Also liegt EIN Problem darin, einen missglückten Wurf zu interpretieren, nachdem der/die Spieler eigentlich richtig gutes Spiel abgeliefert hat?
Ja und Nein.
Natürlich kann man als Spielleiter (oder auch Spieler) immer einen Grund finden, warum eine Probe trotz einer grandiosen Beschreibung, hervorragender Begründung und oscarwürdiger Darbietung nicht erfolgreich verlaufen ist. Man kann z.B. externe Gründe dafür anführen, oder Zufallsereignisse, die genau in dem Augenblick stattfinden, wo der Charakter eigentlich garantiert erfolgreich gewesen wäre. Shit happens, und "realistisch"/glaubwürdig ist das auch. Gerade bei Sozialproben kann man mMn sehr gut begründen, warum Personen sich trotz brillanter Argumentation und herzerwärmender Rede nicht überzeugen lassen - weil das nämlich in RL ständig passiert.
Das Hauptproblem ist, dass es dann - meist von Spielerseite - oft die Diskussion darüber gibt, warum denn jetzt
trotz dieser tollen rollenspielerischen Leistung überhaupt gewürfelt wird - und das kann man abkürzen, indem man sagt, dass die sogenannte
tolle rollenspielerische Leistung vor UND nach dem Wurf stattfindet und man sich rollenspielerische Möglichkeiten verbaut, wenn man vor dem Wurf zu detailliert und kleinteilig beschreibt.
Ich finde z.B. Proben unkool, die abgefordert werden, obwohl es eigentlich unnötig scheint.
Genau so fängt diese Diskussion meistens an.
Meine persönliche Meinung, die ich vor allem natürlich vertrete, wenn ich selbst leite, ist, dass mir der Würfel- und
Spielaspekt des Rollenspiels sehr wichtig ist. Deswegen versuche ich, wenn ich leite, unnötige Würfelei zu vermeiden und im Gegenzug jedesmal, wenn gewürfelt wird, eine Konsequenz aus dem Ergebnis abzuleiten. Dabei gibts natürlich so Tricks wie
Fail forward (Misserfolg bei Wurf wird uminterpretiert zu einem Erfolg mit Kosten/negativen Nebenwirkungen), damit ein Abenteuer nicht an einer einzigen Probe hängt.
Das Teuflische an dieser Diskussion um die "unnötigen Proben" ist mMn, das ab einem gewissen Punkt alle Folgen/Ergebnisse nach dem "gesunden Menschenverstand" (am "Besten" noch dem GMV des Spielleiters oder gar des wortführenden/lautesten Spielers am Tisch) entschieden werden und der Gesellschaftsspielaspekt mehr und mehr verschwindet. (Und ja, ich bein Storytelling-Gebrandmarkter, deswegen bin ich da etwas übervorsichtig.)
Ein Spieler beschreibt, dass und WIE er einen Schreibtisch durchsucht, der SL lässt würfeln und man findet etwas nicht, das aber genau dort versteckt war
Da spielt nochmal das Spezialproblem investigativer Proben mit hinein. In dem Schreibtisch gibts was zu finden.
Ist es absolut relevant fürs Abenteuer? Dann ist eine Probe ein Flaschenhals und die Spur sollte nicht durch eine misslungene Probe versäumt werden können (Flaschenhalsvermeidung).
Ist es nur hilfreich? Dann kann eine Probe z.B. darüber entscheiden, ob das Objekt bei der Suche beschädigt wird, ob ein Alarm ausgelöst wird, ob eine unerwünschte Person während der Suche ins Zimmer kommt (Nachtwächter usw.) oder ob ein sonstiger Zwischenfall passiert,
ehe der Suchende mit der Suche fertig ist.
(Theoretisch kann so eine Konsequenz auch dann eintreten, wenn es sich um eine fürs Abenteuer notwendige Spur handelt und dann kann man eine Probe verlangen, aber bei notwendigen Spuren würde ich den Suchenden
erst die Spur finden lassen und
dann mit einer unerwünschten Nebenfolge aufgrund von Zeitverlust beim Suchen konfrontieren.)
Kurz: Der Hauptpunkt ist es, möglichst zu vermeiden, dass Misserfolge genau keine Auswirkungen auf die Spielwelt haben. Das ist schwerer als man denkt, aber es ist eben auch eine rollenspielerische (erzählerische) Leistung. (Gleiches gilt übrigens auch für Erfolge, was das Problem von reaktiven Proben zur Vermeidung eines Effekts ist.)