@Jiba:
Der Zusammenhang war schon in der 1st eher dünn (man musste nicht adlig sein, um Magie zu können - im Zweifel war dein Ururururgroßvater halt der Bastardsohn eines Adligen und gut war).
Und doch war er in der Ersten Edition auf der historischen Ebene verankert (magische Adelshäuser, die dann ausgelöscht worden sind, etc. pp.) Plus die Tatsache, dass damit die Konzentration an Magiern bei Adligen größer war. Mir gefällt daran, dass es quasi einem staatsphilosophischen Gottesgnadentum gleichkommt, von dem die herrschenden Häuser ihre Legitimation herleiten können.
Ich finde es gut, dass die Nationen nicht mehr monolithisch alle einer Religion anhängen (ist auch unhistorisch). In Vesten gibt es z.B. noch einiges an Objektionisten (besonders an der Küste), aber unter der Landbevölkerung hängen die Leute halt immer noch ihren alten Bräuchen nach. Der Kirchenkonflikt war historisch ja etwas, was unter der Obrigkeit ausgetragen wurde und dem Bauern war relativ egal, was sein König gerade glaubt (er hat in jedem Fall seinen Dienst zu leisten und ist in seinem Leben auch schonmal einmal für die Protestanten und einmal für die Katholen und dann wieder für die Protestanten ins Feld gezogen - je nachdem, wer gerade auf dem Thron saß).
Du missverstehst mich. Das ist nicht mein Problem mit der Setzung. Dass nicht jeder Bauer monolithisch an denselben Gott glaubt, das ist klar. Dass es aber auch so etwas wie religiöse Traditionslinien gibt, die enormen Einfluss auf die Politik und Gesellschaft gehabt haben, ist schlichtweg auch für die frühe Neuzeit nicht zu leugnen.
Mein Problem ist Wicks, ich will fast schon sagen Obsession, mit polytheistischen Pantheonen und "alten Göttern". Die spielen in Curonia, in Vesten, in Avalon viel zu große Rollen für ein frühneuzeitliches Setting. Ob du jetzt Jude, Orthodoxer, Muslim, Katholik, Lutheraner oder Calvinist warst... ob du jetzt an folkloristische Naturgeister geglaubt hast oder nicht: Letztlich war der frühneuzeitliche Europäer ein Monotheist. Götter-Pantheone sind Standard-Fantasy. Da kann ich in dem historischen Zusammenhang einfach wenig mit anfangen, ich persönlich.
Und ich würde im Übrigen auch nicht sagen, dass "alte Bräuche" mit Religionsausübung gleichzusetzen sind. Und klar spielt der Glaube im Alltag dieser Menschen eine ganz enorme Rolle. Aber es fällt mir wirklich schwer in diese Zeitepoche einen Polytheismus reinzudenken, in Mitteleuropa.
Das ist genau die Art von selbstherrlichen Fan-Entitlement, das mir viele Spiele vergrätzt hat. Warum benutzen nicht alle die NSC so wie ich? Mimimi! Gerade Aventurien ist in dieser Hinsicht unerträglich (und die oWoD hat sich leider gegen Ende auch in diese Richtung entwickelt).
Woah, schalte einen Gang runter! Selbstherrlichkeit lasse ich mir an dieser Stelle nun nicht vorwerfen!
Die Tatsache, dass diese NSCs in 7te See nur Platzhalter/Inspirationen sind (auch schon in der 1st Edition), die benutzt oder ausgetauscht werden sollen, um den SC einen coolen Nemesis zu geben, ist dir aber schon bewusst? Ob es überhaupt einen Kardinal Verdugo im Setting gibt, liegt erstmal beim SL (und in gewisser Weise auch bei den Spielern, denn ihre Charaktergeschichte entscheidet darüber, welcher Widersacher jetzt passend ist).
Das sind rollenspielerische Allgemeinplätze. Das ich jeden NSC jederzeit austauschen könnte, ist gar nicht das Thema. Das kann ich bei allen Rollenspielen immer. Ich nehme sogar in der Regel rausgesuchte Realfilm-Portraits für alle meine 7te-See-NPCs. Also ich definiere schon mit um.
Mit dem Metaplot hat meine Kritik auch erst einmal gar nichts zu tun: Die NSC-Beschreibungen in den Nationenbüchern stellen einen Ist-Zustand vor. Der 7te-See-Metaplot war mir immer schnurzpiepegal. Trotzdem geben die NSCs natürlich eine gewisse Grundstimmung im Setting vor.
Was ich aber sehe, ist, dass das Kommunikationsprobleme zwischen Altfans und Neufans schafft. Und bei den wenigen NPCs, die überhaupt in die Bücher gepackt wurden und der Auffälligkeit, dass Wick eigentlich nur jene NSCs signifikant uminterpretieren ließ, an denen er selbst nicht beteiligt war... da frage ich mich schon, was da hinter der künstlerischen Entscheidung stand, das zu tun. Ich meine, Val Mokk ist quasi ziemlich genau derselbe Charakter... nur dass er jetzt kein blonder, adlernasiger, schmallippiger Geschäftsmann ist, sondern ein dicker, kahlköpfiger Geschäftsmann, so Typ Gebrauchtwagenhändler. Klar, ich denke vielleicht beim Kaufmann im Rollenspielkontext direkt eher an den "schmierigen" Kaufmann. Also die Assoziation passt in der neuen Edition schon. Finde ich die alte Version genau deshalb cooler? Ja, weil der Charakter runder wirkt.
Aber das ist auch mein Punkt: "Neue Edition". Dann hätte er halt "Reboot" draufschreiben sollen. Und nicht die Altfans zur Kasse bitten, nur damit er ihnen dann was vorsetzt, was sie nicht wiedererkennen. Ich meine, schau allein mal in die Fanveröffentlichungen auf DriveThru, wie da alte NPCs plötzlich wieder Einzug in die Welt halten.
Ich meine, wie klärst du den Clash der Erwartungshaltungen im Spiel zwischen Alt- und Neufans?
Ich finde ja auch nicht alle neuen kreativen Entscheidungen hinsichtlich der NPCs schlecht: Dass Verdugo etwa schwul ist, ist eine wunderbare Neuinformation, die den Charakter reichhaltiger macht.
Aber nehmen wir ein Beispiel: Nimm deine Lieblings-Comicreihe. Und deinen Lieblingscharakter aus einer Comicreihe. Lies den Comic bis er abgeschlossen ist. Jahre später sagt der Zeichner: Hey wir bringen eine Season 2 raus. Du schmeißt bei Kickstarter Geld raus. Der Comic spielt immer noch im selben Setting. Aber dein Lieblingscharakter wurde komplett umdefiniert, hat ganz andere Charakterzüge etc.
Und statt sich in Foren einen über Metaplot-NSC runterzuholen, könnte man (*le gasp*) auch einfach Beschreibungen der eigenen coolen Nemesis teilen, die man für das Setting erfunden hat - vielleicht inspiriert das ja den einen oder anderen.
Hab ich hier am Bord schon mehrfach getan:
Hier nämlich! Dann bist du jetzt am Zug!
Weil ich übrigens grade schon dabei bin: Beim Blick auf die französische Edition ist mir aufgefallen, wie stark bei Wick doch auch verschludert wird. Die Théah-Karte (die jetzt nochmal neu veröffentlicht wurde) ist nicht akkurat zu dem, was in den neuen Nationenbüchern steht. Da heißen die Städte in Vodacce nicht so, wie die Städte in Vodacce laut den Büchern heißen müssten.