Ich bin mir bewusste, dass ich hier vielleicht übelste Thread-Nekromantie zu betreibe, aber das Thema passt so perfekt zu meinem eigenen Anliegen. Von daher: Ihr möget mir verzeihen.
Zunächst einmal ein Vorwort: all jene, die Fate
nicht mögen, bitte ich das Thema hier einfach zu ignorieren. Peace!
Ich möchte ungern das Für und Wider von Fate diskutieren.
Nun zum eigentlichen Punkt und entschuldigt wenn es etwas länger wird (ich muss dass erst selbst noch etwas sortieren):
Ich habe letztes Jahr Fate kennen gelernt und dann das Glück gehabt recht schnell einen Spielleiter und weitere interessierte Spieler zu finden. Wir haben im Grunde alle bei 0 angefangen und es macht bislang auch Spaß. Das Spiel läuft jedoch weitestgehen "traditionell". Der SL hat seinen Plot und wir agieren darin. Die Mechanik haben wir so langsam verstanden, wir erschaffen Vorteile, erklären diese auch durch die Fiktion, die Fatepunkte kommen auch zum Einsatz. So weit so gut.
Ich habe mich parallel weiter mit den Regelwerken beschäftigt und einiges aus dem SRD und dem dem Book of Hanz gelesen. Außerdem habe ich mir ein paar Lets Plays angesehen (zumindest in Teilen) und Fate-Themen in Reddit verfolgt.
Daraufhin habe ich Lust bekommen selbst zu Leiten (ich war viele Jahre notorischer Dauer-SL und kann es irgendwie nicht lassen). Ein paar Spieler habe ich auch gefunden und da alle früher sehr gerne Shadowrun gespielt haben, haben wir kurzerhand ShadowCoreXP als System ausgewählt.
Wir haben dann eine schöne, wenn auch etwas lange Session 0 durchgeführt (Spark in Fate Core) und dabei sowohl das Setting, als auch die Charaktere erschaffen. Wir waren damit auch alle zufrieden.
Dann ging es für mich daran "das Abenteuer" vorzubereiten. Also habe ich mir nochmal den Artikel "How I GM Fate Core" im SRD zur Brust genommen und angefangen mir die Charakteraspekte und die Probleme des Settings anzusehen. Dazu sind mir auch ein paar Ideen gekommen und nach einiger Zeit hatte ich dann eine Reihe von NSCs/Fraktionen mit ihren Zielen und Motiven, sowie eine Eröffnungszene mit denen ich den Spielern das aktuelle Problem so auf den Kopf hauen konnte, dass sie wussten, was das Problem ist und dass es für sie Konsequenzen haben dürfte, wenn sie es ignorieren. Bis dahin habe ich das Gefühl, dass ich zumindest nicht alles falsch gemacht habe.
Die erste Spielsitzung lief super, den Spielern hat es Spaß gemacht und alles war top
Dann brauchte ich wieder Material für die zweite Spielsitzung. Ich habe mir angesehen, was sich geändert hat und wie die NSCs darauf reagieren. Zweite Session lief gut. Vielleicht nicht ganz so spannend wie die erste, aber ich hatte dafür am Ende einen echt guten Cliffhanger, der einiges verspricht.
Eigentlich kann ich mich also nicht beschweren. ABER... Irgendwie habe ich trotzdem das Gefühl, dass wir Fate noch nicht so spielen wie es gedacht ist. Während der Szenen läuft im Grunde vieles wie früher in anderen Spielen auch. Ich beschreibe etwas, die Spieler reagieren darauf, gelegentlich frage ich nach um die Mechanik besser beurteilen zu können. Neu ist, dass ich viele Punkte als Frage an die Spieler zurück gebe, dass ich Aspekte reize, dass ich immer versuche "Fail-Forward" anzuwenden - das macht den Spielern und mir auch Spaß. Aber im Grunde definiere ich die Szene und irgendwie auch den Plot. Ich versuche auf ihre Ideen einzugehen und so haben sich auch schon nicht geplante Szenen entwickelt, aber so ganz richtig kommt es mir noch nicht vor.
Aus diesem Gefühl heraus habe ich mich wieder versucht schlau zu machen und stoße im englischsprachigen Raum immer wieder auf die Begriffe "player agency" und die Analogie "TV-Serie" und dass die Spieler und der SL im "Writers Room" seien und der SL der "showrunner" ist. Nun habe ich zwar ungefähr eine Idee was damit gemeint ist, aber ich habe das unbestimmte Gefühl dass mir etwas entgeht.
Ich möchte es mal an einem aktuellen Beispiel verdeutlichen:
Die Charaktere befinden sich gerade in einer Stadt, die ca. 500km von ihrem Heimatort entfernt ist. Sie wurden dort zuletzt mit einem Mord verwickelt, den sie aber nicht selbst begangen haben, sie waren nur am selben Ort. Die Person hinter dem Mord versucht nun sie zum Sündenbock zu machen. Da der ermordete eine wichtige Figur der örtlichen Mafia ist, hat sich diese Organisation nun auf die Suche nach den Charakteren gemacht. Leider ist es ihnen gelungen Bilder von den Charakteren zu bekommen. Es läuft nun ein Kopfgeld gegen sie. Im Setting wurde festgelegt, dass die Polizei korrupt und in der Hand Mafia ist. Dadurch läuft nun auch eine offizielle Polizeifahndung. Im Gegenzug haben die Charaktere den eigentlichen Täter erkannt und durch ein Aspekte-Reizen ist der Täter von diesem Spieler selbst vor einiger Zeit in die Stadt geschmuggelt worden. Zudem hat sich in einer späteren Szene herausgestellt, dass es dabei auch zu einer Verfolgung durch eine mir unbekannte Gruppe gab, über die ich bislang nur weiß dass sie den Attentäter verfolgt hat, sie von dem Attentat irgendwie wussten und zudem Magieanwender sind.
Nun haben die Charaktere davon erfahren, wie schlimm es gerade um sie steht. Einer hat Familie um die er sich Sorgen macht, der andere eine Partnerin (Fernbeziehung) die gerade unerwartet zu Besuch in die Stadt gekommen ist und nun natürlich ebenfalls gefährdet ist.
Ursprünglich hatte ich vor die Familie verhaften und die Freundin entführen zu lassen und die SCs dürfen sie dann retten.
Zurück zur "Writers Room"-Analogie:
Wie läuft das ab? Soll ich nun zu Beginn der nächsten die Spielsitzung mit den Spielern gemeinsam die Situation erörtern und dann zusammen die möglichen Bedrohungen ausarbeiten? Ich könnte mir vorstellen dann eine Art Wettstreit zu veranstalten, bei der es darum geht wer die Familie/Freundin zuerst erreicht? Das ganze dann vielleicht als halbrecherische Fahrt über die Landstraße ausspielen? Und dann je nach Ergebnis dessen was wir besprochen haben die Situtaion vor Ort auspielen?
Damit würden wir quasi vorab gemeinsam eine Art grobes Skript definieren und dieses dann nachspielen. Durch die Entscheidungen in der Situation und jeh nach Würfelglück weichen wir dann davon ab. Aber wir hätten gemeinsam definiert was auf dem Spiel steht.
Spielt Ihr so? Funktioniert das? Gegenvorschläge? Wie würdet Ihr das machen?