Autor Thema: Probleme mit/ohne die goldene Regel  (Gelesen 22413 mal)

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Offline Greifenklause

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #200 am: 25.08.2016 | 15:14 »
Ich habe da tatsächlich einen eher cineastischen Ansatz. Da weiß ich auch, dass James Bond fast jeden Kampf gewinnt bzw nur die verliert, die sich "dramaturgisch auszahlen".
Und ähnlich, aber nicht genauso, halte ich es auch im Rollenspiel.
Der Würfel erzeugt Spannung, keine Frage.
Die Handlung erzeugt Spannung, wohl auch klar.
Aber halt beides nicht immer.
Da ich in aller Eitelkeit es bisher noch nie erlebt habe, dass die Handlung Schrott war, aber die Würfelei total spannend, kann ich hierzu nichts sagen.
Wenn aber die Würfel der Handlung schaden, bin ich der erste der sie ignoriert.

Ergänze "Handlung, wie sie allen gefällt" (bzw dem Gros der Mitspieler) und nicht "Handlung, wie ich sie für gut halte und meine Mitspieler haben das gefälligst zu erkennen".

Vielleicht kann man auch sagen:
Ich sehe mich als Geschichtenerzähler und die Würfel helfen mir die Geschichte zu erzählen. Wo sie stören, ignoriere ich sie.
Für (andere) Elemente der goldenen Regel bzw ihr Gegenteil gilt das gleiche.
Ich erzähle die Geschichte aber eben nicht um meiner selbst willen, sondern für die gesamte Gruppe inklusive mir.

Das muss kein Hardcore-Railroading sein, nicht mal Modelleisenbahn (mehrere Weichen, aber trotzdem immer das Gleiche), es kann auch sein, dass man am nächsten Bahnhof ganz überraschend abbiegt oder gar aussteigt, oderoderoder.

Und nein: Crimson King hat natürlich nicht recht! :D
Dass die Spieler das nicht merken, ist nur Mittel zum Zweck, bzw Mittel um die Illusion aufrecht zuerhalten.
Spannung ist das, was am Ende dabei herauskommt.
Mich interessiert sowieso eher das Saldo als die einzelnen Konstanten und Variablen  ;)

EDIT: Und ich kann sie ebenfalls nicht jederzeit drehen, ich will das gar nicht. Vielleicht könnte ich, aber nein, ich will das wirklich nicht.
Würfel drehen ist für mich eine Nach- und Notkorrektur.
Nicht jeder misslungene Wurf ist spannungsschädlich. Auch außergewöhnliche Würfelergebnisse können spannungsförderlich sein.
Ähnliches gilt für ungewöhnliche Aktionen der Spieler.
« Letzte Änderung: 25.08.2016 | 15:21 von Babo Phet »
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Pyromancer

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #201 am: 25.08.2016 | 15:55 »
Vielleicht kann man auch sagen:
Ich sehe mich als Geschichtenerzähler und die Würfel helfen mir die Geschichte zu erzählen. Wo sie stören, ignoriere ich sie.
Für (andere) Elemente der goldenen Regel bzw ihr Gegenteil gilt das gleiche.
Ich erzähle die Geschichte aber eben nicht um meiner selbst willen, sondern für die gesamte Gruppe inklusive mir.

Um meine Frage aufzugreifen: Kann ich das so interpretieren, dass für dich nicht "Spannung für alle" das Spielziel ist, sondern "Spannung für die Spieler (exklusive der SL)"?

Offline Maarzan

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #202 am: 25.08.2016 | 16:02 »
Letztlich ist das doch dann wieder die Idee des Spielleiters wie  "Spannung" aussieht.

Das kann in einer entsprechend handverlesenen, homogenen Gruppe sicher gut funktionieren.

Und jetzt überlegen wir uns wie das auf einem kleinen Con oder einem offenen Spieltreff mit immer wieder wechselnden, oft eben spieltheoretisch noch unbedarfteren und damit ausdrucksbeschnitteneren Leuten únd nicht soo homogenen Gruppen alleine von der Zahl der Teilnehmer aussehen würde? Weil da kann er ja letztlich nur raten.

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Offline Sethomancer

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #203 am: 25.08.2016 | 16:28 »
Letztlich ist das doch dann wieder die Idee des Spielleiters wie  "Spannung" aussieht.

Das kann in einer entsprechend handverlesenen, homogenen Gruppe sicher gut funktionieren.

Und jetzt überlegen wir uns wie das auf einem kleinen Con oder einem offenen Spieltreff mit immer wieder wechselnden, oft eben spieltheoretisch noch unbedarfteren und damit ausdrucksbeschnitteneren Leuten únd nicht soo homogenen Gruppen alleine von der Zahl der Teilnehmer aussehen würde? Weil da kann er ja letztlich nur raten.
Deshalb sagen ja viele daß die GR nur in bestimmten Gruppen Sinn macht, und kein Ultimatves Mittel zur Allzwecklösung ist.
Wobei ich es gerade bei Anfängern, die noch nicht regeltechnisch bedarft sind und Situationen im Rollenspiel noch nicht so gut einschätzen können, ganz nett finde auch mal (offen wegen des AHA-Effekts) die Regeln zu manipulieren.
Bei immer wechselnden Spieler und Spielleitern in einer offenen Kampagne wie z.B. der PFS organized Play (Pathfinder Society) funktioniert die GR so mal überhaupt nicht (wahrscheinlich einer der Gründe warum ich das nicht so gerne mag).
Auf Cons habe ich im Prinzip kein Problem mit authoritären SL samt GR, weil die Runden da meist so kurz sind, das ich mich nicht drüber aufregen würde, wenn das an meinen Interessen vorbei gespielt wäre. Zumindestens weiß ich dann, daß mit dem SL ein weiterer Kontakt sinnfrei ist.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen.

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Offline Maarzan

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #204 am: 25.08.2016 | 16:40 »
...
Auf Cons habe ich im Prinzip kein Problem mit authoritären SL samt GR, weil die Runden da meist so kurz sind, das ich mich nicht drüber aufregen würde, wenn das an meinen Interessen vorbei gespielt wäre. Zumindestens weiß ich dann, daß mit dem SL ein weiterer Kontakt sinnfrei ist.
Aber kommuniziert werden sollte das halt doch wohl schon?

CON:
Ausgehangen war 20er Jahre Mystery. Das Mystery bestand aus einem Zeitraumloch in ein SF-Universum.
Als Arzt war ich da völlig durch den Autodoc ersetzt. Eigentlich schon vorher, denn seine Anwendung der goldene Regel war: Der Wurf ist nur dazu da, wie gut du deine Beschreibung umsetzen kannst. Da meine medizinischen Massnahmen nach einer Schießerei keine Gnade in seinen Augen fanden sondern grundsätzlich untauglich waren, gab es daher auch nichts zu würfeln ... .

Ein Mitspieler hat dann noch später darauf hingewiesen, dass wir genau in dem SF-Setting gelandet sind, welches am Tag zuvor keine Mitspieler gefunden hat.
« Letzte Änderung: 25.08.2016 | 16:48 von Maarzan »
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Offline Greifenklause

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #205 am: 25.08.2016 | 16:46 »
Um meine Frage aufzugreifen: Kann ich das so interpretieren, dass für dich nicht "Spannung für alle" das Spielziel ist, sondern "Spannung für die Spieler (exklusive der SL)"?

Jein.
Klar, will ich Spannung für die Spieler. Aber ich genieße das durchaus auch selbst. Auch kann und will ich nicht jede Aktion der Spieler vorhersehen. Ich agiere nicht nur, ich reagiere auch.
Und manchmal tue ich beides gleichzeitig.... hm... das sind dann wohl die Situationen, in denen ich "manipuliere".
In jedem Fall versuche ich im Anschluss des Miniplots oder Subplots oder auch währenddessen zu erkennen, ob mein Trick jetzt eher positive Emotionen hervorrief oder negative.

Letztlich ist das doch dann wieder die Idee des Spielleiters wie  "Spannung" aussieht.
Nicht wenn du empathisch vorgehst und durchaus mal checkst, wie gut gelaunt oder gelangweilt deine Spieler sind.
Zitat
Das kann in einer entsprechend handverlesenen, homogenen Gruppe sicher gut funktionieren.

Und jetzt überlegen wir uns wie das auf einem kleinen Con oder einem offenen Spieltreff mit immer wieder wechselnden, oft eben spieltheoretisch noch unbedarfteren und damit ausdrucksbeschnitteneren Leuten únd nicht soo homogenen Gruppen alleine von der Zahl der Teilnehmer aussehen würde? Weil da kann er ja letztlich nur raten.
Da gebe ich dir ja recht, da würde ich schon eher "by the book" leiten oder vorher meine Art zu leiten offen legen.
Je mehr ich raten muss, desto vorsichtiger bin ich....
Aber ich vermute mal... ich bin jetzt gar kein Con-SL.... dass man bei vielen Leuten auch eine gute Ahnung hat, was sie gerade wollen...
Und wenn nicht, dann halt s.o.
Spielt Gnomberserker und Dachgaubenzorros

Offline Greifenklause

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #206 am: 25.08.2016 | 16:56 »
...
CON:
Ausgehangen war 20er Jahre Mystery. Das Mystery bestand aus einem Zeitraumloch in ein SF-Universum.
Als Arzt war ich da völlig durch den Autodoc ersetzt. Eigentlich schon vorher, denn seine Anwendung der goldene Regel war: Der Wurf ist nur dazu da, wie gut du deine Beschreibung umsetzen kannst. Da meine medizinischen Massnahmen nach einer Schießerei keine Gnade in seinen Augen fanden sondern grundsätzlich untauglich waren, gab es daher auch nichts zu würfeln ... .

Ein Mitspieler hat dann noch später darauf hingewiesen, dass wir genau in dem SF-Setting gelandet sind, welches am Tag zuvor keine Mitspieler gefunden hat.

Aber wirklich niemand negiert oder gar neidet doch deine schlechten Erfahrungen.
Die glauben wir dir, die verstehen wir und ich wäre in der Situation wahrscheinlich auch ebenso sauer.
Zuerst muss man doch mal ehrlich mit sich selbst sein. Und das passt meist bei solchen SL schon nicht...
Und dann hat man ne Verantwortung...
Klar kann man auch mal nen Überraschungsplot machen, ABER GERADE DANN sollte man teuflisch aufpassen, dass der ganze Rest passt.

Gegenbeispiel:
Unser DSA-Horasreich-SL hat mal nen Aliens-Plot probiert. Erst war ich total angepisst, weil ich das extrem unpassend fand. Nach dem Motto "Augen zu und durch, es kommen auch wieder gute Zeiten". Aber das Abenteuer wurde dann doch richtig schön und spannend und da dachte ich "Scheiß drauf, das erste Urteil muss nicht immer das Beste sein!".

Und ja, das ist halt meine Einstellung, die ich hier schon die ganze Zeit kommuniziere.
Auf das Gesamtkonzept kommt es an, die einzelnen Bestandteiele sind zweitrangig (wenn auch wie oben ersichtlich nicht ganz unwichtig).
Spielt Gnomberserker und Dachgaubenzorros

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #207 am: 25.08.2016 | 17:10 »
Ein Mitspieler hat dann noch später darauf hingewiesen, dass wir genau in dem SF-Setting gelandet sind, welches am Tag zuvor keine Mitspieler gefunden hat.
Also das ist so frech, dass es irgendwie schon witzig (also nicht für euch, klar) ist.

Offline Crimson King

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #208 am: 25.08.2016 | 17:42 »
CON:
Ausgehangen war 20er Jahre Mystery. Das Mystery bestand aus einem Zeitraumloch in ein SF-Universum.
Als Arzt war ich da völlig durch den Autodoc ersetzt. Eigentlich schon vorher, denn seine Anwendung der goldene Regel war: Der Wurf ist nur dazu da, wie gut du deine Beschreibung umsetzen kannst. Da meine medizinischen Massnahmen nach einer Schießerei keine Gnade in seinen Augen fanden sondern grundsätzlich untauglich waren, gab es daher auch nichts zu würfeln ... .

Ein Mitspieler hat dann noch später darauf hingewiesen, dass wir genau in dem SF-Setting gelandet sind, welches am Tag zuvor keine Mitspieler gefunden hat.

Und? Hast du tapfer bis zum Schluss durchgehalten?
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

Offline Maarzan

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #209 am: 25.08.2016 | 17:52 »
Für einen Wechsel und eine neue Runde war es eh zu spät und Sonntags ging es ja nicht so lange.
Aber der Frust wuchs schon mit der Zeit.
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Pyromancer

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #210 am: 25.08.2016 | 18:09 »
Klar, will ich Spannung für die Spieler. Aber ich genieße das durchaus auch selbst. Auch kann und will ich nicht jede Aktion der Spieler vorhersehen. Ich agiere nicht nur, ich reagiere auch.

Und das kapier ich eben (noch) nicht. Was genießt du? Die Spannung, ob die Spieler den Kampf gewinnen, kann es ja nicht sein, weil du die Kontrolle über den Ausgang des Kampfes nicht aus der Hand gibst. Ist es die Spannung, wie die Spieler auf von dir produzierte die Spannung reagieren?

Offline Rhylthar

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #211 am: 25.08.2016 | 19:26 »
Und das kapier ich eben (noch) nicht. Was genießt du? Die Spannung, ob die Spieler den Kampf gewinnen, kann es ja nicht sein, weil du die Kontrolle über den Ausgang des Kampfes nicht aus der Hand gibst. Ist es die Spannung, wie die Spieler auf von dir produzierte die Spannung reagieren?
Ich bin zwar nicht Babo, aber da es mir ähnlich geht:
Es ist tatsächlich ein wenig "Fishing for compliments". Ich ziehe als SL mein maximales Vergnügen daraus, wenn Spieler in der von mir geschaffenen Welt, Atmosphäre, etc. aufgehen und richtig zufrieden sind. Wenn man durchaus merkt, wie sie dabei sind, teilweise mitfiebern (Anmerkung: Auch wenn ich Kämpfe abändere, heisst dies nicht, dass er nicht trotzdem noch verloren werden kann).

Wenn Spieler fragen: "Wann spielen wir nächste Woche?" oder man nach dem Spielabend noch da sitzt, die Sitzung Revue passieren lässt, evtl. mit einem Bierchen, und ich als SL rundum in zufriedene Gesichter gucke...dann weiss ich, warum ich spielleite.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Just_Flo

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #212 am: 26.08.2016 | 00:09 »
Ich schließe mich meinem Vorredner an.

Ich glaube, wir sind und alle einig, daß es nicht sehr clever ist, jemandem, der seine Macht mißbraucht, noch mehr Macht zu geben. Aber die Ablehnung der gR aus diesem Grund erscheint mir nach wie vor seltsam. Die gR gibt dem SL nicht mehr Macht. Sie erleichtert nur die Machtausübung. Möglicherweise sind manche SL, die ihre Macht mißbrauchen, geistig so minderbemittelt, daß sie das ohne gR nicht schaffen, aber das deckt sich nicht mit meinen Erfahrungen.
Wenn ich ein 50cm Brett brauche, und jemand bringt mir ein 40cm Brett, dann hilft es nicht, ihm zu sagen: Passt nicht, bring mir nochmal ein Brett, aber laß die Säge hier, nimm die Axt oder die Feile.
Oder anders (ich wiederhole mich, aber ich verstehe den Gedankengang "Verzicht auf gR verhindert/verringert Machtmißbrauch" immer noch nicht): Nicht die Methode ist das Problem, sondern das beabsichtigte Ergebnis. Das Verbot einer Methode wäre nur dann sinnvoll, wenn sie der einzige Weg wäre, ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen. Das ist bei der gR aber nicht der Fall.

Was ich ebenfalls nicht verstehe: Warum sollte ich Festlegungen, die ich als SL zu einem beliebigen Zeitpunkt getroffen habe (z.B. Kampfwerte von Gegenern) nicht während des Spiels ändern ? Entweder die "normale" Bandbreite wird gewahrt, dann ist das Ganze für die Spieler einschätzbar, oder nicht, dann nicht. Da spielt der Zeitpunkt der Festlegung doch überhaupt keine Rolle. Ich wäre wirklich für eine Erklärung dankbar, warum "während des laufenden Kampfes" so besonders pfui bäh ist.

Schade, da habe ich mich anscheinend nicht gut genug ausgedrückt. Ich rede nicht davon ,dass der SL ein *piep* ist, sondern davon, wie wahrscheinlich es ist, dass die gutgemeinte spontane SL-Aktion wenn sie nicht gutgemacht ist dem SL vor die Füße fällt.

Heißt, wenn ich Zufallstabellen bei meiner Abenteuererstellung an die Region und das Thema anpasse, dann werde ich bei der 30. Tabelle das ganze besser können als bei der 1. Tabelle. Dies ist auch dann der Fall, wenn Fehler, die ich bei der 1. Tabelle gemacht habe keinen Einfluss auf das Spiel hatten. Wenn ich Adhock während der Szene Skelette mit 20 Lp haben will und mir nichts dazu einfallen lasse, dann habe ich halt SCs, die es gewohnt sind, das nach 2 Schlägen die Skelette umkippen, die jetzt plötzlich 4 mal hinhauen müssen und denen das naaaaaaaaaaaaaaaaaaatürlich nicht auffällt. Evtl. schaffe ich es sogar vorher an die Spielergebrachten Ingameinfos zu wiedersprechen, ...


Offline Rhylthar

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #213 am: 26.08.2016 | 05:52 »
Zitat
Wenn ich Adhock während der Szene Skelette mit 20 Lp haben will und mir nichts dazu einfallen lasse, dann habe ich halt SCs, die es gewohnt sind, das nach 2 Schlägen die Skelette umkippen, die jetzt plötzlich 4 mal hinhauen müssen und denen das naaaaaaaaaaaaaaaaaaatürlich nicht auffällt. Evtl. schaffe ich es sogar vorher an die Spielergebrachten Ingameinfos zu wiedersprechen, ...
Besagt die gR, dass man sich keine Gedanken machen soll?

D&D 3.5 z. B. hatte überhaupt kein Problem, sowas Spielern, die es unbedingt auf der Metaebene erklärt haben wollen, zu vermitteln. Ein Template, ein Zauber, etc. oder, wenn es nicht gerade Skelette waren, einfach ein paar Klassenstufen. Hört sich an wie Kobold, riecht wie Kobold, sieht aus wie Kobold...ist aber ein Kobold Sorcerer 9, der Dir gerade den Lightning Bolt ins Gesicht geschleudert hat.

Elegant? Naja, ich habe wenigstens immer versucht, falls ich solche Gegner verwendet habe, subtil auf mögliche Unterschiede zum "normalen" Kanonenfutter hinzuweisen. Wurde nicht immer erkannt und mit 6 Monsterbüchern habe ich meist lieber verschiedene Gegner verwendet, statt bekannte verstärkt wieder auftauchen zu lassen.
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Offline Erg

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #214 am: 26.08.2016 | 08:11 »
Schade, da habe ich mich anscheinend nicht gut genug ausgedrückt. Ich rede nicht davon ,dass der SL ein *piep* ist, sondern davon, wie wahrscheinlich es ist, dass die gutgemeinte spontane SL-Aktion wenn sie nicht gutgemacht ist dem SL vor die Füße fällt.
...

Doch doch, alles nach dem ersten Satz bezog sich nicht mehr auf Deinen Beitrag (da lag die Unklarheit wohl eher in meinem Beitrag).

Improvisieren birgt vermutlich mehr und andere Fehlerquellen, als die Verwendung vorbereiteten Materials. Deshalb muß man beim Improvisieren auch besonders aufpassen, daß kein Unsinn rauskommt. Wie Rhylthar sagt (ich weiß, hat er so nicht gesagt, aber ich hoffe ich habe es richtig interpretiert): Man muß sich Gedanken machen, bevor man die gR anwendet. Abwägen, abschätzen - und je nach Ergebnis gR anwenden oder es lieber lassen.
Im Prinzip wie bei allem anderen, was man als SL so treibt.

Edit:
Aber kommuniziert werden sollte das halt doch wohl schon?

CON:
Ausgehangen war 20er Jahre Mystery. Das Mystery bestand aus einem Zeitraumloch in ein SF-Universum.
Als Arzt war ich da völlig durch den Autodoc ersetzt. Eigentlich schon vorher, denn seine Anwendung der goldene Regel war: Der Wurf ist nur dazu da, wie gut du deine Beschreibung umsetzen kannst. Da meine medizinischen Massnahmen nach einer Schießerei keine Gnade in seinen Augen fanden sondern grundsätzlich untauglich waren, gab es daher auch nichts zu würfeln ... .

Ein Mitspieler hat dann noch später darauf hingewiesen, dass wir genau in dem SF-Setting gelandet sind, welches am Tag zuvor keine Mitspieler gefunden hat.

Gut, diese bescheuerte Abhandlung von Fertigkeiten wäre Euch erspart geblieben, wäre die gR ausgeschlossen (es sei denn, es wäre ein anderes System gespielt worden, vielleicht ein Eigenbau, der exakt diesen Blödsinn beinhaltet). Aber der Rest ? Der Etikettenschwindel, der Autodoc, der den Arzt obsolet macht - das hat nichts mit der GR zu tun.

« Letzte Änderung: 26.08.2016 | 08:25 von Erg »

Offline Maarzan

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #215 am: 26.08.2016 | 08:19 »
Die goldene Regel nutzen hat ja erst einmal nichts mit improvisieren zu tun. Im Gegenteil setzt sich da dann jemand ja aktiv über bestehende Vorgaben hinweg. Und das passiert nicht nebenbei, sondern mit einer entsprechenden Agenda ans Vorsatz, die dann ja von den bestehenden Regeln nicht erfüllt sein müsste.

Ein Spiel startet aber letztlich mit einem gewissen "Geist". Der sollte vorher explizit kommuniziert worden sein, ost es vielelciht zu selten, aber dann dürfte man den Geist, den die Regeln propagieren als default annehmen.
Klar gibt es dann auch noch schlechte Regeln oder missverständliche Texte, aber letztlich müßte jeder Spielleiter der Regeln ändert eine (ehrlcihe) Antwort geben können, warum er nun diese Regel ändern will.

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Offline Erg

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #216 am: 26.08.2016 | 08:34 »
Die goldene Regel nutzen hat ja erst einmal nichts mit improvisieren zu tun. Im Gegenteil setzt sich da dann jemand ja aktiv über bestehende Vorgaben hinweg. Und das passiert nicht nebenbei, sondern mit einer entsprechenden Agenda ans Vorsatz, die dann ja von den bestehenden Regeln nicht erfüllt sein müsste.
...

Das sehe ich völlig anders. Wenn ich ad hoc Spielwerte ändere, Würfel drehe oder mich über Regeln hinwegsetze, dann ist das reine Improvisation. Und die passiert nur sehr selten nebenbei (auch die Regelkonforme), bzw. wenn ich nebenbei improvisiere, kommt wahrscheinlich Unsinn raus. Natürlich kann ich auch in der Vorbereitung die gR einsetzen, aber da habe ich Zeit und Muße, da findet sich fast immer ein Weg, meine Ziele regelkonform zu erreichen. Ich nutze die gR ja nicht aus Jux und Tollerei

Offline Maarzan

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #217 am: 26.08.2016 | 08:55 »
Ok, kommt dann wohl wieder auf die Definition - diesmal von "omprovisieren" an.

Ich verändere daher mal:
Bei der goldenen Regel gäbe es erst gar keinen zwingenden Grund zur Improvisation. Es gibt bereits eine vorbereitete Antwort.
Wer davon abweicht, macht das aus dem Grund, dass ihm die bestehende Regelung nicht gefällt, welche bisher die abgesprochene Standardantwort zur Situation wäre. 
Und das
a) sollte einmal eh selten sein
b) geht das auch massiv die Mitspieler an, insbesondere wenn es um die Auflösung der Handlung ihrer Charaktere geht.
c) Sollte die Konsensversicherung bei einer tatsächlichen Verbesserung eine minimale Formsache sein.

Damit will ich dir gar nicht direkt widersprechen, aber den Fokus auf das lenken, was üblicherweise den Ärger verursacht:
Eine Spielstilinkompatibilität zwischen zumindest einigen Spielern und dem Spielleiter. Und dahilft auch der Appell zur Sorgfalt nicht - das ist dann Vorsatz bzw. die irrige bis anmaßende Annahme alle Leute würden ihre Ansichten zu Spaß und "besserer" Story teilen (oder im Zweifel zu diesem "besseren" erzogen werden)!

Und das CON-Beispiel war nicht für die GR spezifisch sondern den Einwurf auf einem CON wäre das ja mehr oder weniger egal, wenn ein SL da seine Ideen durchdrückt. 
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Offline Erg

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #218 am: 26.08.2016 | 10:56 »
Ok, kommt dann wohl wieder auf die Definition - diesmal von "omprovisieren" an.

Ich verändere daher mal:
Bei der goldenen Regel gäbe es erst gar keinen zwingenden Grund zur Improvisation. Es gibt bereits eine vorbereitete Antwort.
Wer davon abweicht, macht das aus dem Grund, dass ihm die bestehende Regelung nicht gefällt, welche bisher die abgesprochene Standardantwort zur Situation wäre. 
Und das
a) sollte einmal eh selten sein
b) geht das auch massiv die Mitspieler an, insbesondere wenn es um die Auflösung der Handlung ihrer Charaktere geht.
c) Sollte die Konsensversicherung bei einer tatsächlichen Verbesserung eine minimale Formsache sein.
...

zu a): ja, sehr selten
zu b): wenn Du meinst: "Da es die Mitspieler betrifft, sollten sie ein Mitspracherecht haben oder zumindest informiert werden"; nein (alle meine Entscheidungen als SL betreffen die Spieler, aber ich diskutiere sie definitiv nicht alle mit ihnen)
zu c): sehe ich ebenfalls anders. Ich wäre als Spieler sehr irritiert, wenn mich der SL fragt: "Ist es in Ordnung, wenn jetzt xyz passiert ?" Was soll die Frage, entweder es passiert, oder es passiert nicht. Wenn ich diese Entscheidung treffen wollte, würde ich leiten...

...
Damit will ich dir gar nicht direkt widersprechen, aber den Fokus auf das lenken, was üblicherweise den Ärger verursacht:
Eine Spielstilinkompatibilität zwischen zumindest einigen Spielern und dem Spielleiter. Und dahilft auch der Appell zur Sorgfalt nicht - das ist dann Vorsatz bzw. die irrige bis anmaßende Annahme alle Leute würden ihre Ansichten zu Spaß und "besserer" Story teilen (oder im Zweifel zu diesem "besseren" erzogen werden)!
...
Hier gebe ich Dir größtenteils recht. Spielstilinkompatibilität (ein schönes Wort; künftig SIK) ist ein Problem. Da hilft Sorgfalt/Behutsamkeit in der Anwendung der gR u.U. auch nichts mehr. Allerdings hilft ab einem bestimmten Maß an SIK generell nichts mehr.
Natürlich treffe ich als SL meine Entscheidungen, um bestimmte Ziele zu erreichen, in der Annahme/Hoffnung, daß es den Spielern gefallen möge. Wenn ich die Spieler gut kenne, klappt das meistens, wenn ich sie nicht kenne, muß ich halt schauen, wie sie reagieren. Wenn es ihnen nicht taugt, versuche ich was anderes, solange, bis ich was gefunden habe, was zumindes für alle (auch mich) akzeptabel ist, oder ich erkennen muß, daß diese Spielrunde nicht funktionieren wird.

Offline Maarzan

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #219 am: 26.08.2016 | 11:34 »
zu a): ja, sehr selten
zu b): wenn Du meinst: "Da es die Mitspieler betrifft, sollten sie ein Mitspracherecht haben oder zumindest informiert werden"; nein (alle meine Entscheidungen als SL betreffen die Spieler, aber ich diskutiere sie definitiv nicht alle mit ihnen)
zu c): sehe ich ebenfalls anders. Ich wäre als Spieler sehr irritiert, wenn mich der SL fragt: "Ist es in Ordnung, wenn jetzt xyz passiert ?" Was soll die Frage, entweder es passiert, oder es passiert nicht. Wenn ich diese Entscheidung treffen wollte, würde ich leiten...
Hier gebe ich Dir größtenteils recht. Spielstilinkompatibilität (ein schönes Wort; künftig SIK) ist ein Problem. Da hilft Sorgfalt/Behutsamkeit in der Anwendung der gR u.U. auch nichts mehr. Allerdings hilft ab einem bestimmten Maß an SIK generell nichts mehr.
Natürlich treffe ich als SL meine Entscheidungen, um bestimmte Ziele zu erreichen, in der Annahme/Hoffnung, daß es den Spielern gefallen möge. Wenn ich die Spieler gut kenne, klappt das meistens, wenn ich sie nicht kenne, muß ich halt schauen, wie sie reagieren. Wenn es ihnen nicht taugt, versuche ich was anderes, solange, bis ich was gefunden habe, was zumindes für alle (auch mich) akzeptabel ist, oder ich erkennen muß, daß diese Spielrunde nicht funktionieren wird.


zu a) und das ist sollte selten sein bezieht sich natürlcih auf den Fall, dass eben kein Vorsatz vorliegt.
zu c) du hast als Spieler zu Beginn die Entscheidung getroffen ein bestimmtes, durch den Spielleiter und als default ansosnten vom Regelwerk beschriebenes Spiel zu spielen. Di hast danach einenCaharkter gebaut und Spielentscheidungen getroffen.
Und jetzt passt das plötzlich irgendwie in der Praxis nicht - kann mal passieren. Aber es passiert immer wieder auf Kosten deines Spielspaßes und irgendwann ist da klar, dass eine bisher angenommene Regel nicht mehr so gilt oder die Häufigkeit den Rest des Vertrauens aufgebraucht hat.
Und du erklärst das wäre dir als Spieler dann nicht wichtig?

Die goldene Regel wird genau da zum Missbrauchswerkzeug, wo der Spielleiter diesen SIK nicht aufklärt bzw erst gar nicht augklären will, sondern seinen Machtvorsprung missbraucht, um zu versuchen einer inkompatiblen Gruppe seinen Spielstil aufzuzwingen.

Da aber ansonsten alles auch durch die Möglichkeit offen zu kommunizieren gelöst werden könnte, ist wie vorher schon erklärt für mich die goldene Regel ein direktes Missbrauchsinstrument, da sie nichts positiv löst, was nicht auch anders lösbar wäre.
(Von dem beschränkten Anwendungsfall "wir wollen einfach nur in einer Illussion mittreiben" abgesehen, wo das komplexe Regelgerüst, welches so ggf. im Hintergrund ausgehebelt werden muss, von vorne herein fehl am Platz war).

Eine Diktatur ist auch "nur" ein Problem, wenn der Diktatur nicht ein kompetenter und gutwilliger Herrscher ist ... .
Und wenn er so ist, ist es doch nur von Vorteil, wenn er sich nicht um gierige Lobbygruppen und ggf dem Einzelfall nicht ganz gerecht werdende Gesetze kümmern muss.
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Offline Chruschtschow

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #220 am: 26.08.2016 | 12:21 »
Teil des Problems ist ja nun auch, dass die Goldene Regel festlegt, dass es keine schlechte SL gibt, denn "die SL hat immer recht". Das ist bei den weniger selbstreflektionsfähigen Zeitgenossen halt schon eine Steilvorlage für viel Stuss.
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline Maarzan

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #221 am: 26.08.2016 | 12:26 »
Teil des Problems ist ja nun auch, dass die Goldene Regel festlegt, dass es keine schlechte SL gibt, denn "die SL hat immer recht". Das ist bei den weniger selbstreflektionsfähigen Zeitgenossen halt schon eine Steilvorlage für viel Stuss.

Und das explodierte in meinem Wahrnehmunsgbereich damals, als die "Storytellerwelle" "bessere Story" als akzeptable, weil "moderne", "erwachsene" und "künstlerische" Rechtfertigung für solche Eingriffe etabliert hat und damit abseits bzw über der Mitspielerinteressen etablierte, die zum Teil zu ihrem Glück eben gezwungen werden müssen.
Auch roleplay statt rollplay hatte damals ja seine Wurzeln.
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Eulenspiegel

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #222 am: 26.08.2016 | 22:05 »
bzgl. Goldene Regel als Missbrauchswerkzeug
Es wurde gesagt, dass der SL die goldene Regel benutzen kann, um seinen eigenen Spielstil gegen den Willen der anderen Spieler durchzudrücken. Das sehe ich anders: Er kann auch ohne goldene Regel seinen eigenen Spielstil durchdrücken.

Und zur Legitimation: Ich würde dem SL am Ende des Spielabends sagen, dass mir sein Leitstil nicht gefallen hat. Und entweder er ändert seinen Leitstil oder ich verlasse die Gruppe. (Bzw. wenn die anderen Spieler das auch so sehen, dann verlässt der SL die Gruppe.) Und dabei ist es vollkommen egal, ob der SL die goldene Regel verwendet hat oder nicht.

Klar, der SL kann argumentieren: "Wir benutzen die goldene Regel, ich darf so leiten."
Aber auch ohne goldene Regel hätte der SL argumentieren können: "Ich halte mich an die Regeln, ich darf so leiten."

Und in beiden Fällen würde ich antworten: "Ja, du darfst so leiten. Und ich darf die Gruppe verlassen. Und wenn die anderen Spieler das ähnlich sehen, dann darfst du beim nächsten Mal ein Abenteuer ohne Spieler leiten."

Die goldene Regel legitimiert also nicht mehr oder weniger einen inkompatiblen Spielstil als alle anderen Techniken. Und letztendlich muss sich der SL fragen: "Ist es mir so wichtig, dass dieser eine Spieler weiter mit mit mitspielt, dass ich meinen Spielstil ändere? Oder bleibe ich meinem Spielstil treu und leite in Zukunft ohne diesen Spieler?"
Aber auch diese Frage ist unabhängig von der goldenen Regel: Diese Frage muss sich der SL mit goldener Regel stellen. Und diese Frage muss sich der SL ohne goldene Regel stellen.

zum Vergleich mit Staaten
Hier wurde der SL mit goldener Regel mit einem Diktator verglichen. Das halte ich jedoch für problematisch: Der Diktator wurde nicht gewählt und einmal Diktator bleibt er auch bis zu seinem Lebensende oder seiner gewaltsamen Absetzung Diktator.

Bei einem SL sieht das anders aus: Dieser kam durch Zustimmung seiner Spieler an den Posten. Und er behält den Posten auch nur für die Dauer der Kampagne. Am Ende der Kampagne wird von den Spielern dann entschieden, ob die nächste Kampagne dann vom gleichen SL oder von einem anderen SL geleitet wird. (Wobei der bisherige SL dabei natürlich genauso eine Stimme hat wie jeder andere Spieler auch.)

Ich würde den SL mit goldener Regel daher eher mit einem Parlament vergleichen: Auch das Parlament wird nur für begrenzte Zeit gewählt. Und auch das Parlament darf Gesetze ändern. Aber wenn die neuen Gesetze schlecht sind, wird das Parlament bei den nächsten Wahlen abgestraft und ein neues Parlament kommt an die Macht. (Disclaimer: So zumindest die Theorie. Dass Leute sich über Gesetz ärgern und bei den nächsten Wahlen wieder die Regierungspartei wählen, ist eine ganz andere Geschichte.)

Offline Greifenklause

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #223 am: 27.08.2016 | 17:17 »
Und das kapier ich eben (noch) nicht. Was genießt du? Die Spannung, ob die Spieler den Kampf gewinnen, kann es ja nicht sein, weil du die Kontrolle über den Ausgang des Kampfes nicht aus der Hand gibst. Ist es die Spannung, wie die Spieler auf von dir produzierte die Spannung reagieren?

Ich führe ja kein "100%-Script". Selbst aber wenn das Kampfende zu 100% feststünde, kann der Weg dahin ein anderer sein.
Beispiel "Script: A) Der Vampir muss unbedingt sterben + B) Kein Charakter darf sterben"
In der einen Runde haben die Spieler vielleicht sich super immun gemacht für die Attacken des Vampirs, vielleicht sogar "zu immun".
Hier wird vielleicht ein Würfel gedreht, um die Gefährlichkeit des Vampirs weiter zu unterstreichen.
Gleichzeitig hat diese Runde vielleicht überhaupt keinen Plan, wie sie ihn endgültig erledigt.
Dann muss ich Tips streuen.

In der anderen Gruppe haben sie vielleicht sofort die richtige Idee, zahlen aber gewaltigen Blutzoll.
Hier drehe ich die Würfel zugunsten.

Die Situationen sind jedes Mal anders
Und auch wenn das Ergebnis feststünde, mag der Weg dahin etwas bis extrem unterschiedlich sein. Das erzeugt bei mir Spannung. So erzeuge ich Spannung.

Ich bewege mich da durchaus mittig und lehne beide Extreme "Anwendung der Goldenen Regel  bzw Würfeldrehen ohne Sinn und Verstand" genauso ab wie "Die Regeln sind halt so, lebt damit!"/"Ich hab mich doch ans offizielle Abenteuer gehalten mit den offiziellen Werten, was habt ihr denn?"

Und auch dieses gilt für mich:
Ich bin zwar nicht Babo, aber da es mir ähnlich geht:
Es ist tatsächlich ein wenig "Fishing for compliments". Ich ziehe als SL mein maximales Vergnügen daraus, wenn Spieler in der von mir geschaffenen Welt, Atmosphäre, etc. aufgehen und richtig zufrieden sind. Wenn man durchaus merkt, wie sie dabei sind, teilweise mitfiebern (Anmerkung: Auch wenn ich Kämpfe abändere, heisst dies nicht, dass er nicht trotzdem noch verloren werden kann).

Wenn Spieler fragen: "Wann spielen wir nächste Woche?" oder man nach dem Spielabend noch da sitzt, die Sitzung Revue passieren lässt, evtl. mit einem Bierchen, und ich als SL rundum in zufriedene Gesichter gucke...dann weiss ich, warum ich spielleite.
Danke dafür
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Offline Erg

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Re: Probleme mit/ohne die goldene Regel
« Antwort #224 am: 28.08.2016 | 10:39 »

zu a) und das ist sollte selten sein bezieht sich natürlcih auf den Fall, dass eben kein Vorsatz vorliegt.
zu c) du hast als Spieler zu Beginn die Entscheidung getroffen ein bestimmtes, durch den Spielleiter und als default ansosnten vom Regelwerk beschriebenes Spiel zu spielen. Di hast danach einenCaharkter gebaut und Spielentscheidungen getroffen.
Und jetzt passt das plötzlich irgendwie in der Praxis nicht - kann mal passieren. Aber es passiert immer wieder auf Kosten deines Spielspaßes und irgendwann ist da klar, dass eine bisher angenommene Regel nicht mehr so gilt oder die Häufigkeit den Rest des Vertrauens aufgebraucht hat.
Und du erklärst das wäre dir als Spieler dann nicht wichtig?
...

a) wenn ich die gR anwende, dann immer mit Vorsatz (ich glaube, ich kann Dir hier nicht ganz folgen)
c) eine Regel global zu ändern, dies den Spielern aber zu verheimlichen, erscheint mir reichlich sinnfrei. Und natürlich sind mir Fairness (im Sinne von: Kein Spieler wird bevorzugt oder benachteiligt) und Verläßlichkeit (im Sinne einer plausiblen, konsistenten Spielwelt) als Spieler wichtig. Aber wiederum erkenne ich keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der gR.

...
Die goldene Regel wird genau da zum Missbrauchswerkzeug, wo der Spielleiter diesen SIK nicht aufklärt bzw erst gar nicht augklären will, sondern seinen Machtvorsprung missbraucht, um zu versuchen einer inkompatiblen Gruppe seinen Spielstil aufzuzwingen.
...

Ich glaube nicht, daß es möglich ist, jemandem einen Spielstil aufzuzwingen, besonders nicht heimlich. Ich merke als Spieler doch, ob mir das, was da so passiert, taugt, oder ob es mich nervt. Wenn es mir taugt, gibt es (zumindest für mich) kein Problem, da ist mir egal, was der SL im Detail tut oder läßt (und vermutlich denke ich in diesem Fall auch gar nicht darüber nach, warum es mir taugt). Wenn es mich nervt, ist es mir gegebenenfalls auch egal, daß der SL sich an alle Regeln hält und "sauber" gearbeitet hat. Es nervt mich, das genügt mir als Information. Und wenn sich das nicht ändert (ändern läßt), dann ist die Zahl der Handlungsalternativen beklagenswert überschaubar...

...
Da aber ansonsten alles auch durch die Möglichkeit offen zu kommunizieren gelöst werden könnte, ist wie vorher schon erklärt für mich die goldene Regel ein direktes Missbrauchsinstrument, da sie nichts positiv löst, was nicht auch anders lösbar wäre.
(Von dem beschränkten Anwendungsfall "wir wollen einfach nur in einer Illussion mittreiben" abgesehen, wo das komplexe Regelgerüst, welches so ggf. im Hintergrund ausgehebelt werden muss, von vorne herein fehl am Platz war).

Eine Diktatur ist auch "nur" ein Problem, wenn der Diktatur nicht ein kompetenter und gutwilliger Herrscher ist ... .
Und wenn er so ist, ist es doch nur von Vorteil, wenn er sich nicht um gierige Lobbygruppen und ggf dem Einzelfall nicht ganz gerecht werdende Gesetze kümmern muss.

Nur ist offene Kommunikation über diese Fragen eine Meta-Ebenen-Aktivität (wenn man die Regelebene als Metaebene zum Sielweltgeschehen auffaßt, sogar eine Meta-Meta-Ebenen-Aktivität), die ich als Spieler überhaupt nicht leiden kann. Ein SL, der solche Entscheidungen flüssig und vernünftig selbst trifft, ohne mich als Spieler damit zu belästigen, ist mir da wesentlich lieber. Ich würde sogar sagen: das ist sein Job, mir solchen Ballast vom Hals zu halten.

Und das Problem einer Diktatur ist eher, daß ich nicht einfach sagen kann: dieser Diktator taugt nix, ich nehm lieber den da drüben, und wenn der auch nix taugt, mach ich es halt doch selber

Teil des Problems ist ja nun auch, dass die Goldene Regel festlegt, dass es keine schlechte SL gibt, denn "die SL hat immer recht". Das ist bei den weniger selbstreflektionsfähigen Zeitgenossen halt schon eine Steilvorlage für viel Stuss.

Diese Festlegung sehe ich nirgends in der gR. Nur daß der SL frei entscheiden darf, was passiert, bedeutet in keiner Weise, daß das, was er da so zusammenentscheidet, irgendwelchen Qualitätsansprüchen genügt. Die gR schreibt keinem Spieler vor, was ihm zu gefallen hat (wie sollte das denn auch funktionieren?).