Gut, die Frage ist also erstmal, warum Spieler (und auch SL) gerne Railroading spielen wollen.
Wie gesagt, alles aus meiner Perspektive, sowohl als Spieler als auch SL, der diese Form durchaus sehr mag.
Fangen wir mal mit der Spielerperspektive an:
Es gibt natürlich Spieler, die gerne Geschichte konsumieren. ErikErikson hat es ja ganz schön geschrieben, was er erwartet. Ein wenig mehr wollen andere Spieler, die auch gerne eine Geschichte erleben wollen, aber dieser Geschichte einen eigenen Stempel aufdrücken wollen,
ohne sie komplett zu verlassen. Konkret: "Wir wollen "Shackled City" spielen, aber "unser" Shackled City, nicht das, was vielleicht irgendeine Gruppe woanders gespielt hat." Diese Spieler (zur Erinnerung: Ich bin auch so einer!) können mit ganz hartem Railroading wie den alten Dragonlance-Sachen auch nicht unbedingt etwas anfangen.
Und gerne bauen Spieler auch gerne einen Charakter für genau eine Abenteuerreihe, wenn ihnen das Thema bekannt ist.
Spielleiterperspektive:
Vorweg: Es sind aus meiner Erfahrung oft Spielleiter, die gerne Kaufabenteuer leiten. Aus welchen Beweggründen kann offen bleiben, bei mir sind es u. a. Zeitersparnis und mangelnde Kreativität.
Spielleiter lesen oft ein Abenteuer, eine Abenteuerreihe (AP) oder ein Mega-Adventure (bspw. RttToEE) und denken sich: "Das würde ich gerne mit meiner Gruppe bespielen!". Da stecken einige Beweggründe dahinter: Man glaubt natürlich, da man es selbst toll findet, dass es auch die Gruppe tollfinden wird, wobei natürlich abgesprochen werden muss, ob die Gruppe dies auch so sieht. Dann geht es ihm natürlich auch um das "wie", nämlich wie die Gruppe es wohl lösen wird.
Der Spielleiter ist da auch in einer nicht ganz einfachen Position. Er muss seine "Figuren" möglichst mit Spass ausspielen, ohne an ihnen zu hängen. Ich nenne es mal den "Sean Bean/Klaus Kinski/Sons of Anarchy"-Mechanismus, nämlich das "Beste" zu geben, ob wohl man genau weiss, dass die Figur das Ende nicht erleben wird.
Und, zumindest mir, ging es auch um den Austausch mit anderen Spielleitern und wie sie Sachen gelöst haben oder wie ihre Gruppen vorgegangen ist. Es ist, ob zeitgeistbedingt oder tanelornspezifisch, sehr wenig geworden, was diesen Austausch angeht. Aber ich erinnere mich noch an alte Zeiten, in denen SL sich zu RttToEE, CotSQ, Shackled City, etc. seitenweise ausgetauscht haben, Tipps gegeben wurden, Einfälle kommentiert und aufgenommen wurden, und, und, und. Man hatte als SL Gleichgesinnte und eine gemeinsame Basis, über die man sich austauschen konnte. Und zwar viel konkreter, als wenn ein SL fragen würde, was er an einem selbstgeschriebenen Abenteuer verbessern könnte.
Spieler haben auch eine gewisse Erwartungshaltung an das Spielgeschehen und die Macher solcher Adventure nehmen dies gerne auch. Der Narr sprach mal von einem "Pacing", was man als SL nutzen kann. Hier muss man es als SL durchaus auch beachten, denn Spieler wollen grandiose Höhepunkte!
Aber nicht aneinander gereiht, sondern quasi abschnittsweise. Man schaue sich nur die einzelnen Abenteuer eines AP an; man wird immer einen Highlight-Kampf (meist am Ende) finden. Gewünscht ist aber immer eine Phase des "Easy Play/Safe Play". Ich schwenke mal kurz zu "World of Warcraft" ab, um das obere ein wenig mehr zu erläutern:
Eine (Raid-)Instanz in WoW besteht im wesentlichen Dingen aus zwei (drei) Komponenten:
a) Trash-Mobs
b) Boss-Fights
c) (Loot)
Raidspieler mochten dies meistens. Nach einem gewissen "Easy Play/Safe Play" bei Trashmobs kam irgendwann der Höhepunkt des Bossfights. (Anmerkung: "Easy Play/Safe Play" heisst nicht, dass es ohne Gefahr ist. "Wer beim Trash scheisse spielt, wiped trotzdem!"; es ist nur eine Phase, in der die Anspannung/Spannung eben deutlich reduziert ist gegenüber einem Bossfight). Instanzen wie z. B. die Crusaders Arena, bei der Bossfight auf Bossfight folgte, waren nicht unbedingt beliebt, weil eben diese Zwischenphase fehlte und man z. B. auch keine Zeit hatte, sich über einen vorherigen Erfolg zu freuen.
Zurück zu Pen&Paper: Spieler wollen auch diese Zwischenphasen und eben die Höhepunkte. Abwechslung im Pacing. Deshalb haben auch viele Spieler nicht gerne "Grim&Gritty" gespielt, wo jeder Kampf ein Höhepunkt (oder das SC-Ende) ist.
Und jetzt kommt man zu dem "Wozu":
Weil man diese Highlights im richtigen Moment setzen will/muss. Wenn das erwartete Highlight eben gar keines ist und auch nicht die gewünschten emotionalen Effekte auslöst, dann macht sich Enttäuschung breit, sowohl bei Spielern als auch natürlich beim SL. Also greift man als SL zu den "Tricks" und Spieler nehmen dankend an.
Geht natürlich auch umgekehrt:
Ein negatives "Highlight", das nicht in das Pacing passt, abmildern.
So, erstmal Pause...muss eben mal unterrichten!