällt :)

Der Film war ja auch seiner Zeit ein Desaster an der Kinokasse und hat nicht mal seine Kosten eingespielt.

Ich muss übrigens immer noch schmunzeln, wenn ich den Film sehe und Deckards Auto mit der Abkopplungs-Sequenz aus Alien startet :D

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #11 am: 11.05.2016 | 16:22 »
Ich mochte von Dick die Kurzgeschichten auch um Längen lieber als seine Romane.

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #12 am: 11.05.2016 | 16:54 »
@ Herr Dreamdealer: Schau Dir mal die Critical Reception der englischsprachigen Wiki-Seite an. Fand ich ziemlich treffend und erklärt ganz gut den großen Einfluss. Man muss das Werk natürlich immer im Kontext seiner Zeit betrachten, aber für mich ist das Ding nicht weniger als visionär.

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #13 am: 11.05.2016 | 17:27 »
Ich liebe den Film und habe das Buch erst deutlich später gelesen, fand es aber auch super. [...]
+1

Es gibt übrigens auch ein ziemlich gutes Hörspiel dazu.

Offline McMolle

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #14 am: 11.05.2016 | 18:09 »
Liegt vielleicht daran, dass Harrison Ford da so unsympathisch rüberkommt wie in keinem anderen Film, der mir jetzt aus dem Kopf einfällt :)

Glaube ich nicht. Es ist nicht der Hauptcharakter, der mich stört. Der erinnert mich an Privatschnüffler wie Sam Spade und co. Es ist... was anderes. Aber ich komme einfach nicht drauf, was.
« Letzte Änderung: 11.05.2016 | 18:11 von McMolle »
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Offline Kowalski

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #15 am: 11.05.2016 | 18:47 »
Sowohl im Film wie im Buch steht offen ob Deckard nicht auch ein Androide ist.
Das deckt sich z.B. mit Total Recall wo auch offen ist ob Douglas Quaid nur Urlaub in der Traumkabine macht oder tatsächlich Hauser ist und auf den Mars zurück kommt.

WAs für mich eine der Faszinationen ausmacht ist das seine Bücher immer sehr subjektiv sind und Interpretationsspielraum nicht nur zulassen sondern als eine Grundprämisse haben.
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Offline Urias

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #16 am: 11.05.2016 | 20:41 »
Also ich kann die Bewertung irgendwie nachvollziehen aber teile sie garnicht. Ich bin persönlich großer PKD Fan und hab dementsprechend einiges von ihm gelesen. Den Schreibstil hab ich dabei als herrlich unkompliziert empfunden ohne auf der inhaltlichen Ebene schwach zu werden.

Was man halt bei ihm echt merkt ist, dass seine Ideen stark durch seine Drogenerfahrungen geprägt sind. Das macht für mich auch einen der Reize an seinen Büchern aus. Ein weiterer Punkt der ihn für mich besonders stark macht ist seine Beeinflussung durch die Philosophie, was sich besonders in den grundlegenden Thematiken seiner Bücher welche von anthropologischen Fragestellungen zu abstraktester Metaphysik reichen. Die Science Fiction Elemente und die Welten um die herum das eingebettet ist sind für mich da wenig zentral. Gerade was die Welten in welchen die Romane spielen betrifft ist er zeitweise irgendwie wirr oder erklärt wenig genaueres. Da muss man sich viel selber zusammenreimen oder einfach mal hinnehmen (Hab grad "Die drei Stigmata des Palmer Eldritch" gelesen wo mir das wiedermal stark aufgefallen ist). Macht mir aber wenig.

In meinen Augen dienen die Charaktere bei PKD primär dazu Dinge zu hinterfragen und der Plot fungiert dementsprechend als Katalysator für diese Fragestellung, welche über den Charakter dann auch den Leser beschäftigen soll. Demnach denk ich auch, dass man eine gewisse philosophische Ader haben muss um das ganze wertzuschätzen. Und genau hierin seh ich auch die vielen offenen oder verwirrenden Enden bei Dick erklärt: Die aufgeworfenen Fragen kann man nicht gänzlich beantworten. Was natürlich nicht heißt, dass sie es nicht wert sind gestellt zu werden. Ganz im Gegenteil. Nur weiß Dick das. Deswegen weiß Deckard auch nicht ob er jetzt Android ist oder nicht. Gleichzeitig wissen weder Aktor (oder wie der Hauptcharakter aus "Scanner Darkly" nochmal hieß) noch der Leser am Ende gänzlich bescheid über die Identität des Protagonisten.

Zu Blade Runner selbst kann ich jetzt grad leider wenig sagen, da es schon einige Zeit her ist. Ich persönlich finde aber die aufgeworfene Fragestellung nach der Natur des Menschen und den Bedingungen des Menschlichseins sehr interessant. Gleichzeitig seh ich das im Universum aufgestellte Theorem, dass es Empathie gegenüber dem Leben ist als eine, die durchaus eine potentiell teilbare ist (ob dem so ist ist eine andere Frage).

Kurz und knapp: Es gibt sicherlich Gründe warum man PKD und seine Bücher nicht mag aber schlecht sind sie definitiv nicht. Sie sind halt sehr speziell. MIr jedenfalls ist sein Stil lieber als jede "harte" Science Fiction die mich mit wissenschaftlichen Fakten erschlägt.
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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #17 am: 12.05.2016 | 12:01 »
Vielen Dank an alle für die ausführlichen Antworten, ich hatte schon befürchtet einen Ausbruch von NerdRage TM auf mich zu ziehen.
Kust ist einfach vielseitig und muss nicht von jedem gemocht werden. Meine Erwartungshaltung war halt einfach eine andere und
habe es mit den Augen der jetztigen Zeit gesehen, was früher visionär war, kann ich heute nicht mehr sagen. Was andere gut finden
(ist er zeitweise irgendwie wirr oder erklärt wenig genaueres) finde ich eher störend. Aber vielleicht hat das Buch durch euch nun
doch noch ein zwei Pünktchen wett gemacht.
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Offline LushWoods

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #18 am: 12.05.2016 | 12:34 »
Man darf manche Autoren oder Regisseure nicht nur nach ihren handwerklichen Qualitäten beurteilen.
PKD, Tolkien, Lovecraft ... das waren nicht unbedingt qualitativ herausragende Schriftsteller, aber man muss bei solchen Leuten immer bedenken was sie da geschaffen haben.
Manche Werke gehen einfach über "das ist jetzt gut geschrieben" hinaus.
Desweiteren sollte man immer die Zeit im Auge behalten in der etwas geschaffen wurde. Oder ob etwas das erste seiner Art ist.
Manche "Erschaffer" stehen einfach über normalen Betrachtungsmethoden.
Ich liebe Lovecraft, aber er war nicht unbedingt ein besonders guter Schriftsteller. Andere Mythosautoren waren/sind rein handwerklich besser.
Aber das spielt eigentlich gar keine große Rolle.

Köstlich immer wieder diese Hobbykritiker (hier und woanders) die mit Phrasen kommen wie:
"Lovecraft, so ein Scheiß, das is ja gar nicht gruselig."
"Tolkien, was soll denn der langweilige Mist, wo sind die Feuerbälle, das is ja gar keine richtige Fantasy."
"Alien 1? Boah is der lahmarschig, der 4. Teil is doch viel besser gemacht. Mehr Aliens, bessere Tricktechnik."
usw

Solche Leute haben's einfach nicht kapiert und werden das auch nicht.
Was nicht heißt das ich jetzt den Eingangspost falsch oder schlecht finde.
Wenn ich mir Bladerunner ansehen und das Buch rein nach schriftstellerischer Qualität beurteilen sollte, dann würde ich auch nicht viele Punkte vergeben.
Wenn ich mir das Buch als Gesamtkunstwerk ansehe und mich an seine Bedeutung erinnere, dann kommt da ganz was anderes dabei heraus.

Offline Boba Fett

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #19 am: 12.05.2016 | 12:47 »
"Alien 1? Boah is der lahmarschig, der 4. Teil is doch viel besser gemacht. Mehr Aliens, bessere Tricktechnik."

Vorsicht! Alien 4 ist von Joss Whedon und die Crew des Transportschiffes ist eine Rohfassung der Firefly-Crew...
;)

Zitat
Solche Leute haben's einfach nicht kapiert und werden das auch nicht.

Naja...
Die Romane sind immer noch Unterhaltungslektüre - und damit sollten sie als allererstes unterhaltsam sein.
Wenn sie das für die meisten Konsumenten nicht oder nicht mehr sind, dann sind sie es nicht.
Sicherlich kann und sollte man ihren visionären Charakter und die Einflüsse auf vergangene Zeiten und den früheren Unterhaltungswert hinweisen,
das macht das Buch aber nicht unterhaltsamer oder zeitgemäßer.

Der Sony-Walkman war auch ein Quantensprung, aber deswegen hole ich ganz bestimmt nicht die alten leiernden Kassetten vom Speicher und lausche dem auf dem Weg zu Arbeit.
Da ist mir mein Smartphone und mein Bluetooth Kopfhörer einfach unterhaltsamer.
Die Kassetten hab ich eh längst entsorgt und den Walkman auch.
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Achamanian

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #20 am: 12.05.2016 | 12:56 »
Vorsicht! Alien 4 ist von Joss Whedon und die Crew des Transportschiffes ist eine Rohfassung der Firefly-Crew...
;)

Naja...
Die Romane sind immer noch Unterhaltungslektüre - und damit sollten sie als allererstes unterhaltsam sein.
Wenn sie das für die meisten Konsumenten nicht oder nicht mehr sind, dann sind sie es nicht.
Sicherlich kann und sollte man ihren visionären Charakter und die Einflüsse auf vergangene Zeiten und den früheren Unterhaltungswert hinweisen,
das macht das Buch aber nicht unterhaltsamer oder zeitgemäßer.

Der Sony-Walkman war auch ein Quantensprung, aber deswegen hole ich ganz bestimmt nicht die alten leiernden Kassetten vom Speicher und lausche dem auf dem Weg zu Arbeit.
Da ist mir mein Smartphone und mein Bluetooth Kopfhörer einfach unterhaltsamer.
Die Kassetten hab ich eh längst entsorgt und den Walkman auch.

Ich verstehe ehrlich gesagt gar nicht, was "zeitgemäß" in diesem Kontext bedeutet ... natürlich kann es sein, dass ein Roman (insbesondere ein SF-Roman) Themen behandelt, die einem heute als überholt vorkommen. Aber da sind wir dann ja gerade weniger bei der Frage des Unterhaltungswerts und mehr bei der Frage nach dem "visionären Charakter". Klar kann man behaupten, dass Dicks Werke heute größtenteils nicht mehr so visionär wirken, ironischerweise gerade wegen ihrer Wirkmächtigkeit (die dick'schen Motive kennt man halt, weil man ihnen überall begegnet).
Aber ändern sich die Lesegewohnheiten in Sachen Spannungsbogen/Sprachgefühl wirklich so schnell und so grundlegend, dass ein Buch aus den Sechzigern heute - unabhängig von solchen inhaltlichen Fragen - auch auf der puren Unterhaltungsebene als veraltet erscheint? Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.

Zumal da ja keine Einheitlichkeit festzustellen ist: Es gibt Autoren, die auch heute noch so kurz, knackig und wild drauflosschreiben wie früher Dick (wenn auch die Tendenz deutlich zur epischen Auswalzung geht, das gebe ich zu).
Ich finde Dick jedenfalls gerade stilistisch in erster Linie unterhaltsam, gerade auch, weil er nicht bloß dröges Handwerk praktiziert. So sehr mich beispielsweise eine Reihe wie die Expanse von James Corey eigentlich interessiert, so sehr hatte ich da schon nach wenigen Seiten das Gefühl, dass hier stilistisch so sehr auf gehobenem Niveau Schema F praktiziert wird, dass ich einfach nicht weitermachen konnte ... und meine diversen Anläufe mit Jim Butchers Dresden Files, die alle so großartig finden, waren noch unbefriedigender, da sind mir immer spätestens auf Seite 20-30 die Füße eingeschlafen, so öde und vorhersehbar war da jede einzelne sprachliche Wendung.

Da nehme ich doch tausendmal lieber wieder einen krummen, schiefen, leidenschaftlichen Dick zur Hand!

Offline KhornedBeef

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #21 am: 12.05.2016 | 12:59 »
[...]
Da nehme ich doch tausendmal lieber wieder einen krummen, schiefen, leidenschaftlichen Dick zur Hand!
wtf?
 :D
 ;D
 ::)
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Offline LushWoods

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #22 am: 12.05.2016 | 13:44 »
 ;D   ;D   :D   ;D
Danke, Rumpel. Ich weiß der war nicht beabsichtigt, oder?!
Wenn doch, dann  :headbang:

Kurz ernsthaft @ Boba:

Ich höre mir gerne alte Platten, statt MP3s an, nur so am Rande  8)
Ich glaube wir reden die gleiche Sprache: Was ich meine ist, das man natürlich Tolkien Kacke finden kann.
Was mich stört ist die Argumentationsweise mancher Pseudo-Kritiker, deren Argumente auf Nicht-Verstehen aufbauen.

Die Problematik ist eng verwandt mit der Einstellung der Frau eines Freundes von mir:
"Der Herr der Ringe, die Filme find ich doof. Das ist so unrealistisch."  :)

Achamanian

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #23 am: 12.05.2016 | 13:49 »
;D   ;D   :D   ;D
Danke, Rumpel. Ich weiß der war nicht beabsichtigt, oder?!
Wenn doch, dann  :headbang:


Hihi, war er nicht!
Aber gut war er!

Offline Lord Verminaard

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Re: Blade Runner von Philip K. Dick.
« Antwort #24 am: 12.05.2016 | 13:54 »
Hm naja allein wegen der Bedeutung oder als Verbeugung davor, dass einer sich da was ausgedacht hat, worauf vorher noch keiner gekommen war, muss ich etwas nicht lesen. Klar habe ich mich in jungen Jahren auch durch so manchen Lovecraft gequält aber letztendlich hätte das nicht Not getan. Und Die Rückkehr des Königs habe ich tatsächlich nie zu Ende gelesen. Als ich dann, es ist noch gar nicht lange her, zum ersten Mal PKD zur Hand nahm, hatte ich ehrlich gesagt erwartet, es würde mir ähnlich ergehen. Und war sehr positiv überrascht, weil ich fand, das Zeug geht echt gut rein. Kaputte Typen, kaputte Welt, knackige Dialoge, Sprachwitz und vor allem diese böse, böse Ironie. Also ich habe das durchaus als Lesespaß empfunden.
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