Ich sehe es halt bei meiner Frau, wenn sie mal mitspielt.
Regeln? Egal, erzähle es mir wenn ich würfeln muss
Setting? Ja erzähl mir genaueres, dass ich mir meinen Char besser vorstellen kann.
Wenn natürlich die Regeln schlechte Krücken sind, dann versauen die sogar ein gutes Setting.
Darin liegt im Prinzip für mich der Hauptgrund warum ich persönlich am meisten mit meinem "Haus-Universalsystem" spiele, ich habe sehr viele Jahre Erfahrung damit und kenne das System und seine Stellschrauben sehr genau. Ich kann mich auf das Setting an sich konzentrieren (inkl. vielleicht vereinzelter Setting-Spezialregelungen) ohne häufig nachschlagen zu müssen o.ä., kann sehr flüssig leiten, die meisten Sachen direkt im Kopf bestimmen, jederzeit Anfängern aus dem FF genau sagen was sie würfeln müssen etc.
Bei ganz unterschiedlichen und spezialisierten Systemen finde ich es sehr schwierig den Überblick über die Details zu behalten und ich hab' als Spieler schon so manche Game-Session erlebt, die durch schlechte Detailregeln ein wenig abgestürzt ist (hello DSA4) oder eben durch SLs, die ihr jeweiliges Spezialsystem nicht vernünftig leiten konnten.
Persönlich kenne ich zwar auch die wichtigsten Mechanismen von ein paar anderen Systemen, aber sobald es dann etwas "tricky" wird bleibt mir wieder nur "handwaving" oder längeres nachschlagen, weil ich jetzt nicht soviel Zeit für RPG habe überall regelmäßig drin zu bleiben. Ein "eigenes" Universalsystem ermöglicht hier eben viel häufiger mehr seiner Kenntnisse in das neue Setting "mitzunehmen" als mit ganz anderen Regelmechanismen.
D.h. ich kann mich durch die Erfahrung bewußt auf die Stärken meines vertrauten Systems konzentrieren (bei mir GURPS4) - bspw. um schnell und effektiv taktische Kämpfe gut leiten zu können - kenne aber auch die für mich relevanten Schwächen und wiederum Wege um diese abzumildern oder zu umschiffen, habe auch ein paar Hausregeln für mich erprobt etc.
Das beinhaltet auch (natürlich im Rahmen des Systems bleibend) ein paar bewußte Veränderungen des Spielstils, etwa ob ich in einem Setting nur einfache Grundregeln aber bestimmte 'cinematische', over-the-top Matrix-Style-Ausweichoptionen und Bonuspunkte-Boosts einbauen will oder ob ich alternativ versuche sehr realistisch und tödlich zu sein und dabei Details beachten will wie z.B. das man mit einer Pistole, die (zur Stabilisierung) mit zwei Händen geschossen wird, eben auch etwas präziser trifft. Solche Dinge kann ich dann in wenigen Minuten Kampagnen-Vorbereitung umsetzen, weil ich nur nochmal kurz nachschlagen muss, ob ich mich richtig erinnere und das war es, das gefällt mir sehr gut.
Bei allen großen "Flagschiff-Universalsystemen" die hier schon so genannt wurden berichten eigentlich durch die Bank die erfahrenen Leute, dass es länger dauert (d.h. ein paar Jahre), um die jeweiligen Systeme wirklich zu meistern, d.h. alles herauszuholen. Einigermaßen vernünftig spielen dauert natürlich nicht so lange, das Ziel hängt entsprechend viel von den eigenen Ansprüchen ab
Eine andere Lösung kann es eben auch sein ein sehr simples Unisystem zu wählen, wie RISUS o.ä., das hat man Ruckzuck sehr gut drauf, allerdings kommt man auch nicht so in die Tiefe.
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Ein Nachteil von Unisystemen ist natürlich, wie schon gesagt wurde, das es a) eine gewisse Stilprägung der Systeme von Haus aus gibt, an der man nicht vorbeikommt und die nicht immer zu dem passen muss was erreicht werden soll; andererseits bewegen wir uns dann immerhin auch schon auf hohem Kritik-Niveau - wie hier im Tanelorn generell üblich
(Viele Spieler dort draußen kennen grad mal 1-2 Komplettsysteme und könnten mit einer derartigen Debatte nicht einmal etwas anfangen, aber der Kritikpunkt ist und bleibt natürlich da...)
Und b) gibt es natürlich längst nicht alle Wunsch-Settings auch fertig für das eigene Wunsch-Universalsystem, bei allen großen Unisystemen gibt es zwar vieles zur Auswahl, aber man muss je nach Bedarf auch mal mehr o. weniger häufig, selbst Hand anlegen.